Beiträge von Marcus Iulius Dives

    Für einen Moment war Dives irritiert. Aviana hatte sich zu Wort gemeldet. Fast hätte er ihr eine patzige Antwort à la 'Dann überlass das doch einfach den Männern!' gegeben. Doch zum Glück konnte er sich im letzten Moment zurückhalten und stopfte sich das Maul rechtzeitig mit dem letzten Stück Brot aus seiner Hand. Nein, das war hier eindeutig nicht seine Aufgabe. Er war nur der Onkel von Aviana - Centho war ihr Vater. Drum würde Dives es auch diesem überlassen seiner Tochter zu erklären, dass Frau sich bei politischen Dingen besser zurückhielt - sofern jener dies für nötig befinden würde, verstand sich.


    Dives vertrat dabei durchaus nicht die Ansicht, dass Frauen kein politisches Gespühr hätten oder keine Ahnung von Politik oder dergleichen. Im Gegenteil gab es immer wieder Frauen, die enormen Einfluss ausübten und geschickt an diversen Fäden zogen und Hand anlegten. Ups, das war doppeldeutig - wenngleich wohl auch in dieser Doppeldeutigkeit nicht unbedingt abwegig. Dives' Gesicht erhellte sich.
    Dennoch. Über Politik würde er sich mit einer Frau (oder angehenden Frau) wohl maximal innerhalb seiner familia unterhalten... die er noch nicht hatte. Wobei er wohl auch da zumindest seinen Töchtern (bei seiner zukünftigen Gattin setzte er dieses Wissen voraus) stets eintrichtern würde, dass sie als (angehende) Frauen bei politischen Themen lieber schwiegen. Zuhören, lernen, verstehen und eventuell eigenen Nutzen aus den Informationen ziehen: ja; öffentlich (in diesem Falle also: außerhalb der familia) darüber reden: nein.


    Kauend und mit neutralem, nichtssagendem Gesichtsausdruck blickte er zu seinem Cousin Centho. Dives würde jetzt nicht der erste in der Runde sein, der nun wieder das Wort ergriff. Nein, er kaute... und kaute... und kaute... und kaute notfalls auch solange auf dem Brot bis es ganz süß schmecken würde...

    "Hmhm.", bestätigte Dives kurz und schmerzlos. Dass er dabei ein-zweimal mit dem Kopf nickte dürfte der Duumvir wohl höchstens aus den Augenwinkel bemerkt haben, schaute man doch für gewöhnlich auf die Schrift, während man schrieb.
    Den folgenden Ausführungen lauschte der Iulier gespannt. Manches war durchaus überraschend, was sich hauptsächlich auf die Wahl des Aedilis mercatuus bezog. Anderes war zu erwarten gewesen oder bereits auf anderem Wege zu Dives durchgedrungen.


    Nach jenen erklärenden Worten des Duumvirs zögerte Dives einen kurzen Moment lang. Mittlerweile belästigte er den Vorsteher der Curia Ostiensis schon ein Weilchen. Ob der aktuellen Ereignisse - die ja zumindest für Dives noch taufrisch waren - hatte er eigentlich noch eine weitere Frage. Er entschloss sich letztlich sie noch zu stellen, da er meinte wohl davon ausgehen zu können, dass man ihn schon rausschmeißen würde, wenn der Duumvir noch einen Termin oder dringende Arbeit wahrzunehmen hätte - oder aber das Thema ihm nicht zusagte:


    "Eine letzte Sache würde mich, so es deine Zeit erlaubt, noch interessieren. Ich habe aus der Acta vom Mord am Augustus und seiner Familie erfahren. Nach dem, wie sich der Praefectus Urbi in der Vergangenheit gegeben haben soll, und spätestens mit Veröffentlichung seiner Proskriptionsliste mehren sich wohl die Gerüchte um eine mögliche Ausrufung des Vesculariers zum neuen Augustus, wie mir vom Forum berichtet wurde. Ob der ganzen Ereignisse sehen manche Leute gar einen Bürgerkrieg aufziehen...", erklärte Dives mit sorgenvollem Blick, der wohl durch seine Angeschlagenheit noch sorgenvoller wirkte als er tatsächlich gemeint war. Der Gedankengang war ja auch nicht sonderlich abwegig, da die enkommenen Staatsfeinde als patrizische Senatoren bekannt und einflussreich waren und folglich sicherlich auch dazu in der Lage wären eigene Truppen aufzustellen... könnte man vermuten.


    "Nun unterstehen ja die Vexillatio Ostiensis den Vigiles in Roma und folglich mehr oder weniger dem Vescularier selbst. Ich fürchte, ehrlich gesagt, um die Sicherheit in der Civitas, falls jener die Einheiten ob eines eventuellen Bürgerkrieges abziehen würde..." Ja, eine Frage war dies nicht gerade, aber immerhin die Darstellung eines Problems, welches Dives möglicherweise sah. Dass dies aber bei Weitem nicht das Einzige war, was ihm hierbei Kopfschmerzen bereitete, verschwieg er vorerst. Er wollte dem Duumvir schließlich nichts erzählen, was jener dann gleich mit wohlmöglich negativen Folgen für Dives an den Stadtpatron - oder besser: "Herr der Stadt" - weitertratschte.

    Ins Gespräch vertieft hatte Dives schon bei den Würsten nicht zugegriffen, sondern - ähnlich wie Aviana - sich nur ein Fladenbrot genommen, von dem er immer mal wieder etwas abbrach und in den Mund steckte. Nein, irgendwie war ihm nach solch großen blutigen Opfern wie vorhin einfach nicht nach Fleisch.


    Aufmerksam lauschte er den Worten seines Onkels Titus. Der dreifache Consular Aelius sollte es also nach möglichkeit werden. Nun, das würde sicherlich nicht einfach, aber mit Centho als Fürsprecher und Mitklient sicherlich auch kein Ding der Unmöglichkeit. Doch bevor er dazu in der Lage war etwas zu erwidern, setzte sein Cousin das Sticheln fort. Irgendwie schien es ihm wohl eine Freude zu bereiten. Gerne hätte Dives in dieser Situation mit dem kleinen Manius getauscht. Er blickte kurz zu diesem. Der brauchte sich um das Gerede der "Alten" (noch) keine Gedanken machen und konnte sich voll und ganz dem Genuss der Speisen hingeben.


    "Nunja...", begann Dives und konnte sich ein schelmisches Grinsen einfach nicht verkneifen. Sollte er dieses Wortspiel, von dem er schon völlig vergessen hatte, dass Proximus es begonnen hatte, wirklich weiter fortsetzen? Vielleicht wäre es ja ganz amüsant und da man hier im privaten Rahmen war, könnte es gar ein lustiger Ratespaß werden... eventuell.


    "Da wäre zum Einen ein kleiner Schmusetiger, der mir auch in größter Gefahr nicht von der Seite weichen würde. Er ist lieb... aber weitgehend ungefährlich. Daneben könnte ich mir aber auch einen majestätischen Perser vorstellen, der nach sich gern mit anderen einflussreichen... Tieren umgibt. Was er jedoch denken mag - über mich und allgemein - mögen wohl selbst die Götter nur errätseln können. Vielleicht aber sollte man auch gänzlich auf jene Treue verzichten und sich zum Freund eines wilden Löwen erklären. Auf dass jener einen protegiere und gegen Feinde vorgeht. Ungewiss nur, wann sich nicht vielleicht mehrere vermeintlich schwächere Tiere sammeln, um sich gemeinsam der Bestie zu entledigen. Da würde man vor den Leuten hinter dem Ungeheuer sicherlich auch nicht gerade Halt machen." Dives machte eine kurze Pause, zupfte einen Krümel aus dem Brot und schob ihn sich in den Rachen. Das Bild war wohl doch recht eindeutig gemalt. Bevor jedoch jemand etwas darauf erwidern konnte, setzte er die Liste fort:


    "Da würde es dann vielleicht schon besser sein, wenn man eine edle Züchtung nimmt, die sowohl mächtig als auch beliebt ist. Die Frage ist nur: Wird man dann nicht letztlich zu einem von vielen, wenn man sich jenem Tier verschreibt, dem sich quasi alle anschließen? Vielleicht sollte ich auch Katzen in Betracht ziehen, die bereits seit etlichen Jahrzehnten im Geschäft sind und über Geld, Macht und weitreichende Erfahrung verfügen. Allerdings sind die ja doch in vielerlei Hinsicht eingefahren in ihren Denk- und Sichtweisen und ich weis nicht, wie ein junger Mann wie ich mit ihnen zurande käme. Es gäbe da natürlich auch noch die Iustitia unter den Katzen, die, wie ich hörte, neulich sogar in Ostia gewesen sein soll... Allerdings wohl aus recht unerfreulichem Anlass..." Das war nur ein Gerücht, welches Dives aufgeschnappt hatte. Doch mochten Gerüchte in kleineren Städten wie Ostia doch zumindest ab und an auch ein Fünkchen Wahrheit in sich tragen. Einer erneuten kleinen Pause folgte das Resümé:


    "Aber ich glaube, dass ich all diesen absolut bewundernswerten Geschöpfen noch eine andere Katze vorziehen würde. Jene nämlich, die auffällt durch ihre Unauffälligkeit! Nicht dass sie keinen Rang und Namen hätte - den besitzt sie gewiss. Doch windet sie sich hier und dort und durch alles hindurch und an allem vorbei, während sie still und leise Stein für Stein ein Denkmal setzt. Wohl ein eher mageres Tier, aber sportlich! - Passt doch zu mir, oder?", fragte Dives in die Runde und verwies mit offensichtlichen Gestiken auf seinen athletischen Körper.


    Nun war er ja mal gespannt wie ein Flitzebogen, wie sein Cousin DARAUF reagierte. Würde er das Spiel etwa noch weiter treiben?
    Eine weitere Plocke des Brotes wanderte in seinen Mund.


    Sim-Off:

    Ein frohes Rätselraten! :D

    Keinesfalls wollte Dives erzieherisch wirken auf den kleinen Manius. Soetwas fand er selbst auch immer ätzend! Er dachte nur, dass es besser wäre, wenn der Junge von ihm die Serviette mit einem Augenzwinkern bekam, als wenn er sie von seinem Dad mit einer Schelle auf den Hinterkopf bekäme (sofern Centho dies machte - Dives hatte seinen Cousin noch nie bewusst bei der Kindeserziehung beobachtet... und würde dies wohl auch weiterhin eher nicht tun).


    Nachdem Avianus das Tuch angenommen hatte, strich er ihm kurz anerkennend durchs Haar. Seine Hand verharrte einen Augenblick dort, als Proximus das Wort ergriff... Tja, Dives war durch und durch ein Mann - kaum in der Lage zwei Dinge zur gleich Zeit zu tun... 'Multitasking', wie die Griechen das nannten. Nein, das konnte er nicht so gut. So hörte er also erst zu, dachte dann einen Wimpernschlag lang nach und nahm dann die Hand vom Kopf des Jungen um mit ihr etwas zu gestikulieren. Naja, wenigstens konnte er gleichzeitig Sprechen und das - dank jahrelangem Rhetorik-Training!


    "Erstmal muss ich die Katze ja irgendwie in den Sack bekommen, nicht wahr?", antwortete er spitzbübisch und klatschte dabei einmal in die Hände, um das Fangen zu verdeutlichen.


    "Und in Roma werde ich so lange bleiben. Ich plane morgen bereits wieder nach Ostia zurückzukehren.", meinte er auf die zweite Frage und blickte dabei auch Centho an, mit dem er bis dahin auch über das eigene Weiterkommen in der Civitas gesprochen haben wollte. Wann man dieses Gespräch nun wo führen würde, war Dives relativ gleich. Dieser Blick zu Centho sollte jenen nur daran erinnern, dass man das Thema noch besprechen müsste - jetzt, nachher, morgen früh - ganz egal.

    | Cito


    Uagrh! Das war irgendwie gruselig, wie der Germanicer an seinem Ianitor vorbei und durch den Spalte der Tür hindurch Cito anblickte, ja förmlich fixierte, wie jener fand. Dabei blickte er so wissend. War das jetzt gut oder schlecht? Der Cursor wusste es nicht. Ihm nämlich kam der Senator ganz sicher nicht bekannt vor - und einen Senator hätte er wohl nicht so schnell vergessen! Erst seit einiger Zeit unterstand Cito seinem dominus, wenngleich der Iulier ihn schon deutlich länger kannte. Der Sklave war ein Geschenk seines Freundes Asinius Celer anlässlich seines 20. Geburtstages gewesen, den er leider krank in Ostia verbracht hatte... Aber gut.
    Sklaven gab es bekanntlich in Roma wie Sand am Meer, sodass er vielleicht auch einfach nur verwechselt wurde, wenngleich natürlich ein interessanter Zufall, dass Dives auch Citos Herr war.


    Geschwind kam Cito der Aufforderung des Germanicers nach nud trat am Ianitor vorbei ein ins Officium.
    "Salve, Senatore!", grüßte er artig zurück. Er blickte kurz hinter sich, um sich zu versichern, dass die Tür mittlerweile wieder geschlossen worden war. Nachdem er sich wieder zum Senator umwandte, hatte er ein Schriftstück in der Hand. Woher er dieses nahm, würde dem Betrachter verborgen bleiben. Er übergab es seinem Gegenüber:


    [Blockierte Grafik: http://i662.photobucket.com/albums/uu347/Kaysepunkt/Payiosbreit1-1.jpg]



    Salve Quinte, amice certe,


    Ich muss und möchte mich für mein langes Schweigen entschuldigen. Die letzten Monate hier in Ostia waren allerdings alles andere als angenehm für mich. Irgendeine heimtückische Krankheit, die wahrscheinlich einer der zahlreichen Seeleute eingeschleppt hat, setzte mich für geraume Zeit außer Gefecht. Nicht nur, dass ich auf dem Landgut meines Cousins unter Karantäne gestellt werden musste, nein. Ich verbrachte gar ganze Wochen nahezu tatenlos im Bett. Umso mehr freue ich mich, dass es langsam aber stetig wieder bergauf mit mir geht und ich mich auch wieder dazu befähigt sehe, dir diesen Brief zu schreiben.


    Ich hoffe wirklich sehr, dass es dieses Schreiben dich überhaupt erreicht und es dir und den Deinen gut geht! Aus der Acta habe ich erfahren, dass der Princeps samt Familie ermordet wurde, dass es eine Ausgangssperre in Roma gab, ich hörte von Unruhen, Verhaftungen und Toten! Vor allem führende Senatoren sollen wohl am Anschlag auf den Augustus beteiligt gewesen sein und wurden gar teils schon proskribiert! All dies erschüttert mich zutiefst. Ich meine dich als kaisertreuen, römischen Bürger kennengelernt zu haben und gehe daher nicht davon aus, dass du etwas mit dieser abscheulichen Tat zu schaffen hast. Bei den Göttern, ich hoffe, es geht dir gut!


    Weiterhin muss ich mit dir über die Factio schreiben. Leider habe ich es vor Ausbruch meiner Krankheit nicht mehr fertig gebracht der Russata zu schreiben. Dementsprechend ist kein kleines Trainings-Wettrennen zwischen den beiden Factiones anberaumt. So du es für wünschenswert hälst, werde ich dies umgehend nachholen. Allerdings stellt sich mir die Frage, inwieweit die momentane politische Situation es überhaupt zulässt sich darüber Gedanken zu machen. Das letzte, was ich aus der Factio hörte, war, dass Mehaf sich nach seinem letzten Auftritt, an den du dich vielleicht noch erinnern kannst, endgültig aus dem aktiven Rennegschehen zurückziehen will. Seither erreichen mich keine Informationen mehr aus dem domus factionis. Weist du, wie es den übrigen Sodales geht? Unter ihnen findet sich ja nicht nur einen Senator...


    Tja, und was mich betrifft, so erwähnte ich ja bereits, dass ich mich auf dem Weg der Gesundung befinde. Morgen werde ich mich das erste Mal nach meiner Absenz wieder zur Curia von Ostia begeben. Ich hoffe, dass man mir die Chance einräumt, meine Magistratur noch ordnungsgemäß zu beenden, sodass meine Arbeit vor der Erkrankung nicht gänzlich wertlos für mein politisches Weiterkommen war. Allerdings ist wohl bereits jetzt abzusehen, dass so manch geplantes Projekt - du erinnerst dich an den gemeinsamen Besuch mit deinem Onkel (?) - in absehbarer Zeit kaum über jene Planungsphase hinaus kommen wird. Zu gespannt ist die Lage, als dass die Civitas jetzt in öffentliche Neubauten investieren würde. Auch wenn dein Onkel sicherlich andere Sorgen haben wird, wäre ich froh, wenn du ihm dies in einem ruhigen Augenblick mitteilen könntest.


    Mögen die Götter dich und die Deinen schützen.
    Vale bene,


    Marcus



    Auch dieses zweite Schreiben war, wie bereits der Brief an Senator Iulius Centho, frei von jeglichen Gentil- und Cognomen un trug ebenfalls kein iulisches Siegel. Ein Fremder hätte, hätte er den Boten abgefangen und den Brief bei ihm gefunden, mit Sicherheit einiges an Zeit und Energie aufwenden müssen, um Absender und Empfänger zu ermitteln. Sedulus hingegen würde mit dem Geschriebenen sicherlich sofort wissen, dass es sich um ein Schreiben von Dives handelte.


    "Mein dominus würde sich über eine schriftliche oder mündliche Antwort freu... sehr freuen.", gab Cito dann noch die mündliche Botschaft an den Germanicer weiter. (Natürlich erst, nachdem jener mit dem Lesen der nachricht fertig zu sein schien.) Dann wartete er auf die Reaktion des Mannes.



    CURSOR - MARCUS IULIUS DIVES

    Ein verlegenes Lächeln. Hatte seine Nachfrage so beharrlich gewirkt? Na dann würde er wohl wieder mal verstärkt an seinen rhetorischen Fähigkeiten feilen müssen, wenn er wieder in Ostia war. Durch seine Krankheit schienen die wohl etwas nachgelassen zu haben. Insofern kam es Dives auch ganz gelegen, dass ihm keine Zeit für eine schnelle Antwort blieb und er einen Moment mehr überlegen konnte...


    Das Essen wurde freigegeben und Dives sah, wie sich der kleine Rabauke Manius auch sogleich kräftig bediente. Eine wunderschöne Überleitung zurück zum Thema kam ihm in den Sinn:
    "Nun, ich danke der Nachfrage. Ich halte durchaus Augen und Ohren offen und habe auch bereits diesen und jenen im Sinn." Genaueres ließ Dives offen, aber man würde trotz seines leicht verschmitzten Lächelns erkennen können, dass es der Wahrheit entsprach und er es ernst meinte.
    "Ich werde damit niemandem eine Schande bereiten.", stellte er noch klar, bevor er den galanten Bogen zum kleinen Manius zu schlagen versuchte:
    "Ich möchte nur nichts verkünden, bevor es nicht in trockenen Tüchern ist, nicht wahr?" Bei den Worten "trockenen Tüchern" wandte sich Dives an Avianus und reichte ihm eine der Servietten. Dives' Blick zeigte war freundlich und sagte in etwa aus "Hier nimm! Bevor dein Papa was sagt!"

    Nachdem also Dives seinen Cousin begrüßt hatte und im Folgenden auch die anderen Anwesenden, begab er sich auf den ihm zugewiesenen Platz. Ein bisschen irritiert - und das sah man ihm wohl auch für einen kurzen Moment an - war er von der Förmlichkeit Proximus'. Jener hatte ihn 'Dives' genannt. Warum tat er das? Hatte Dives irgendetwas falsch gemacht? Er war sich nicht sicher. Doch zumindest hatte er den Liebhaber misenischen Landweins so begrüßt, wie er dachte, dass es richtig wäre... Da würde Dives wohl sicherlich nachher nochmal kurz im Vertrauen mit Centho sprechen müssen. Was hatte er getan oder ausgefressen?!


    Dives machte eine wegwerfende Handbewegung, mit der er nicht nur den vorherigen Gedanken wegzuschieben versuchte, sondern auch die Entschuldigung von Italicus wegwischte. Dabei kehrte ein Lächeln auf seine Gesichtszüge zurück. Dafür brauchte sich sein Onkel doch nicht zu entschuldigen! Dives hatte selbst längst nicht den gesamten Stammbaum parat, wenngleich er sich stets bemühte. Aber man hatte es ja eben erst gesehen: Hätte er sich wirklich ausgekannt, dann hätte ihm der Name Titus Iulius Italicus auch sofort etwas sagen müssen! Aber so war das eben bei einer derart breitgefächerten Gens...


    Gerne hätte Dives das oder etwas ähnliches geantwortet, aber dafür blieb keine Zeit. Gedanklich noch halb bei Proximus' Anrede griff jener auch schon wieder das scheinbar zuvor besprochene Thema auf. Aber kein Problem für Dives, denn auch hierzu fiel ihm gleich eine Frage vor die Füße, die er sodann stellte:
    "Wer ist denn dein 'hoffentlich zukünftiger Patron'? - Oder: Wer soll es denn sein?", schob Dives noch eine zweite Frage nach, denn aus den Worten Italicus' schlussfolgerte er, dass jener - wie Dives selbst - noch keinen Patron hatte.

    Ein Sohn des Caius Iulius Seneca! Jener war Dives natürlich durchaus ein Begriff, waren doch er (Seneca) und sein Bruder Numerianus die bislang einzigen beiden Eques der Gens Iulia in jüngerer Geschichte. Einen kurzen Moment musste Dives dennoch überlegen, wie er diesen Mann folglich in den iulischen Stammbaum einzuordnen hatte - man konnte förmlich in Dives' Augen lesen, wie er sich durch die verschiedenen Zweige und Verästelungen des Stammbaums hangelte. Dann schien er angekommen. Der Mann war also sein patruus ex patruo magno, wenn er das richtig überschaute, also sein Onkel väterlicherseits als Sohn Dives' Großonkel väterlicherseits. Einfacher ausgedrückt handelte es sich demnach um einen Onkel 2. Grades, den er nun, da er wusste, dass er mit ihm verwandt war, natürlich umso herzlicher begrüßte.


    "Ich freue mich dich kennenzulernen, Titus!", benutzte er dann auch gleich die entsprechend in der Familie überliche Anrede mit dem Praenomen. Dann ließ sich Dives auf einer der Klinen nieder und ließ seinen Blick einmal kurz durch den Raum schweifen. Wo waren denn Manius und Aviana? Hatten sie sich etwa versteckt? Na hoffentlich wurde er da nicht gleich von irgendwoher erschreckt oder so. Innerlich stellte sich Dives auf irgendetwas in dieser Art schonmal ein.


    "Für einen Onkel schaust du aber noch ziehmlich jung aus, wenn ich das so sagen darf.", bemerkte Dives dann mit einem verschmitzten Grinsen. Während er hoffte, dass er das Gespräch an keinem entscheidenden Punkt gestört und unterbrochen hatte, versuchte er dies als Anstoß zu nehmen, um seinen neugewonnenen Onkel vielleicht gleich etwas besser kennenzulernen. Mal sehen, wie er auf diese durchaus auch Kompliment zu verstehende Bemerkung reagierte.


    "Ich hoffe, ich schneide damit jetzt niemandem das Wort ab...", wandte sich Dives kurz rückversichernd an Centho und Proximus, da er ja nicht wusste, was zuletzt gesprochen wurde und inwieweit das Thema in den Gespächsverlauf passte. Aber selbst wenn es nicht ganz in der Linie sein sollte, würde man dem jüngsten Manne der Runde - und Dives hoffte zumindest, dass er das noch immer war - das bestimmt verzeihen...

    Nachdem er DAS erledigt hatte, folgte Dives seinem Gepäck (viel war es wohl nicht) in die Casa Iulia, wo es den jungen Iulier indirekt etwa einer hora angekündigt hatte. Daher wurde Dives auch erwartungsgemäß schnell von Wonga eingelassen.*


    Im Gepäck hatte er aber auch ohne sein Reise-gepäck noch eine ganze Menge: Es wurden mehrere Sklaven benötig, um das Opferfleisch des frisch geopferten Ochsen in die culina zu bringen. Aber auch für die Kleinsten Iulii im Hause hatte Dives auf dem Forum etwas erstehen können. Noch hörte er niemanden auf sich zurennen, aber das konnte genauso auch nur die Ruhe vor dem Sturm sein. Wer wusste das bei den Kleinen jemals so genau?


    Da Wonga meinte, dass die Herrschaften sich im Triclinium zu einer Cena versammelt hätten, führte sein weiterer Weg Dives also vom vestibulum über das atrium und diverse Flure ins triclinium:


    "Salvete!", grüßte er ersteinmal freundlich in die Runde, bevor er sich den einzelnen Personen zuwandte.
    "Lucius." Er nickte begrüßend zu Centho.
    "Marcus.", begrüßte er dann auch Proximus nickend. Dann stockte er. Diesen Gast kannte er nicht. Aber das würde sich hoffentlich gleich ändern.
    "Salve. Ich bin Marcus Iulius Dives, der Cousin von Iulius Centho. Unsere Väter waren Brüder.", stellte er sich vor und unterstrich damit - wie er es nur allzu gern tat - dass er ein Cousin 1. Grades war und nicht nur irgendein entfernter Verwandter des Senators. Dann wartete er zunächst die Reaktion des Fremden ab.


    Sim-Off:

    * Ich hoffe, es ist okay, dass ich mich einfachmal an der porta vorbeigepostet hab. :)

    Autsch! Diese "tollen" Kutschen, von denen Dives eine von Ostia hierher genommen hatte und die sich auf der Via Ostiensis teils förmlich Wettrennen lieferten, waren doch recht fix... Aber Komfortabilität war für Dives dann doch etwas anderes! Die Fahrt war extrem holprig und wenig entspannend. Man stieg nicht mal eben in Ostia ein und dann beschwerdefrei in Roma wieder aus, nein. Dives' Allerwertester hatte ganz schön leiden müssen auf dem Weg hierher. Nach jedem Huckel und jeder Kuhle, ja jeder noch so kleinen Unebenheit des Untergrunds schlug ihm im nächsten Moment das Holzbrett, auf welchem er saß einmal kräftig hinten drauf. In Roma angekommen war er windelweich geprügelt. So zumindest fühlte er sich, der ohne Vater und mit sehr liebender Mutter aufgewachsen nie derartige Dresche erfahren musste.


    Während sein Reisegepäck weiter zur Casa Iulia gebracht wurde, ließ sich der Iulier zentrumsnah "rausschmeißen" und begab sich aufs Forum. Bevor er bei seinen Verwandten auftauchte, hatte er noch ein paar Dinge zu erledigen. Er war schließlich krank gewesen und fühlte sich dem Tode nur knapp entronnen. Als er nicht mehr machen konnte, als im Bett liegend auf gute Ärzte zu vertrauen und auf baldige Besserung zu hoffen, war es an den Hausbediensteten gewesen für ihren Herrn zu opfern und zu beten. Das hatte offensichtlich geholfen, sodass es nun an Dives war, sich bei den Göttern entsprechend erkenntlich zu zeigen. Ein großes blutiges Opfer sollte es werden! Ja, genau. Denn was wäre wohl ein solches Opfer wert, wenn nicht das (eigene) Leben?


    So schritt Dives von Stand zu Stand und kaufte unter anderem besten Falerner-Wein. Einige Dinge hatte er aus Ostia mitgebracht, aber der Wein wäre, wenn er einen solchen mitgebracht hätte, bei der Fahrweise der Kutsche wahrscheinlich eh schon längst nicht mehr in seinem Gefäß. Überhaupt: Wer mochte schon gut durchgeschüttelten Wein??
    Dann ging es um das Opfertier. Ein schöner weißer Ochse sollte es sein. Der erste Viehhändler verkaufte nur Kleinvieh... Schafe und Ziegen. Dives ging weiter. Beim nächsten Stand war man spezialisiert auf rabenscharze Tiere, wunderschöne Tiere. Aber sie waren eben schwarz und folglich nicht geeignet, da Dives dem Apollo opfern wollte. Also auf zum nächsten Stand. Hier wurden gleich zwei weiße Ochsen angeboten und Dives betrachtete beide mit Argusaugen. Beide schienen auf dem ersten Blick rein und gut zu sein... bis er sie doch tatsächlich auch anfasste. Braune Ochsen, die lediglich gepudert waren! Nein, hier kaufte er bestimmt nicht ein! Dann endlich beim fünften oder sechsten Verkäufer fand er ein in seinen Augen wahres Prachtexemplar eines Ochsen! Er musste zwar etwas tiefer in den Geldbeutel fassen, doch sein Leben war ihm das allemal wert! Dafür wurde das Opfertier auch gleich fachmännisch geschmückt. Die infulae mit vittae waren inklusive, für die dorsule zahlte Dives nochmals einen kleinen Aufpreis, aber das machte den Kohl jetzt auch nicht mehr fett. So ging es dann auf zum Templum Apollinis Medici...


    Dort angekommen - und auf dem Weg noch ein paar tibicines "angeheuert" - wurde der Ochse auf dem Tempelvorplatz festgemacht, während Dives seine Füße entkleidete. Mit zwei als Opferhelfer dienlichen Sklaven, die auch die gleich benötigten Opfergaben trugen, ging es anschließend die Stufen des alten, wennauch mehrfach renovierten Tempels hinauf. Schon seit etwa 540 Jahren existierte dieser Bau - geweiht übrigens durch einen Iulier (mit dem Dives allerdings wohl kaum verwandt sein dürfte) -, ein Altar für Apollo existierte gar noch länger hier. Beim Treppensteigen merkte Dives wieder ganz deutlich die Schmerzen in seinem Gesäß, die seine eilige Anreise verursacht hatte. Drum nahm er sich die Zeit, sich erst noch einmal kurz umzudrehen und den Ausblick kurz auf sich wirken zu lassen, bevor er seine Schritte durch die Vorhalle zum Eingang ins Tempelinnere lenkte. Dort reinigte er sich zunächst symbolisch, indem er seine Hände in einer Schale Wasser wusch und dabei sprach:
    "Möge dieses Wasser alle Unreinheit von meinem Körper waschen wie das Verwandeln von Blei in Gold. Reinige den Verstand. Reinige das Fleisch. Reinige den Geist. So ist es."


    Dann bedeckte Dives sein Haupt mit einem Teil seiner toga und trat ehrfürchtig an den Opferaltar. Er ließ sich den Weihrauch lautlos in einer acerra reichen und nachdem er ihn in die entsprechende Feuerstelle gestreut hatte, bereitete sich binnen kurzer Zeit der Wohlgeruch im ganzen Tempelinneren aus. Dives rief mit nach oben zeigenden Handflächen den Gott Ianus an, wie es zu Beginn eines Opfers Ritus war, um die Verbindung von sich zu den Göttern herzustellen.


    "Ianus, Gott des Wandels, der du gleichsam am Anfang und Ende aller Dinge stehst!
    Gott der Götter, der du wachst über die himmlischen Tore! Gott des Übergangs!
    Ich, Marcus Iulius Dives, Sohn des Caius Iulius Constantius, möchte dir diesen Weihrauch zum Geschenk machen!
    Bitte nimm dies Opfer an und lass mich damit ein gutes Gebet sprechen!"


    Abschließend wandte er sich nach rechts, womit dieses Gebet beendet war.
    Nun, da sich der benebelnde Dampf so wunderbar verteilt hatte, war Dives davon überzeugt, dass Ianus das Weihrauch-Opfer angenommen hatte und eine Verbindung zu Apollo herstellen würde. Somit konnte jetzt das eigentliche Voropfer folgen. Dives lies sich die entsprechenden Opfergaben reichen, was abermals geräuschlos von Statten ging. Dann nahm er die Gaben und streckte sie einzeln dem Gott entgegen, sodass jener auch genau sehen konnte, was geopfert werden sollte.
    Anschließend legte er die Gaben am Altar ab: verschiedene Blumen und Kräuter, darunter auch einige Lorbeerzweige, und den teuer erstandenen Falerner-Wein, der in eine entsprechende Öffnung gegossen wurde.


    Nun folgte das erste Gebet zu Apollo. Wieder streckte Dives beide Hände mit nach oben zeigenden Handflächen in die Höhe und sprach:


    "Mächtiger Apollo Medicus, Gott strahlender Schönheit, Sohn des großen Iuppiter Optimus Maximus!
    Oberster Orakelgott, Unerbittlicher, der alle Wunden heilen kann!
    Ich, Marcus Iulius Dives, Sohn des Caius Iulius Constantius, möchte dir mit diesen Opfergaben meine tiefe Ergebenheit und Dankbarkeit zeigen!
    Im Besonderen möchte ich dir dafür danken, dass du die Gebete der Meinen erhört hast und mir auf den Weg der Genesung verhalfst!"


    Um dieses Dankesgebet an Apollo zu beenden, wandte Dives sich nun traditionsgemäß zur rechten Seite um und noch immer war der Ort erfüllt von anmutiger Ruhe und ehrfürchtiger Stille, was durch nichts und niemanden gestört wurde.
    So ging Dives mit einem zufriedenen Gesicht nach diesem Voropfer wieder nach draußen, auf dass das Hauptopfer - anders ausgedrückt: der blutige Teil des Opfers - folgen mochte. Dort angekommen fungierten seine beiden Opferhelfer, die ihn auch ins Innere des Tempels begleitet hatten, als Herolde, die jeweils ein paar Mal mit 'Favete linguis!' Ruhe herzustellen versuchten. Tatsächlich wurde es in Tempelnähe aber kaum ruhiger, da zwar der Einzelne leiser sein mochte, jedoch von hier und dort Neugierige und Gaffer angezogen wurden. So ertönten wenig später die tibiae der engagierten Musiker und Dives hoffte inständig, dass die Melodien dem Beschützer der Sänger und Musiker, der ja obendrein mit seiner Kithara selbst kein Unbekannter unter jenen Künstlern war, gefallen würden. Währenddessen wurde Dives erneut eine Schüssel Wasser gereicht, in welcher er seine Hände zur symbolischen Reinigung zu waschen hatte, bevor er sie mit einem weißen Tuch, dem mallium latum, abtrocknete.
    Dann trat er neben den strahlend weißen Ochsen, dessen vergoldete Hörner im Licht der Sonne gar wunderbar funkelten, erhob seine Hände mit zum Himmel zeigenden Handflächen und sprach:


    "Mächtiger Apollo Medicus, Gott strahlender Schönheit, Sohn des großen Iuppiter Optimus Maximus!
    Oberster Orakelgott, Unerbittlicher, der alle Wunden heilen kann!
    Ich, Marcus Iulius Dives, Sohn des Caius Iulius Constantius, möchte dir nochmals danken für deine Güte, denn ohne dich würde ich heute wohl nicht mehr hier stehen können!
    Daher möchte ich dir nun diesen mit Argusaugen ausgesuchten schneeweißen Ochsen zum Geschenk machen!
    Und damit möchte ich dich auch bitten, meine Krankheiten und Wunden auch zukünftig zu heilen!
    Dann verspreche ich dir, dir auch in Zukunft gut und reichlich zu opfern! Do ut des."


    Mit einer Wendung nach rechts symbolisierte Dives, dass er sein Gebet gesprochen hatte und sogleich wurde damit begonnen, das Opfertier abzuschmücken und mit mola salsa zu bestreichen. Dives bekam seinerseits das Opfermesser gereicht, mit welchem er nun langsam dem Tier scheinbar von Kopf bis Schwanz strich. Bei genauerer Betrachtung würde man sehen, dass er die Klinge knapp über dem weißen Fell hielt. Das schöne Puder (denn natürlich war auch das beste weiße Opfertier noch nachgepudert) sollte ja hierdurch nicht abgestrichen werden.
    Dann übergab Dives das Opfermesser dem cultrarius, woraufhin der victimarius mit dem Hammer in der Hand ihm die Frage der Fragen stellte: "Agone?" - "Age!", antwortete Dives mit fester Stimme.


    ZACK! - ZACK!


    So fand erst der Hammer in perfektem Bogen den Weg auf den Kopf des Ochsen, bevor im Augenblick danach aus einer Halsschlagader zwei halbe wurden. Kraftlos, lautlos und irgendwie ganz unspektakulär sackte das Tier in sich zusammen. Ob es wohl wusste, dass ihm sein Ende bevor stand? Sofort eilten einige Opferdiener herbei, um ein Teil des Blutes in paterae aufzufangen. Dennoch bildete sich innerhalb von nur wenigen Wimpernschlägen eine große Blutlache, die schonmal als gutes Omen gedeutet werden konnte.


    Nachdem das Rind ausgeblutet war, wurde der Bauchraum vorsichtig geöffnet, die Eingeweide entnommen und in einzelne paterae gelegt. Die Eingeweideschau könnte beginnen. Dives war gespannt, ob der Gott der Schönheit, des Lichtes und Glanzes sein Opfer angenommen hatte...

    | Cito
    CURSOR - MARCUS IULIUS DIVES


    Was für ein Erlebnis! Während der vergangenen zwei Tage hatte Cito mehr erlebt, als wohl in seinem gesamten bisherigen Leben! Gut, das mochte angesichts der Tatsache, dass er in die Sklaverei hinein geboren wurde, nicht groß verwundern. Aber dennoch! Es gab im Imperium so viele, viele Sklaven (Zahlen, die die Anzahl seiner Finger überschritten, überforderten Cito rechnerisch etwas) und er hatte die Ehre Senatoren zu sprechen. Dass er dabei nur ein Sprachrohr für eine zu überwindende Distanz war, nahm Cito dabei nicht wahr.


    Etwas aufgeregt und leicht angespannt betrat er Dives' Arbeitszimmer voller Übereifer ohne zu klopfen. Ein Fünkchen Stolz war in seiner Gefühlswelt wohl auch gerade zu finden, bis Dives seinen Cursor ob des eingejagten Schrecks ersteinmal anfuhr...


    "Verdammt!" war Dives' erste zornige Reaktion, kurz nachdem er leicht zusammengezuckt war und dadurch einen Strich über die gesamte Seite, an der er gerade schrieb, gezogen hatte.
    "Agrr! Siehst du nicht, dass ich hier versuche zu arbeiten??!!" Die Augen des Iuliers funkelten bedrohlich. Anders als bei vielen anderen Menschen wurde sie dabei aber nicht zu engen Schlitzen. Dives' Augen rissen auf, wurden ganz groß und das sonst so interessant anmutende Azurblau wirkte auf einmal verdammt blass und kalt. Der Funken Stolz in Cito verschwand wie die Flamme einer Kerze, die man ohne Mühe einfach auspustete. Ja, der Cursor stand sogar von jetzt auf gleich wie schockgefrostet auf der Stelle, den Mund leicht geöffnet - so, als hätte er noch versucht eine Entschuldigung hervorzubringen, es aber nicht mehr geschafft.
    "Man!", versuchte der Iulier sich möglichst schnell wieder zu fangen und wischte dabei das verhunzte Schriftstück vom Tisch. Er hatte erkannt, dass es sich bei dem Störenfried um seinen nach Roma geschickten Cursor handelte. Zwar ärgerte es ihn durchaus noch sehr, dass der letzte Teil seiner Arbeit für die Katz war und er diesen Teil folglich nochmal machen musste, aber die Neugier ob der kommenden Nachrichten gewann schnell die Überhand - zumindest für den Augenblick.


    "Also, was hast du mir zu berichten?", fragte Dives fordernd.
    "Zuerst war ich in der Casa Iulia. Dein Cousin dank für die tröstenden Worte und möchte das empfindliche Thema unter vier Augen mit dir besprechen. Er ist ein Senator und Senatoren dürfen die Stadt noch immer nicht verlassen. Deshalb würde er sich über deinen Besuch zu einem Essen freuen. Dann war ich in der Casa Germanic...", ratterte Cito ohne nachzudenken los. So emotionslos wie er da stand und sprach, wirkte er fast - aber wirklich nur fast -, als hätte er gerade einen Schock erlitten. Naja, wen kümmerte es?


    "Stop! Langsam... Die Senatoren dürfen nicht aus der Stadt?", unterbrach Dives den plätschernden Wasserfall an Informationen. In seinem Kopf rotierten die Gedanken. Das war schlecht, sehr schlecht sogar. Wie sollte Centho ihn hier in Ostia unterstützen, wenn er nicht aus der Stadt kam? Das warf so einige Pläne Dives' über den Haufen, sodass er gänzlich vergaß sich zu freuen, dass es seinem Cousin scheinbar den Umständen entsprechend doch recht gut ging.
    Und jetzt? Dives setzte seine Ellbogen auf dem Tisch ab und legte seinen Kopf in die Hände. Die Handflächen verdeckten dabei den Blick auf seine Augen, während die Daumen an den Schläfen lagen und jene mit einer leicht kreisenden Bewegung stimulierten. Der Iulier verschloss seinem Gegenüber verborgen bleibend die Augen und versuchte sich zu konzentrieren und nachzudenken... und nachzudenken...
    'Denk nach, denk nach...', echote es in seinem Kopf. Was gäbe er doch manchmal für den Rat seiner Eltern... Ja, seine Eltern. Die hätten bestimmt gewusst, was zu tun wäre. Wussten sie das nicht immer? Selbst damals, als ihre kleine Familie finanziell am Ende war und sie sich scheiden ließen, damit Constantius zu den Stadtkohorten gehen und Geld verdienen konnte. Ob es Dives bei einer anderen Entscheidung heute überhaupt noch geben würde? Würden seine Eltern vielleicht noch leben? Hätte er seinen Vater einmal kennenlernen können? Oh man...


    "Dominus?", unterbrach der Cursor das iulische Gedankenkonstrukt. Damit entfernte er eine der untersten Karten einer Kartenpyramide - prompt fiel alles in sich zusammen und Dives war wieder in der Realität. Noch einen Moment verharrte er, dann stand der Iulier ruckartig auf und verließ den Raum in Richtung seines Cubiculums. Halblaut sprach er dabei vor sich her: "Familie..."



    Er würde sich reisefertig machen, Anweisung geben, ihm einige Sachen zusammenzupacken, Verpflegung zusammenzustellen und eines dieser "Kutschen-Taxis" zu ordern. Mit dem wäre man dann hoffentlich möglichst bald in Roma...

    | Cito


    Sehr schön. Der erste Auftrag war ausgeführt: die Nachricht war überbracht und eine Antwort hatte Cito bekommen. Er nickte kurz auf die Worte des Senators und war dann schon drauf und dran das Officium des Iuliers wieder zu verlassen... Das hätte er doch beinahe vergessen!


    "Vale, Senatore...", verabschiedete er sich mit etwas gedämpfter Lautstärke. Er wollte Centho schließlich auch nicht aus seinen Gedanken reißen, aber gleichzeitig höflich bleiben. Wahrscheinlich bemerkte jener dies nichteinmal, aber gut.


    Jetzt konnte Cito zu seiner nächsten Station aufbrechen. Wenige Augenblicke später fand er sich wieder auf der Straße vor der Casa und machte sich dann direkt auf den Weg zur Casa Germanica...



    CURSOR - MARCUS IULIUS DIVES

    | Cito


    Im ersten Augenblick war Cito verwirrt. Offenbar hatte der Senator seine Frage schlicht überhört. Die Antwort passte ja wohl Null zu seiner Frage!
    "Sehr wohl, Herr." sprach Cito kühler als zuvor, aber dennoch keinesfalls unfreundlich oder gar unhöflich. Dabei verneigte er sich abermals leicht vor dem Iulier. Da erst registrierte der Sklave wie in den Worten des Senators auch die Antwort auf seine Frage verborgen lag. Hui, er fand das war ganz schön versteckt gewesen. Er war doch nur ein Sklave, ein Cursor gewiss und keine hohle Hetäre oder so, aber dennoch eben nur ein Sklave. Die Jugend stand ihm ins Gesicht geschrieben - genauso, wie seine Treue, Ehrlichkeit und leider auch die politische Unerfahrenheit.


    Wieder wartete Cito einen Moment, bevor er fragte:
    "Verzeih, Herr. War das alles?" Aus seiner Sicht (sofern er als Sklave überhaupt groß eine eigene Sicht haben durfte) war damit alles klar. Er wollte jedoch keinesfalls gehen, ohne dass man ihm die Erlaubnis dazu gab. Nicht dass der Senator nur gerade noch über irgendetwas nachdachte, was er Cito noch mit auf den Weg geben wollte und plötzlich wäre er einfach weg! Nein, er wollte bloß nichts falsch machen, wollte seinen dominus keinesfalls enttäuschen, wollte bloß nicht wieder als "Buckelsklave" Senften und andere Dinge von A nach B und von B wieder nach A tragen müssten...



    CURSOR - MARCUS IULIUS DIVES

    Übermorgen, übermorgen, übermorgen... Dives' Gedanken rotierten ein wenig, was man ihm hoffentlich nicht allzu sehr ansah. Der Abschlussbericht wäre bis dahin wohl kaum problematisch. Mit dem Bericht zur Hafengebühr würde es zweifelsfrei etwas schwieriger werden, aber auch das läge sicherlich im Bereich des Machbaren. Was allerdings wohl kaum machbar wäre, wäre die Ankunft seines Cousins bis dahin! Der Bote würde heute Roma erreicht haben und Dives ging nicht davon aus, dass sein Cousin - Senator, Augur und Magister Societatis - sich nun sofort Hals-über-Kopf auf den Weg nach Ostia begab. Nein, das würde er sicherlich nicht tun. So wie sich der Duumvir allerdings anhörte, sollte Dives wohl in der Lage sein noch ein paar Tage mehr rauszuschlagen...


    "Bis übermorgen werde ich wohl den Jahresabschlussbericht fertiggestellt haben. Aber die Sache mit der Hafengebühr ist doch etwas komplexer. Ich muss mit Asinius Celer sprechen, der mich ja vertreten hat, mit den Hafenbeamten, muss schauen, wie sich die Einführung der Gebühr ausgewirkt hat auf Handel, auf die städtischen Einnahmen..." Dives machte eine kurze Pause. Sollte er noch erwähnen, dass er ja auch gerade erst wieder dem Krankenbett entstiegen war? Nein, das war wohl nicht nötig.
    "Fünf bis sieben Tage rechne ich schon, dass das Zusammentragen und Auswerten der entsprechenden Informationen in Anspruch nehmen wird." Das würde seinem Cousin hoffentlich zeitlich reichen. Ansonsten müsste er schauen, was er deswegen unternahm...


    Zum Satz über den Ordo Decurionum nickte Dives verstehend. Sollte er...? Dürfte er...? Ohne, dass es einen negativen Eindruck vermittelte? Nein, er verkniff sich die Frage nach kommenden Wahlen. Ersteimal müsste er sich jetzt darum kümmern, dass er unter die Decuriones kam! Was danach käme, war jetzt noch Zukunftsmusik... ungelegte Eier, um die er sich noch nicht kümmern brauchte... jetzt noch nicht.
    Stattdessen erkundigte sich Dives mit einem Lächeln in die andere Richtung - Vergangenheit statt Zukunft:
    "Wie sind eigentlich die letzten Wahlen ausgegangen?"

    | Cito


    Cito, der eben nicht wusste, inwiefern der Senator solche Themen mit seinem (oder seinen) vertrautesten Sklaven besprach, fasste es eher als Misstrauen auf. Aber der Iulier verkehrte in solch hohen und angesehenen Kreisen, dass er erst recht aufpassen musste, wem er was erzählte! Das konnte Cito verstehen, wenngleich es natürlich seinem "ich-bin-wichtig-Gefühl" von eben doch ein bisschen zusetzte. Aber gut, so war das sklavische Leben eben.


    Nach einem kurzen Moment des Schweigens antwortete der Cursor:
    "Sehr wohl, Herr." Dabei verneigte er sich leicht vor dem Iulier. War das jetzt alles? Oder wollte der Senator ihm noch etwas - mündlich oder schriftlich - mitgeben? Er hatte ja nichts davon gesagt, dass sich Cito nun entfernen dürfte oder gar sollte. So verharrte er noch einem Moment am Platz, unsicher, was er nun tun sollte. Vorsichtig erhob er seine Stimme:
    "Verzeih, Herr. Aber wann darf euer Cousin euren Besuch in Ostia erwarten?" Dives wusste nichts davon, dass die Senatoren die Stadt nicht verlassen durften - und sein Cursor wusste das folglich erst recht nicht! Für Cito erschien es da nur logisch danach zu fragen, wann der Senator zu seinem Verwandten aufzubrechen gedachte. Dass auch im dritten Absatz des Briefes etwas in dieser Richtung stand, wusste er nicht - wie auch, wo er weder des Lesens noch des Schreiben mächtig war...



    CURSOR - MARCUS IULIUS DIVES

    Unmittelbar nach der stummen Aufforderung sich zu setzen nahm Dives Platz.


    Huch? Das überraschte den jungen Iulier doch positiv! Der Duumvir bestärkte ihn in seinem Vorhaben sogar noch. Dives solle sich diese Möglichkeit nicht nehmen lassen. Er hatte sich innerlich schon darauf eingestellt, dass sein Gegenüber... ja, was eigentlich? ...ihm zumindest keinen zusätzlichen Zuspruch gab. Es gab unter den Decuriones schließlich so einige, die solche "Emporkömmlinge", die später eh weg nach Roma wollten, wikrlich äußerst reserviert gegenüberstanden. Die Erfahrung hatte Dives bereits machen müssen. Aber sein Gegenüber bräuchte man wohl erfreulicherweise nicht zu jenen Leute rechnen.


    "Gut, dann wäre ja eigentlich nur noch die Frage, wann die Curia das nächste Mal zusammenkommt.", meinte Dives. Mimik und Intonation bei jenen Worten implizierten die entsprechende Frage nach dem Tag. Hoffentlich blieb noch ein kleines bisschen Zeit, um einerseits Bericht und Rede auszuarbeiten und andererseits seinen Boten - und mit ihm ja vielleicht auch seinen Cousin - zurückerwarten zu können.


    "... und natürlich die Frage, inwiefern es mir möglich wäre, danach - auch im Hinblick auf spätere Wahlen - zum Decurio erhoben zu werden.", fügte er nach kurzer Pause mit gleicher fragender Intonation wie zuvor an. Über die Anzahl der Decuriones gab es seines Wissens nach zumindest keine gesetzliche Regelung, wie es etwa beim Senat Romas der Fall war. Er hatte extra nomal die Lex Municipalis dahingehend studiert. Aber was half das, wenn es irgendwelche gewohnheitsrechtlichen Bestimmungen gab, die man nirgens nachlesen konnte?


    Bezüglich seines Gegenübers blieb der Iulier vorsichtig optimistisch. Wie er wohl reagierte?

    | Cito


    "Salve, Senatore!", grüßte Cito, bevor er ohne Umschweife das Schreiben seines dominus hervorholte und dem Iulier übergab. Er wollte dem Senator schließlich nicht dessen Zeit rauben...


    [Blockierte Grafik: http://i662.photobucket.com/albums/uu347/Kaysepunkt/Payiosbreit1-1.jpg]



    Salve Luci, frater patruelis mi,


    Ich hoffe, hoffe sehr, dass es dir gut geht! Nun, da ich mich selbst wieder langsam gesundheitlich erhole, kannst du dir vielleicht vorstellen, dass die plötzliche Flut der vielen furchtbaren Informationen mich nahezu erschlagen hat. Ich las in der Acta, dass der Princeps samt Familie ermordet wurde, dass es eine Ausgangssperre gab, hörte von Unruhen, Verhaftungen und Toten! Vor allem führende Senatoren sollen wohl am Anschlag auf den Augustus beteiligt gewesen sein und wurden gar teils schon proskribiert! Ich kenne dich als kaisertreuen, römischen Bürger und gehe daher nicht davon aus, dass du etwas mit dieser Greultat zu schaffen hast. Bei den Göttern, ich bete, dass es dir und den Kindern gut geht!


    Weiterhin erzählte man mir, dass Calliphana, deine Frau, während meiner Krankheit hier in Ostia war. Die Nachricht über ihren Tod bestürzte mich sehr und ich möchte dir mein herzliches Beileid ausdrücken. Ich hoffe, du findest ein wenig Trost in euren gemeinsamen Kindern - das Neugeborene trägt den Namen Tiberius nach deinem Vater, wie ich hörte? Bitte lass mich wissen, wenn du irgendetwas brauchst!


    Tja, und was mich betrifft, so erwähnte ich ja bereits, dass ich mich auf dem Weg der Gesundung befinde. Morgen werde ich mich das erste Mal nach meiner Absenz wieder zur Curia von Ostia begeben. Ich hoffe, dass man mir die Chance einräumt, meine Magistratur noch ordnungsgemäß zu beenden, sodass meine Arbeit vor der Erkrankung nicht gänzlich wertlos für mein politisches Weiterkommen war. Außerdem hoffe ich, dass du dich vielleicht noch an unser letztes Gespräch in Ostia erinnerst. Du wolltest dabei sein, wenn dein kleiner Cousin mit seinem Abschlussbericht vor die Decuriones tritt. Das wäre mir eine große Freude und für dich vielleicht eine kleine Auszeit bei all deinen sonstigen Belastungen...


    Vale bene,


    Marcus


    PS: Grüß Onkel Proximus von mir und sag ihm, dass ich ihm die Daumen drücke!



    Der Brief trug kein Siegel und es tauchte nicht einmal der Name einer Gens auf. Sorgsam hatte Dives darauf Acht gegeben, dass selbst im Fall der Fälle - nämlich, wenn dem Boten die Nachricht abgenommen werden würde (durch wen auch immer) - möglichst wenig Rückschlüsse auf die Iulier gezogen werden könnten. Das hieß natürlich bei Weitem nicht, dass es gänzlich unmöglich war, aber Dives war lieber etwas zu vorsichtig, als dass er nachher noch größere Probleme an Land zog.


    Nachdem der Senator ausgelesen hatte, fügte Cito hinzu:
    "Mein Herr Iulius hat überdies noch eine weitere Frage. Er hörte von Gerüchten, der Praefectus Urbi würde hinter der Ermordung des Augustus stecken und möchte nun wissen, was du davon hälst..." Der Grund hierfür lag wohl offensichtlich auf der Hand: Dives war in Ostia und Centho in Roma und IM Senat (!) - damit also deutlich näher am Geschehen um den Praefectus. Außerdem kannte Centho den Vescularier auch länger und besser. Ebenfalls könnte man wohl auch davon ausgehen, dass Cito vertrauenswürdig genug wäre, um offen vor ihm zu sprechen - Dives war ja schließlich allem Anschein nach (und dem war auch so) auch offen zu ihm gewesen. Der Cursor war eine treue Seele und wartete nun auf die Reaktion des Senators...



    CURSOR - MARCUS IULIUS DIVES

    | Cito


    Die Reise durch den Prachtbau, wie Cito die Räumlichkeiten empfand, endete vor einer Tür. Man kündigte ihn an und er merkte, wie sein Herz vor Aufregung anderthalbmal schneller als normal schlug. Ein Auftrag seines dominus und gleich zwei Senatoren, denen er Botschaften überbringen durfte... Er war ja sooo wichtig!


    Gespannt wartete er das weitere Geschehen ab.



    CURSOR - MARCUS IULIUS DIVES