Beiträge von Marcus Iulius Dives

    Nachdem er seinen Entschluss gefasst hatte, lieber dem Consul als dessen Quaestor zu schreiben, setzte sich Dives nicht sofort daran, den entsprechenden Brief aufzusetzen, sondern stand zunächst noch eine Weile lang mit zu Boden gerichtetem Blick nur nachdenklich da. Just in diesem Moment durchbrachen ein Klopfen, ein Räuspern und eine dem Iulier unbekannt scheinende Stimme die zwischenzeitlich eingekehrte Stille. Sogleich entschuldigte sich die Stimme für die Störung und stellte sich hernach als Valerius Flaccus vor, während der gedankenversunkene Blick des Senators nur ganz allmählich auf dem Boden bis zum Türrahmen kroch, um sich anschließend in ebenso schleichendem Tempo am ansehnlichen Äußeren des Valeriers emporzuhangeln.


    'Tiberius Valerius Flaccus. Den Namen kenne ich. Woher kenne ich diesen Namen? Ja, richtig - Callistus!', fiel es Dives wieder ein. 'Den sollte ich wirklich so langsam vergessen. Ich meine, er hat mütterlicherseits einen consularen Urgroßvater, der im Ulpianum verehrt wird, wie ich selbst mütterlicherseits einen censorischen Großvater habe, der ebenfalls dorthin aufgenommen wurde. Er ist ein glühender Anhänger der Veneta, wie ich einer bin. Er strebt in den Senat, wie auch ich diesen Weg eingeschlagen habe. Er sieht gut aus. Er ist redegewandt.', schwärmte der Iulier in Gedanken und suchte nach Gemeinsamkeiten, bevor er innerlich den Kopf schüttelte. 'Ich muss ihn dennoch vergessen! Spätestens nach dem Ausritt, den ich ihm versprochen habe, werde ich das auch tun - ganz sicher. Es sei denn natürlich, es passiert dort etwas, von dem ich heute nur noch nicht ahne, dass es passiert.', war die Hoffnung hier Mutter des Gedanken. 'Wenn Callistus in so einer modischen Aufmachung hoch zu Ross sitzt, und wenn ich mir vorstelle, welch athletischer Körper sich unter seiner Tunika verbirgt, und wenn ich dann sein makelloses Gesicht vor mir sehe, ...', stockten die divitischen Gedanken abrupt, als seine Augen in diesem Moment nicht in ein duccisches Gesicht blickten. 'Oh!'


    "Ähm... salve, Valerius.", erwiderte Dives schlussendlich mit einem plötzlichen Lächeln die Begrüßung, während er sich innerlich fragte, ob der attraktive Callistus eigentlich nur ebenfalls attraktive Leute kannte. Dieser Pompeius Atticus, welcher dem Iulier vor kurzem als 'sein Freund' vorgestellt worden war, sah schließlich ebenfalls alles andere als schlecht aus. Einzig wirkte er auf den Senator ein wenig jünger noch als Callistus - und damit zu jung, um noch für ihn interessant zu sein. "Ich bin Iulius Dives und es freut mich überaus, deinem Namen nun auch ein Gesicht...", 'und dazu noch ein so ansprechend maskulines', "...zuordnen zu können.", zeigte sich der Vicarius ehrlich erfreut. "Sag, was führt dich heute hierher?", erkundigte er sich anschließend mit einer offenen Frage, die hoffentlich ein wenig von dem unbedachten Selbstgespräch des Iuliers abzulenken vermochte.

    Roma, A.D. III ID MAR DCCCLXVIII A.U.C.

    Ad
    Consul
    Herius Claudius Menecrates
    Villa Claudia
    Urbs Aeterna



    Iulius Vicarius Domini Factionis Venetae Claudio Consuli s.d.


    Ich danke dir für deine zeitnahe Antwort und möchte hiermit in der Folge nun im Namen der Factio Veneta den Auriga Prusias Kynegros zum Nachwuchsrennen an den Equirria anmelden. Er ist mit seinen 16 Jahren der jüngste Wagenlenker der Factio Veneta und besitzt Wettkampferfahrung aus 2 großen und 1 kleinen Rennen.


    Sollte sich die Möglichkeit ergeben, einen zweiten Starter ins Rennen zu schicken, wird für die Factio Veneta zudem der Auriga Oxtaius antreten. Er ist mit 19 Jahren der zweitjüngste Fahrer der Factio und besitzt Wettkampferfahrung aus 3 kleinen Rennen sowie dem Vorlauf zu 1 großen.


    Für den unwahrscheinlichen Fall, dass sich weniger als drei Factiones zur Teilnahme an diesem Nachwuchsrennen bereiterklären, scheint mir ein derartiges Rennen gewiss für Trainingszwecke, nicht jedoch für einen Festtag wie die Equirria angemessen. Entsprechend würde in diesem Fall die Factio Veneta auf eine Teilnahme verzichten.


    Mögen die Götter stets wachen über dich und die Deinen.
    Vale bene!


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    MARCUS IULIUS DIVES
    VICARIUS DOMINI FACTIONIS VENETAE

    Dives, der nicht in Roma weilte, als der claudische Consul seine Ermittlungskommission ins Leben rief, hatte in der Folge erst mit einiger Verzögerung von seiner Nominierung als Mitglied ebendieser Kommission erfahren. Dennoch war er zunächst weiterhin 'aus geschäftlichen Gründen' in Bovillae geblieben, sodass er letztlich bereits etliche Wochen der Ermittlungen verpasst hatte, als er endlich wieder den erhabenen Boden der ewigen Stadt unter seinen Sandalen spürte. Nach derart langer Zeit schien es dem Iulier kontraproduktiv, nun noch Teil einer Kommission zu werden, von welcher er sich hätte erst einmal über alle bisherigen Ermittlungen detailliert aufklären lassen müssen, bevor er dazu in der Lage gewesen wäre, der Kommission irgendeinen Nutzen zu bringen...


    Entsprechend also beschränkte sich der divitische Senator darauf, gleich allen anderen Senatoren von Zeit zu Zeit durch den claudischen Consul im Senat auf den neusten Stand der wichtigsten Erkenntnisse gebracht zu werden. Er registrierte, dass der Beginn des Aufstands nun ein kleines bisschen vordatiert wurde, während das Amtsjahr jedoch dasselbe blieb. Auch die übrigen Informationen schien dem Iulier entweder zu detailliert oder aber - und dies betraf vor allem den Schlussteil der claudischen Worte - zu ungesichert, als dass er diesen Zwischenbericht letztlich in irgendeiner Weise verbal kommentieren wollte. Stattdessen nickte er lediglich als Zeichen, dass er das Gesagte zur Kenntnis genommen hatte, bevor er sich von seinem petilischen Mitsenator in ein vergleichsweise belangloses Gespräch verwickeln ließ.

    Sim-Off:

    Flaccus & Callistus: Ich überlasse es ganz euch, ob wir uns hier alle gemeinsam in einer Zeitebene befinden oder aber getrennt in zwei verschiedenen. ;)


    Der iulische Vicarius Domini Factionis der Factio Veneta hatte die Information erhalten, dass einmal mehr eine Einladung zu einem Wagenrennen in der Domus der Factio Veneta eingegangen war. Entsprechend saß er nun auch einmal mehr in einem kleinen Officium des Hauses, in welchem er sich das Schreiben des claudischen Consuls und seines flavischen Quaestors zu Gemüte führte. Mehrfach musste er dabei die Invitation lesen, bevor er sich nachdenklich laut ausatmend mit dem Rücken gegen die Wand lehnte.


    "Jede Factio darf nur den jüngsten Fahrer melden.", repetierte er dann im Selbstgespräch die Worte der Einladung. "Dieser muss über eine Mindestwettkampferfahrung von drei Rennen verfügen.", sprach er weiter. "Drei Rennen sind dabei selbstredend schön gesagt. Doch was zählt als Rennen?", überlegte er laut. "Hat Prusias Kynegros nun drei öffentliche Rennen absolviert oder zählt der Vorlauf im Rahmen der jüngsten Ludi Palatini als viertes Rennen extra? Und zählen ferner auch Trainingsrennen zu dieser Mindestwettkampferfahrung?", fragte sich Dives durchaus, da er doch in der Tat einen Unterschied zwischen einem Training und einem Wettkampf zu sehen glaubte. Neuerlich atmete der Iulier hörbar aus, da er in diesen Punkten schlicht überfragt war.


    "Viel wichtiger als das jedoch", setzte er nach kurzer Pause fort, "ist wohl die Frage, was erstens passiert, wenn der jüngste Fahrer nicht über die vorgeschriebene Mindestwettkampferfahrung verfügt. Darf dann der zweitjüngste Fahrer der Factio gemeldet werden - obgleich dies doch ohne den geringsten Zweifel gegen die Auflage verstößt, nur den jüngsten Fahrer der Factio melden zu dürfen?", war sich Dives alles andere als sicher. "Oder hat eine Factio in diesem Fall das bittere Los gezogen, in Gänze auf die Meldung eines Auriga verzichten zu müssen?", überlegte er weiter. "Und wie überdies kann ich zwei oder drei Fahrer an den Start gehen lassen, wenn es mir ausdrücklich nur zusteht, einen einzigen - den jüngsten der Factio - anzumelden?", hinterließ das Schreiben durchaus einige Fragen beim zugegebenermaßen oftmals recht bürokratisch veranlagten Iulier.


    "Ich sollte eine Antwort verfassen.", beschloss er folglich, bevor sich sogleich das nächste Problem ihm offenbarte. An welchen der beiden Veranstalter sollte er sich mit seinen Fragen wenden? "Ich schreibe besser dem Consul als dem Quaestor.", entschied er sich schlussendlich für den auf der Einladung zuerst genannten... und schickte wenig später einen Brief auf die Reise.

    Die Einladung zu einem Nachwuchsrennen an den Equrria hatte beim bürokratischen Geist im Amte des Vicarius Domini Factionis der Factio Veneta durchaus einige Fragen aufgeworfen, welche er in der knapp bemessenen Zeit bis zum Meldeschluss hoffte, sich durch den claudischen Consul bald beantworten zu können.

    Roma, A.D. V ID MAR DCCCLXVIII A.U.C.

    Ad
    Consul
    Herius Claudius Menecrates
    Villa Claudia
    Urbs Aeterna



    Iulius Vicarius Domini Factionis Venetae Claudio Consuli s.d.


    Im Namen der Factio Veneta danke ich für deine Einladung zu den anlässlich der Equirria angekündigten Wagenrennen. Gerne würde die Factio Veneta dein Angebot annehmen und einen oder mehrere ihrer Aurigae zur Teilnahme an diesem Rennen anmelden, wie ich jedoch zugeben muss, dass ich leider nicht umhinkomme, vorab erst einmal in Erfahrung zu bringen, inwiefern die Veneta überhaupt zur Meldung eines oder mehrerer ihrer Aurgiae berechtigt ist.


    Prusias Kynegros ist mit 16 Jahren der jüngste Auriga im Team der Factio Veneta. Er startete bisher in zwei großen und einem kleinen öffentlichen Rennen, wie er im Rahmen der Ludi Palatini zudem auch öffentlich einen Vorlauf absolvierte. Besitzt er damit eine genügend große Wettkampferfahrung, um gemäß den Bedingungen an diesem Nachwuchsrennen teilnehmen zu dürfen?


    Die Zahl seiner bestrittenen Trainingsrennen habe ich zunächst nicht berücksichtigt, da ich dem Eindruck unterliege, dass ein Training kein Wettkampf ist und entsprechend ein Trainingsrennen keinen Beitrag zur Mindestwettkampferfahrung leistet. Sollte ich hier einem Irrtum unterliegen, so bitte ich um einen entsprechenden Hinweis, wie ich dann selbstredend die Zahl bestrittener Trainingsrennen gerne in Erfahrung bringen will.


    Ferner möchte ich meine Erkundigungen abschließen mit der Frage, welche Bedingungen an die anzumeldenden Aurigae gestellt werden für die Fälle, dass weniger als fünf beziehungsweise weniger als drei Factiones an den Equirria teilzunehmen gewillt sind. Ich gehe davon aus, dass der Satz, nach welchem jede teilnehmende Factio nur ihren jüngsten Fahrer melden darf, in diesen Szenarien nicht länger gilt. Dürften in diesen Fällen also auch die zwei oder drei ältesten Aurigae einer Factio gemeldet werden? Und welche Vorgaben hinsichtlich der Mindestwettkampferfahrung werden an diese Fahrer gestellt?


    Mögen die Götter stets wachen über dich und die Deinen.
    Vale bene!


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    MARCUS IULIUS DIVES
    VICARIUS DOMINI FACTIONIS VENETAE

    Die Respons aus dem Hause Flavia kam schneller als erhofft und schien freundlicher als zunächst befürchtet. Entsprechend reagierte auch Dives seinerseits so zeitnah wie möglich, um den flavischen Consular nun ganz konkret mit einzubeziehen in sein Vorhaben.


    Roma, A.D. V ID MAR DCCCLXVIII A.U.C.

    Ad
    Consularis
    Manius Flavius Gracchus
    Villa Flavia Felix
    Urbs Aeterna



    Iulius Senator Flavio Consulari s.d.


    Ich danke dir zunächst für deine äußerst zeitnahe Antwort und freue mich über deine hilfreichen Gedanken zu diesem Problem. Mit der nun erlangten Gewissheit, dass es deine Familia ebenso betrifft, wie es zu einem späteren Zeitpunkt zweifellos auch meine eigene Familia beträfe, möchte ich überdies noch einmal mein aufrichtiges Bedauern zum Ausdruck bringen. Alle berechtigte Reformwut hätte nicht dazu führen dürfen, dass mir ein derartiger Fehler unterläuft.


    Tatsächlich habe ich mir bereits im Vorfeld meines ersten Schreibens einige Gedanken zur Lösung dieser Situation gemacht. Dabei möchte mir noch immer scheinen, dass die ursprüngliche Forderung nach "zwei Grundstücke[n] im eigenen Besitz" an der Praxis der Personen vorbei läuft, die ein Landgut zwar eignen, es jedoch nicht selbst besitzen. Mir selbst ist mindestens ein Fall bekannt, in dem jemand sein Land verpachtet und lediglich aus den Pachteinnahmen seiner Coloni monetären Gewinn zieht.


    Umgekehrt ist jedoch auch die derzeitige Forderung nach "zwei Grundstücke[n] in ihrem Eigentum" aus dargelegtem Grunde nicht tragbar, weshalb mir im Vorfeld an mein erstes Schreiben eine Verwässerung des Paragraphen durchaus nahe schien. Stünde die Forderung nach "zwei Grundstücke[n] in eigenem Vermögen", so bestünde nach meinem Dafürhalten ein gewisser Spielraum zur Interpretation, sodass im Zweifel eine Orientierung am bisherigen Usus mal den verpachtenden Eigentümer und mal den Sohn eines begüterten Pater Familias begünstigen könnte.


    Doch ein verwässertes Gesetz, welches einzig darauf ausgelegt ist, genug Raum zu bieten, einen ohnehin praktizierten Usus auch in Zukunft weiter zu ermöglichen, scheint mir weder erstrebsam noch nützlich. So möchte ich in der Folge deine Meinung zu nachfolgender Formulierung einholen.


    "Senatoren haben zum Zeitpunkt ihrer Berufung in den Senat mindestens zwei Grundstücke in ihrem oder dem Eigentum ihres Pater Familias vorzuweisen."


    Auf diese Weise scheinen mir sowohl Verpächter von Land als auch gewaltunterworfene Söhne berücksichtigt, wie nun jedoch womöglich ein Eques keine drei Grundstücke mehr benötigen würde, um seinem Sohn einen Platz im Senat zu finanzieren, sondern stattdessen bereits mit zweien auskäme. Daher erbitte ich ebenso deine Meinung zum nachfolgenden Zusatz.


    "Hat ein Pater Familias selbst einen gewissen Census zu erfüllen, so darf sein daran gebundenes Eigentum hierbei nicht berücksichtigt werden."


    Ich freue mich über deine Kritik sowie etwaig alternative Vorschläge, bevor ich intendiere, meinen Fehler an den Iden des März im Senat zu thematisieren, auf dass bis zum Ende des Monats - dem Ende des aktuellen Amtsjahres - der Berufung deines Sohnes in den Senat auch gesetzlich nichts mehr im Wege steht.


    Mögen die Götter stets ihre schützende Hand halten über dich und die Deinen. Vale bene!


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    MARCUS IULIUS DIVES
    SENATOR ET ORATOR


    Sim-Off:

    Du kannst mir etwaige Anmerkungen, Kommentare oder sonstige Kritik selbstredend auch gerne via PN zukommen lassen, solltest du dies präferieren. Ich meinerseits schreibe einfach nur gerne Briefe. ;)

    Nachdem der divitische Senator vor recht kurzem erst aus Bovillae ins stadtrömische Leben zurückgekehrt war, sah er sich sehr schnell bereits wieder mit zahlreichen Problemen konfrontiert. Am Verhältnis zu seinen Kindern trug dabei wohl einzig er selbst die Schuld, nachdem er sich so lange nach Bovillae zurückgezogen hatte. An seiner Frau und allem, was sie an Problemen in die Familia brachte, trug er zweifellos ebenfalls die alleinige Schuld, nachdem nicht zuletzt er selbst es war, der sie einst, im Bewusstsein von ihr erpresst zu werden, heiratete. Hinzu kamen die zeitraubenden Projekte, welche er teils angenommen hatte, weil er im Falle des Duccius Callistus seine Gefühle nicht im Griff hatte, und teils angenommen hatte, weil er nicht neuerlich ein angespanntes Verhältnis zum Senator Aurelius riskieren wollte - und überdies gewiss auch ein wenig geschmeichelt war, ausgerechnet vom Aurelier um seine 'Expertise' gebeten zu werden.
    Doch als wären dies nicht bereits der eigenen Baustellen genug, gesellte sich zu diesen nun auch noch eine einst vom Iulier selbst initiierte Gesetzesänderung, die gewiss bald Probleme verursachen würde, die nie durch ihn intendiert waren. Es war wohl nur eine Frage der Zeit gewesen, bis in der eigenen Reformwut ein Fehler sich einschlich, der entsprechend dem Gesetz der geringsten Wahrscheinlichkeit selbstredend genau dann akut zu werden drohte, als Dives nun ohnehin gerade bis zum Hals in Problemen steckte.

    Roma, A.D. VI ID MAR DCCCLXVIII A.U.C.

    Ad
    Consularis
    Manius Flavius Gracchus
    Villa Flavia Felix
    Urbs Aeterna



    Iulius Senator Flavio Consulari s.d.


    Ich schreibe dir diesen Brief, da ich einst derjenige war, auf dessen Initiative hin der Senats-Paragraph des Codex Univeralis in der Art verändert wurde, dass Senatoren zum Zeitpunkt ihrer Berufung in den Senat nicht länger zwei Grundstücke in ihrem Besitz vorweisen müssen, stattdessen jedoch zwei Grundstücke in ihrem Eigentum vorzuweisen haben.


    Ziel meines damaligen Vorstoßes war es, dass ein Senator in spe nicht länger zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt - dem Besitz - über den nötigen Grund und Boden verpflichtet sein sollte, da nicht zuletzt wohl ohnehin in vielen Fällen ein eigens dazu angestellter Verwalter mit dieser Aufgabe betraut wird. Stattdessen erschien es mir nur sinnvoll und auch dem praktizierten Usus zu entsprechen, einen Senator in spe zur Ausübung der rechtlichen Gewalt - dem Eigentum - über den nötigen Grund und Boden zu verpflichten.


    Leider mahnte mich dereinst in der Curia Iulia niemand, wie auch mir selbst erst einige Zeit später mit Entsetzen ins Bewusstsein rückte, welche fatalen Auswirkungen dieser eine Aspekt hat. Denn niemals entsprach es meiner Absicht, dass gewaltunterworfene Söhne, die ihrerseits per definitionem kein Eigentum haben können, auf diesem Wege die Berufung in den Senat verwehrt wird.


    Dein ältester Sohn amtiert nun noch einige Wochen als Quaestor, bevor ich davon ausgehe, dass er einen Platz im stadtrömischen Ältestenrat erhalten soll. Möglicherweise hast du ihn emanzipiert, sodass meine Sorge deine Familia betreffend letztlich unbegründet ist. Möglicherweise jedoch untersteht er noch immer deiner Patria Potestas, im Falle dessen ich mich zu baldigem Handeln verpflichtet fühlte und dich als gewesenen Praetor und geschätzten Consular um deine Meinung zu aufgeworfenem Problem bitten würde.


    Ich möchte zum Abschluss noch einmal betonen, dass es nie meiner Intention entsprach, dir, deiner Familia oder anderen zu schaden. Sollte dies dennoch geschehen sein, so bitte ich erfüllt von Bedauern um Vergebung und möchte dir entsprechend versichern, alles mir Mögliche zu tun, baldigst eine tragbare Lösung zu finden.
    Vale bene!


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    MARCUS IULIUS DIVES
    SENATOR ET ORATOR

    Während der iulische Vicarius Domini Factionis der Factio Veneta bereits recht zeitnah nach Erhalt des duccischen Empfehlungsschreibens entsprechende Mitteilungen an die betroffenen Männer Germanicus und Valerius brieflich versandt hatte, wartete er mit einer Antwort an den attraktiven Callistus noch wenige Tage länger, um ihm auf diesem Wege auch gleich noch zum Wahlerfolg gratulieren zu können.

    Roma, A.D. VIII ID MAR DCCCLXVIII A.U.C.

    Ad
    Vigintivir designatus
    Caius Duccius Callistus
    Casa Accia Ducciaque
    Urbs Aeterna



    Iulius Dives Duccio Callisto s.d.


    Ich schreibe dir, da es mir ein Bedürfnis ist, dir meine herzlichsten Glückwünsche zu übermitteln zu deiner von Erfolg gekrönten Wahl zum Vigintivir. Ich freue mich sehr, dass du diese erste Hürde genommen hast und im kommenden Amtsjahr die erste Stufe des Cursus Honorum erklimmen wirst.


    Weiterhin möchte ich dir mitteilen, dass ich deinen jüngsten Brief erhalten habe und sodann den Entschluss fasste, deinem Urteil zu vertrauen und die beiden von dir empfohlenen Männer Germanicus und Valerius ohne weitere Umwege zu Mitgliedern unserer Factio Veneta zu befördern.


    In diesem Zusammenhang muss ich mich darüber hinaus auch noch einmal ganz ausdrücklich bei dir bedanken dafür, dass du während meiner geschäftlich bedingten Absenz ein zuverlässiges Auge auf unsere Factio und ihre Aurigae hattest, wie ich überdies selbstredend weiß, dass ich dir damit nun ein Pferd aus meinem Gestüt sowie einen gemeinsamen Ausritt schuldig bin.


    Lass es mich wissen, wann ich diese meine Schuld bei dir begleichen kann. Bis dahin wünsche ich dir den Segen der Götter. Mögen sie dich unterstützen dabei, dich gewissenhaft vorzubereiten auf das Ablegen deines Amtseides und die anschließende Amtsübernahme.
    Vale bene!


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    MARCUS IULIUS DIVES
    SENATOR ET ORATOR

    Flink wie ein Blitz des größten Iuppiter Optimus Maximus schoss der kleine Dives durch die Gänge und Flure der divitischen Villa Urbana, bis er vor dem Zimmer seines Vaters ruckartig innehielt. Er hörte die Stimme seines Vaters, der angestrengt stöhnte. Er hörte die Stimme eines weiteren Mannes, der wohl nicht minder angestrengt stöhnte. Er hörte und wurde Zeuge, so folgerte Minor, wie sein Vater offenkundig gerade kämpfte - überfallen im eigenen Haus! Stante pede wurde der junge Iulier von einer tiefen Trauer erfüllt. Seine zuvor noch voll begeisterter Vorfreude bis an den Himmel reichenden Mundwinkel senkten sich rapide, während seine rechte Hand sich zunehmend fest um den Griff seines kleinen Holzschwertes klammerte. Er dachte nicht nach, was zu tun in diesem Augenblick das richtige wäre. Auf die Idee, nach Hilfe zu rufen kam er nicht. Alles, woran der kleine Dives in diesem Augenblick denken konnte, war sein Vater, der offenkundig Hilfe benötigte. So in der Folge stürmte Minor unangekündigt das Zimmer.


    "Lass meinen Papa in Ruhe!", rief der Kleine mit Tränen in den Augen lauthals durch das Zimmer, bevor er mit seinem Holzschwert ausholte und einmal so kräftig wie möglich auf das nackte Bein des vermeintlichen Angreifers einschlug. Anschließend, sich der unmittelbaren Gefahr gewahr werdend, stolperte er sogleich wieder einige Schritte zurück, um Abstand zu gewinnen zu dem Mann, der da im Bett seines Vaters nackt auf jenem saß.



    Schlussendlich mehrere Tage hatte die Flucht des jungen Iuliers gedauert, ehedem er die Distanz zwischen dem mütterlichen Anwesen bei Misenum und dem väterlichen zu Bovillae tatkräftig unterstützt durch einen unverhofft getroffenen Händler namens Caius Hirtius Glaber zurückgelegt hatte.


    "Da sind wir, in Bovillae.", verkündete der Händler feierlich, als sie die Stadtgrenze passiert hatten. "Jetzt müssen wir zu meinem Papa in der Villa Iuliana.", freute sich Minor über seinen Erfolg, während der Hirtier ihm einen irritierten Blick schenkte. "Dein Vater und du, ihr wohnt im Haus eines Iuliers?", glaubte Hirtius Glaber bis dato noch immer, einen Marcus Iuventius Minor neben sich zu haben. "Ähm... ja?", realisierte der kleine Dives, dass seine Lüge kurz davor war, enttarnt zu werden. "Aha. Wie kommt denn das?", zeigte sich der ältere Händler durchaus interessiert und brachte seinen Reisegefährten damit ein wenig in Erklärungsnot. Entsprechend wich der junge Iulier dem Blickkontakt aus und zuckte lediglich betreten schweigend mit seinen kindlichen Schultern. Es war vor allem die Furcht vor den - mutmaßlich überaus negativen - Konsequenzen, die ihn im Falle einer Enttarnung seiner Lüge erwarten könnten, welche den kleinen Dives im Folgenden zu stillstem Schweigen bewegte.


    "Salve! Mein Name ist Hirtius Glaber. Ich bin ein Händler aus Ariminum und ich bin hier, da ich auf meiner Reise den jungen Marcus Iuventius Minor hier neben mir aufgelesen habe und zu seinem Vater bringen möchte. Ich hörte, er soll in diesem Haus leben.", erklärte der Händler, nachdem sein Wagen vor der Villa gehalten und er selbst an der Porta des Hauses angeklopft hatte, an den Ianitor gewandt. "Sag, wie heißt dein Vater, Iuventius?", fiel ihm in diesem Augenblick auf, dass er zwar den Namen seines Reisegefährten, nicht jedoch den Namen von dessen Vater kannte. "Ich bin Dives und ich will zu meinem Papa!", offenbarte Minor schlussendlich seine wahre Identität, während er zugleich durch die Haustür schlüpfte, um sich hinter dem Ianitor zu verstecken, der ihn hoffentlich bewahren würde vor der Rache des belogenen Hirtius Glaber.


    "Der Dominus, Senator Iulius Dives, befindet sich bereits in seinen Gemächern.", erklärte der Ianitor mit sichtlich überforderter Miene. "Ich werde ihn sogleich...", wurde er just an dieser Stelle durch Minor unterbrochen. "PAAPAAAAA!!", rannte der Junge mit dem kleinen Holzschwert in seinen Händen unvermittelt los und verschwand im Innern des Hauses, noch bevor der Ianitor wusste, wie ihm geschah. "Tritt ein, ich geleite dich ins Atrium. Dort kannst du warten, während ich den Senator über diese Situation unterrichte.", wies der Sklave mit einer Geste ebenfalls ins Innere des Hauses. Der Händler lächelte entschuldigend und öffnete bereits den Mund, dieses Angebot auszuschlagen, da er fürchtete - so er tatsächlich den Sohn eines Senators ungefragt von Misenum hierher verbracht hatte -, man könnte ihm Entführung und andere Straftaten anlasten. "Senator Iulius wird darauf bestehen.", bekräftigte unterdessen der Ianitor seine Bitte, einzutreten, sodass der Hirtier letztlich mit mulmigem Gefühl in der Magengegend nickte und sich ins Atrium des Hauses bringen ließ.



    Dives war sich im Anschluss an die letzte Sitzung des stadtrömischen Ältestenrates zu diesem Thema nicht ganz sicher gewesen, inwiefern der claudische Consul einen neuerlichen Anlauf zu einem Wagenrenn-Gesetz unternehmen würde.


    "Patres Conscripti!", begann er folglich, nachdem er sich das Wort für eine erste Stellungnahme hatte erteilen lassen. "Ich möchte zunächst meine Freude ausdrücken darüber, dass wir heute die Möglichkeit erhalten, noch einmal einen neuen Entwurf zu einem Gesetz über Wagenrennen diskutieren zu können. Dafür möchte ich dem ehrenwerten Consul Claudius danken.", nickte der Iulier dem Leiter dieser Sitzung freundlich zu. Anschließend sortierte er einen Augenblick lang seine Gedanken.


    "Dennoch komme ich um die eine oder andere Anmerkung und Frage selbstredend nicht herum.", kündigte er anschließend an, dass er sich - wie in beinahe jeder Sitzung, zu welcher er anwesend war - auch hier und heute nicht in Schweigen hüllen wollte. "Dabei möchte ich beginnen beim ersten Paragraphen. Dieser scheint mir keinerlei Regeln, Vorschriften oder Verbote zu beinhalten, indes lediglich allgemeine Fakten über Wagenrennen zusammenzutragen.", erklärte er. "Entsprechend möchte ich anregen, entweder auf diesen diesen Paragraphen zu verzichten oder aber - und das würde ich möglicherweise präferieren - den Inhalt dieses Paragraphen in eine Art Praeambel oder Prolog nach dem Vorbild der Richtlinien zum Ulpianum auszulagern.", schlug Dives, der als zweimaliges Mitglied eines Consilium Ulpianum bereits recht häufig mit den erwähnten Richtlinien zu tun gehabt hatte, vor.


    "Darüber hinaus möchte ich zum besseren Verständnis nachfragen, inwiefern die hier vorgeschlagene Definition von öffentlichen Wagenrennen in Abgrenzung zu nicht öffentlichen der bisherigen Klassifizierung in große, kleine und Trainingsrennen entsprechen oder aber entgegenstehen soll.", hatte sich der Iulier noch keine Meinung darüber gebildet, ob er eher den Status Quo verteidigen oder doch lieber eine neue Klassifikation unterstützen sollte. "Um meine Frage besser greifbar zu machen, möchte ich sie mit zwei konkreten Beispielen ausschmücken. Nehmen wir beispielsweise an, dass der Kandidat für eine Magistratur ein Wahlkampfrennen veranstaltet, oder dass ein Klient seinem verblichenen Patron zu Ehren ein Totenrennen ausrichtet.", gab Dives dem Auditorium einen kurzen Moment, sich auf diese Beispiele einzulassen. "Im bisherigen Usus wären dies wohl am ehesten kleine öffentliche Wagenrennen, auch wenn der Veranstalter in beiden Fällen stets eine Privatperson ist.", führte er aus und ordnete neuerlich seine Gedanken. "Ich denke, worauf ich hinaus möchte, ist eine Klärung der Frage, ob die bisherige Klassifikation ersetzt werden soll, oder ob aufbauend auf die bisherige Klassifikation grundsätzlich alle großen Rennen als öffentlich, alle kleinen und Trainingsrennen als privat gelten sollen, oder in welchem sonstigen Verhältnis der bisherige Usus zu dieser neuen gesetzlichen Differenzierung von öffentlichen und privaten Wagenrennen stehen soll.", hoffte der Iulier deutlich gemacht zu haben, dass er an dieser Stelle zunächst Klarheit über die Absicht brauchte, bevor er einen Standpunkt für die eine oder für die andere Variante finden konnte.


    "Schlussendlich möchte ich meine erste Respons schließen mit mehreren Nachfragen zur Genehmigungspflicht. So würde mich interessieren, weshalb ein privates Trainingsrennen, welches gemäß vorliegendem Gesetzentwurf ausschließlich an einem privaten Veranstaltungsort stattfinden darf, vom Praefectus Urbi oder seinem Officium genehmigt werden muss. Weshalb kann eine Factio nicht allein darüber bestimmen, wann sie ihr eigenes Trainingsgelände zu einem Trainingsrennen nutzt und wann nicht?", lautete die erste diesbezügliche Frage. "Wären es nicht im Gegenteil vor allem die großen öffentlichen Rennen in öffentlichen Arenen, über welche der Praefectus Urbi in Kenntnis gesetzt werden muss, damit er einerseits für den Schutz einer dortigen Großveranstaltung sorgen sowie andererseits den Veranstaltungsort für den entsprechenden Termin gewissermaßen 'reservieren' kann?", sah der Iulier es scheinbar genau entgegengesetzt als Pflicht, nicht in Privatveranstaltungen regelnd einzugreifen sondern wenn, dann vor allem in öffentliche. "Abschließend möchte ich für eine Streichung des letzten Satzes in Paragraph 3 Absatz 2 werben. Denn als ehemaliger Duumvir der Colonia Ostia vermag ich dem Senat sagen zu können, dass man sich auch außerhalb Romas an der hiesigen Gesetzgebung durchaus recht stark orientiert. Beschließt also der Senat, dass private Wagenrennen zukünftig genehmigungspflichtig seien, so würde man gewiss auch außerhalb von Roma über eine derartige Regelung nachdenken wollen - und ich sehe nicht, weshalb wir Derartiges dadurch unterbinden sollten, dass wir gesetzlich festschreiben, dass alle privaten Wagenrennen außerhalb von Roma grundsätzlich nicht genehmigungspflichtig - also auch nicht gegenüber lokalen Amtsträgern - sind und sein dürfen.", schloss Dives seine Wortmeldung und hoffte, dass er nach dem claudischen Appell am Ende der letzten Sitzung zu diesem Thema nun nicht gleich wieder zu kritisch aufgetreten war.


    Demgemäß würde ich dazu raten, den ins Tabularium einzutragenden Verein zunächst SimOn der Administratio Imperatoris zu melden und von ihr bestätigen beziehungsweise zulassen zu lassen. Soll der Verein darüber hinaus gar ein Kultverein sein, so wird im Anschluss wohl zudem ein Antrag beim Pontifex Maximus oder Collegium Pontificum nötig sein, um diesen Status für den Verein zu erlangen.

    "Du bist doch ein Händler, stimmt's?", begann der junge Iulier nach längerem nachdenklichen Schweigen. "Stimmt.", bestätigte Hirtius Glaber und war gespannt, worauf der Junge hinaus wollte. "Und Händler wissen doch immer ganz viel, weil sie so viel unterwegs sind, stimmt's?", fragte der kleine Dives weiter. "Auch das ist richtig.", nickte der Händler. "Weißt du denn auch...", zögerte Minor einen kleinen Augenblick und dachte an die Worte seiner Mutter zurück. "ähm... wie die Anführerin des Sklavenaufstands hingerichtet wurde bei den Ludi Palatini?", würde er nie zugeben, dass er dies nur seiner Mutter zuliebe fragte. Besonders interessiert klang er allerdings dennoch nicht. "Sie wurde bei lebendigem Leib verbrannt für ihre Taten.", antwortete der Gefragte sachlich und sah ein wenig nachdenklich zu seinem Reisegefährten. "Hm.", nickte der anschließend nur und setzte seinerseits einen nachdenklichen Blick auf. Eine weitere Frage zu diesem Thema wollte ihm jedoch nicht in den Sinn kommen. "Und weißt du auch, wie die Wagenrennen bei den Ludi Palatini ausgegangen sind?", fragte er daraufhin also, was er eigentlich wissen wollte.


    "Du interessierst dich also für Wagenrennen, soso.", stellte der Händler mit amüsiertem Lächeln fest. "Welche Factio magst du denn am meisten?", erkundigte er sich dann. "Mein Papa ist Mitglied bei der Factio Veneta. Das sind die besten!", schwärmte der kleine Dives in kindlicher Begeisterung. "Mein Papa sagt, die Russata ist auch ganz okay. Denn die sind beide irgendwie Freunde, die Russata und die Veneta. Doof finde ich nur die Praesina. Denn die Praesina und die Russata mögen sich nicht. Aber die Russata ist ja mit der Veneta befreundet. Deshalb ist die Praesina doof. Aber am aller döfsten ist für mich die Aurata. Denn die singen immer ganz gemeine Lieder über die Veneta und machen sich über die Veneta lustig.", sah der junge Iulier einen kurzen Augenblick lang betreten auf das Holzschwert in seinem Schoß. "Ach, das meinen die doch bestimmt nicht so.", versuchte der Händler sich darin, den Jungen wieder etwas aufzumuntern. "Doch, das meinen die so!", protestierte der jedoch sofort. "Deshalb sind die auch total doof.", blieb er entsprechend auch bei seiner Meinung. "Nun, wahrscheinlich war die Factio Aurata deshalb in diesem Jahr nicht bei den Ludi Palatini vertreten - weil die immer so gemein zur Factio Veneta sind.", schmunzelte Hirtius Glaber. "Ehrlich?", sah Minor wieder auf. "Ob das genau das Grund dafür war, kann ich dir leider nicht sagen. Denn das weiß ich nicht. Aber dass die Factio Aurata nicht an den diesjährigen Ludi Palatini teilgenommen hat, das stimmt - ganz ehrlich."


    "Und wer hat jetzt gewonnen?", hatte der kleine Dives genug von den anderen Factiones gehört und gesprochen und wollte mehr über das Rennen selbst und vor allem das Abschneiden der Veneta-Teilnehmer erfahren. "Nun, es soll ein überaus spannendes Final-Rennen gewesen sein. Dazu angetreten sind insgesamt sechs Aurigae - je zwei aus den Factiones Praesina, Russata und Veneta", begann der Händler zu erzählen und ließ die Begleitumstände des finalen Rennens bewusst unter den Tisch fallen. "Für die Factio Praesina gingen Braecus und Rianorix an den Start. Für die Factio Russata traten Amasis und Bagoas an." - "Ja!", freute sich der junge Iulier, dass der Überflieger Proteneas von der Russata offenkundig im Vorlauf gescheitert war oder möglicherweise auch seine Karriere gleich gänzlich beendet hatte. "Und die Factio Veneta ging mit Hamiris und Prusias Kynegros ins Rennen. Letzterer hat auch sofort die Führung übernommen und anschließend Runde für Runde das Tempo vorgegeben.", wurde der Händler just an dieser Stelle unterbrochen. "Prusias ist für mich auch der beste. Mein Papa kennt den sogar persönlich und hat schon mit dem geredet. Und guck mal hier.", zeigte Minor dann voller Stolz einen signierten Steckbrief des Wagenlenkers. "Den habe ich an meinem letzten Geburtstag von meinem Papa bekommen. Da steht alles drauf über Prusias. Guck! Da steht, wie groß er ist. Und da steht, wann er Geburtstag hat. Und hier steht, dass er niemals für eine andere Factio fahren würde als für die Veneta.", gab der kleine Dives wieder, was man ihm bisher lediglich vorgelesen hatte.


    "Wow. Dein Papa muss wirklich gute Kontakte haben, wenn er dir einen persönlich signierten Steckbrief deines Favoriten besorgt hat, was?", gab der Hirtier vor, beeindruckt zu sein. "Ja.", antwortete Minor jedoch unbeirrt. "Die meisten Fans bekommen nur so einen normalen Steckbrief. Aber auf meinem steht auch noch 'Alles Gute zum Geburtstag! Prusias Kynegros' drauf.", prahlte der junge Iulier. "Das steht bei den anderen nicht, nur bei mir. Denn mein Papa ist ein Mitglied der Factio Veneta. Deshalb kennt er Prusias auch persönlich und hat sogar schon mit dem geredet.", wiederholte er dann, was er zu Beginn seiner stolzen Ausführungen bereits gesagt hatte. "Als so glühendem Anhänger freust du dich dann gewiss, dass dein Prusias Kynegros am Ende als Zweiter über die Ziellinie gefahren ist.", kürzte der Händler seine eigenen Ausführungen letztlich ab. "Hä? Wieso als Zweiter?", reagierte Minor irritiert. "Nun, wie ich erzählt habe, ging Prusias Kynegros bereits in der ersten Runde in Führung und verteidigte diese auch Runde für Runde - bis ihn in der letzten Runde Amasis von der Factio Russata überholte." - "Och menno!", war der kleine Dives nun erst einmal enttäuscht, beleidigt und eingeschappt. "Dritter ist anschließend übrigens Hamiris geworden.", versuchte sich Hirtius Glaber erneut als Stimmungsaufheller - diesmal jedoch mit weit weniger Erfolg. Denn Minor schmollte weiter.



    "Wo liegt das eigentlich, Ariminum?", eröffnete der junge Iulier, nachdem er sich zu langweilen begann, ein Gespräch. "Ariminum ist eine italische Stadt im Nordwesten von Roma. Dort mündet der Fluss Ariminus in das Adriatische Meer. Es ist zudem von Roma aus gesehen der Endpunkt der großen Via Flaminia.", gab der Händler in der Folge Auskunft. "Sag, wie heißt du eigentlich?", erkundigte er sich hernach. "Marcus Iu...äh...ventius Minor. Und du?", lenkte er vom kurzen Zögern in seiner Stimme ab. "Wirklich? Mein Cousin hat vor zwei Jahren geheiratet. Seine Frau Iuventia Thalna gehört zur gleichen Gens.", stellte der Händler freudig fest, während der junge Iulier stumm auf die Straße blickte und schwieg. "Ich heiße Caius Hirtius Glaber.", beantwortete er schlussendlich die ihm gestellte Frage und richtete seine Aufmerksamkeit ebenfalls wieder auf die Straße. "Wie lange dauert es noch?", fragte Minor nach weiteren Augenblicken des Schweigens und versuchte, ein Gähnen zu unterdrücken. "Wir sind gleich da.", antwortete der Hirtier. "Echt? So schnell?", vergaß der kleine Dives seine einsetzende Müdigkeit und schaute sich um. "Ich sehe aber noch gar nichts von Bovillae.", beschwerte er sich dann. Denn zwar hatte er keine allzu präzise Vorstellung, was er von dem Städtchen Bovillae zu erwarten hatte. Doch aktuell sah er nicht viel mehr als ein einzelnes Haus am Straßenrand - und das schien selbst dem jungen Iulier ein wenig klein für eine Stadt. "Oh, das ist auch noch nicht Bovillae, mein Junge.", schmunzelte Hirtius Glaber amüsiert. "Bis Bovillae werden wir noch mindestens einen, eher zwei Tage unterwegs sein. Nein, das ist die Herberge, in welcher wir heute Nacht schlafen.", erklärte der Händler, bevor etwa eine Hora später das Licht im Zimmer der beiden unverhofften Reisegefährten erlosch.


    "Schau mal, schau mal, schau mal!", war der kleine Dives am nächsten Morgen bereits recht frühzeitig wach und stand ganz aufgeregt auf einem Hocker, ohne dessen Hilfe er nicht hätte aus dem Fenster sehen können. "Was siehst du denn dort draußen?", sprang der gerade von seiner kurzen Morgenwäsche zurück ins Zimmer gekommene Hirtier deutlich zurückhaltender auf den Enthusiasmus Minors an. "Der Augustus zieht in den Krieg!", war der junge Iulier hellauf begeistert und fuchtelte mit seinem kleinen Holzschwert in der Hand ein wenig herum. "Der Augustus?", wiederholte der Händler ungläubig und trat nun hinter seinem Reisegefährten selbst ans Fenster, um einen Blick hinaus zu wagen. "Ja. Der Augustus zieht in den Krieg - gegen die blöden Gallier." - "Du meinst sicherlich die Germanen." - "Ja. Und dann schlägt er ihnen allen die Köpfe ab. So! Und so!", zeigte der kleine Dives selbstbewusst, wie man seines Erachtens nach einem Germanen den Kopf abschlug. "Nun, mein iuventischer Freund, wenn dies das große Heer des Augustus ist", ließ sich der Händler nicht anmerken, dass ihm diese Gruppe bewaffneter Männer weder in ihrer Anzahl noch in ihrer Ausrüstung eine in den Krieg ziehende Armee zu sein schien, "so ziehen sie bestimmt nicht in den Krieg gegen die Germanen. Denn die Germanen befinden sich im Norden. Dieses 'Heer' jedoch marschiert nach Süden.", zeigte er schmunzelnd auf, während Minor nun sichtlich angestrengt zu grübeln begann. "Stimmt.", stellte er anschließend fest. "Die marschieren alle zum Hafen von Misenum. Denn der Augustus zieht in den Krieg - gegen die blöden Parther. Und dann schlägt er ihnen allen die Köpfe ab. So! Und so!", demonstrierte er abermals seine Fertigkeiten mit dem hölzernen Gladius. "Natürlich. So wird es sein.", vermochte Hirtius Glaber seinem Reisegefährten nicht die kindliche Illusion nehmen zu wollen und ließ vom Fenster ab.


    "Wenn wir heute noch weiterfahren wollen, solltest auch du dich allmählich anziehen, junger Centurio.", mahnte der Händler nach einer Weile den noch immer mit seinem Holzschwert spielenden Jungen. "Ich bin ein Tribun!", zeigte der sich im ersten Moment jedoch nur verärgert, bevor er im zweiten Augenblick jedoch den Schwertarm sinken ließ und seinen Protest aufgab. "Hilfst du mir gar nicht?", fragte er stattdessen nur und sah den Händler mit großen Kinderaugen an. Denn in der Tat war es der kleine Dives durchaus gewohnt, dass sich mehrere Sklaven um ihn kümmerten - und ihm unter anderen eben auch dabei halfen, sich morgens anzukleiden. "Du bist ein Tribun und kannst dich noch nicht alleine anziehen?", fragte der Hirtier mit leicht väterlich-strengem Unterton, bevor er aus Zeitgründen jedoch auf weitere Erziehungsmaßnahmen verzichtete und stattdessen dem Jungen beim Ankleiden half. Nach einem aus divitischer Sicht eher spartanischen Frühstück setzten die beiden unverhofften Reisegefährten ihre Reise bald schon fort.



    "Und das hat der Orator Publicus gesagt?", zeigte sich Dives nach einem Bericht über die jüngsten Reden auf dem Forum Romanum äußerst überrascht - und auch durchaus ein wenig irritiert. "Nun, ich für meinen Teil vermag mir hinsichtlich der im ersten Part erwähnten Senatsdebatten keinerlei Vorwürfe machen zu können. Denn ich weilte nicht in Roma, als der Claudier zum Consul kandidierte und gewählt wurde. Ich weilte nicht in Roma, als er zur Lage des Staates sprach. Ich weilte nicht in Roma, als er mich in seine Kommission berief. Und ich weilte auch nicht in Roma, als er einen ersten Zwischenbericht dazu vorlegte.", reagierte der Iulier recht gelassen. Es wäre lächerlich, würde er, der er abwesend war, sich von einem dieser Vorwürfe tatsächlich angegriffen fühlen, wie es mindestens ebenso an Lächerlichkeit grenzen würde, wollte man hier tatsächlich irgendeinen Vorwurf gegen ihn konstruieren.


    "Darüber hinaus brauchst du dir auch hinsichtlich meiner Beteiligung an der Debatte zu einem Gesetz über Wagenrennen keine Sorgen machen, wie mir zudem auch meine Mitarbeit an der Reform des Senators Aurelius Lupus absolut unproblematisch erscheint.", beruhigte Dives seinen aufgeregten Informanten. "Frage dich, wie lange ich an jeder einzelnen meiner diversen Initiativen gearbeitet habe. Frage dich, wie viele meiner Vorhaben noch immer in meiner Schublade ruhen, weil ich noch nicht zufrieden mit ihnen bin und sie noch nicht als reif genug erachte, sie dem Senat zu präsentieren.", sprach der Iulier ruhig. "Wie lange der claudische Consul an seiner Initiative zu Wagenrennen gearbeitet hat, weißt du womöglich nicht. Aber in der Sitzung des Senats hat er es durchaus erwähnt.", war er wenig überrascht gewesen, dass ein binnen einer einzigen Nacht erstellter Gesetzentwurf schlussendlich vor allem kritische Stimmen auf den Plan gerufen hatte. "Dass der Senator Aurelius, der im Gegensatz dazu seinen Antrag äußerst akribisch von langer Hand vorbereitet, indem er beispielsweise auch um meine geringe Meinung bat, nun ausgerechnet dafür - für die akribische Vorbereitung seines Antrags - kritisiert wird, halte ich für absurd.", vermochte er lediglich hilflos mit den Schultern zu zucken, da ihm kein anderes Wort dafür in den Sinn kommen wollte.


    "Ich fühle mich beinahe ein wenig erinnert an die 'Umtriebigkeit', welche mir die Acta Diurna einst nach meinem Vigintivirat unterstellte - allein dafür, dass ich engagiert meine Amtspflichten wahrnahm.", schüttelte er den Kopf. "Gleichzeitig schrieben sie, dass ich damals nichts Besonderes geleistet hätte, - und mussten erst in einem Leserbrief meines Mitklienten Duccius Vala daran erinnert werden, dass nicht jeder Vigintivir im Rahmen seines Amtes bereits als Kläger vor Gericht steht.", dachte er zurück an die damalige Zeit und hielt es für keineswegs ausgeschlossen, dass der Aurelier bald ähnliches erfahren könnte. Seinen Einsatz legte man ihm dann als Umtriebigkeit aus, während man in seiner Reform der Lex Mercatus - so sie letztlich erfolgreich durch den Senat käme - keine besondere Leistung sähe, obgleich eine so tiefgreifende Reform des Gesetzes, auf dessen Grundlage am wohl häufigsten geklagt wurde, gewiss als andere als gewöhnlich war.


    "Viel spannender und von zudem ungleich größerer Bedeutung wird etwas gänzlich anderes sein als die etwas hölzern erscheinenden Vorwürfe dieser Rede.", hob der Politiker in Dives mahnend den rechten Zeigefinger. "Denn das besondere an dieser Rede ist die Verknüpfung von Lob für den claudischen Consul mit den Schmähungen sowohl des Senators Aurelius als auch des Duccius Callistus. Hier wird es überaus spannend sein, zu beobachten, wie sich jeder einzelne Akteur, insbesondere jedoch der Consul dazu positioniert.", erklärte der Iulier. "Distanziert sich der Consul von dieser ihn preisenden Rede, verliert selbige zweifellos ihre Bedeutung. Vermeidet er es jedoch, sich öffentlich davon zu distanzieren, entsteht der Eindruck, dass er ihrem Inhalt zustimmt. Es wäre in der Folge ein Konflikt mit dem Senator Aurelius ebenso vorprogrammiert wie ein Konflikt mit dem Senator Flavius Scato, dessen Klient Duccius Callistus ist.", führte Dives aus. "Je nachdem, welche Verbindung der Flavier dann den größeren Stellenwert für sie hat - die Ehe mit einer Claudia oder das Patronat über den geschmähten Duccius Callistus -, besteht die Gefahr, dass schlussendlich die Claudier oder die Aurelier innerhalb der patrizischen Senatoren isoliert werden. Die dann gespaltenen Patrizier im Senat verlören in der Folge - sämtlichst - an Einfluss, da sie einzeln stärker als gemeinsam darauf angewiesen wären, für ihre Vorhaben und Initiativen bei ihren plebeischen Mitsenatoren zu werben.", dachte der plebeische Senator Iulius Dives laut, bevor er sich fragte, wie weitsichtig und wie eitel patrizische Senatoren wohl für gewöhnlich waren.