Beiträge von Gaius Pontius Geta

    Der Trupp Reiter indess hatte von dem Befehl natürlich nichts mitbekommen und bewegte sich weiter nach Norden. Erst eine halbe Stunde später meldete der Späher, dass er die Centurie verloren habe und nicht wissen, wo die plötzlich geblieben seien. Der Anführer brüllte ihn nieder.


    "Ich schwärmt sofort aus. Und zwar in alle Richtungen. Du und Du - ihr sucht den Weg nach Norden weiter, vielleicht sind sie ja schneller vorangekommen. Du und Du - ihr reitet nach Westen, durch den Wald, auch wenn ich kaum glaube, dass sie dort lang sind. Und ihr zwei, ihr reitet nach Osten, Du und Du, den ganzen Weg zurück. Der Rest folgt mir. Verdammt noch mal, ihr seid ja mehr als unfähig. Wollt ihr, dass man euch wieder zu der Fusstruppe zurück versetzt?"


    Der Anführer schien mehr als ungehalten und jagte mit hohem Tempo die Straße Richtung Süden hinunter.

    Im Auftrag des Befehlshaber der Legio IX Hispana
    Maximus Decimus Meridius:



    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI



    ERNENNE ICH DEN:
    CIVIS
    MARCUS PETRONIUS COTTA
    PROVINCIA HISPANIA



    MIT WIRKUNG VOM
    ANTE DIEM XII KAL DEC DCCCLIV A.U.C. (20.11.2004/101 n.Chr.)


    ZUM
    PROBATUS
    MARCUS PETRONIUS COTTA
    LEGIO IX HISPANA


    FUER DEN ROEMISCHEN KAISER
    LEGATUS LEGIONIS
    MAXIMUS DECIMUS MERIDIUS



    Der Primus Pilus sah sich das neue Gesicht gut an.


    "Cota war der Name? Schade, dass Du bei den Wahlen nicht gewonnen hast. Auf der anderen Seite: Gut dass Du zur Legio IX gekommen bist..."


    Er ging näher an ihn ran.


    "Soldat sein ist was anderes als Politiker zu werden. Memmen können wir hier nicht gebrauchen. Wer sich zu den Legionen meldet, der schwört auf den Imperator und sonst auf nichts. Und er gibt sein Leben für ihn!"


    Der Offiziersstock fuhr nach vorne und stupste den Neuen an der Schulter.


    "Wie war der volle Name? Wo kommst Du her? Warum willst Du zur Legion? Hast Du irgendwelche Krankheiten? Hat sonst jemand in Deiner Familie bestimmte Krankheiten? Wie sieht es aus mit Familie? Ich hoffe Du hast keine Frau, denn wenn Du sterben solltest, dann gibt es in Rom eine Witwe mehr..."


    Er ging zurück zu seinem Schreibtisch und füllte ein Dokument aus.


    "Ich teile Dich der II. Kohorte zu. Du gehts am Besten in die Unterkunft dort, der zuständige Offizier wird sich um Dich kümmern."


    Er gab dem Probatus den Wisch.

    In diesem Moment trat ein Meldereiter ein, der ziemlich verstaubt und verdreckt war. Er salutierte und übergab dem Primus Pilus ein Schreiben, das an den Legaten bestimmt war.


    "Kommt aus Rom!"


    Geta nahm das Schreiben und öffnete es, da es nicht als streng vertraulich eingestuft war. Nachdem er ein paar Zeilen gelesen hatte, legte er es auf den Tisch und gab dem Reiter zu verstehen, dass er wieder abtreten könne.


    An den Legatus Legionis
    Maximus Decimus Meridius
    Legio IX Hispana


    Salve, Meridius!


    Zu unserem Bedauern müssen wir Dir mitteilen, dass Dein Neffe Lucius Decimus Empiricus - stationiert in der Legio IV Syrica - nach seinem spurlosen Verschwinden inzwischen unter die Gefallenen gerechnet wird. Verbündete Nomandenstämme konnten bei einem Überfall auf eine Widerstandshochburg zwar einige verschleppte Legionäre befreien, jedoch bestätigten diese, dass Empiricus tot und irgendwo in der Wüste hinter Palmyra begraben ist. Es tut mir Leid, Dir diese Nachricht übermitteln zu müssen.


    Mögen die Götter Dir und Deinem Hause gnädig sein.


    Vale,


    Apollonius
    Kommandeur
    Legio IV Syrica

    "Die vermissten Legionäre rennen sicher nicht im Castellum rum. Da kannst Du Gift drauf nehmen Optio."


    Balbus lehnte sich in seinem Stuhl zurück.


    "Die Reiter die gestern nach raus sind, sind die Patrouille nach Norden. Die II. Ala unserer Legion. Routineeinsatz. Ich selbst habe sie begleitet und bin dann nach halber Strecke wieder zurückgekehrt.


    Doch was anderes: Könntest Du die Patrouillen durch Tarraco wieder aufnehmen? Sobald die Kohorte I wieder komplett im Lager ist, kannst Du Dir die Männer rauspicken, die Du dafür brauchst."

    Unterdessen hatten die Reiter die Strasse verlassen und bewegen sich neben dem Weg, die Hufe der Pferde sorgfälltig mit Lappen umwickelt, so dass sie keinen weiteren Staub mehr aufwirbelten. Für einen kurzen Moment hatte der Anführer befürchtet, dass sie sich aus einer Unachtsamkeit heraus verraten hätten, dann jedoch kam ihnen zu Gute, dass Nero, wie angeordnet das Lager eingeebnet und die Reste verbrannt hatte. Die dunklen Schwaden die in den Himmel stiegen lenkten von der kleinen Staubwolke der Reiter ab.


    Am Lagerplatz angekommen fanden sie nichts mehr vor. Die Nachhut hatte offensichtlich gute Arbeit geleistet, das Lager war definitiv unbrauchbar, und ausser einem kleinen defekten Kessel hatten sie nichts zurückgelassen.


    Der Anführer stieg vom Pferd, rümpfte kurz mit der Nase, packte sich das metallene Teil und warf es einem anderen Reiter zu, welcher es einsteckte.


    Dann ritt die kleine Ala weiter und begab sich auf die Verfolgung der Nachhut.

    Der Primus Pilus blickte dem neuen diensthabenden Wachoffizier hinterher. Er machte einen guten Eindruck. Er schien gründlich, konzentriert und pflichtbewusst. Jedoch sollte man mit Loorbeeren auch nicht zu schnell sein. Schon so mancher hatte am Anfang seine beste Seite präsentiert und sich später dann doch als unfähig erwiesen. Nun ja, man muss sehen was die Zukunft bringt, dachte er und ging wieder in sein Büro.

    Nachdem aus Rom die Meldung kam, dass der Thronfolger beerdigt worden war und die gesetzlich vorgeschriebene Trauerzeit beendet war, wurde die Trauerwache aufgelöst. Geta nahm die Büste des Caesars und ließ sie ins Archiv des Castellums bringen. Der Gedanke an die Sterblichkeit des menschlichen Seins beschäftigte ihn sehr. Jedoch, das Leben musste weiter gehen, und es würde nur eine Frage der Zeit sein, bis ein neuer Caesar den Platz des alten einnehmen würde...

    Auch der Primus Pilus tritt ein, hängt seinen Mantel an einen Haken an der Wand und nimmt Platz. Dann greift er erst nach einem Becher Wein und nimmt ein paar Schluck, bevor er sich an den Tribunen wendet.


    "Und, wer wird heute das Rennen machen, Balbus? Ich denke, dass ich mal an der Reihe bin. Das letzte mal hast Du mich arg ausgenommen..."


    Er lachte und Balbus ebenfalls.


    "Ich habe im Übrigen Arius Bescheid gegeben. Kann gut sein, dass er im Laufe des Abends auch noch dazu stösst..."

    Mitten in der Nacht ritt eine kleine Einheit Reiter aus dem Castellum und nahm den Weg nach Tarraco. Kurz davor bog sie jedoch auf der Handelsstrasse nach Norden ab.


    Der Wachsoldat an der Porta blickte nur desinteressiert hinterher. Wahrscheinlich würde es sich wieder um eine der gewöhnlichen Patrouillen handeln.


    Was er jedoch nicht bemerkte, unter den Reitern war eine zusätzliche Person, welche sich im Hintergrund hielt und dennoch den Anschein machte, ein höheres Kommando inne zu haben.

    Es war schon am Abend, als der Primus Pilus das Quartier des Tribunen Arius betrat. Wie alle Tribunen verfügte ja dieser über ein eigenes kleines Häuschen auf dem Gelände des Castellums, gleich unmittelbar gegenüber der Principia.


    "Salve, Arius! Ich hoffe ich störe nicht. Ich wollte nur wissen, ob Du auch zum Würfelspiel der Offiziere kommst. Soweit ich weiß, ist heute eine Menge Kies im Pott, es dürfte sich also lohnen..."


    Er lachte und warf dann dem Tribunen einen fragenden Blick zu.

    Der Primus Pilus ließ die I. Centurie der I. Cohorte im Morgengrauen antreten. Wer zur I. Cohorte gehörte, gehörte zur Elite der Legion. Wer jedoch zur I. Centurie der I. Cohorte gehörte, gehörte zur Elite der Elite und als solche galt es belastbarer als die anderen zu sein.


    "Männer! Ich erwarte 2 Runden um das Castellum. Wer als letzter wieder am Sammelpunkt ist, darf nochmals eine Extra-Runde drehen! Ich selbst werde mitlaufen. Wer mich schlägt erhält eine Extra-Ration Wein..."


    Die Soldaten schienen hochmotiviert. Einige lachten, jene, welche jedoch schon länger dabei waren, wussten, dass es nicht einfach werden würde. Der Primus Pilus war zwar nicht mehr der Jüngste, doch er war ein alter Hund und ein erfahrener dazu. Wieviele Runden er schon in seinem Leben um dieses Castellum gedreht hatte, konnten die meisten nur erahnen.