Sim-Off:Ich hoffe, es ist mir niemand böse, wenn ich das Stück jetzt einfach zum Ende bringe.
Prometheus hing wieder einfach nur da. Die Stille dauerte länger an, als noch vor dem Monolog des Prometheus. Dann jedoch war von irgendwoher ein Chor zu hören. Zuerst nur ganz leise und nur, wenn man sich wirklich darauf konzentrierte. Dann wurde er jedoch zunehmend lauter. Letztlich betraten durch die aditi maximi kommend die Töchter des Ocean im Chor die orchestra. Es waren bei weitem keine dreitausend Meeresnymphen, denn soviele Töchter hatte der Gott Ocean mit Thetys der Mythologie nach. Doch am Ende war die orchestra so gut gefüllt, dass man statt der blauen Stoffbahnen auf dem Boden nurmehr die verschiendenen Blautöne der Nymphengewänder sah. Mit ernsten Gesichtern blickten sie die Zuschauer an und verstummten alle zeitgleich.
Kurz danach rappelte sich Prometheus erneut etwas auf und sprach gequält:
(schaut suchend, aber den Wald vor lauter Bäumen nicht sehend umher)
"Ha! welch ein Laut, was für
ein unsichtbarer Duft fliegt zu mir her?
Von Göttern, Menschen oder Oreaden?
Führt Neugier sie an diesen Felsenstein
Mein Leiden anzusehn?
Was kann sie sonst hieher geladen haben?
Seht den gefesselten Gott!
Seht mich Unglücklichen!
Den Götterfeind, gehaßt von allen Göttern,
So viel derselben Jovis Haus bewohnen,
Weil er so sehr geliebt die Sterblichen.
Weh mir! was ists? was hör ich wieder?
Ein näher Vogelgeschwirr.
Es säuselt wieder die Luft
Vom Schlagen der schnellen Gefieder.
Ach! alles was sich nähert ist mir schrecklich."
"O fürchte nichts! Denn diese gesellige Schaar
In wechselseitig schnellem Fluge
Ereilte diesen Felsenabhang,
Das kaum vom Vater gewähret war,
Getragen von schnellbeflügelten Lüften.
Denn das Gehämmer des Eisens drang
Bis tief hinunter zu unsern Grotten,
Verscheuchte die jungfräuliche Schaam;
Und ohne Socken eil ich her
Auf einem beflügelten Wagen."
(erkenntnisgetroffen)
"Ach, ach, ach!
O ihr der fruchtbarn Thetys Töchter!
O Kinder des Vater Ocean!
Der rings das ganze Erdenrund
Umströmt mit rastloser Meereswoge
O schaut und seht, von welchen Banden wund
(wieder mehr und mehr leidend und klagend)
Des Felsenabhangs höchste Klippe
Ich unbeneidet hüten muß!"
"Ich seh’s, Prometheus, und es dränget sich
Aus meinen Augen eine Thränenwolke
Von Schrecken ausgepreßt. Denn sie erblicken
In Wunden schlagenden Eisen deinen Leib,
Schier ausgedörrt an diesen Felsenstücken.
Denn neue Herrscher thronen im Olymp.
Durch Neuerung und wider alles Recht
Gebietet Zevs, vergißt das große Urgeschlecht."
(zum Ende hin leiser werdend, da ja nichts Falsches betont werden darf)
"Ja, hätt’ er mich tief in der Erde Schooß,
Tief zu des Orkus schattenvollen Gründen,
Geschleudert in die gränzenlose Nacht,
Und dort, wo weder Sterbliche noch Götter,
An meiner Quaal sich weiden, mich in Bande,
In unlösbare Bande mich geschlagen!
Nun aber leid’ ich Elender! den Feinden,
Dem Aether selbst zum Schauspiel hingegeben!"
"Wer von den Göttern wäre hart genug,
An deiner Marter sich zu weiden – Wer
Als Zevs, der unerbittlich stets gewüthet?
Noch bändigt er das himmlische Geschlecht,
Und rastet eher nicht, bis sich sein Zorn
Gestillt, bis ihm, was kaum ausführbar ist,
Ein Mächtiger das Zepter ihm entwendet."
"Fürwahr auch meiner, wenn gleich jedes Glied
In starken Banden schmachvoll jezt verschmachtet,
Wird einst benöthigt seyn der Götterfürst,
Ihm jene neuen Feinde zu verrathen
Die ihm das Zepter zu entwinden drohn,
Gewiß. Mich soll sein honigsüßes Schmeicheln
(zunehmend kraftvoller und energischer)
mich seines Zornes Drohung nicht berücken,
Ihm dieses zu enthüllen, bis er mich
Nicht rettet blos aus diesen rauhen Banden,
Nein auch die Schmach mir noch vergütet hat."
"Noch bist du kühn an diesem grausen Felsen,
Beugst deinen Nacken nicht von soviel Quaal geschreckt;
Mir graut – Ich fürchte deine künft’gen Leiden.
Wenn wirst du denn das Ufer dieser Quaal
Des hohen Unglücksmeeres finden!
Wer kann Kronidens Sinn erspähn?
Wer einen Weg zu seinem Herzen finden?"
(seuftzt und spricht ruhiger weiter)
"Ich weiß. Unbeugsam und voll Eigensinn
Ist Kronos Sohn. Doch endlich beugt ihn doch
Erweicht ihn doch das mächtigere Schicksal.
Und hat sein langer Zorn einst ausgezürnt,
So wird von ihm ein Bund mit mir gestiftet,
Und wie ichs wünsche, Liebe mir gezollt."
"Enthüll’ uns alles, nenn’ uns jeden Grund,
Für welch Vergehen Zevs so schwer dich peinigt,
So hart, so schimpflich dich verschmachten läßt.
Belehr’ uns, wenn dein Schmerz es dir verstattet."
(seutzt erneut kunstvoll, bevor er antwortet)
"Zwar schmerzlich ist’s mir, dieses zu erzählen.
Doch schmerzt auch Schweigen. Ringsum ist nur Elend.
Kaum war der Götterzwist entstanden, kaum
Empörten gegen Götter sich die Götter,
So wollten einige Saturn vom Throne stürzen,
Und herrschen sollte Zevs – und wieder andre
Verhinderten Kronidens Thronbesteigung.
Ich rieth hierauf das Beste, doch umsonst!
Nie konnt ich die Titanen überreden.
Sie spotteten des mildern Raths, und wähnten
Mit leichter Müh die Herrschaft zu erzwingen.
Doch mehr als einmal hatte Mutter Themis
Der Zukunft Schleyer mir enthüllt, vorher
Gesagt: Gewalt und Härte könnten nie
Nur List die künftgen Herrscher überwinden.
Und dieses legt’ ich ihnen deutlich vor.
Doch würdigten sie keines Blickes mich.
Nach vielem hin und wieder sinnen schien es
Mir und der Mutter Themis doch das Beste,
Dem Zevs, der’s gern sah, gerne beyzustehen,
Wie ich’s ihm rieth, verbirgt der schwarze Grund
Des tiefen Tartarus den Ahnen Kronos,
Sammt seinen Mitgenossen. So viel Vortheil
Benutzt der Götterherrscher erst von mir
Und denn vergilt er’s mir mit solcher Marter.
Denn leider ists einmal der Herrscher Sitte,
Den Freunden nicht viel Gutes zuzutrauen.
(eine deutliche Zäsur, die vorher noch nicht da war)
Nun fragt ihr mich, warum er diese Schmach
Auf mich gehäuft. Auch dies sollt ihr erfahren.
Er hatte kaum den väterlichen Thron
Bestiegen; gleich ertheilt er Göttern Gaben,
Und jedem andere. So wußt’ er sich
Die Herrschaft zu versichern. Nur die Schwächern
Die Menschen übergeht er, will das ganze
Geschlecht vertilgen und ein neues schaffen.
Und diesem widersezte niemand sich als ich,
Ich kühn genug, beschützte die Verlaßnen
Und dafür beugt mich dieses Elend nieder,
Dem Dulder schmerzlich, kläglich selbst dem Anblick.
Ich, der ich Mitleid für die Menschen fühlte,
Bin selbst nicht mitleidswerth geachtet, bin
So ohne alles Mitgefühl gequält."
(folgender Satz bleibt unausgesprochen)
Für Jupiter kein ehrebringend Schauspiel!
"O marmorhart und eisern muß er seyn
Der ungerührt, der ohne Mitleid dich
Gemartert sieht – ach! ich vermags nicht zu ertragen!"
"Ja, Freunden bin ich wohl ein Jammeranblick."
"Und weiter schrittst du nicht in deiner Kühnheit?"
"Ich hemmte ihre Blicke in die Zukunft."
"Was fandst du gegen diese Sucht für Mittel?"
"Ich ließ die Hoffnung täuschend sie umgaukeln."
"Fürwahr, ein groß Geschenk für Sterbliche!"
"Und dazu bracht’ ich ihnen noch das Feuer."
"Und scheint den Irrdischen des Feuers Flamme noch?"
"Ja wohl, und wird sie viele Künste lehren."
"Und solch Vergehen läßt dich Kronos Sohn
So schmählich büßen, rastet nie mit Quaalen?
Siehst du auch nirgends deines Elends Gränze?"
"Nur denn, wenn’s ihm einmal belieben wird."
"Und wann? Und welche Hoffnung? Fühlst du nicht
Daß du gefehlt? Ach! Dieses eben schmerzt mich
Und schmerzen muß es auch dich selbst – Doch still
Davon! Nur einen Retter suche auf!"
"Ja, wer den Fuß von keinem Ungemach
Gefesselt fühlt, kann warnen, kann wohl rathen
Dem Elenden. Doch alles dieses wußt’ ich.
Ich habe gern gefehlt, ich läugn’ es nicht.
Ich brachte Menschen Rettung, und mir Quaalen.
Doch dafür glaubt’ ich nicht zermartert, nicht
An solch ein unwirthbares Felsgerippe
Verbannt zu werden. Doch bejammert nicht
Mein jetziges Verhängniß – hört vielmehr
Der Zukunft höhre Quaal, bis zur Vollendung.
O senkt euch zu mir nieder, schenkt mir Mitleid,
Mir, der ich soviel dulde! Denn das Unglück
Schwärmt unstät bald zum einen, bald zum andern."
(fällt abermals in seine Ketten zurück)
"Uns rufest du, als hörten wir es nicht:
Hinunter denn von dem beflügelten Wagen
aus der reinen ätherischen Luft
In diese fürchterliche Felskluft hinunter
Zu hören deine Quaal und deiner Leiden Menge."
(zeitgleich senken sich die Köpfe des Chors)
Sim-Off:Textquelle; nur Kommis sind auf eigenem Mist gewachsen
Auf der Bühne passierte nun erstmal garnichts mehr... bis das Publikum verstanden hätte, dass das Ende des Stücks erreicht war und eine Reaktion - in welche Richtung die auch immer gehen mochte - sich abzeichnete. Und nach letztlich ebenjenem positiven oder negativen Beifall, Blumen oder nicht mehr allzu frischem Obst, enterte mutigen Schrittes der mittlerweile bereits zweimal in Erscheinung getretene Ansager die Bühne, nahm zu Prometheus Rechter (für den Zuschauer: Linker) Aufstellung und war bereit nun - aller guten Dinge - auch ein drittes Mal im Blickpunkt der Zuschauer zu stehen:
So kündigte er groß das während des dritten Teils der Vorstellung entstandene Gedicht an.
"Gegrüßt sei Vescularius
Das Militär ihm Hochgenuss
Verteidigt hat er unser Reich
- Einem Triumphator gleich!
Gedient stets dem Imperium
Klient des Princeps, beinah' Sohn
Praefectus Urbi viele Jahr'
- Testamentisch nun Kaiser!
Verfolgt die Mörder bis ins Grab
Auf dass sie büßen ihre Tat.
Drum erhebet eure Becher!
Auf Salinator; den Rächer!"
Einen Becher hatte der Sprecher der Verse zwar (solidarisch mit dem Publikum) auch nicht dabei, aber die in die Höhe gestreckte, zur Faust geballte Linke würde es hoffentlich auch tun. Wem man damit wohl etwas beweisen wollte?