Beiträge von Marcus Iulius Dives

    Mit entschuldigendem Blick hob Dives die Schultern etwas an und schüttelte leicht den Kopf. Was sollte er dazu sagen? Bei der Häufigkeit, mit der der Iulier in der Casa der Decimer war, konnte er unmöglich etwas erwidern, das mehr als nur ein Verdacht wäre. Das fing ja bereits damit an, dass er diesen Cousin nichtmal flüchtig kannte und damit überhaupt nicht wusste, ob das Positive, das er ihm in Gedanken unterstellt hatte, auch nur ansatzweise zutraf. Dives wollte an das Gute der Menschen glauben - besonders wenn sie ihm unbekannt waren. Alles Andere schien ihm unfair gegenüber jenen. Aber er wusste natürlich auch, dass bei Weitem nicht jeder diesem Bild entsprach und gerade bei den Praetorianern lag es sicherlich nicht gerade fern, dass dies hier wieder einer dieser Fälle war...


    Der getroffene Hund bellt. Das sagte man umgangsprachlich und das schien sich wieder einmal zu bewahrheiten. Scheinbar hatte der Decimer seinen Fehler bemerkt und wiederholte sich nun selbst, wobei ganz nebenbei aus den einigen schönen Plätzen wenige wurden. Dives, diesen Unterschied sehr wohl bemerkend, spührte einen ziehenden Schmerz in der Brust. Es war der Schmerz der Enttäuschung. Auch Flavus hatte er keine schlechten Absichten unterstellen wollen, aber er wurde das Gefühl nicht los, dass er hier gerade veralbert wurde - und das wahrscheinlich schon seit er die Brauerei des Decimers betreten hatte. Er hatte geglaubt und gehofft, dass sie sich über das mehr als nur angespannte Verhältnis ihrer beiden gentes hinweg doch eigentlich ganz gut verstehen würden. Aber statt einer für Dives nachvollziehbaren Erklärung versuchte Flavus einfach alles unter den Tisch zu kehren - als würde der Iulier das eh nicht merken, weil er ja eben nur ein Iulier war und nicht beispielsweise ein toller Decimer!
    "Was heißt schon lange...?", antwortete Dives wortkarg und möglichst nichtssagend. Die Niedergeschlagenheit in seiner Stimme war deutlich zu hören. Flavus hatte Dives etliche horae an der Nase herum geführt. Das müsste bei der nächsten cena der Decimer ja DER Brüller sein....


    Das machte plötzlich auch die Sache mit der Aurata etwas klarer! Wahrscheinlich diente es einfach nur dazu, den Iulier in Sicherheit zu wiegen, Vertrauen zu erwecken. Es würde Dives jetzt nicht wundern, wenn er Flavus beim nächsten großen Rennen als enthusiastischen Anhänger im Fanblock der Goldenen wiederfinden würde. So verlogen konnte doch wirklich nur ein Decimer sein! Kein Wunder, dass die Beziehung zwischen ihren gentes so war, wie sie war! Langsam wich die Enttäuschung der Wut. Aber Dives versuchte ruhig zu bleiben, weiter mitzuspielen und sich möglichst nichts anmerken zu lassen. Vielleicht käme er auf diese Weise noch dahinter, was genau Flavus hier nun eigentlich zu erreichen hoffte.
    "Ein zweiter Platz bei den Ludi Carmentaliae ist nicht erfolgreich?", fragte der Iulier spitz nach. Das war das letzte richtig große Rennen, das seiner Auffassung nach stattgefunden hatte und bei dem die bekannten Rennställe - leider damals ohne blaue Beteiligung - gegeneinander angetreten waren. Damit wurde das Gespräch nun also noch absurder: Der Decimer sprach gegen und der erklärte Blaue für die Aurata!


    Das gab scheinbar dann den Anstoß dafür, dass Flavus - endlich - direkt darauf zu sprechen kam, was hier eigentlich gerade zwischen ihnen los war!
    "Ich werde seltsam?", wiederholte Dives ungläubig und durchaus vorwurfsvoll. Was glaubte dieser Decimer eigentlich?!
    "Tut mir ehrlich Leid, dass ich es merke, wenn mich jemand an der Nase herum führen will! Wie wär es denn nun mal mit dem decimischen Motto, Honor et Fortitudo? Oder hast du nicht die Ehre mir direkt zu sagen, was hier gespielt wird?", sprach der Iulier offen heraus. Jetzt war er aber auf die Antwort gespannt!


    Sim-Off:

    Hinweis: Das ist rein SimOn zu verstehen, dass Dives gerade so ist. Es hat keine SimOff-Gründe. ;)
    Versuchs also mit folgendem Zitat zu nehmen: "Wir können immer liebenswürdig sein zu den Menschen, an denen uns nichts liegt." George B. Shaw

    Oh! Wie kam er denn zu dieser Ehre? Diese Frage lag dem Iulier als allererstes auf den Lippen. Doch dann besann er sich, dass ja nur ein Bote vor ihm stand, der darauf vermutlich eh keine befriedigende Antwort zu geben vermochte. Drum nickte er nur kurz, bevor er erwiderte:
    "Prinzipiell wäre es mir eine Ehre bei der nächsten Sitzung des Stadtrates anwesen sein zu dürfen. Wann findet diese denn statt?", erkundigte er sich. Als Nicht-Decurio und auch nicht über eine Magistratur einen Sitz in der Curia habend waren Dives die Sitzungstermine nämlich nicht unbedigt alle so präsent.
    "Und lassen die Duumviri mich bereits im Vorfeld wissen, was man - außer meiner bloßen Anwesenheit - von mir dort erwartet?", fügte er noch an. Diese Frage klang ein wenig nach der ersten, die er sich verkniffen hatte, doch hatte er jetzt ein anderes Motiv. Ging es beispielsweise um seinen Abschlussbericht als Quaestor, womit er nicht unbedingt rechnete, aber sicher wissen konnte man es ja nie, dann würde Dives natürlich entsprechende Unterlagen zur Curia mitnehmen...

    Kaum dass die Nachricht in einer der Tavernen der Civitas das Licht der Welt erblickt hatte, fand sie sich bereits kurze Zeit später in der Poststelle der Curia Ostiensis und würde am folgenden Tag den Weg auf den duumvirischen Schreibtisch finden:



    Ad
    Nomina Duumvirorum
    Curia Ostiensis
    Ostia, Italia



    Salvete Duumviri,


    Unverhofftermaßen trug es sich heute zu, dass ich nach langer Zeit meinen guten Bekannten und Freund, den Eques Romas, Paullus Germanicus Aculeo, Verwandter der Senatoren Germanicus Avarus und Germanicus Sedulus, wiedergetroffen habe. Wie sicherlich bekannt sein wird, ist er ein Bürger dieser Civitas.


    Nachdem er lange fern der Heimat im rauen Germania Superior war, hat er sich nach einem anregenden Gespräch mit mir dazu bereit erklärt, der Civitas eine äußerst großzügige Spende in Höhe von 5000 Sesterzen zukommen zu lassen, von der unter anderem das Theater Ostias profitieren soll.


    Zu offiziellen Übergabe dieser ungewöhnlich hohen Summe erbitte ich nun auch in seinem Namen ein gemeinsames Treffen in der Curia, da ich überzeugt davon bin, dass auch euch viel daran liegen wird diesen spendablen Geldgeber einmal persönlich kennenzulernen.
    In zwei Tagen, ANTE DIEM IX KAL IUN DCCCLXII A.U.C.*, wird der vielbeschäftigte Eques nach einem Gespräch mit der kaiserlichen Kanzlei über seinen nächsten Einsatzort wieder in der Stadt sein und wir beide, er und ich, würden uns freuen, wenn zumindest einer von euch so kurzfristig die Zeit finden würde, um den Spendenbetrag im Namen der Civitas Ostia in Empfang zu nehmen. Ein Termin am Vormittag ab der zweiten hora wäre optimal.


    Sim-Off:

    * fiktives Datum,
    wir kommen einfach in den nächsten Tagen in der Curia vorbei :)


    Eine kurze Antwort an die Villa Rustica Iuliana Ostiensis wäre schön, sodass ich mich um die Koordination mit dem Eques kümmern kann.
    Mögen die Götter euch und die Euren schützen!
    Valete bene,


    Marcus Iulius Dives
    GEW. QUAESTOR OSTIENSIS



    Nachdem Aculeo seinen Terminwunsch verkündet hatte, nickte Dives nur ein-zweimal kurz und wandte sich dann an die beiden cursores.
    "Gut, dann bräuchte ich eine Tafel und etwas um darauf zu schreiben..." Von Cito bekam er die Tafel, vom anderen Bote das Schreibzeug und der Germanicer hatte ihm im Prinzip ja schon den Inhalt dessen gegeben, was zu tabula bringen er nun versuchte.
    "An die Duumviri...", murmelte der Iulier während er zu schreiben begann. Es folgten ein paar Zeilen, ein Schluck verdünnten Weines, um die Gedanken neu zu sortieren und dann wieder einige Zeilen. Dann war die Nachricht eigentlich auch schon fertig. Mit der Öllampe des Tisches wurde dann etwas mitgebrachtes Siegelwachs auf das Schreiben getropft und anschließend die iulische Taube in diese Masse geprägt.
    "Und ab damit zur Curia!", gab Dives letztlich Anweisung. Nachdem die beiden cursores dann wieder verschwunden waren, setzte der Iulier das Gespräch mit Aculeo fort:


    "So, wo waren wir? Ach, richtig... Salinator, Ostia, Lappalie.", erinnerte sich Dives schnell wieder.
    "Warum sollte es für den Vescularier von Interesse sein, wer hier in Ostia im Ordo Decurionum sitzt oder Duumvir ist? Letztlich patroullieren hier die gleichen Truppen, wie in Roma - alle ihm treu ergeben. Bei dem, was sich alles so im Norden, Süden, Osten und vielleicht gar auch noch Westen zusammenbraut, hat er doch sicherlich anderes im Kopf...", gab der Iulier weiterhin kritisch zu bedenken.
    "Und je näher man ihm ist, umso stärker ist man auch an sein Schicksal gebunden...", flüsterte Dives und fügte hinzu:
    "... und ich weis nicht, ob und wie lange er sich auf dem Thron halten können wird..."

    Dives stimmte in das Lachen mit ein. Er ging nicht davon aus, dass Flavus das wirklich ernst meinte. Weiterhin notierte er sich gedanklich, dass ein Decimus Serapio - das war der Praetorianerpraefect, wenn der Iulier gut aufgepasst hatte - noch eine Schwester hatte. Da würde sich Dives vielleicht mal irgendwann ein bisschen umhören, wie die hieß, wie jung die war et cetera. Er selbst hatte es ja eigentlich weniger eilig, aber er musste seinem Cousin Centho ja irgendetwas erzählen können, wenn der sich mal wieder nach diesbezüglichen Fortschritten erkundigen würde.
    "Ach, komm. Du übertreibst...", winkte Dives nach dem nächsten Satz des Decimers ab. Wahrscheinlich schlief Flavus einfach nur schon, wenn sein Cousin nach Hause kam und dann in die diversen cubicula schaute, wie es sonst viele Eltern bei ihren Kindern oder große Brüder bei ihren Geschwistern machten...


    'Na, da hat wohl jemand etwas geflunkert...', dachte sich der Iulier, als Flavus anfing von den schönen und ruhigen Plätzen der Ewigen Stadt zu sprechen. Wie lange war es her, dass der Decimer meinte, dass Roma nicht viele schöne Ecken hätte - oder er diese nicht kenne? Gefühlte zwei Wimpernschläge? Ja, das kam etwa hin.
    "Bestimmt...", antwortete Dives nichtssagend. Jetzt beschäftigte ihn mehr, weshalb Flavus so offensichtlich die Unwahrheit gesagt hatte - entweder vorhin oder jetzt gerade. Was versuchte er damit zu bezwecken? Hatte er gehofft, dass der Iulier ihm auch noch eine Führung durch Roma anbot, wie dieser es dann auch getan hatte? Dann würde sich die Frage stellen, weshalb das Ganze? Warum? Hegte er ein Interesse für Dives? Das wäre sicherlich eine schöne Vorstellung, aber sie war doch reichlich unwahrscheinlich. Was dann? Wollte er wissen, was der Iulier wusste? War das vielleicht nur ein seltsames Spiel, dass die Decimer allgemein mit den Iuliern spielten seit... seit sich deren Verhältnis so arg verschlechtert zu haben schien? Hatte man Flavus gar direkt auf Dives angesetzt? Dazu würde allerdings nicht passen, dass nicht der Decimer ihn 'zufällig' getroffen hatte, sondern andersrum. So ganz schlau wollte Dives irgendwie nicht daraus werden...


    Das goldige Thema war nun plötzlich garnicht mehr so goldig. Viel zu viele Fragezeichen tauchten auf einmal im Gesicht des Iuliers auf und für einen Moment schaute er wie 'ne quadriga. Erst hatte Flavus scherzhaft gemeint, dass die Lieblingsfarbe vieler Frauen gold sei und deshalb viele Frauen für die Aurata wären. Nun sprach er davon, dass gold auch auf die Männer eine gewisse Anziehungskraft habe, was doch dann im Umkehrschluss hieß, dass also auch einige Männer nur des goldenen Glanzes wegen für die Aurata wären. Warum schoss der Decimer so gegen die Aurata? Oder tat er das garnicht? Dieser Gedankengang war wohl einfach eine Nummer zu hoch für Dives. Genauso, wie es nicht verstand, was nun eine große Fangemeinschaft mit dem Erfolg eine Factio zu tun hätte. Klar, gab es da sicherlich den Zusammenhang, dass je erfolgreicher eine Factio wäre, sie umso mehr Anhänger hätte. Aber die entgegengesetzte Kausalität? Das leuchtete dem Iulier nicht ein.
    "Ach hab ich das gesagt?", fragte er leicht verlegen. Er konnte sich nicht daran erinnern überhaupt von den Erfolgen einer Factio gesprochen zu haben. Den restlichen Teil dessen, was Flavus erzählt hatte, überging er besser, denn er wollte ja nicht als Dummerchen dastehen, nur weil er bestimmte Gedankengänge faktisch überhaupt nicht nachvollziehen konnte.


    "Jjaa...", meinte Dives langgezogen und noch immer breit grinsend. Dabei ging ihm auf, dass sie wahrscheinlich einfach zu verschieden in diesem Punkt waren. Er selbst konnte soetwas kaum allein genießen. Überhaupt passten in seiner Vorstellung das Alleinsein und das Genießen nicht zusammen. Was könnte man schon allein genießen? Selbst für die Qualität eines Essens war dem Iulier Gesellschaft wichtig. Er könnte ein Essen allein bestimmt nicht voll genießen. Schlaf! Ja, den könnte man vielleicht noch gerade so in diese Kategorie zählen, wobei man in seinen Träumen ja auch mitunter nicht allein war. Aber ansonsten...?
    "Genau.", fügte er nochmal bekräftigend an. Spätestens jetzt müsste man wohl die Übertreibung in seiner Stimme überdeutlich wahrnehmen können. Dann senkten sich seine Mundwinkel langsam. Dives fragte sich, ob die Tatsache, dass er dieses etwas-allein-genießen offenbar nicht konnte, seine Lebensqualität einschränkte...?

    Der Ianitor registrierte, dass der Bote die Nachricht scheinbar persönlich übergeben wollte, um auch sicher zu gehen, dass sie ihren Empfänger erreichte. So schwang er die porta ganz auf und bat den Boten mit einer einladenden Geste herein.


    "Bitte sehr!", sagte er und schloss die Tür hinter dem Boten wieder. Dann eilte er die wenigen Schritte ins Atrium voraus, wo Dives mit Civilis stand.


    "Dominus?! Ein Gesandter des Duumvirs..." Welches noch gleich? Hm... Egal.
    "... mit einer wichtigen Nachricht!" Dann ging er zwei Schritte zur Seite und gab damit den Blick auf den Boten frei und umgekehrt.




    IANITOR - VILLA RUSTICA IULIANA OSTIENSIS




    "Entschuldige mich kurz.", meinte Dives knapp zu Civilis. Letzterer könnte ihm ja seine Fragen beantworten, sobald der Bote seine Nachricht überbracht hätte und wieder aus der Villa wäre. In der Zwischenzeit stand ja noch immer die Sklavin mit ihrem Tablett neben ihm...
    "Ich bin gleich wieder bei dir.", fügte er hinzu und ging dann einen Schritt auf den Nachrichtenüberbringer zu.
    "Salve! Ich bin Marcus Iulius Dives.", stellte er sich vor und erwartete nun mit großen Augen, was der Duumvir ihm ausrichten ließe...

    Der Ianitor öffnete, nachdem es geklopft hatte, die Porta zunächst nur einen Spalt. Dieser Tage konnte man ja nicht vorsichtig genug sein. Er erblickte einen Mann, der irgendetwas Offizielles an sich hatte. 'Erst Freunde, dann Verwandschaft, nun das!', dachte er sich. Die Tage auf dem Gut waren auch schonmal ruhiger gewesen.


    "Salve! Wer bist du und wie kann ich dir weiterhelfen?", fragte er mit besonders freundlicher Mine. Beamte und ihre Boten waren in aller Regel ein hartneckiges Volk, das man mitunter nicht so leicht wieder los wurde, sodass es aus Sicht des ianitors die beste Idee sein würde, wenn er sich möglichst kooperativ zeigte und dem Mann gab, was der wollte - oder weshalb auch immer der hier war.




    IANITOR - VILLA RUSTICA IULIANA OSTIENSIS

    Gebannt hörte Dives zu, was der Germanicer ihm da so riet. Doch was er vernahm, schmeckte ihm nicht wirklich. Der Gedanke war ihm in der Tat auch schon selbst gekommen. Allerdings hatte er nach bestem Können versucht ihn wieder auszublenden und alternative Lösungen zu finden. Der Gedanke, dass er nur Decurio oder später vielleicht Duumvir von Gnaden des Stadtpatron sein würde, missfiel ihm arg. Nicht im Allgemeinen, aber speziell, wenn der Stadtpatron Salinator hieß.
    "Meinst du denn, dass der sich gerade jetzt überhaupt mit solcher... Lappalie befassen würde?", fragte Dives kritisch nach. Ihm war bereits beim ersten Aufeinandertreffen mit diesem Mann so einiges sauer aufgestoßen. Es hatte ihn nicht gestört, dass der damals noch Praefectus Urbi sich nicht ansatzweise für ein teures Geschenk, das extra auf ihn zugeschnitten worden war, bedankt hatte, dass er nichtmal ein vorgetäuschtes Lächeln dafür übrig gehabt hatte. Auch war klar, dass sich dieser beschäftigte Mann nicht gleich einen neuen Namen merken konnte und er bei ihrem zweiten Treffen, bei dem er als Gast in der Casa Iulia war, folglich Dives' Namen wieder vollkommen vergessen zu haben schien. Überhaupt ging es dem Iulier nicht um seine eigene Person. Er hatte dem Vescularier seine Lebensgeschichte bis dato vorgetragen und der kommentierte das mit einem schlichten "Aha." und beleidigte überdies noch seine Eltern, zwei der wichtigsten Ahnen eines jeden Menschen!
    Objektiv betrachtet mochte er nur im Erzähltempus verrutscht sein, doch Erinnerungen zeigten seltenst ein objektives Bild. Im Gegenteil veränderten sie sich sogar manchmal über die Zeit. Schöne Erinnerungen wurden schöner, als sie es wirklich waren, schlimme Erinnerungen wurden schlimmer, als sie es wirklich waren. Bei manchen Erinnerungen veränderte sich die Perspektive. So war Dives in seiner Kindheit stets kleiner gewesen als Asinius Celer - und nun war er plötzlich (denn lange hatten sie sich ja nicht gesehen) größer! Letztlich gibt es auch noch die Erinnerungen, die nur noch aus Gefühlen bestanden, ungeschriebene Gedichte, ungesungene Lieder. Und zu genau dieser Sorte Erinnerungen gehörte die des Iuliers an die Zusammentreffen mit dem Vescuarier! Er verachtete diesen Mann!


    "Also, wann wollen wir die Duumviri nun zu einem Treffen bitten?", fragte Dives nochmal nach, denn diese Frage war noch unbeantwortet geblieben. Offenbar wäre Aculeo ja ein Treffen am Vormittag am liebsten, doch konkrteter war er bisher noch nicht geworden. Und einen vollen halben Tag würden sich die Duumviri sicherlich kaum Zeit nehmen können...
    Unterdessen kehrten die beiden cursores mit gefüllten Bechern wieder zum Tisch zurück. Einen Moment würden sie noch haben, dann würde Dives ihnen schnell die Nachricht diktieren. Immerhin konnte er ja auch nur etwas zu tabula bringen lassen, was abgesprochen war - insbesondere, wenn es sich dabei um den Termin des Treffens handelte...

    Dem Ianitor gefiel überhaupt nicht, was er gerade hörte. Er mochte zwar nur ein Sklave sein, aber im Moment war es doch der junge Gast, der etwas von ihm wollte und nicht andersherum. Der ianitor hatte die Aufgabe willkommenen von unwillkommenem Besuch zu unterscheiden und entsprechend nur ersteren hinein zu bitten. Jemand, der nichteinmal sagen konnte, ob er ein Verwandter Iulius des Hausherrn Centho und damit auch dessen derzeit hier weilenden Cousins Dives wäre, der war in seinen Augen absolut unwillkommen. Wäre er nicht so jung, könnte man fast annehmen, dass es sich um einen civilen Schwarzrock handelte, der versuchte den Iulius Dives festzunehmen. Fehlten nur noch seine Kameraden, die hier hinter irgendwelchen Büschen und Bäumen in Deckung wären. Wortlos öffnete der ianitor den Spalte noch ein wenig mehr, lehnte sich ein Stück nach vorn und verschaffte sich schweigend einen kurzen Überblick. Er konnte niemanden entdecken. Jetzt war er drauf und dran die porta des Anwesens wieder direkt vor der Nase des Fremden zu schließen, wenn...




    IANITOR - VILLA RUSTICA IULIANA OSTIENSIS




    ... Ja, wenn nicht gerade Iulius Dives selbst durch das Atrium gewandelt wäre und auf die kleine Diskussion an der porta aufmerksam geworden wäre. Eiligen Schrittes nährte er sich der porta und kam etwa eine Armlänge hinter dem ianitor zu stehen.


    "Moment.", forderte der den Sklaven nun auf. Er konnte sich erinnern, dass auch er in Stresssituationen von Zeit zu Zeit nicht ganz erwartungsgemäß reagierte. Daher und auch weil der Gast noch keine XX Jahre alt zu sein schien - im Gegensatz zu Dives - fiel dem Iulier das Verzeihen an dieser Stelle leicht.
    "Bitte meinen Gast doch herein. Sehr gerne möchte ich ihn empfangen und mich mit ihm ein wenig unterhalten.", sprach Dives zum ianitor, während sein Blick jedoch auf den Gast gerichtet war. Widerwillig und mit sichtbar nur aufgesetztem Lächeln wurde Civilis mit einladender Geste vom ianitor hinein gebeten.


    "Nun, Iulius... Iulius Civilis.", begann Dives ins Atrium hinein zu sprechen, in das er gerade schritt. Dann drehte er sich zu seinem Gast um.
    "Was führt dich zu mir?", erkudigte er sich mit freundlichem Lächeln. Im selben Augenblick eilte auch schon eine ansehnliche Sklavin mit einem silbernen Tablett herbei. Darauf fanden sich zwei leere Becher, zwei Kannen, eine mit Wasser, eine mit Wein, und eine kleine Schale mit frischen Trauben, Äpfeln, Pfirsichen und anderen gesunden Snacks. Bei den beiden Herren machte die Sklavin halt.
    "Darf ich dir etwas anbieten?", fragte Dives, noch bevor er auf die vorherige Frage eine Antwort hatte und lenkte die Aufmerksamkeit auf das Tablett, indem er sich eine Traube abpflückte und sie sich genüsslich in den Mund steckte. Kauend sah er dann wieder zu Civilis und wartete gespannt auf Antworten...

    Der Ianitor stellte fest, dass erst zwei seiner drei Fragen beantwortet waren. Wirklich schmecken tat ihm das nicht, aber nachdem er den Namen vernommen hatte, lag natürlich schon eine gewisse Vermutung nahe, die das Auftreten begründen könnte:


    "Bist du ein Verwandter des Hausherrn Senator Iulius Centho?", fragte er misstrauisch. Iulier gab es im Imperium viele, aber zwingend verwandt waren die nicht miteinander. Dass nun aber ein nicht-verwandter Iulier an dieser Villa um Einlass bat, wäre schon ein großer Zufall.




    IANITOR - VILLA RUSTICA IULIANA OSTIENSIS

    "Na wichtig... Im Vergleich zu wem ist doch die Frage! Und für wen!", konterte der Iulier. Noch immer trug er dabei ein Lächeln im Gesicht, denn wirklich ernst war es ihm nicht mit dieser Diskussion. Er glaubte schließlich auch nicht, dass er wegen ein-zwei horae nun gleich Besuch von den Praetorianern bekommen würde. Aber...
    "Dein... äh... Cousin?" Dives hatte die Verwandtschaftsbeziehung schon wieder vergessn. Fragend blickte er zu Flavus.
    "Den Praetorianerpraefect mein ich. Meinst du nicht, dass der sich schon nach einer Weile Gedanken machen würde? Sicherlich nicht so schnell wie ich gerade angedeutet habe, aber so ganz allgemein gesprochen?" Und dass der in diesem Fall seinen Einfluss bei den Schwarzröcken sicherlich nicht ungenutzt lassen würde, um Flavus zu finden, lag auf der Hand. Weiterhin ging Dives davon aus, dass dort, wo ein Wille wäre, es auch immer Wege geben würde. Im Klartext: Natürlich hatten sich der Decimer und Dives eher zufällig getroffen. Aber wer wären die Praetorianer, wenn sie das nicht in Erfahrung bringen könnten...


    "Hm..." Dives überlegte. Hatte er je seine Gedanken einfach schweifen lassen, allein, ohne Begleitung? Nicht, dass er wüsste. Eigentlich war er ja nie wirklich allein. Da war immer mindestens irgendein Sklave in der Nähe. Aber angesichts der Tatsache, dass der Iulier ein Gros seiner Gedanken gern aussprach und gegebenenfalls auch mal etwas diskutierte, hatte ihn das bisher nie weiter gestört. Hätte es ihn stören sollen?
    Hatte er sich nie einfach mal für sich die Landschaft angesehen oder nachgedacht? Natürlich hatte er das ab und an - aber nie besonders lang. Für Dives machte es einen großen Unterschied, ob er einen schönen Ausblick mit jemandem genießen konnte, ihn teilen durfte, oder ob er solchen Moment allein genießen musste. Zu letzterem war er nicht wirklich in der Lage, da seine Gedanken dann darum kreisten, wie schön es doch wäre, wenn er in diesem Augenblick eben nicht allein wäre.
    "Nein, ... ich glaube nicht.", antwortete er dann zaghaft mit einem leichten Kopfschütteln. Dives atmete hörbar ein und setzte zu einem weiteren Satz an. Doch es folgte kein weiterer Satz, denn noch bevor das erste Wort über seine Lippen den Weg in die Freiheit hätte gehen können, waren seine Lippen bereits wieder versiegelt. Dämliche Frage, ob Flavus ihm das beibringen könnte... etwas, das man nur allein tun könnte...


    Beim Thema der Wagenrennen musste Dives nun erstmal lachen. Ein lustiger Gedanke, den Flavus da vorbrachte. Dass er zudem nicht unbedingt für die Aurata sprach machte ihn sogar gleich nochmal so komisch! Das müsste sich der Iulier unbedingt merken für sein nächstes Gespräch mit einem Blauen und/oder das nächste Rennen. Die Behauptung, dass die Hälfte oder nochmehr Fans der Aurata Frauen wären, die nur die Farbe Gold so toll fänden, war wirklich... brilliant (oder besser: goldig). Manchmal brachte der Decimer einen ja ganzschön auf Ideen... obwohl er das sicherlich nichtmal in der Art beabsichtigt hatte. Dementsprechend sprach Dives seine Gedanken auch nicht laut aus, sondern ließ sie für den Moment Gedanken bleiben.
    "Meinst du?", fragte er dann einfach nur, um irgendetwas dazu zu sagen. Der Iulier war ja - abseits dieses Gags - nicht unbedingt der Meinung. Das fing ja schon damit an, dass einigen Frauen Goldschmuck überhaupt nicht stand. Doch bevor er nun mit Hauttypen, Teint und Mode käme, wartete er ersteinmal ab, ob Flavus überhaupt darauf einging. Diese Themen waren schließlich nicht gerade... männertypisch.


    Von dem überbreiten Grinsen des Iuliers hatte Flavus scheinbar nichts gemerkt - sehr gut! Ein versichernder Blick zu ihm verriet auch weshalb. Der Decimer genoss den Wind. Mit geschlossenen Augen durch die Gegend laufen und wohlmöglich mit dem nächsten Haus, Baum, Wagen, Passanten, ... kollidieren? War das das, was Flavus vorhin mit 'Gedanken allein schweifen lassen' gemeint hatte? Blind durch die Straße zu laufen und nicht zu wissen, ob der nächste Schritt die Straße traf oder nicht doch vielleicht eine Pfütze oder einige unbeseitigte Pferdeäpfel... Das könnte doch nicht wirklich Flvaus' Ernst sein, oder?
    Dives grinste den Decimer noch immer an. Doch das Grinsen hatte sich verändert...

    Der Ianitor öffnete die Porta zunächst nur einen Spalt, nachdem es geklopft hatte. Er erblickte einen Mann, den er nicht nur nicht kannte, sondern hier gar noch nie gesehen hatte. Zumindest betterarm schien der ja nicht zu sein, wenn man nach seiner Kleidung ging.


    "Wer bist du? Was willst du? Und von wem?", schoss er mit seinen Fragen heraus. Dabei setzte er einen grimmigen Gesichtsausdruck auf.




    IANITOR - VILLA RUSTICA IULIANA OSTIENSIS

    Seinen Ärger hatte Dives mittlerweile wieder vergessen. Doch die Gelegenheit den Germanicer zu ärgern, ließ er sich dennoch keinesfalls entgehen:
    "Na dann, du früher Vogel! Was meinst du, wann wir uns treffen sollten?", fragte er provokativ und grinste. Ob die Duumviri in diesem Bild die Würmer wären? Er grinste noch ein bisschen breiter.


    "Tja, was wird Iulius Dives als nächstes tun?", wiederholte er, um genug Zeit zu haben sich gedanklich eine Antwort zurecht zu legen.
    "Hoffen.", sagte er dann ganz leicht und frei heraus.
    "Hoffen und... nicht bangen, aber die Augen zumindest offen halten nach... Möglichkeiten." Er wusste selbst nicht, weshalb er plötzlich so halb in Rätseln sprach. Schnell besann er sich aber wieder und erklärte sich:
    "Nachdem ich meine Amtszeit als Quaestor abgeschlossen habe und in einem Gespräch mit einem der Duumviri um meine Ernennung zum Decurio der Civitas ersucht habe, hoffe ich jetzt quasi tagtäglich, dass ich auf dem Forum, vor der Curia diesen einen Aushang finde, der mir sagt, dass ich Erfolg hatte." Das war das Hoffen. Er machte eine kurze Pause.
    "Und ansonsten schau ich eben, ob sich nicht vielleicht hier oder dort eine Chance bietet, die diesem Vorhaben dienlich sein könnte...", erklärte er dann auch den zweiten Teil. Dass ganz offensichtlich Aculeo ihm eine solche Chance mit seiner großzügigen Spende eröffnete, brauchte er sicherlich kaum ausdrücklich zu erwähnen. Dives nahm sich etwas Brot und bediente sich ebenfalls und ohne weiter danach zu fragen an der großen Fischplatte. Unterdessen...



    ... kam sich der Schwarzhaarige Kerl, der Speis und Trank aufgetischt hatte, nun wirklich langsam wie hingestellt und vergessen abzuholen vor. Nicht ein Blick, nicht den Hauch einer Geste - und er beobachtete genau - kam von einem der am Tisch sitzenden Gäste! Nichts, dass ihm in irgendeiner Weise sagte, dass er gehen könnte, dass sie vorerst zufrieden wären, dass er nun endlich wieder zu anderen Tischen gehen könnte, um dort sein Trinkgeld zu verdienen. Eine Weile hatte er sich das jetzt mit angeschaut, hatte seine Lauscher weit aufgestellt, aber da weder etwas Interessantes besprochen wurde, noch sich abzeichnete, dass sie ihn heute noch bemerken würde, beschloss er einfach zu gehen. Er machte also auf dem Absatz kehrt, eilte drei-vier Tische weiter und nahm dort weitere Bestellungen auf. Just in diesem Moment...



    ... betraten drei reichlich erschöpft wirkende Gestalten die Taverne. Zwei von ihnen sahen sich zunächst etwas um, während der dritte auf den Tisch von Aculeo und Dives zeigte. Dieser Bursche ging sodann von dannen, die anderen beide nährten sich schleunigst dem gezeigten Tisch.
    "Ach, gut, dass ihr hier seid.", begrüßte Dives seine beiden curcores.
    "Allerdings hättet ihr euch wirklich nicht so beeilen müssen. So dringlich ist die ganze Sache nicht mehr...", bemerkte er dann. Aus einem Treffen am morgigen Tag, war schließlich eines am übermorgigen geworden. Tja, Pech für die beiden Sklaven. Oder doch nicht?
    "Holt euch erstmal zwei Becher...", wies er an und wandte sich wieder Aculeo zu. So abgehetzt wären die Diktate jetzt eh überhäuft von rechtschreiblichen und grammatikalischen Fehlern. Die sollten erstmal etwas runterkommen, während der Iulier lauschte, was der Germanicer sagte...

    [Blockierte Grafik: http://i662.photobucket.com/al…epunkt/Payiosbreit1-1.jpg]

    ZUM TUBILUSTRUM &
    ZU EHREN DES VULCANUS:

    BROT UND SPIELE FUER OSTIA


    ~


    [Blockierte Grafik: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/b/b4/Hephaistos.png/80px-Hephaistos.png]


    ~


    DER GEWESENE QUAESTOR OSTIENSIS
    MARCUS IULIUS DIVES


    ~


    SPENDET BROT FUER DAS VOLK
    & PRAESENTIERT AISCHLOS'

    "PROMETHEUS IN FESSELN"


    ~


    ANTE DIEM X KAL IUN DCCCLXII A.U.C.*
    IM THEATRUM OSTIENSIS.



    Sim-Off:

    * (23.5.2012/109 n.Chr.)

    [Blockierte Grafik: http://i662.photobucket.com/al…epunkt/Payiosbreit1-1.jpg]

    ZUM TUBILUSTRUM &
    ZU EHREN DES VULCANUS:

    BROT UND SPIELE FUER OSTIA


    ~


    [Blockierte Grafik: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/b/b4/Hephaistos.png/80px-Hephaistos.png]


    ~


    DER GEWESENE QUAESTOR OSTIENSIS
    MARCUS IULIUS DIVES


    ~


    SPENDET BROT FUER DAS VOLK
    & PRAESENTIERT AISCHLOS'

    "PROMETHEUS IN FESSELN"


    ~


    ANTE DIEM X KAL IUN DCCCLXII A.U.C.*
    IM THEATRUM OSTIENSIS.



    Sim-Off:

    * (23.5.2012/109 n.Chr.)

    "Machen wir uns auf den Rückweg? * ", erkundigte sich Dives und hoffte, dass es nicht falsch aufgefasst würde.
    "Ich will ja nicht, dass nachher bei mir ein Trupp Praetorianer vor der Türe steht und nach dir verhandet...", begründete er kurz mit einem Lächeln. So ganz ernst war das natürlich nicht gemeint, aber bei Flavus' Verwandtschaft, die so einen Draht in diese schwarzen Reihen hatte, sollte man dennoch lieber aufpassen.


    Sim-Off:

    * Oder beinden wir uns schon auf dem Rückweg?


    "Was meinst du damit?", fragte Dives mit leicht zusammengekniffenen Augenbrauen. So ganz verstand er den Decimer gerade nicht. Unter sich sein als Mann, ... alleine genießen, ... hä? Redete Flavus jetzt plötzlich von... Nein! Oder doch?


    "Naja, manche Frauen wetten auch bei den Wagenrennen auf ihre Lieblingsfarbe - unabhängig davon, ob die nun gut sind oder nicht.", entgegnete der Iulier. Natürlich gab es da - wie auch bei den munera - auch Ausnahmen, die die Regel bekanntlich nur bestätigten. Mancheine kannte sich mit Pferden eben gut aus und bei den Kämpfen... war es ja auch nicht unüblich, dass ein erfolgreicher Gladiator nach gewonnenem Kampf den einen oder anderen hohen Damenbesuch bekam und sich dann... um seinen Fan 'kümmerte'. So wüssten zumindest einige Frauen nach solcher 'Inspektion' ganz genau, auf wen sie bei den nächsten Gladiatorenkämpfen setzen würden.


    Dann musste Dives unweigerlich grinsen und konnte sich eines Gedanken absolut nicht erwehren: Hatte Flavus auch einen dieser gestählten Körper? Der Decimer hatte das alles so in einem Satz gesagt und dass es zu seiner Familie passen würde. Der Iulier versuchte ihn möglichst unauffällig zu mustern und sich vorzustellen, was sich wohl unter dessen Kleidung verbarg. Dann wandte er sich mit breitestem Grinsen ab, schaute in den Himmel, holte einmal tief Luft und achtete wieder auf den Weg.
    "Genau.", meinte er dann noch immer breit lächelnd zu Flavus. Dieser würde ihn wohl gerade kaum verstehen, aber das war dem Iulier just in diesem Moment auch vollkommen egal. Er musste über sich selbst einfach nur Grinsen und hätte am liebsten richtig laut gelacht. Er hatte sich selbst ertappt, wie er den Decimer so gemustert hatte und sich erinnert, dass er das laut seinem schauspielenden Gestik- und Mimik-Lehrer doch nicht tun sollte. Was genau an diesem Gedanken so komisch war, wusste er auch nicht, aber komisch war der Gedanke... zumindest für ihn selbst.

    So wie sich auch Aculeo scheinbar nicht durch die direkte Anwesenheit der Bedieung stören ließ - der hörte ja immerhin gerade alles mit - so beschloss auch der Iulier den Schwarzhaarigen jetzt erstmal auszublenden.


    "Wir können auch früher, wenn du willst... Ich dachte ja nur, weil du auch noch erstmal hierher kommen musst...", war Dives durchaus bereit seinen Vorschlag gleich zu ändern. Würde Aculeo eine frühere Zeit vorschlagen, wäre der Iulier auch zu einem früheren Treffen bereit. Aber der Germanicer hatte immerhin eine Anreise von etwa 20 Meilen, die erstmal zurückgelegt werden müssten.
    "Deshalb dachte ich so an Mitte der siebten Stunde?", konkretisierte er fragend vorschlagend weiter.


    "Na überleg dir das gut. Ich mein ja nur... Die Kanzlei ist ein Verwaltungsapparat, der möglichst effizient arbeiten soll. Die Leute da werden sicherlich nicht aufgrund ihres Humors eingestellt worden sein...", mahnte der Iulier. Natürlich waren deshalb noch nicht gleich alle Kanzleibeamten resistent gegen witzige Bemerkungen, aber besser, wenn Aculeo trotzdem aufpasste, was er dort sagte.
    Der zweite Teil gefiel Dives da schon deutlich besser. Zu beweisen, was er fähig wäre zu leisten, hörte sich gut an. Ein Lächeln zeichnete sich ansatzweise auf dem Gesicht des Iuliers ab.


    "Ach, tu ich das?", fragte Dives spontan. Das war ihm garnicht so bewusst. Oder sprach da ein wenig Ironie aus dem Munde des Germanicers? Der Iulier hatte sich nie so genau mit den verschiedenen ritterlichen Laufbahnen beschäftigt, sodass er das wirklich nicht sagen konnte.
    "Natürlich tu ich das!", fügte er dann aber gleich noch hinzu und verdrängte dabei den Gedanken. Aculeo hatte das bestimmt nicht ironisch gemeint, nein.
    "Warum solltest du nicht für diese Posten in Frage kommen? Einige Ritterkarrieren haben mit dem Amt des Procurator Annonae begonnen... solange du nicht gleich als Praefectus Annonae einzusteigen versuchst." Vielleicht hatte sich Dives eben auch versprochen und Praefectus statt Procurator gesagt? Eigentlich doch nicht, oder? Sein Kurzzeitgedächtnis ließ ihn im Stich.
    "Und du hast in deiner langen, wirklich langen Zeit, die du im Dienste des Cursus Publicus standst, doch ganz klar bewiesen, dass du Verantwortung übernehmen kannst und auch dazu in der Lage bist nicht nur Arbeit auf Befehl zu erledigen, sondern auch Arbeit zu delegieren. Sonst wärst du sicherlich kein Praefectus Vehiculorum geworden, oder?", sprach er Aculeo weiter Mut zu. Warum also sollte man dem Germanicer nicht vielleicht auch gleich die Position des Curator Kalendarii anbieten? Zumal die Senatoren seiner Gens doch auch noch in Roma waren, das heißt zumindest nicht zu den großen Gegnern des Vesculariers zählten.
    "Ich würde dich ja sofort zum Kalendarii machen...", fügte der Iulier schlussendlich mit einem Lächeln zu.

    Dives wusste nicht recht, ob dies nun ein Kompliment gewesen war oder eher eine Beleidigung. Dementsprechend lachte er nur kurz und verzog dabei das Gesicht etwas. Angesichts der Tatsache, dass ein Gros der cognomina auf die Umstände der Geburt oder persönliche Makel anspielten, verkniff sich der Iulier die Nachfrage, wie Flavus denn heute wohl alternativ heißen wüde.


    "Gut, ich halte die Ohren offen.", bestätigte Dives nochmal. Er hoffte jetzt richtig verstanden zu haben. Weiterhin war er gespannt, ob sich da etwas organisieren ließe - insbesondere jetzt, da man schon den einen oder anderen Gast aus der Urbs Aeterna zusätzlich in der Stadt begrüßen konnte. Spätestens nachdem sich die Gerüchte um Rebellionen in Syria und Aegyptus verdichteten und öffentliche Nachrichten aus den Provinzen Germaniae auf dem Forum Romanum angelangt waren, erschien vielen Menschen der sicherste Ort des Imperiums Hispania zu sein. Zumindest kamen von dort ja bislang noch keine beunruhigenden Nachrichten.
    Und wer nun also in den Westen fliehen wollte, der wählte am besten den Weg über das Meer. Zum Einen, weil man sich ja nie sicher sein könnte, ob nicht schon Truppen nach Italia einmaraschierten und hier bereits gekämpft würde; zum Anderen da der Schiffsverkehr zwischen Ostia und Hispania nicht gerade gering war und man so doch hoffen konnte, dass man irgendwann schon ein Schiff in die Sicherheit bekommen würde.
    Natürlich war dieser Effekt noch lange nicht auf einem beunruhigenden Niveau angelangt, doch wer bereits länger hier weilte, der bemerkte es sehr wohl.


    'Ich kann dir auch hier und jetzt einige neue Dinge zeigen...', ging es dem Iulier durch den Kopf und ein Lächeln blitzte für einen kurzem Moment auf. Natürlich ging er bei diesem Gedanken davon aus, dass der Decimer auf gewissen Gebieten auch wirklich kaum bis keine Erfahrung hätte.
    "Äh... ja?", fragte Dives mehr, als dass es sich wirklich nach einer Antwort anhörte, die es nämlich eigentlich sein sollte.
    "Du sagtest doch: 'Für schöne Orte braucht man keine Frau.' Hm?" Wie hätte er sonst darauf kommen sollen? Der Iulier empfand seinen Gedankengang als logisch, wobei einem natürlich so manche Dinge im Kopfe logisch erscheinen mochten, die es für andere aber nicht waren.
    "Also ich glaub ja nicht, dass das an den Wetten liegt. Wie viele Millionen Sesterzen wechseln wohl bei Ludi Circensis den Besitzer aufgrund einer Frauenwette? Und wer sagt, dass Frauen nicht auch bei Munera untereinander wetten?" Der Iulier hatte da natürlich keine Ahnung, saß doch auch er schließlich nicht bei den Frauen während eines Gladiatorenspektakels. Aber vermuten konnte man es ja durchaus.
    "Ich glaube wirklich, dass der Ort eines Kampfes zwischen zwei Männern im Allgemeinen ein schöner, ein sehr römischer Ort ist. Roma ist im Kampf zwischen zwei Männern, zwei Brüdern entstanden. Auf den ersten Blick sicherlich eher unschön. Aber Kampf und Krieg, Mut und Tapferkeit, Honor et Fortitudo sind doch absolut römisch!" Und was römisch war, wäre auch gut und schön. Das sagte der Iulier nicht mehr dazu, sondern das müsste sich Flavus denken. Alles andere hätte die Wirkung des letzten Satzes gemindert. Das Motto der Decimer hatte Dives bei der Gelegenheit extra mit einfließen lassen. Dagegen wollte sich Flavus nämlich sicherlich nicht stellen.
    Die großen, blauen Augen des Iuliers strahlten den Decimer erwartungsvoll an. Er erhoffte sich Zuspruch zu seinen Worten. Damit würde er sich gleichsam beweisen, dass er auch ganz sachlich dieses Thema angehen konnte... wo es doch auch durchaus andere Wege gegeben hätte den Satz 'Für schöne Orte braucht man keine Frau.' zu verstehen und zu bereden...