Niemand der Anwesenden - mit Ausnahme Celers - war sonderlich scharf darauf, das Thema hier und jetzt weiter zu diskutieren. Dives passte der Zeitpunkt einfach noch nicht, da er sich zuerst ein genaueres Bild zu machen gedachte, indem er hier und da mit dem ein oder anderen ins Gespräch kommen würde. Erst dann würde er die Umstände des Verweilens seiner Leibsklaven auf dem Gut seines Cousins erneut zur Sprache bringen. Der Rest der Runde würde sogar liebend gerne gänzlich darauf verzichten, dieses Gespräch jemals wieder aufzugreifen. Sie würden wahrscheinlich jedoch nicht die Wahl haben, wenn die Zeit gekommen sein würde.
So fiel Dives auch zügig seinem Freund Celer ins Wort, um dieses Thema für den Moment endgültig abzuschließen: "... Ja, mein Freund! Dazu kommen wir ja nun!" Aus dem versuchten Einwand Celers wurde die Einleitung zum nächsten Gesprächspunkt. "Serapio. Ich sprach ja vorhin von meheren Anliegen, die mich heuer hierher führen. Wie dich mein Cousin Iulius Centho sicherlich bereits informiert hat, gab er mir sein Einverständnis, dass ich, als naher Verwandter, während meines Aufenthaltes hier in Ostia in dieser Villa Rustica wohnen könne.", begann Dives. 'Aber das war doch gar nicht...' - "Das ist richtig, ja.", unterbrach Serapio die Gedanken Celers. "Das ist schonmal gut.", bestätigte Dives. "Ich habe heute auch in der Curia vorgesprochen und sehe zuversichtlich in die Zukunft, dass meine Pläne, hier die Magistratur zu erreichen, Gehör finden werden. Doch das ist nicht der Punkt.", rief sich Dives zurück von seiner Abschweifung. "Es geht darum, dass ich nach jenem Gespräch zufällig auf meinen alten Freund Potitus Asinius Celer getroffen bin.", legte er seinen Arm um den neben ihm Sitzenden. Celer konnte sich ein hämisches Grinsen in Richtung Antinoos nun nicht mehr verkneifen, woraufhin dieser sich auf die Zunge biss, um nichts zu sagen und damit nicht negativ aufzufallen. Aglaopes beobachtete dieses Affentheater und rollte nur mit den Augen. "Er benötigt für einige Zeit eine Bleibe.", fasste Dives das Problem selbst kurz und knapp zusammen. Er blickte mit erwartungsvollem Blick zu Serapio, der ebenfalls die Augenbrauen anhob, jedoch weniger voller Erwartung, als viel mehr sehr überrascht drein blickte. Einen Moment lang herrschte Ruhe, die nur durch irgendeinen Bediensteten aus einem anderen Teil der Villa gestört wurde.
Dann ergriff der damit etwas überfahrene Serapio vorsichtig das Wort: "Naja, ... ehm... Also was sagt den Iulius Centho dazu? Oder ist der bisher genauso ahnungslos, wie ich es bis eben war?" - "Ja, ganz recht! Mein Cousin lebt ja in Roma und ich bin Potitus... also Celer... erst vor wenigen Stunden hier in Ostia begegnet. Selbstredend werde ich bei meiner Ankunft in Roma mit Centho hierüber ins Gespräch kommen. - Auch hierüber.", verbesserte er sich und machte damit eine Andeutung, welche jeder in der Runde klar und deutlich verstand.
"Soll ich...", reagierte Antinoos auch sogleich auf diese Spitze und ärgerte sich im nächsten Moment auch wieder sofort, dass er seine Klappe nicht halten konnte. "... Celers Sachen in ein Gästezimmer bringen?", setzte er seinen Satz mit einem übertrieben freundlichen Gesichtsausdruck fort, dass leicht zu erkennen war, wie er sich ärgerte. Ob der Spitze und des gemeinsamen Geheimnisses Serapios, Aglaopes' und Antinoos', stimmte Serapio auch sogleich zu: "Ja, okay. Aglaopes wird dir sicherlich behilflich sein." So würden gleich zwei Problemherde aus der Runde verschwinden und das taten sie auch prompt. Antinoos schleppte die Sachen und Aglaopes hielt ihm Türen und Trenn-Vorhänge auf. Dafür erntete Serapio einen notierenden Blick Dives'. Er hatte sich scheinbar nur allzu sehr an die beiden Leibsklaven Dives' gewöhnt. Das würde sich bald ändern, wenn Dives wieder nach Roma aufbracht und die beiden wieder mehr Zeit mit ihm verbrachten. Dives war ihr Herr und nur von ihm hatten sie Befehle anzunehmen.
"Ist das ein Ja?", fragte Celer in die nunmehr geschrumpfte Runde. Da er dabei nicht genau wusste, ob er sich jetzt eher ein Ja wünschte, sodass er in dieser gut ausgestatteten Villa Rustica bleiben könnte, oder ein Nein, welches offenlegen würde, dass Serapio die beiden Sklaven wirklich nur aus dem Raum haben wollte, blieb die Frage Celers völlig neutral gestellt. "Für den Augenblick, ja.", antwortete Serapio, der ebenfalls um diese beiden Deutungen zu wissen schien. Diese ließen ihm aus seiner Sicht nur diese Wahl. "Wann sagtet ihr, kehrt ihr nach Roma zurück, Dives?", erkundigte er sich dann. Es war offensichtlich, dass er herauszufinden versuchte, wann Dives eine diesbezügliche Unterredung mit Centho führen können würde. "Ich plane, morgen Mittag hier abzureisen, sodass ich spätestens am Abend in Roma eintreffen sollte. Ein Bote sollte dich dann am Tag darauf erreichen und dich über die Entscheidung meines Cousins in Kenntnis setzen.", gab Dives zurück und machte einen zunehmend zufriedenen Eindruck. Das Problem Celer schien fürs Erste gelöst und er würde seinen Cousin schon dazu überreden können, dass auch Celer einen Platz in dem großen Komplex bekam. Seine Leibsklaven waren auch wieder aufgetaucht und er hatte auch bereits eine Idee, wie er der Geschichte, die sich hier abgespielt hatte, auf den Zahn fühlen würde...
"In Ordnung." - "Super!!", freute sich Celer mit auch einiger Erleichterung, während sich die Runde der Männer erhob. "Könnt ihr mir das Anwesen auch gleich zeigen lassen?", konnte sich Celer nicht mehr zurückhalten. "Gut, ehm..." Doch bevor Serapio die Namen eines entsprechenden Sklaven gerufen hatte, der diese Aufgaben übernehmen würde, hatte Dives sich bereits eingeschaltet und Antinoos und Aglaopes wieder zu sich gerufen. Die Sachen mal eben in ein Cubiculum zu bringen dürfte ja nicht allzu schwierig sein. Und sofort kam Antinoos angehastet; wenig später folgte Aglaopes und betrat wieder das Atrium.
"Antinoos, Aglaopes.", sagte Dives mit ernstem Blick. "Ich möchte, dass ihr Potitus und mir eine Führung durch die Villa gebt, sodass wir uns hier zurecht finden." - "Sehr gerne..." - "Ich war noch nicht fertig.", gab Dives Aglaopes eine verbale Schelle. Er war selbst etwas überrascht, dass er dazu im Stande war, hatte er doch sonst stets eine riesigen Respekt vor Aglaopes, der ihm zumeist als wandelndes Wissen zur Seite stand. Wahrscheinlich lag die Ernsthaftigkeit nun aber darin begründet, dass jener ihn auf so unerwartete Weise enttäuscht hatte - oder es war die Tatsache, dass Dives wirklich erwachsener geworden war, wie Aglaopes ja selbst bei der Begrüßung festgestellt hatte. "Du wirst mir bis morgen Mittag eine Liste besorgen über die hier in der Stadt ansässigen Händler und Geschäfte.", deutete Dives auf den über den Mund gefahrenen und Aglaopes wagte es nicht seine Stimme erneut zu erheben. Er beließ es bei einem leichten Nicken und begann innerlicht zu überlegen, wie er dieses Mammutprojekt innerhalb so kurzer Zeit bewältigen sollte. Dann wandte sich Dives an Antinoos: "Und wir beide werden uns morgen früh auf zum Portus machen. Ich erkläre dir auf dem Weg dorthin, was zu tun ist." Auch hier nur ein Nicken als Antwort. "Gut.", erhellte sich Dives' Gesicht merklich. "Dann lasset die Führung beginnen!"
Bei einem solchen senatorischen Anwesen war se verständlich, dass sich die Führung einige Zeit hinzog. Erst am Abend saß man wieder gemeinsam an einem Tisch - zumindest die drei Bürger. Man sprach über die Villa und die Zukunftspläne, darüber, dass auch Celer eine Kandidatur zur Magistratur anstreben werden würde, und darüber, dass er hier in Ostia bleiben würde, bis Dives aus Roma zurück wäre. Er würde tagtäglich an den entsprechenden Stellen in der Stadt nach Informationen Ausschau halten, die die kommende Wahl ankündigten. Auch sagte er zu, Dives in diesem Fall so bald, wie nur möglich darüber in Kenntnis zu setzen, wann die Wahl angesetzt sein würde. Nach einem langen Tag mit vielen unerwarteten Ereignissen suchten alle doch schon recht frühzeitig ihre Cubicula auf, um sich für einen neuen Tag auszuruhen...