Es war schön sich einfach nur so anzulehnen bei Serapio, seine Berührungen zu spüren (auch wenn das über dem rechten Auge noch etwas weh tat) und die Natur zu beobachten. Der Zufall wollte es, dass auch Dives dabei an eine kleine Geschichte dachte. In dieser jedoch war nicht er selbst der Hyacinthus, sondern Serapio. - Der schöne Serapio, der süße Serapio, suavis Serapis. Das passte ja allein schon aufgrund der ausgeübten Tätigkeiten viel besser: Seit wann wäre der Sohn eines Spartanerkönigs auch ein Mann, dem das Reden mehr lag als das Kämpfen?! Der junge Iulier hingegen müsste wohl mit Zephyrus, dem Gott der Westwinde, Vorlieb nehmen, wenngleich er sich natürlich viel lieber in der Rolle des Apoll sehen würde. Doch letztere war eben höchstwahrscheinlich einfach schon vergeben...
Er, Dives, war der 'neue Liebhaber'; war derjenige, der der Frau oder dem Geliebten Serapios gedanklich den Kampf angesagt hatte; war letztlich der eifersüchtige, der den Discus in die tödliche Flugbahn bringen würde. Diese Vorstellung war beängstigend, wenngleich sich der Theaterfreund Serapio wohl nicht ganz ungern in der tragischen Rolle sehen würde. In just diesem Moment beendete der Decimer auch im Hier und Jetzt die Romantik des Augenblicks.
"Ja, ... ja, natürlich.", antwortete Dives betrübt über die Aussicht gleich wieder auf das Fest zurück zu müssen. Ein kleines Lächeln folgte. Denn auf der anderen Seite konnte der Iulier vollkommen nachvollziehen, dass sie jetzt eben nicht unendlich viel Zeit miteinander verbringen konnten. Deshalb wollte er ja auch ein richtiges Kennenlernen, das Serapio ihm leider ausgeschlagen hatte. Dann jedoch folgte eine Frage, mit der Dives so nicht mehr gerechnet hatte. War er öfter in Roma? - Derzeit eigentlich ja nicht unbedingt. Andererseits...
"Naja schon so hin und wieder. Ich muss ja auch immer mal wieder nach meinem Cousin Centho sehen, dem es derzeit nicht ganz so gut geht. Und... und ich vertrete ihn auch als Magister der Societas Claudiana et Iuliana. Da muss ich wohl auch ab und an hier nach dem Rechten schauen. Und... und dann... Ich engagiere mich auch in der Veneta...", antwortete der Iulier lang und breit und versuchte dabei wohl eher sich selbst davon zu überzeugen, dass er ja doch eigentlich ganz schön oft hierher kommen müsste. Letztlich allerdings reichte die Überzeugungskraft seiner Argument nicht für sich selbst. Hatte sie für Serapio gereicht?
Erst jetzt begann auch Dives sich wieder ordentlich anzukleiden. Immerhin, so hoffte er, könnte der Decimer sehen, dass Wunsch und Bereitschaft öfter hier zu sein, eindeutig da waren. Oder sah er auch das nicht - genauso wie er den Wink mit dem Praenomen vorhin offenbar nicht verstanden hatte?! War er tatsächlich so ein Macho, dann wäre er wohl wirklich nichts für den jungen Decurio. Doch das galt es eben erst noch herauszufinden. Erste Eindrücke konnten täuschen... und dass ein Theaterliebhaber kein Romantiker, sondern ein oberflächlicher Macho wäre, das wollte er nicht glauben!
"Und du? Ich mein, in Ostia bist du ja sicherlich nicht so häufig, aber in Roma? Bleibst du hier oder... oder musst du... weg?" Die Möglichkeit, dass der Praefectus in den Krieg müsste, wagte Dives nicht so direkt auszusprechen. Und dabei ging es nicht nur um die größere Entfernung, die in jenem Fall zwischen ihnen läge...