Erst vor ungefähr einer Woche war Dives mit seinen beiden ständigen Begleitern Aglaopes und Antinoos in Plautus' Komödie 'Casina'. Die griechische Schauspielertruppe sollte zu den besten im ganzen Imperium gehören, weshalb der Iulier sich diese Vorstellung auf keinen Fall entgehen lassen durfte. Außerdem musste er sich nach seinem Wiedereinstieg ins gesellschaftliche Leben (nach seiner Krankheit) auch mal wieder etwas entspannen. Interessiert hatte er das Drama verfolgt. Aber auch seine beiden Sklaven waren alles andere als unaufmerksam. Ganz im Gegenteil...
Die Komödie spielte auf den Straßen Athens und mit entsprechend griechischen Charakteren. Im Mittelpunkt des Geschehens stand die titelgebende, doch nicht in Erscheinung tretende Casina. Sie war ausgesetzt worden an der Tür von Lysidamus und Cleostrata, die sie als ihre Sklavin aufzogen. Sie wuchs zu einer wunderschönen Frau heran, sodass Euthynicus, der Sohn des Lysidamus, sie zu ehelichen gedachte. Doch auch Lysidamus fühlte sich stark zu Casina hingezogen, weshalb er seinen Sohn noch vor Zustandekommen der Hochzeit mit einer ausgeklügelten List aufs Land schaffte. Casina sollte nun statt seinem Sohn seinen Sklaven Olympio heiraten, sodass Lysidamus jeder Zeit die Möglichkeit hätte mit Casina zu schlafen, da sie ja nur die Frau seines Sklaven wäre. Tatsächlich wäre sie seine Concubine, ohne dass seine Frau Cleostrata dies herausfinden würde.
Doch Cleostrata roch den Braten und versuchte nun ihrerseits, dass Casina ihren Sklaven Chalinus zum Mann nahm, der die Zeit bis zur Rückkehr Euthynicus' überbrücken sollte. Damit wurde aus dem Konflikt zwischen Vater und Sohn ein Kampf zwischen Ehemann und Gattin. Um die Situation zu klären schlug Cleostrata vor Lose zu ziehen, wobei Lysidamus unglücklicherweise gewann. Im Folgenden entwickelten Cleostrata und ihre Sklaven einen Plan nach dem anderen, um Lysidamus seinen Gewinn vorzuenthalten. Cleostrata erfuhr von dem Plan ihres Mannes mit Casina zu schlafen, bevor Olympios sie mit sich nach Hause nehmen würde. Daraufhin verkleidete sie ihren Sklaven Chalinus als Casina und demütigte Olympio wie auch Lysidamus, indem sie den Vorteil des verdunkelten Schlafzimmers im Nachbarshaus, wo die Affäre stattfinden sollte, ausnutzte. Im Dunkeln wanderten Olympios Hände unter die Kleidung der vermeintlichen Casina: "Ich lege meine Hände auf ein... einen... Griff. Aber jetzt, wo ich darüber nachdenke, hatte sie kein Schwert: DAS wäre kalt... Es ist so peinlich!!"
Damit schlug Cleostrata ihren Mann und dessen Sünden wurden öffentlich. Sie nahm ihn zurück und das Leben normalisierte sich. Im folgenden kurzen Epilog erfuhr man, dass Euthynicus vom Lande zurückkehrte und er in der Tat Casina, die eigentlich eine freigeborene Athenerin war, als sie in die Familie kam, heiratete.
Ein wirklich lustiges Stück, fand Dives schlussendlich. Aglaopes und Antinoos registrierten dies und stimmten natürlich ihrem dominus zu. Seither wurde - so zumindest von Seiten des Iuliers - nicht weiter darüber gesprochen. Weshalb auch, gab es doch keinerlei offenkundigen Anlass hierzu. Die beiden Leibsklaven Dives' sahen dies indes etwas anders. Seit drei Tagen nutzten sie jeden freien Augenblick, in dem ihr Herr ihnen nicht auf die Finger schaute oder über die Schulter blickte, um an einen geheimen "Projekt" zu arbeiten. Anlass dazu war die Tatsache, dass Dives durch seine Krankheit ja seinen 20. Geburtstag im Bett liegend verpasst hatte. Das war vielleicht für einen gewöhnlichen Geburtstag nicht weiter schlimm, aber für einen runden Geburtstag... Nein! Bei passender Gelegenheit würden Aglaopes und Antinoos ihrem iulischen dominus schon eine kleine, auch von Sklaven tragbare Überraschung bereiten. Dives war komplett ahnungslos...
... insbesondere, dass HEUTE dieser Tag sein sollte. Alles war ganz normal gewesen: Der Morgen begann mit einigen gymnastischen Übungen und täglicher Korrespondenz (hauptsächlich mit der Curia und der Hafenverwaltung Ostias). Der Mittag setzte den Tag fort mit einer kleinen Ruhepause und dem Gang in die Stadt und dort insbesondere aufs Forum Ostiensis. Schließlich hielt auch die Cena keinerlei Besonderheiten für Dives bereit. Folglich glaubte er es bis dato mit einem Tag wie jedem anderen zu tun zu haben. Wie sehr er sich darin täuschen sollte! Niemals sollte man den Tag vor dem Abend loben, das besagte doch schon ein Sprichwort, das wohl aber im Augenblick nicht ganz so präsent beim Iulier war.
Er hatte sich heute einmal einen Wein gegönnt, das heißt: zwar verdünnten Wein, aber kein Wasser mit Wein. Letzteres pflegte er sonst nämlich immer zu trinken, da er Alkohol im Allgemeinen nicht sonderlich viel vertrug. Im Nachhinein betrachtet könnte man fast schon davon sprechen, dass es ihm von seinen Sklaven aufgedrängt wurde, weil er doch stets so viel arbeite und doch auch mal wieder richtig entspannen müsste. Aber in jenem Augenblick fühlte sich der Iulier geschmeichelt und ging folglich darauf ein. Nicht vollkommen beschippst und auch noch einfache Dinge denken könnend, aber doch deutlich erheitert verließ er später am Abend das Triclinium in Richtung seines Cubiculums. Er wollte schließlich für den nächsten Tag fit sein, wenngleich jener wohl kaum anders als dieser verlaufen würde...
... dachte er noch, bevor er im schummrigen Licht seiner Öllampe und des durchs Fenster scheinenden schwachen Mondlichtes eine Gestalt auf seinem Bett ausmachte. Der Iulier kniff die Augen etwas zusammen und versuchte nähere Umrisse auszumachen. So ganz scharf werden wollten die Umrisse jedoch nicht, was sowohl der Dunkelheit als auch der Alkoholpegel geschuldet war. Er trat vorsichtig näher, sagte aber nichts. Die das Bett besetzende Person indes schwieg ebenfalls, forderte Dives jedoch mittels Gestik auf näher zu kommen. Es schien keinerlei Gefahr von der Person auszugehen, sodass der Iulier der Forderung nachkam. Im Gegenteil schien sich eine 'nette Dame' in sein Cubiculum 'verirrt' zu haben, was dazu führte, dass Dives - recht unerfahren wie er mit Frauen war - auch weiterhin nicht wusste, was er hätte sagen können. Aus dem Nichts trat der Cubicularius von hinten an den Iulier heran, nahm ihm die Öllampe aus der Hand, gab ihm einen sanften Stoß in Richtung Bett und schloss die Tür hinter ihm.
So begab sich der leichtbekleidete Dives mit klarer Intention ins Bett zu der ihm unbekannten Person. Es folgten Küsse, Berührungen, Erkundungszüge der Hände durch unbekanntes Terrain. Dabei waren erstere leicht kratzig, zweitere ungewöhnlich hart und bei letzteren hatte der Iulier das zu Beginn beschriebene "Casina-Erlebnis".
"Aprilis, Aprilis.", hauchte der Bettgenosse in romantischem Ton. Ja, heute war der 1. April. Dieser Tag war Venus in ihrer Funktion als Göttin der Launenhaftigkeit, Liebe und Täuschung geweiht und seither typischerweise ein Tag, an dem man Verwandte, Bekannte und gute Freunde verschaukelte.