Als Teil beider bisheriger Consilia Ulpiana und als Senator der stadtrömischen Curia Iulia hatte Dives den Tag bereits erwartet, an welchem es zur Thematisierung der Vorwürfe gegen die Consulare Tiberius Durus und Vinicius Lucianus kommen würde. Mit Spannung verfolgte der Iulier daher die heutige Rede des Augustus, bevor er ebenso gespannt die erste Meinungsäußerung, welchem von Consular Purgitius vorgetragen wurde, anhörte. Anschließend dann erbat er sich selbst das Wort.
"Patres Conscripti! Auch ich möchte zunächst dem erhabenen Princeps meinen Dank aussprechen dafür, dieses schwierige, aber doch keineswegs unwichtige Thema auf die senatliche Tagesordnung gebracht und hier und heute nun angesprochen zu haben.", schloss er sich sodann zunächst den Worten seines direkten Vorredners an. "Denn in der Tat war auch ich als Teil beider bisheriger Consilia Ulpiana stets der Auffassung, dass es nicht Teil unserer Aufgabe war, über eine Schuld oder Unschuld zu entscheiden, wie ich mich an dieser Stelle ausdrücklich hocherfreut zeige, dass auch der Princeps nicht alleinig in den zwei vorgebrachten Fällen eine Entscheidung zu treffen beabsichtigt, sondern hier nun den Senat miteinbezieht und um seine weise Meinung bittet.", baute Dives im Anschluss die lobenden Worte noch etwas aus, um hernach nun vorsichtig etwas Kritik - an beiden seinen Vorrednern - zu üben.
"Allerdings hörte ich nun zweimal bereits, wie formaljuristisch eine Verurteilung des Consulars Tiberius Durus fehlte und ob es damit überhaupt eine Grundlage dafür gäbe, ihn von einer etwaigen Aufnahme ins Ulpianum auszuschließen." Mit diesen Äußerungen zielten der Aquilier und der Purgitius schließlich beide in die gleiche Richtung. "Dem möchte ich", fuhr Dives nach kurzer Kunstpause fort, "noch einmal die bereits eingangs erwähnte Richtlinie zum Ulpianum entgegenhalten, in welcher es heißt: 'Ein Anwärter auf die Aufnahme in die Ehrengedenkhalle darf nicht seine Würde als Römischer Bürger, durch Begehung einer nach dem Codex Iuridicialis untersagten Tat, verloren haben.'", ließ er einen Moment wirken. "Mit anderen Worten würde ich es im Sinne dieser Richtlinie als durchaus _hinreichend_ betrachten, sollte ein römisches Gericht in einem ordentlichen Prozess einen der Männer für des Hochverrats schuldig befunden haben, wie ich es umgekehrt jedoch für nicht zwingend _notwendig_ erachte, jemanden post mortem zu verurteilen, nur um die zitierte Richtlinie auf seine Person anwenden zu können.", erklärte Dives. "Denn ich lese in der Richtlinie, dass es hier einzig auf begangene Taten, nicht auf rechtskräftige Verurteilungen ankommt.", fasste er zusammen, bevor er eine größere Zäsur folgen ließ.
"Selbstredend möchte ich mit meinen Worten in keiner Weise die Bedeutung von Urteilen ordentlicher römischer Gerichte herabwürdigen, dienen sie uns doch im Gegenteil gar als eines der zuverlässigsten Indizien dafür, ob oder ob nicht ein Beschuldigter tatsächlich auch der ihm vorgeworfenen Tat schuldig ist. - Die Frage im Falle des Vinicius Lucianus lautet, so denke ich, nur, inwiefern dieser Consular allerdings überhaupt vor einem ordentlichen Gericht stand und nicht nur in einem geheimen, hinter verschlossenen Türen verhandelten Scheinprozess abgeurteilt wurde.", erhoffte sich Dives vor allem von etwaig damals anwesenden Prozessteilnehmern einige Aussagen zur Art der Anklage, zu Umfang und Qualität der Verteidigung, zur Zahl womöglich vernommener Zeugen oder sonstig angeführter Beweise und ähnlichen Details. Denn diese Details letztlich würden es sein, die in den Augen des Iuliers darüber entschieden, wie viel Bedeutung und Gewicht man dem gegen den Vinicius gesprochenen Urteil beimessen konnte.
"Sollte es sich im Rahmen dieser Debatte herausstellen, dass der Consular Vinicius Lucianus zum Opfer eines Scheinprozesses wurde, so möchte ich im Übrigen betonen, dass ihn dies meiner Ansicht nach aber noch nicht gleich von dem ernsten Vorwurf des Hochverrates befreit. Stattdessen, so meine ich, stünde er dann lediglich auf der selben Stufe wie der Consular Tiberius Durus, gegen dessen Person ebenfalls der Vorwurf des Hochverrates im Raum steht und bei dem wir ebenfalls darüber zu befinden haben, ob oder ob nicht dieser Vorwurf begründet genug ist, ihn im Sinne der Würde-Richtlinie von einer etwaigen Aufnahme ins Ulpianum auszuschließen.", schloss Dives seine allgemeinen Ausführungen zur Sache ab, in denen er unter anderem auch deutlich gemacht hatte, welche Erwartungshaltung an diese Diskussion er hatte: Er wollte den Prozess des Vinicius Lucianus untersucht wissen, bevor er darauf aufbauend die Hochverrats-Vorwürfe selbst etwas näher beleuchtet wissen wollte, sodass sich in Summe letztlich eine Entscheidung für oder gegen eine Amnestie der beiden verblichenen Consulare fällen ließe. - Inwiefern diese seine Erwartungshaltung auch von den anderen Senatoren des stadtrömischen Ältestenrates geteilt wurde oder auch nicht, würde sich im Folgenden selbstredend nun erst noch zeigen...