Bravourös! Da stimmten Cassius, Dives und ihre jeweiligen Anhängerschaften, die natürlich ebenso bereits zu den Reden auf die Aedilität hier zur Rostra gekommen waren, nur allzu gern in den Applaus ein! Letzterer war selbstredend aber dennoch auch zuvor bereits klar abgesprochen worden. Sie wollten sich schließlich gegenseitig unterstützten dabei zum ersten beziehungsweise zweiten Mal in bestimmte Positionen gewählt zu werden. Man könnte es vielleicht sogar ein quinquevirat nennen, das sie da gebildet hatten...
Dabei waren sie jedoch selbst zu fünft nicht ansatzweise so mächtig wie auch nur eines der beiden berühmten Triumvirate. Wer von ihnen könnte schließlich behaupten es mit dem einstigen Reichtum des Crassus Dives aufnehmen zu können? Wohl niemand. Wer von ihnen könnte behaupten es mit den militärischen Kenntnisse und der Erfahrung des großen Pompeius aufnehmen zu können? Wohl ebenfalls niemand. Und wer letztlich würde es wagen zu behaupten, dass er die Ausstrahlung und das Charisma eines Iulius Caesar hätte?! - Wohl niemand zum Dritten.
Aber dafür standen sie hier und heute auch nicht in Roma und versuchten den Senat zu kontrollieren, sondern standen vor der im direkten Vergleich wohl eher bescheidenen ostiensischen Rostra, um zu versuchen einem weitaus kleineren und weitaus weniger angesehenen Gremium für ein Jahr den eigenen Stempel aufzudrücken... ein bisschen jedenfalls. Denn vollständig dominieren würden sie den Ordo Decurionum wohl kaum können - selbst wenn sie alle fünf gewählt werden sollten.
Überhaupt wäre es vielleicht sogar angebrachter nur von einem quadrumvirat zu sprechen - wobei zu diesem Zeitpunkt natürlich noch niemand von ihnen ahnen konnte, dass diesem Wort einmal (gerade in Italia) eine wortwörtlich schwarze Bedeutung zukommen würde. Doch während Cassius Geld und seinen Namen in die Waagschale werfen konnte, der Hortensius sicherlich zumindest seinen Namen und seine grundlegende Erfahrung, Ocella hingegen auch tatsächliche Leistungen vorzuweisen hatte - neben seiner Abstammung und seinen guten Beziehungen -, und Dives... nun wohl eine ganz gute Mischung aus all jenem bot; da war es doch vor allem der Asinier, der nur hauptsächlich am Togazipfel des iulischen Duumvirs hing.
Aber ob nun Fünfmännerabkommen oder Viermännerabkommen sollte am Ende auch keine Rolle spielen, denn - nachdem einige weitere Reden gefolgt waren und nun die Kandidaten für das Duumvirat an der Reihe waren - musste Dives ran und rauf auf die Rostra. Passenderweise hatten Cassius und er alles so arrangiert, dass sie selbst mit Dives die erste und mit Hemina auch die letzte Rede auf das Duumvirat halten würden. Es würde also folglich mit der Erwähnung des bisherigen cassisch-iulischen Duumvirats beginnen und letztlich auch enden...
In einer frisch gebleichten, strahlend weiß glänzenden toga candida trat Dives vor die versammelten Leute und blickte sich erst einmal stumm um. Ein freundliches Nicken zu diesem Decurio; ein einfacher Gruß zu jenem bekannten Gesicht. Dann sammelte er sich, atmete noch einmal tief ein und sodann alle Nervosität aus. Zumindest für etwas zwei Drittel der Aufgeregtheit klappte dieses Vorgehen nämlich bei Dives durchaus gut. Anschließend ging es los und er erhob seine Stimme:
"Cives Honoratioresque Ostienses! Ich, Marcus Iulius Dives, Sohn des Caius Iulius Constantius, freue mich, dass auch ich hier und heute meine öffentliche Kandidatur erklären darf - meine erneute Kandidatur zum Amt des Duumvirs!", begann er so ähnlich, wie er bereits seine letzten Kandidaturreden begonnen hatte und machte sogleich die erste Zäsur. Schließlich sollte auch niemand so einfach überhören, dass es jetzt also um die Kandidaten ging, die (wieder) Duumvirn werden wollten.
"Als amtierender Duumvir von Ostia wird euch mein Gesicht wohl kaum ein neues oder unbekanntes sein, nachdem ich mich mit aller Kraft - genau, wie ich es euch noch vor einem Jahr an dieser Stelle hier versprochen habe - um unsere geliebte Civitas gekümmert und gesorgt habe...", stellte er sodann fest. Wahlversprechen auch einzulösen war schließlich immer etwas Gutes. Dann trat er einen Schritt nach rechts und wandte sich an die dort stehenden Personen.
"Zusammen mit meinem Collega Cassius habe ich dafür gesorgt, dass Ostia noch immer hoch in der Gunst der Götter steht; dass unsere Civitas folglich bisher von allem direkten Übel verschont wurde! Weder kam es hier bislang zu irgendwelchen offenen kriegerischen Auseinandersetzungen, noch gab es hier sonstige Sabotage-Aktionen, wie beispielsweise in Roma, wo zugelassen wurde, dass ein ganzer Getreidespeicher - gerade in diesen Tagen - niederbrennt!", zeigte Dives dramatisch nach links, bevor er dann auch einen Schritt in jene Richtung ging und sich an die dortigen Menschen wandte.
"Doch nicht nur darum habe ich mich stets mit bestem Wissen und Gewissen gekümmert. Ich erzählte euch, dass unsere Finanzen, die Finanzen unserer Civitas Ostia, die uns unseren Wohlstand heute sichern und auch noch morgen sichern sollen, von der kaiserlichen Administratio haargenau und bis ins kleinste Detail kontrolliert werden sollten. Ganz genau dies ist geschehen in diesem Jahr - doch kann ich euch mit größter Freunde sagen und verkünden, dass unsere Bücher nicht nur sauber und ordentlich geführt, sondern gar absolut tadellos sind! Unsere Ersparnisse für eben solche schlimmen Zeiten, wie wir sie aktuell leider erleben müssen, werden auch unsere Ersparnisse bleiben und können damit also auch weiterhin zum Wohle Ostias, zum Vorteil von uns allen, eingesetzt werden!" Während sich Dives nun wieder zurück mittig drehte, kam aus Celers Richtung ein 'spontaner' Applaus, der auch von einigem Jubel begleitet wurde.
"Ich habe euch vor einem Jahr versprochen: Ich würde hier stehen für euch! Für euch, die Bürger von Ostia! Mittlerweile hat die Classis Misenensis hier in der Stadt ein Marschlager errichtet und ihre Schiffe liegen im Portus Romae, der folglich weit weniger Handelsschiffe aufnehmen kann. Doch was soll ich euch sagen? Auch dort habe ich mich zusammen mit dem Hafenverwalter Sulpicius beim Praefectus Classis persönlich dafür eingesetzt, dass der Hafen schon bald wieder mehr civile Schiffe wird aufnehmen können. Während die Classis unsere Civitas mit Patroullienfahrten auch vom Meer aus beschützt, wird es in unseren Häfen bald also wieder mehr Platz für den Handel geben - den Handel, der Ostia schon immer stark gemacht hat - den Handel, der Ostia immer stark machen wird! Ich habe es euch versprochen und ich halte meine Versprechen, denn ich bin ein ehrenwerter Mann: Ich stand und stehe hier für euch! Für euch, die Bürger von Ostia!", griff Dives nun bewusst auf Stilmittel seiner vergangenen Rede zurück. Jeder, der ihn damals schließlich gewählt hatte, musst dafür ja auch irgendeinen Grund gehabt haben. Es wäre sicherlich nicht falsch die Leute so auch an ihre damaligen Intentionen zu erinnen...
"Nun, aber warum will ich euch nahelegen mich erneut zu wählen? Ich meine, ich habe meine Versprechen gehalten und meine Arbeit getan. Aber warum sollt ihr gerade mir die besondere Ehre eines zweiten Duumvirats in Folge gewähren? Warum empfehle ich euch niemand anderen, wie zum Beispiels den amtierenden Aedil Herennius?", stellte er sodann in den Raum. In diesem Punkt hatte sich der Iulier gut auf Ocella verlassen können, der wahrlich gute Vorarbeit geleistet hatte. Wie schließlich ausgehängt war, trat Herennius tatsächlich zum Duumvirat an...
"Nun, diese Frage ist schnell und leicht beantwortet: Wo sich manche Kandidaten hier nur raffgierig um ihre eigenen Interessen kümmern, alle Arbeit ausschließlich delegieren und dafür dann auch noch aus der städtischen Kasse bezahlt werden wollen, da steht bei mir an oberster Stelle zunächst das Wohlergehen Ostias, unserer geliebten Civitas! Indem ich es war, der dem Schmuckhändler Titus Lavenius seine Handelslizenz wiedergab - ohne irgendeine Bestechung oder ähnliches (!) -, sollte ich dies wohl mehr als deutlich unterstrichen haben. Ich bin ein ehrenwerter Mann und kein Lügner und Betrüger!" Noch hatte der Herennier natürlich nicht gelogen, sondern nur betrogen. Aber für den Fall, dass der später Dinge erzählen wollte, die er besser nicht erzählte, wäre es sicherlich nicht falsch ihn auch vorab schonmal als Lügner darzustellen, dem man nicht den geringsten Glauben schenken dürfte.
"Mir kann man im Gegensatz dazu trauen und vertrauen! Für mich steht das Wohl der Civitas genauso an höchster Stelle und über allen eigenen Interessen, wie beispielsweise auch für Helvetius Ocella, den ihr alle vorhin bereits hier habt sprechen hören. Er hat den Händler, der gnadenlos übers Ohr gehauen werden sollte, erst zu mir gebracht und damit dafür gesorgt, dass dieser Händler zu seinem Recht kommt - wie ihr alle hier jederzeit zu eurem Recht kommen sollt! Wir brauchen in Ostia ehrenwerte Männer! Keinen seine Amtgewalt ausnutzenden Herennius! Keine alles in die eigenen Taschen steckenden Brüder Gaius und Gnaeus Geminius Gallus!", womit er sich nun also bei Ocella revanchierte und auch dessen Mitkandidaten etwas verunglimpfte, wie es eben zu soeinem Wahlkampf mitunter dazu gehörte...
"Ich sage euch also: Wählt einen Helvetius Ocella, wenn ihr einen gerechten Aedilis Mercatuum haben wollt! Wählt einen Hortensius Vaticanus, wenn ihr einen verständigen Aedilis operum publicorum haben wollt! Wählt meinen zuverlässigen Klient Asinius Celer, wenn ihr wollt, dass ein Quaestor dafür sorgt, dass öffentliche Gelder auch öffentliche Gelder bleiben! Und zu guter Letzt: Ermöglicht meinem Collega Cassius und mir, Marcus Iulius Dives, unsere Wiederwahl zu Duumviri Ostienses, auf dass wir unsere gute Arbeit in Zeiten schwerster Krisen weiter kontinuierlich und gut und vor allem zum Wohle Ostias, zu eurem Wohle machen können! Denn: Wir standen und stehen hier für euch! Für euch, die Bürger von Ostia!", beendete Dives seine Rede enthusiastisch und mit weit geöffneten Armen, die eben zeigten und unterstrichen: 'für euch'.
Zufrieden registrierte der Iulier sodann den Beifall seiner Anhänger, der Anhänger Heminas und vieler mehr. Später noch die Rede des Cassiers und der eine oder andere werbende Aushang und dann sollte die Sache hoffentlich geritzt sein... So verließ Dives die Rostra mit einem strahlenden Lächeln und wunderte sich kurz danach, wie es kam, dass ein Apfel so unsanft neben ihm zu Boden ging. Die Antwort wurde ihm jedoch stante pede klar: Er hatte ja dafür gesorgt, dass der Herennier direkt nach ihm reden 'durfte'... Was für ein Spaß!