Gestern Abend war Dives wieder hier im Anwesen seines Cousins zu Ostia angekommen. Der Aufenthalt in Roma war nur kurz, aber dennoch informativ gewesen. Trotzdem hatte er für die nächste Zeit ersteinmal genug vom Highway zwischen Ostia und der Ewigen Stadt. Dafür schmerzte ihm sein Allerwertester noch immer zu sehr. Das musste er so schnell nicht wieder haben.
So fand er sich heute morgen auch nicht auf irgendeiner Sitzgelegenheit an einem Schreibtisch wieder, sondern saß umringt von diversen tabulae und auch einigen papyri auf seinem Bett. Das war schön mit Decken und Kissen ausgestattet, die so weich waren, wie es sich der iulier nicht besser hätte vorstellen können. Er war dabei die letzten Zahlen für den Finanzbericht der Civitas zusammenzustellen, was er vor der Abreise in die Urbs Aeterna nicht mehr vollständig geschafft hatte. Dort war er ja von einem seiner Laufburschen ungünstig gestört worden. Nun sah es aber doch wieder ganz respektabel aus. Neben den Finanzen zu Amtsantritt füllten sich nun auch die tabulae über die aktuellen Finanzen...
COMMENTARIVM QVAESTORIS I
MVNERIS TEMPVS DVVMVIRORVM
TITVS EQVITIVS SIDICINVS [NSC]
ET
LVCIVS LAFRENIVS SIMPLEX [NSC]
* davon 8800.00 Sesterzen für den Tempelbau des Mercurius
COMMENTARIVM QVAESTORIS II
MVNERIS TEMPVS DVVMVIRORVM
TITVS EQVITIVS SIDICINVS [NSC]
ET
LVCIVS LAFRENIVS SIMPLEX [NSC]
* fiktive Angaben (in Summe +-0)
COMMENTARIVM QVAESTORIS III
MVNERIS TEMPVS DVVMVIRORVM
TITVS EQVITIVS SIDICINVS [NSC]
ET
LVCIVS LAFRENIVS SIMPLEX [NSC]
* davon 8800.00 Sesterzen für den Tempelbau des Mercurius
Geschafft! Die letzte Zahl war in den Bericht übertragen. Der Iulier rief einen Sklaven herbei. Er wurde beauftragt dafür zu sorgen, dass die tabulae von einigen schreibkundigen Bediensteten des Haushaltes kopiert werden würden. Weiterhin solle er nach Asinius Celer schicken lassen und ihn in Dives' Officium führen lassen.
Während der Iulier sich fertig machte für den Besuch des Freundes, wurden seine Anweisungen ausgeführt. In seinem Officium angekommen hatte er noch einen kurzen Augenblick Zeit sich in die wichtigsten Dinge der Hafengebühr einzulesen, bevor der Asinier den Raum betrat.
| Potitus Asinius Celer
"Salve, Marce!", grüßte der Besucher auch sogleich sehr freundschaftlich.
"Salve, Potite! Ich freue mich, dass du hier bist. Kann ich dir etwas zu trinken anbieten?", erkundigte sich der Iulier nach einer ebenso herzlichen Begrüßung und deutete auf eine Sitzgelegenheit.
"Nur einen Becher klares Wasser, wenn es nicht ausmacht.", entgegnete Celer dankend und setzte sich. Einen Handwink und wenige Augenblicke später stellte einer der Sklaven des Hauses zwei Becher mit Wasser auf den Schreibtisch, sowie eine Kanne mit ebenjenem auf einen kleinen Beitisch. Unterdessen setzte sich das Gespräch fort:
"Nun, ich möchte dir danken für deine Vertretung meiner Person in der schweren Zeit, die nun glücklicherweise hinter mir liegt. Diesen Dienst rechne ich dir hoch an und werde ihn dir nicht vergessen. Doch bevor wir uns gänzlich in derlei Lobpreisungen wiederfinden, würde ich mich freuen, wenn du mir berichten würdest, was sich während meiner Abwesenheit so alles getan hat.", sprach Dives, nahm den gerade servierten Becher, prostete seinem Gegenüber zu und nahm einen Schluck.
"Die Freunde ist ganz meinerseits, Marcus. Tja, was ist alles passiert? Ich denke, über die Ermordung des Augustus bist du bereits informiert worden. Das ist derzeit DAS Thema auf dem Forum, in den Tavernen und wo auch immer man hingeht.", begann der Asinier, bevor auch er seinen Becher nahm und das Zuprosten Dives' erwiederte und einen kleinen Schluck nahm. Dann setzte er fort mit den Informationen über die letzte Wahl, die auch der Duumvir Dives bereits gegeben hatte. Anschließend folgte der neuste Stand zur Hafengebühr:
"Auch auf dem Gebiet geht es voran. Den größten Teil der Gebühren haben wir vollkommen planmäßig eingenommen. Nur wenige Schiffe bereiten uns da Probleme. Dazu gehört eines, dass sich bei unserer letzten Überprüfung noch immer im Erbschaftsprozess befand. Da bleibt uns kaum etwas anderes als abzuwarten, bis die Mühlen der Bürokratie es endlich dem rechtmäßigen Erben überschrieben haben. In dieser Zeit darf es mittels einer Sondergenehmigung den Hafen regelmäßig auch ohne zuvorige Begleichung der Gebühr verlassen." Die Civitas wollte schließlich keinerlei Ertragsausfälle verursachen, wo die Leute doch offensichtlich keine Schuld an diesem zeitintensiven Prozess der Erbschaftsübertragung trugen.
"Um welches Schiff handelt es sich und wann habt ihr das letzte Mal Erkundigungen eingeholt?", hakte Dives nach. Als er dann den Namen 'Xenophon' und Decimus hörte, klingelten bei ihm die Glocken. In der Casa Decima war er selbst aufgrund dieser Sache schon vorstellig geworden. Nach Nennung der letzten eingeholten Erkundigung ob des Fortschrittes im Erbschaftsprozess machte sich der Iulier eine kurze Notiz. Hier müsste er also mal wieder nachfragen, wie der Stand der Dinge war. Mit einem Kopfnicken signalisierte er dann, dass Celer fortfahren könnte...
"Gut. Schwierig ist auch der Fall der aurelischen 'Nordwind'. Es gehört wohl einer Aurelia, deren Tutor auf einer der Proskriptionslisten ausgeschrieben ist. Es wird gerade geprüft, inwiefern es nun überhaupt noch einen Anspruch unsererseits gibt..." Damit machte der Asinier wieder eine Pause in seinen Ausführungen und befeuchtete seine Kehle mit ein paar Schlucken Wasser. Das nutzte Dives für einige Überlegungen. Ihm war der Vescularier nicht geheuer und er hatte ja bereits im letzten Gespräch mit dem Duumvir versucht die Civitas etwas aus dessen Klauen zu befreien.
Dass dieser aurelische Tutor, der Dives nach den beiden Zusammentreffen auch noch einigermaßen im Gedächtnis geblieben war, nun proskribiert worden war, mochte einige Leute dazu veranlassen ihn auch als Mörder am princeps zu sehen. Dives hingegen führte es mehr vor Augen, dass jener alles andere als ein Freund des Vesculariers war. Es war wohl recht wahrscheinlich, dass der Patrizier einiges würde mobilisieren können (direkt oder über Verbündete, Freunde und Verwandte), um dem Machthaber Romas entgegenzutreten. Dass dazu jeder Sesterz gebraucht werden könnte, schien dem Iulier ebenfalls logisch. Folglich wäre es also eher kontraproduktiv, wenn Dives auch weiterhin hier auf die Einnahme der Hafengebühr drängte. Er würde lieber dafür sorgen, dass dieser Fall in den Akten verschwand, auch wenn der Aurelier es ihm wohl weder in irgendeiner Form danken würde. Er würde davon wahrscheinlich nicht einmal Notiz nehmen, aber gut...
"Nun, ich würde sagen, dass die Ansprüche der Civitas damit dahin sind. Und Ansprüche an Roma zu stellen wäre derzeit wohl nicht gerade klug. Nein, es wäre wahrscheinlich das beste für alle Beteiligten, wenn wir den Fall einfach auf sich beruhen lassen. Kannst du dafür sorgen, dass alle diesbezüglichen Akten auf schnellsten Weg hierher gebracht werden, sodass ich ihnen einen Abschlussbericht hinzufügen und sie so abschließen kann?", fragte Dives, während er nicht wenige Münzen in einen Beutel füllte. Verschnürt und mit metallischem Klimpern landete dieser dann direkt vor Celers Nase auf dem Tisch. Beamte hatten schließlich alle nur irgendeinen Preis. Und die wenigen ehrlichen Seelen, die nicht käuflich waren, waren zumeist dazu verdammt ihr Leben im unteren Bereich der Karriereleiter zu fristen. Man konnte sie also in der Regel einfach um- bzw übergehen.
"Den Rest kannst du behalten.", sprach Dives mit einem Lächeln und Celer verstaute den Geldbeutel mit einem verstehenden Nicken. Der Iulier ließ ihn in dem Glauben, dass die Aktion völlig rechtens war. Je weniger Leute wissen würden, dass Dives die Akten nach Erhalt vernichten würde, umso weniger Leute könnten sich verplappern...
Es folgte das Gespräch über einige wenige weitere Schiffe, die jedoch zumeist nur zu einer Notiz führten, dass der Iulier dort mal wieder in der einen oder anderen Form nachhaken müsste. So neigte sich die Unterredung dann dem Ende, doch bevor der Asinius Dives wieder allein ließ, trat er noch mit einer anderen Bitte an ihn heran:
"Wenn deine Zeit es erlaubt, hätte ich noch eine Frage... oder vielmehr ist es eine Bitte.", begann Celer und wartete kurz, bis er das Signal seines Gegenüber erhielt weiterzusprechen.
"Wir sind nun schon lange gut befreundet. Du hast mir in schweren Zeiten zur Seite gestanden und jetzt stehe ich dir in nicht ganz einfachen Zeiten zur Seite. Das kennzeichnet für meine Begriffe nicht nur eine gute Freundschaft, sondern auch ein gutes Klientelverhältnis. Ich verdanke dir nicht wenig, Marcus, und würde mich freuen, wenn du mich als deinen Klient aufnehmen würdest." Mit fragendem, aber erwartungsvollen Blick schaute er zu Dives, der seinerseits etwas überfahren wirkte. Natürlich hatte er seinem Freund geholfen. Das war selbstverständlich für ihn. So konnte er schließlich auch am ehesten auf Celers Hilfe hoffen und bauen - gerade in jetziger Zeit war das enorm wichtig. Und wollte er dieses gute Verhältnis nicht gefährden oder aufs Spiel setzen, so wäre es wohl das Klügste mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen dieser Bitte nachzukommen und das Patronat zu bestätigen.
"Es wäre mir eine große Ehre, einen so treuen und ergebenen Freund als Klient aufzunehmen. Darauf sollten wir trinken.", hob Dives seinen Becher. Ein Sklave eilte, um etwas Wein herbeizuschaffen, denn so gänzlich trocken sollte man darauf nicht anstoßen müssen. Die Becher, die noch etwa zur Hälfte mit Wasser gefüllt waren, wurden mit Wein aufgefüllt. So wurde dieses Verhältnis besiegelt und nachdem man sich für den Abend in einer Taverne zum ordentlichen Feiern verabredet hatte, verließ Celer das Zimmer und kurz darauf das Anwesen...