Beiträge von Marcus Iulius Dives

    Nachdem er beim Praetor gewesen war, saß Dives grübelnd in seinem Officium der Basilica Ulpia mal zurckgelehnt mit der Falltafel dieses Archias in der Hand, mal auf seinen Tisch gestützt mit der Falltafel direkt vor seiner Nase liegend. 'Das stimmt doch alles hinten und vorne nicht!', ärgerte er sich, strich das Wachs hier und dort nochmal ordentlich glatt und überlegte im Selbstgespräch:
    "Ausgehend davon, dass dieses Testament gültig ist...", nahm er eine Kopie ebenjenes zur Hand, "...prüfe ich ZUERST, ob der Aelius sein gesamtes Vermögen verteilt hat. Betriebe, Geld, Sklaven und Ländereien: Check, Check, Check und Check. Sonstige Waren: Genauer zu überprüfen. Das heißt, dass der gesamte Nachlass testamentarisch verteilt wurde und eine Akkreszenz maximal bezüglich des Warennachlasses eintritt." Soweit so gut. "DANN überprüfe ich, inwieweit die eingesetzten Erben tatsächlich auch als solche auftreten können: Decima Seiana, Duccius Vala und Flavius Piso. Die sind nach meinen Informationen..." Es folgte ein kontrollierender Blick zur Kopie aus dem Eheofficium. "...allesamt nicht zeitig genug verheiratet gewesen, sodass sie nach Lex Iulia et Papia als nicht mit dem Erblasser Verwandte von der Erbschaft ausgeschlossen sind. Iunia Axilla bekommt als Witwe zunächst ihre Dos in Höhe von 50 Aurei zurück, was nach meinen Informationen bereits genauso geschehen ist, wie die Überweisung der Sklaven an sie. Ferner und ebenfalls nach Lex Iulia et Papia darf sie maximal den zehnten Teil des aelischen Nachlasses erben." Eingedenk der Ländereien überschritt das ihr zugedachte Erbe diese zehn Prozent aber vermutlich nicht. "Trotzdem besser, ich prüfe das gegebenenfalls nochmal nach.", beschloss er und atmete erst einmal durch. Es hatte niemand behauptet, dass die Bearbeitung eines Testaments aus dem nahen Umfeld des Kaiserhauses besonders einfach wäre, ging es dem Iulier dabei durch den Kopf.
    "Da für den Rest, der nicht verteilt werden kann, weil die eingesetzten Erben nicht erbberechtigt sind, keine Ersatzerben vorgesehen wurden, geht das Ganze dann also folglich nach Intestaterbrecht an... Nein, es WÄRE dereinst an den Eques Aelius Callidus gegangen.", rollte er nach dem Blick auf die Verwandtschaftsaufstellung mit den Augen. "Jetzt geht es an... ah, Consular Aelius Quarto also.", stellte er letztlich fest, sodass es hier neben der Überprüfung des Warenvermögens und jener der Höhe des Gesamtvermögens zur Feststellung der Höhe des zehnten Teils davon nurmehr eine offene Frage zu klären gab: ...


    "Jaja, wer auch immer da ist, kann eintreten.", wimmelte der Iulier irgendeinen Anklopfer, dem er in seinen Fall vertieft ansonsten nicht weiter zuhörte oder groß Aufmerksamkeit schenkte, nur etwas unwirsch ab. Er war SO kurz davor, hiermit wenigstens für den Moment endlich durch zu sein, dass er das jetzt einfach beenden musste! Ein Augenblick des Nachdenkens verging: Wo war er gerade stehengeblieben? Genau: "Die Acta Diurna und die Frage 'Ist eine Schenkung auf Todesfall eher zu behandeln wie ein Legat oder Vermächtnis, sodass die Institution erbfähig wäre, oder ist eine Schenkung auf Todesfall doch eher zu handhaben wie eine Erbschaft, die von einer Institution folglich nicht empfangen werden kann?'. - Schwierig...", vergas Dives nach der Unterbrechung wieder etwas leiser für sich selbst zu sprechen und wurde folglich leicht rot, als er beim Aufblicken von der Wachstafel bereits den Besucher in der Tür stehen sah. *
    "Hhm.", lächelte er hernach verlegen. "Salve..."


    Sim-Off:

    * Ich hoffe, das geht mit dir d'accord? Ansonsten: PN und ich editiere.

    Wie von seinem Kanzlei-Cousin Crassus empfohlen suchte der iulische Decemvir nur wenige Tage nach jener verwandtschaftlichen Unterhaltung folglich die Sella Curulis - oder vielmehr den derzeit in ihr thronenden Praetor Urbanus - auf und brachte, als es an ihm war zum hohen Praetor zu sprechen, sein Anliegen vor:
    "Salve, ehrenwerter Praetor Urbanus. In meiner Funktion als Decemvir stlitibus iudicandis suche ich, Marcus Iulius Dives, dich heute auf, um einige wichtige Amtsangelegenheiten mit dir zu besprechen und zu klären.", leitete er zunächst ganz allgemein ein und versuchte sodann der Mimik des Würdenträgers zu entnehmen, inwieweit es jenem genehm wäre, wenn er sogleich weitersprach und zum ersten Punkt seiner Liste käme.
    "Als erstes würde ich auf Anraten des Augustus und seiner kaiserlichen Kanzlei mit deiner Hilfe ganz gerne in Erfahrung bringen, inwieweit die Beschlagnahmung aller Vermögenswerte des Aelius Archias nach dessen Tod vor einigen Jahren rechtmäßig war. Daraus nämlich vermag sich zu ergeben, inwiefern nach dieser langen Zeit jener Erbschaftsfall aus der Ära der faktischen Herrschaft des Vescularius Usurpator nun zugunsten unter anderem der sicherlich bekannten Iunia Axilla erneut aufgerollt werden kann und muss.", führte Dives aus und hatte hier in der Tat keinerlei Zweifel daran, dass seinem Gegenüber der Name der Iunia bekannt sein würde. Ein gewisser öffentlicher Auftritt der Frau mit dem ulpischen Testament in den Händen vor abertausenden Augen auf dem Forum Romanum war schließlich wohl nicht nur beim Iulier bleibend in Erinnerung geblieben - und das, wo er noch nicht einmal selbst dabei gewesen war, sondern derlei nur vom Hörensagen wusste.

    Getreu dem Motto 'Ein Vigintivir kommt selten allein' traf ein gewisser Iulier mit unwissentlich ähnlichem Gedankengut zu etwaig zu spätem Erscheinen in der Casa Accia ein. Gehüllt in einen blendenden Kontrast aus schneeweißen und kreideweißen Stoffen, oder mit anderen Worten vergleichsweise farblos gekleidet, gesellte er sich sogleich zu seinem guten Freund Lepidus und dessen offensichtlichem Gesprächspartner.
    "Salvete!", begrüßte er in einem günstigen Moment beide. "Welch Freude wenigstens einige Gesichter hier bereits etwas näher zu kennen.", lächelte er kurz zum Tiberier, bevor er sich dem Anderen, einem offenkundigen Senator, vorstellte: "Ich bin Iulius Dives, ebenfalls ein Vigintivir." Und in genau dieser Position fragte er sich still und heimlich schon ein wenig, weshalb man ausgerechnet ihn hierher, zu diesem Symposium mit lauter Senatoren und vielleicht gar Consularen geladen hatte - zu einem Informations- und Ideenaustausch über künftige Senatsthemen. Ob in drei-vier-fünf Jahren, wenn sich Dives frühestens über einen Sitz im Senat würde freuen können, überhaupt noch eines der heutigen Themen aktuell wäre? Egal. Spannend klang es auch für bloß diesen Moment allemal und ablehnen konnte der Iulier eine solche Einladung sowieso nicht. Doch warum war sein nach praktisch allen möglichen Gesichtspunkten über ihm stehender Onkel Proximus 'Passor', wie der Neffe seinen Verwandten seit dessen Öffnung der Stadttore auch gerne mal nannte, nicht ebenfalls mit einer Invitation bedacht worden?

    Sim-Off:

    Finally. Großes SORRY fürs ewige Warten!


    | Spurius Quinctius Rhetor


    In der Tat erachtete es der Lehrende keineswegs für überaus sinnreich seine Schüler bereits zu diesem Zeitpunkt als aktive Zuhörer einer ausgestalteten Rede auszusetzen, wie er darüber hinaus insbesondere auch der Vorstellung einer eigenen zu kritisierenden Rede eher abgeneigt gegenüberstand. Eine Weinverkostung brachte schließlich gar nichts, wenn die Verkostenden noch keinen empfindlichen Gaumen, kein feines Gespür für auch einzelne Details und Nuancen entwickelt hatten. Und welcher seiner Schüler würde am Ende jenes potenziellen Vortrags ebendiesen auch gerne möglichst neutral einschätzen wollen? Denn unbesprochen würde der Quinctius seinen Schülern bestimmt keinen Vortrag vorsetzen. So lächelte Rhetor also etwas steif, während er gerade zu einer Antwort ansetzen wollte, als plötzlich ein verspäteter Schüler den Unterrichtsraum stürmte.
    "Im Prinzip gerne, Flavius.", sprach er in dieser Situation jedoch lieber mit milder Stimme die Unwahrheit, während er den Zuspätkommer zunächst souverän und unbeeindruckt offen ignorierte. Der Bursche hatte den Unterricht schließlich bereits mit seinem Erscheinen erst jetzt genug gestört! "Jedoch fürchte ich, dass mir zum aktuellen Zeitpunkt vielleicht nicht jeder wird inhaltlich ganz folgen können, nicht wahr...", schielte er kurz auf seine Liste, um hernach den jüngst eingetretenen Schüler zu fixieren: "...Decimus? Bitte such dir einen Platz und setz dich.", forderte er den offenkundig noch immer stehenden jungen Mann sodann auf und fand in dessen Verspätung nun also eine gelegene Entschuldigung für ein Nichthalten eines eigenen Vortrags wenigstens zu diesem Zeitpunkt.


    "Wir waren also gerade bei den fünf Arbeitsphasen, in welche die rhetorische Tradition die Herstellung einer Rede stereotyp gliedert. Und nachdem wir die 'inventio' und 'elocutio' aus erwähntem Grund erst etwas später näher betrachten werden, geht es im Folgenden kurz um die 'dispositio', die Stoffgliederung.", fuhr der Quinctier nachfolgend nun also wieder fort im Text. "Selbstverständlich wird es euch einleuchten, dass dieses Kapitel ein vergleichsweise dürftiges ist, da mit den 'partes orationis', den konventionellen fünf Redeteilen, bereits eine feste Disposition gegeben ist, deren Einzelheiten wir im Rahmen der für jeden Redeteil einschlägigen Vorschriften abhandeln werden. Hervorzuheben wäre hier einzig die Unterscheidung zwischen 'ordo naturalis', der natürlichen, und 'ordo artificialis', der künstlichen Stoffgliederung, das heißt auf der einen Seite der Vorgehensweise nach dem üblichen, nicht zuletzt irgendwo chronologischen Schema. Auf der anderen Seite kann man in bestimmten Fällen aber auch Teile weglassen oder umstellen, was jedoch in der Praxis nur äußerst bedacht angewendet werden sollte, da wir hierzu keine allgemeingültige Erfolgsformel haben." So konnte man schon beim großen Cicero weit mehr als nur eine Art des Disponierens erkennen, die je nach Anlass und Situation auf teils verschiedenstem Wege sein rhetorisches Raffinement unterstrich. Wer derlei Können vollständig für sich beanspruchen wollte, der käme daher um eine Analyse jeder einzelnen Rede selbst nicht umhin - nichts, was der Quinctier hier leisten konnte oder wollte.


    "Damit zum Auswendiglernen, der 'memoria', denn wer nimmt schon einen Redner ernst, der unentwegt an seinem Manuskript klebt und nicht zu zeigen imstande ist, dass die vorgetragenen Gedanken und Ideen seiner eigenen, festen Überzeugung entstammen?", ballte der Magister kurz die Faust. "Ich weiß, dass es nicht immer ganz einfach ist gerade bei großen Reden vor dem Senat und oder dem Volk von Rom auf der Rostra oder in einer Gerichtshalle. Deshalb ist es wichtig, dass ihr wisst, dass es bestimmte Tricks und Techniken gibt, die einem das Auswendiglernen einer solchen Rede erleichtern. Wir wollen im Folgenden gemeinsam eine auf Gedächtnisorten und -bildern beruhende Mnemotechnik üben. Das Ziel dabei ist es, sich die gesamte Rede als ein großes Haus mit Zimmern vorzustellen. Jedes dieser Zimmer spiegelt dabei einen Abschnitt der Rede wieder, bestimmte Bilder oder andere Gegenstände in den Zimmern symbolisieren die Inhalte des Redeabschnitts. Schlussendlich schreitet ihr beim Halten eurer Rede dann durch euer gedankliches Haus von Zimmer zu Zimmer und arbeitet euch auf diesem Weg so nach und nach durch die Rede.", führte Rhetor aus und machte eine kurze Zäsur.
    "Ich gebe nun jedem von euch eine kleine, kurze Geschichte. Dann bekommt ihr einige Augenblicke Zeit, um euch mittels erklärter Strategie den Inhalt der Geschichte einzuprägen, bevor ihr hier vorne versuchen werdet den Inhalt ohne weitere Hilfsmittel wiederzugeben. Im Anschluss daran wird uns natürlich alle euer jeweiliges Gedankengebilde dazu interessieren.", kündigte der Quinctius an und ließ dies kurz auf seine Zuhörer wirken, während er einige Wachstafeln wahllos verteilte an Decimus, Flavius Catus, Flavius Fusus, Flavius Gracchus und auch den hochnäsigen Ollius, der sich nach der kurzen Zeit, die zum Lesen und Merken des Textes zur Verfügung stand, auch als erster freiwillig meldete und nach vorne begab:


    "Ein kranker Geier. - Ein fürchterlich kranker Geier, der trotzdem noch nicht die Hoffnung verloren hatte durch seine Medizin wieder zu genesen, flehte seine Mutter an, dass sie doch zu den Göttern beten soll, damit diese ihm seine Gesundheit wieder zurückgeben. - Da sagte die Mutter: 'O, mein Sohn, du wirst erfolglos die Hilfe der Götter erwarten, nachdem du so viele Altäre und Opfer entweihtest, die die Menschen ihnen darbrachten.", erzählte Ollius schnell und selbstsicher und ohne besondere Betonung.
    "Weil meine Geschichte so kurz war, hatte mein Haus nur ein Zimmer. Vor der Tür lag eine schwarze Feder auf dem Boden, das war die Überschrift. Dann bin ich ins Zimmer reingegangen und einmal an allen Wänden entlang gegangen. Da kam ich zuerst zu einem weißen Kankenbett mit noch einer schwarzen Feder darauf. Ein Stückchen weiter lag eine Statuette der Spes verloren auf dem Boden. Gleich daneben stand ein Nachttisch, auf dem ein Becher mit grüner Medizin abgestellt war. Als ich dann weiter gegangen bin, habe ich plötzlich meine Mutter gesehen, die einen großen Apollo angebetet hat. Der hat mit dem Finger auf mich gezeigt, dass ich weggehen soll und ich bin an ihm vorbei um die Ecke gegangen. Da stand ein kleines Pantheon in der Größe, dass ein Kind damit spielen könnte. Auf dem Giebeldreieck waren ein großes Alpha und ein großes Omega eingemeißelt. Und dann kam ein Mann, der sich in die Handfläche geschnitten hatte und jetzt sein Blut auf das Spielzeug tropfen ließ. Danach war ich wieder draußen.", teilte der Ritterssohn seine Gedankenstütze mit den übrigen Schülern. Dann ging er wieder auf seinen Platz und setzte sich.


    "In Ordnung, Ollius. Wer ist der nächste?", fragte der Magister dann in die Runde und ließ hernach Schüler für Schüler sprechen *, bevor der Unterricht für diesen Tag beendet wäre.


    Sim-Off:

    * Wer will, der kann selbstredend, wer nicht, der eben nicht. ;)


    | Potitus Asinius Celer


    Das war in der Tat so ziemlich auf den Punkt gebracht, was der Procurator bezüglich des eigenen Liegeplatzes sagte: Wer schon keine Liegegebühren zu zahlen hatte, der brauchte ja wohl auch keinen eigenen Liegeplatz zur Vermeidung ebenjener Abgaben. Dem konnte der Asinier folglich nur zustimmen, was er mit einem stummen Nicken und einem 'genau' sagenden Gesichtsausdruck auch tat.
    Die Nachfrage bezüglich der Nähe von Ufer IV dagegen belächelte der Decurio nur oberflächlich, da er sie eher als Stichelei denn als wirkliche Erkundigung verstand. Bekanntlich fand sich die Hafenverwaltung schließlich auch ebenfalls hier im Gebäude. Allerdings hätte ja unter Umständen auch ein einfacher Blick aus dem Fenster schon gereicht? - Doch wenn sich die beiden anderen hier bereits einig darüber waren, die Hafenverwaltung zu befragen, dann konnte und würde sich Celer da nun einfach heraushalten. Er war ja schließlich unterm Strich nicht der, den man damit behelligte.


    "Nein, der ist vor über einem Jahr wieder zurück nach Roma in die dortige Casa Iulia gezogen und setzt in der Ewigen Stadt nun seine Karriere fort: Momentan amtiert er als Decemvir stlitibus iudicandis in einem Officium der Basilica Ulpia. - Allerdings lässt er zeitgleich auch einen Tempel hier in Ostia bauen, weswegen es ihn ab und an schon noch hierher zieht, und er hat sich auch nach seinem Umzug sogar noch für eine neue Lex Coloniae auf dem Palatin stark gemacht.", wusste der Asinius stattdessen lieber zu berichten und verkniff sich zu erwähnen, dass die zuvor so gelobte Arbeit des Iuliers letztlich lediglich das Produkt eines Streites mit einem anderen Mitglied der Socii Mercatorum Aurei war. Wenn man es ganz genau betrachtete, dann begann just zu diesem Zeitpunkt auch das schlechte Verhältnis zwischen Stadtverwaltung und Classis zu entstehen, erinnerte er sich ohne sich eines konkreten Namens zu besinnen. Kaum merklich schüttelte Celer im Anschluss den Kopf und beschloss lieber dem weiteren Gesprächsfortgang zu folgen. Für welche der angebotenen Optionen würde sich der Decimus wohl entscheiden?




    DECURIO - OSTIA
    KLIENT - MARCUS IULIUS DIVES

    | Antinoos


    Und einmal mehr fand sich der Bithynier in einer beobachtenden Situation wieder - vermutlich nicht wesentlich anders als auch der anwesende Sohn des Lagerpräfekten, der doch vergleichsweise schweigsam war. Doch dergleichen sollte dem Sklaven relativ egal sein, solange dieser Iulier nur den Kontakt, wie es sich sein Herr Dives vorgestellt hatte, zum Duumvir herstellte. Tja, und das hatte er getan, Schweigsamkeit hin oder her. Antinoos durfte nur nicht vergessen, ermahnte er sich selbst, dass er den jüngeren Iulius noch einmal auf den Brief ansprach, den der ihm für seinen Herrn mitgeben wollte!


    Da das Bieten hier fürs Erste recht schnell vonstatten ging, erwartete der Sklave nach der Aufklärung über die Dauer des Entscheidungsprozesses wohl demnächst die Verabschiedung und das Ende dieser Unterhaltung. Anschließend dann, da scheinbar bereits am folgenden Tag mit einer Nachricht der Duumvirn zu rechnen wäre, müsste der Bithynier mit dem Praefectus wohl die Frage klären, ob er noch eine Nacht länger im Legionskastell bleiben könnte, um auch tatsächlich mit dem neusten Informationsstand wieder zurück nach Roma zu reisen. Doch alles zu seiner Zeit. Nicht dass hier aktuell vielleicht doch noch irgendwelche Fragen existierte, die der Klärung bedurften?




    CUSTOS CORPORIS - MARCUS IULIUS DIVES
    CURSOR - MARCUS IULIUS DIVES

    Wie an mittlerweile jedem Morgen seit seiner Ernennung zum Decemvir stlitibus iudicandis musste der iulische Hausherr, der bekannter- oder auch weniger bekanntermaßen vorübergehend das Cognomen Dives trug und folglich derzeit nicht Senator Iulius Centho hieß, die Casa Iulia in Richtung Basilica Ulpia verlassen. Sein Weg führte ihn dabei für gewöhnlich vom Cispius Mons, der nördlichen Erhebung des Esquilin, hinunter zum Vicus Patricius, der Straße an einem kleinen Wasserlauf, die ihn direkt in die Subura brachte, über den Argiletum genannten Weg zum Forum Nervae. Von dort aus war es durch das Augustus- und das Traiansforum nur noch ein Katzensprung bis in die ulpische Basilica, in welcher der Iulier sein decemvirisches Officium hatte. Am heutigen Morgen allerdings stoppte er seinen Weg bereits an der Straße vor der Casa Iulia, auf der es nach eigenem Empfinden an diesem Tag schon fast so stank, als stünde er hier bereits in der Subura respektive in irgendeinem Gerberviertel. Verdammt, wie das nach Pisse miefte!
    "Du.", sprach er also einen der Sklaven in seinem Tross an. "Lauf zurück in die Casa und gib dem Maiordomus Bescheid. Er soll dafür sorgen, dass diese gehobene Gegend", was durchaus in zweierlei Bedeutung verstanden werden konnte, "auch riecht wie eine gehobene Gegend!", trug er dem Unfreien auf. Er wollte schließlich nicht, dass der Gestank am Ende noch in die eigenen vier Wände eindrang, wo er doch sonst eher das Bild im Kopf hatte, dass sich in den Tälern der ganze Gestank sammelte, während auf den Hügeln und Bergen der Wind dafür sorgte, dass man immer zu seiner wohlverdienten frischen Luft kam. "Ich erwarte, dass die Arbeit getan ist spätestens, wenn ich wieder hier aufschlage.", verabschiedete er sich dann und setzte sich im Anschluss mit einem Begleiter weniger wieder in Bewegnung in Richtung Vicus Patricius. Hoffentlich stank es nicht in der Subura heute ebenfalls äquivalent mehr als sonst...


    Unterdessen sorgte Phocylides, der Maiordomus der Casa Iulia, dafür, dass der unerträgliche Geruch zusammen mit allem, was diesen verursachte, von der Straße vor der Casa gewaschen wurde. Dafür erhielten ein Dutzend mehr oder weniger kräftiger Sklaven, die jedoch in jedem Fall auch gut anpacken konnten, den Auftrag mit Eimern frisches Wasser aus einem Brunnen in der Nähe zu schöpfen und mit diesem Wasser sodann den Gestank wegzuspülen dahin, wo er hin gehörte: hinunter vom Cispius Mons in Richtung Vicus Patricius, wo sich der kleine Wasserlauf neben der Straße schon um die abschließende Entsorgung des Unrates kümmern würde. Geschlagene vier Stunden - und damit also einen ganzen Vormittag lang - waren die unfreien Bediensteten der Casa Iulia damit beschäftigt Wasserladung für Wasserladung derlei stinkende Hinterlassenschaften Passus für Passus vom Berg ins Tal zu waschen. Dann hatten sie ihren Auftrag erfüllt - nicht zuletzt sicherlich auch im Interesse der gesamten Nachbarschaft auf dem Cispius! Denn man hätte den Unrat ja auch einfach nur vor die nächste Tür spülen können, wo der nächste zwangsläufig in der Verantwortung gewesen wäre - hier lebten neben den Petiliern ja auch Aemilier, Claudier und Tiberier nicht weit entfernt. (Und war nicht einer der Tiberier sogar ein amtierender Quattuorvir viis in urbe purgandis?) Aber dennoch und weil man natürlich nicht gerade scharf auf einen Nachbarschaftskonflikt war, hatten die Iulier hier vorbildlich Verantwortung für alle Bewohner dieses Hügels gezeigt!

    | Antinoos


    Der Bithynier hatte sich bei seinem Auftrag in Mantua nach divitischer Ansicht ganz gut bewährt, sodass er folglich auch in dieser Sache den Zuschlag bekommen hatte: Nachdem der Iulier aus einem Brief von der offensichtlichen Sabotage seines Tempelbaus in Ostia erfuhr, war er relativ zügig zu dem Schluss gekommen, dass er unter anderem dringend einen neuen Auftragnehmer für ein Kultbild des Iuppiter Serapis benötigte! So hatte sich in der Folge nun also Antinoos aufgemacht ein paar Erkundigungen einzuholen über einigermaßen geeignet erscheinende Steinmetze. Und da eine große Gesandtschaft aus einer der germanischen Provinzen selbstredend keineswegs lange völlig unbeachtet blieb, stand auf der Liste des Sklaven unter anderem auch ein gewisser Petronius Crispius, der wohl dort oben im Norden einen ganz erfolgreichen Steinmetzbetrieb führte.


    Mit ein paar Münzen an den richtigen Stellen die übergangsweise Wohnanschrift des Gesandten in Erfahrung gebracht erreichte der Unfreie, kurz nachdem er auf einem der Märkte auch von einem illyrischen Händler ein Angebot eingeholt hatte, die Insula, in welcher der Petronius angeblich untergekommen war. Und irgendwann, nach ein paar Fehlanläufen, war dann auch die vermeintlich richtige Wohnungstür gefunden, an welcher Antinoos sodann beherzt anklopfte - zu einer Zeit am späten Nachmittag, zu der hier hoffentlich überhaupt jemand zu Hause wäre.




    CUSTOS CORPORIS - MARCUS IULIUS DIVES
    CURSOR - MARCUS IULIUS DIVES

    Auf dem bequemen Sitzmöbel hinter seinem Schreibtisch sitzend ließ sich Dives, wie so oft und vollkommen unspektakulär, seine Post wohlbetont vorlesen, während er selbst seinen Blick leicht nachdenklich zur tullischen Büste gewandt still einen Becher Obstnektar, hergestellt aus eigenproduziertem Obst, genoss. Hin und wieder gab er ein mal mehr und mal weniger erfreutes Brummen von sich oder gab seinem Vorleser einen Wink, wenn der mit dem nächsten Schriftstück fortfahren sollte. Denn was auch hätte er hier groß sagen sollen zur Saturnalienpost seiner Betriebsverwalter aus Bovillae oder den Neujahrsgrüßen seines ehemaligen Mitduumvirn Cassius aus Ostia? Derlei Nachrichten, deren Inhalt sich zumeist auf 'Io Saturnalia!' respektive 'Frohes Neues!' zusammenstreichen ließen, waren zwar zweifellos von diesem und jenem ganz nett und bestenfalls sogar noch etwas originell, doch eben auch kaum mehr. Und so erwartete der Iulier ein nach dem letzten Brief gelangweiltes Gähnen unterdrückend auf die Ankündigung eines Schreibens seines Klienten Asinius Celer ebenfalls mitnichten ein übermäßig interessanteres Werk.
    Und Überraschung, Überraschung! In der Tat folgte schon auf den anfänglichen Gruß des Asiniers eine kurze Liste von Wünschen für das neue Jahr - begonnen irgendwo bei der obligatorischen Gesundheit, über die nicht minder wichtige Erwähnung von beruflichen und privaten Erfolgen, bis hin zu irgendeinem dieser völlig unspezifischen Anhängsel am Ende, die alles oder nichts heißen konnten und letztlich nicht mehr aussagten, als dass Celer nichts weiter dazu eingefallen war, was sich sein Patron wohl für das kürzlich begonnene Jahr sonst noch wünschen könnte. Ja, nach aufgrund der weit verzweigten divitischen Verwandschaft knappen zwei Dutzend solcher Briefe quollen jene immer wieder ähnlich klingenden Worte und Formulierungen selbst dem geduldigsten Iulier irgendwann einfach nur noch aus den Ohren... doch erstaunlicherweise endete das Schreiben des Asiniers hier noch nicht.


    Nein, vielmehr kam er nachfolgend noch auf die derzeitige Situation und Lage in Ostia zu sprechen, was wenigstens partiell sicherlich wieder etwas interessanter werden konnte. So spitzte der Decemvir nun aufmerksam die Ohren, während er sich anhören musste, wie sein Klient ihm Schritt für Schritt ausführte, mit welchen Intrigen zur Sabotage des Iuliers Celer derzeit so zu kämpfen hatte:
    Er begann damit, dass sich noch immer niemand betreffs der in Alexandria bestellten Kultstatue des Iuppiter Serapis in der Hafenstadt gemeldet hätte. Ja, es würde sogar partiell das Gerücht umgehen, dass ein größeres Privatschiff aus Aegyptus verschollen oder - wie manch alter Seebär weitersponn - von Piraten entführt wäre. Wieder andere Informanten hingegen hätten durchaus einige jedoch wenig später wie vom Erdboden verschluckte Händler aus Alexandria in Ostia ankommen sehen, sodass sich letztlich wohl nicht genau sagen ließ, welche Geschichte der Wahrheit am nächsten käme und welche besonders reichhaltig mit Seemannsgarn ausgestattet war. Fakt jedoch blieb davon unabhängig, dass Dives noch immer die sogar dem Gott selbst versprochene Kultstatue fehlte - aufgrund welches Einflusses auch immer.
    Doch es ging noch weiter - oder besser: Es stand im Gegenteil beinahe still. Die Rede war hierbei von den Bauarbeiten am neuen Tempel des Iuppiter Serapis selbst. So würde es in der Tat stetig irgendwo irgendwelche Fortschritte geben, doch insgesamt sei der Baufortgang doch aufgrund diverser Faktoren, so unter anderem des Wetters, der Nachkriegszeit, sowie diverser Transportun- und überfälle, weit weniger vorangeschritten, als der Iulier und sein Klient dies zunächst gehofft hatten. Hoffentlich, ging es Dives in diesem Zusammenhang sodann durch den Kopf, würde dieser Tempelbau am Ende nicht noch ebenso lange dauern, wie jener des Merkurtempels der Hafenstadt! - Naja, immerhin war mit dem gebildeten und sicherlich wohlstrukturierten griechischen Architectus wohl trotz allem wenigstens der wohl katastrophalste Fall ausgeschlossen. Nicht auszudenken, wäre ein wilder Germane hier in der Pflicht! Ein gewisser Fall in rund 1900 Jahren in/bei der dann größten Stadt Germaniens würde aufzeigen, dass es ohne Griechen oder Römer eben einfach nicht (gut) ging...


    Doch zurück zu Dives und seinem Brief, denn letzterer war noch immer nicht beendet. So hätte Asinius Celer selbstverständlich zunächst auf eigene Faust versucht der Angelegenheiten Herr zu werden und hätte sich dafür an den gut bekannten Duumvirn Helvetius Ocella gewandt. Dies ließ den Iulier zufrieden nicken, bevor er entgeistert aus allen Wolken fiel, als plötzlich die Rede davon war, dass Ocella seit einiger Zeit wie vom Erdboden verschluckt sei.
    "Herennius.", murmelte er leise, was ihm als erstes dazu in den Sinn kam. Dem würde der zweifach gewesene Duumvir Ostiensis nämlich in der Tat zutrauen, dass der Leute entführte, verschleppen oder gar ermorden ließ, wie es gleichsam auch nicht ausgeschlossen wäre, dass der auch den einen oder anderen Überfall auf einen Bautransport geplant hatte. Immerhin war es genau jener Herennius auch, der dereinst den amtierenden Duumvirn Dives selbst hatte zusammenschlagen lassen. Der Mann war definitiv gefährlich und sicher auch zu einer solchen Sabotage in der Lage...
    "Ich danke dir. Nun lass mich allein. Ich muss nachdenken.", schickte er seinen Vorleser in beiläufigem Tonfall aus dem Raum, während er seine Ellbogen auf seinem Schreibtisch abstützte und sein Gesicht in seinem Händen vergrub. Warum? Warum jetzt? Warum ihm? - Er brauchte einen Plan, eine Idee, dringend!

    [Man denke sich einen ertappten Schamesröte-Smiley. ^^]


    Naja, "etwas beräumt" ist in meinem Verständnis in der Tat nicht das gleiche wie "aufgeräumt".
    Während ersteres jetzt wieder getan ist, gelobe ich an letzterem in den kommenden Tagen oder so mal zu arbeiten... Geht ja nicht, dass ich jetzt schon zum zweiten Mal binnen so kurzer Zeit angezählt werde. 8o

    Salvete!


    Der Societas Claudiana et Iuliana fehlt im Zuge ihrer neuen Satzung noch der Rang des Vicarius Magistris, der logischerweise zwischen Magister und Sodalis angesiedelt sein sollte. [ Link ]
    Ich bitte darum, dass man den mit den entsprechenden Ernennungsrechten für den Magister noch im Tabularium einfügt.


    Alles andere aus einstiger PN ist ja mittlerweile eingetragen. Vielen Dank dafür! :dafuer:

    "Das freut mich!", kommentierte der Decemvir zufrieden, dass sein Cousin sich offenbar sehr engagiert diesem divitischen Anliegen angenommen und es fix sogar gleich zum Cornelius persönlich, wie er kurz darauf erfuhr, weitergeleitet hatte. Was dann jedoch folgte, das überraschte der Iulier ein wenig.
    "Inwiefern möchte der Augustus den Fall von mir prüfen lassen? Ich meine, beauftragt er ganz explizit mich damit, obwohl ich bisher weder den Cursus Iuris an der Schola Atheniensis absolviert habe, noch von Amtswegen eigentlich irgendetwas mit Beschlagnahmungen und/oder Entscheidungen über eine Rechtmäßigkeit dieser zu tun habe?", erkundigte er sich etwas ungläubig, da ihm dies doch ein wenig unplausibel erschien. Oder hatte er durch die Gesandtschaftsaudienz, die ostiensische Lex-Änderung, sowie die Satzungsänderung der Societas Claudiana et Iuliana bereits so viel Aufsehen erregt, dass man ihn nun hier noch weiter testen wollte? In der Tat wäre das wohl ganz schön, doch unterm Strich wohl ähnlich wahrscheinlich wie ein einzelner, gezielter Blitzeinschlag in den Hortus der Casa Iulia. "Oder wünscht der Augustus vielmehr, dass ich mich betreffs der Rechtmäßigkeitsprüfung der Beschlagnahmung einfach an den Praetor Urbanus wende?", kam dem Vigintivir, als welcher er eh nur eine rechte Hand eines Praetors war, spontan in den Sinn. Nicht zu vergessen waren Recht und Rechtmäßigkeit ja auch Schlagworte, die man durchaus schnell mit einem Praetor in Verbindung bringen konnte.

    Bewusst hatte der Iulier die Saturnalien zunächst verstreichen lassen und erst danach an einem weniger terminreichen Tag die Schola Atheniensis aufgesucht. Dort ging er nun folglich davon aus, dass etwaige Feierlichkeiten ein Ende gefunden hatten, Sklaven und sonstige Bedienstete etwas erholter waren und nicht zuletzt überall wieder die übliche Betriebsamkeit herrschte. Dives hatte schließlich kaum Lust in einem halben Marathon von A nach B nach C zu laufen, nur weil eventuell einige Stellen während der Feiertag nicht besetzt waren.


    Ferner hatte sich der Decemvir dazu entschieden trotz der direkt an die Rectrix gerichteten Empfehlung seines Patrons zunächst den auch für Praeceptoren nur allzu üblichen Weg über das Officium zur Anmeldung für ständige Kurse zu gehen. Man musste ja nicht auf Pluto komm raus einen Konflikt vom Zaun brechen, wo man vielleicht auch ganz friedlich bekam, was man wollte:
    "Salve!", grüßte Dives, als er an der Reihe war, den entsprechend Diensthabenden im Officium. "Ich möchte ganz gerne den Cursus Iuris ablegen. Marcus Iulius Dives mein Name, Praeceptor.", erklärte er anschließend sein Anliegen und stellte sich, ob man ihn nun zufällig kannte oder nicht, vor. Dann wartete er erst einmal eine Reaktion seines Gegenübers ab, bevor er gegebenenfalls mit der Empfehlung des wohlbekannten Consulars und Magister Iuris um die Ecke käme.

    | Antinoos


    Der Bithynier registrierte den Blick des Praefectus und überlegte sodann, ob ihm diesbezüglich irgendwelche Informationen mitgegeben worden waren. Allerdings war dem nicht so, denn auch sein iulischer Herr war schließlich noch nie dort oben im Norden gewesen und wusste folglich ebenso wenig von den dortigen Begebenheiten wie Antinoos. Letzterer stellte sich, anders als der Lagerpräfekt, allerdings nicht die Frage, ob sich ein Abbau an einem See überhaupt lohnte. Auf diese Idee kam er nicht einmal. Nein, nur hätte er selbst ein bisschen mehr Ahnung gehabt, dann hätte er im Gegenteil vielleicht sogar zu sagen gewusst, dass es tatsächlich einen Ort namens Maleria - später würde es heißen, dass der erst in 1055 Jahren erstmals urkundlich erwähnt würde - gab, in dessen Nähe doch in der Tat Steine abgebaut wurden. (Auch wenn der vom spätlateinischen Wort melarius, Apfelbaum, stammende Ortsname vielleicht wenigstens zu Beginn der dortigen Siedlungszeit eine andere Hauptwirtschaft nahelegte.)
    Auf der anderen Seite allerdings, mit ebendiesem bisschen Mehr an Ahnung, hätte er dann wohl auch einen dummen Kommentar auf den Lippen gehabt zu den wertsenkenden Gefahren, welche die Grundstückslage an einem solchen See mitbrachte. Vielleicht in Verbindung stehend mit den Steinbrüchen in Maleria und sicher auch manch anderem Ort an dem See, vielleicht aber auch aufgrund ganz anderer Faktoren würde sich nämlich in exakt 452 Jahren ein großes Unglück an dem Gewässer ereignen - ein Binnentsunami, dem man als Tauredunum-Vorfall gedenken würde und der nicht nur Zerstörung, sondern auch den Tod für viele Menschen bringen würde.


    "Mir ist darüber auch nichts bekannt.", konnte Antinoos ohne erwähntes Wissen jedoch nur antworten, fügte allerdings sogleich noch hinzu: "Aber aus den Unterlagen dort dürfte doch hervorgehen, dass der Erblasser Vipsanius selbst keinerlei wirtschaftlichen Sinn in der Ausbeutung seines Grund und Bodens gesehen hat. Jedenfalls hat er weder einen Marmor-, noch einen Steinbruch hinterlassen und auch keine Mine, nicht wahr?", scheinargumentierte der Bithynier. Denn selbstredend konnte ein nichtvorhandener Betrieb auch einfach nur den Grund haben, dass der Vipsanius sein Grundstück nicht verschandeln wollte und eben einen netten Landsitz mit Seeblick der Ausbeutung seines Besitzes vorzog. Immerhin stand auf der Besitzurkunde ja glasklar geschrieben, dass sich das Land direkt am See von Geneva befand...




    CUSTOS CORPORIS - MARCUS IULIUS DIVES
    CURSOR - MARCUS IULIUS DIVES

    Der Praeceptor war froh, dass er mit seiner etwas offensiveren Antwort die Personalproblematik der Schola Atheniensis thematisch an dieser Stelle offensichtlich zu beenden vermochte. In der Tat nämlich hatte er auch kaum damit gerechnet, dass der Tiberier hier selbst einen Einstieg in die Lehrtätigkeit suchte.
    "Das freut mich.", entgegnete Dives seinem Gegenüber also stattdessen nun nur noch seinen Hochzeitstermin betreffend durchaus hörbar auch eine Spur erleichtert. Selbstredend ging er nun in der Folge bereits vergleichsweise fest davon aus, dass dem Datum Ende Februar keinerlei religiösen Vorschriften im Wege stünden. Das hieß im Klartext, dass der Termin nun folglich begonnen werden würde verbreitet zu werden... zunächst nur informell, später sicherlich auch inform offizieller Einladungen. Doch bis dahin würde wohl noch einiges Wasser den Tiber hinab ins Mare Nostrum fließen.


    Die nachfolgende, zunächst positive Kritik nahm der Iulier mit einem leichten Lächeln entgegen. Dabei war ihm selbst durchaus bewusst, dass er hier keine Consulars- oder auch nur Senatorentochter ehelichen würde. Und auch patrizisch war dieser Zweig der Sergier nach allem, was er wusste, nicht (mehr). Imposant war seine 'Wahl' folglich in der Tat wohl kaum. Doch lag ebendort ja auch irgendwie der Hund begraben: Dives hatte einerseits eben nicht gewählt, während er andererseits ein Iulier war, der mit einem zugegebenermaßen keineswegs schlechten Wahlergebnis, dennoch ganz sicher keinen großen Namen in Roma hatte. Im Gegenteil gereichte ihm sein Gentilnomen dieser Tage wohl noch immer potenziell eher zum Nachteil auf politischem Parkett. Was also blieb dem Verlobten da anderes, als aus seiner Situation gemäß altbewährter römischer Tradition, die da hieß 'nicht kleckern sondern klotzen', das Beste zu machen? Und in genau diesem Sinne versuchte er seine nahende Hochzeit eben so gut zu verkaufen, wie es ihm möglich schien...
    "Ganz ehrlich, mein Freund? Verrat mich bitte nicht, aber das hoffe ich auch.", schmunzelte der Iulier ein möglichst unbeschwertes Schmunzeln und probierte auf diese Weise einen Teil des Ernstes aus den guten Wünschen des Tiberiers zu nehmen. Lepidus hatte ja keine Ahnung, wirklich keine Ahnung! "Aus diesem Grund bin ich im Übrigen auch froh, dass du mir als Trauzeuge zur Seite stehst. Gerade bei so einem... Kaliber von Frau denke ich, dass ich ein bisschen Rückendeckung von jemandem, dem ich voll und ganz vertraue, gut gebrauchen kann.", verzog er sein Gesicht zu einem schiefen Grinsen. Erschwerend kam hier immerhin noch hinzu, dass dies die erste Ehe des folglich noch etwas unerfahreneren Decemvirn sein würde, auch wenn er letzteres gerade aus Angst vor falschen Gerüchten bestimmt nicht zugeben würde.


    "Da fällt mir ein: Habe ich dir eigentlich schon erzählt, dass unlängst unsere neue Vereinssatzung nach einer kleinen bürokratischen Odyssee vom Palatin bestätigt wurde und damit faktisch in Kraft getreten ist? Ich glaube, es war irgendwann zwischen den jüngsten Wahlen und unserer Ernennung zu Vigintivirn.", lenkte Dives hernach wieder ein bisschen von der Sergia ab. Das Pflichtprogramm seine Verlobte betreffend hatte er schließlich bewältigt und ansonsten sprach er eigentlich nur weniger gern über die Frau, die ihn in eine Ehe mit sich erpresste.

    In der Tat war Faustus keineswegs der erste, der Dives zwar einerseits Wortgewandtheit unterstellte, auf der anderen Seite aber zeitgleich sagte, dass der Iulier jedoch insgesamt etwas zu viel sprach. Tatsächlich nämlich war dergleichen sogar dem Betroffenen selbst nicht unbekannt. Doch konnte er hier manche Dinge einfach nicht unkommentiert lassen. Denn - und so drastisch und vermutlich auch übertrieben würde sich der Decemvir gewiss nie offen äußern - es kam ihm hier partiell wirklich so vor, als würde sein Gegenüber mit zwei verschiedenen Maßstäben messen: Begonnen bei dem Verhältnis zueinander, für das Faustus auf der einen Seite hier offensichtlich den Anspruch stellte, Dives von seinen Eheplänen abbringen zu können, während er andererseits begonnen spätestens einstmals hinter einem Nymphaeum den Iulier immer wieder und wieder von sich stieß. Letzteres zeigte nicht nur die Titulierung als 'Dulcis Dives', sondern nicht zuletzt auch die vorherige Aussage des Decimers, dass er an dieser Stelle bereits absolut nichts mehr zu verlieren hätte. Und hatte Faustus gerade hier und jetzt nichts und niemanden mehr zu verlieren? Oder war der blonde Jemand schlichtweg einfach ein Nichts in den decimischen Augen? Derlei Fragen stellten sich dem Decemvir hier unweigerlich.
    Ähnliches galt für den Fall des Licinus, den Dives hier offenbar nicht verteidigen dürfen sollte, obgleich nur unlängst zuvor Faustus seinen eigenen Verwandten, der als gewählter Consul ganz offensichtlich auf der selben Seite wie Licinus stand, sehr wohl in Schutz nehmen durfte. Alternativ, denn ebenfalls den iulischen Lagerpräfekten betreffend, war es allem Anschein nach unmöglich für ebendiesen und sein Agieren während des Bürgerkrieges auch nur irgendein Verständnis aufzubringen, während Faustus' Sichtweise auf den Cornelius selbstredend nicht infrage gestellt werden konnte, obgleich außer Worten und Aussagen nurmehr Toter zumindest dem Wissen des Iuliers nach nichts weiter für dessen Sichtweise sprach. Oder hatte man in der Villa Tiberia Gift gefunden? Hatte die Durchsuchung der Villa Claudia eindeutige Briefe einen Giftmord betreffend ans Licht gefördert? Oder waren in der Villa Aurelia, Flavia oder Vinicia vielleicht gar irgendwelche Kaufbelege oder ähnlich belastendes Material sichergestellt worden? Dem Decemvir wäre derlei in der Tat (und völlig natürlich, da er ja selbst kein Praetorianer war) neu. - Und dennoch hatte Dives selbst hier bislang und trotz mehrfacher Möglichkeit kein Wort darüber verloren, dass er die Betitelung des Corneliers als Giftmörder für falsch erachten würde.


    Zuletzt blieb Faustus dem Iulier bewusst oder unbewusst die Antwort darauf schuldig, ob er sich nicht selbst längst im eigens kritisierten Lügenkäfig befände, was andererseits Dives auch wieder Antwort genug war. Und so hatte der Vigintivir hier tatsächlich einfach nicht schweigen können, nicht oberflächlich nett und freundlich sein können, nur um auf eigene Kosten bloß keinen Konflikt entstehen zu lassen aus der Gefahr heraus, dass Faustus ihn sonst gleich wieder von sich stieß - was er hier sodann auch tat. Wie würde in unzähligen Jahren einmal ein Mann aus iulischer Sicht ganz treffend formulieren? 'Wir können immer liebenswürdig sein zu den Menschen, an denen uns nichts liegt.'
    So also wagte der Decemvir auch einmal einen weniger liebenswürdigen Kurs zu fahren, der nicht zuletzt zeigte, dass es ihm wenigstens in bestimmten Punkten durchaus wichtig war, dass man etwas mehr zueinander fand - ohne dass einer der beiden dabei den gesamten Weg auf den anderen zugehen müsste, verstand sich. Vielleicht würde Dives auf diese Weise ja unterm Strich mehr Erfolg bei seinem Gegenüber haben, als mit seiner sonstigen Art, die ihn, so pedantisch dies klingen mochte, eben nur zu einem 'Dulcis Dives' gemacht hatte.


    Nachdem sich der Geliebte von ihm abgewandt und zu seinem Zelt begeben hatte, atmete der Iulier nachdenklich einmal tief durch. Sollte er nun einfach gehen und Faustus damit erst einmal Zeit geben, um die hier gesprochenen Worte zu verdauen, bevor er dem Decimer in ein paar Tagen vielleicht nochmal einen Besuch abstatten würde? Er sah zu dem nach dem Krieg doch eben erst wiedergewonnenen Faustus, dessen Anblick ihn spontan an einige melodische Zeilen erinnerten:
    'I remember tears streaming down your face / When I said, I'll never let you go / When all those shadows almost killed your light
    I remember you said, / Don't leave me here alone / But all that's dead and gone and passed tonight'

    War es nicht beinahe so, wenn man vielleicht von den trockenen Augen Faustus' absah?
    'Just close your eyes / The sun is going down
    You'll be alright / No one can hurt you now
    Come, morning light / You and I'll be safe and sound'

    Die Gesichtszüge des Iuliers hellten etwas auf, während er kurz davor war, leicht zu lächeln.
    'Don't you dare look out your window / Darling, everything's on fire / The war outside our door keeps raging on
    Hold on to this lullaby / Even when the music's gone, gone...'

    Just in diesem Augenblick bot der Sklave, dessen Namen Dives an dieser Stelle bereits wieder vergessen hatte, ihm einen weinbefüllten hoffnungsvoll grünen, wie er selbst fand, Glaspokal an. Gehen oder bleiben? - Diese Frage hatte er sich selbst noch nicht einmal beantwortet, da hielt er das Glas bereits in den Händen... und ging hernach Schritt für Schritt langsam ebenfalls zu dem decimischen Zelt, um sich ebendort selbst auf eines der Felle zu setzen, die die Kälte des Bodens abhielten.
    "Es tut mir Leid.", flüsterte Dives nur wenig hoffnungsvoll. Angefangen damit, dass er die vorherige Stimmung zerstört hatte, daüber, dass er die eigene Verlobung bislang auch weiter nicht zu lösen gedachte, bis dahin, dass sie hier offenkundig auch darüber hinaus in vielerlei Punkten verschiedenster Ansichten waren. Ohne bisher daraus getrunken zu haben blickte der Iulier alsbald leicht verträumt den Pokal in seinen Händen an, dessen Glas so unbeschwert und federleicht funkelte im Licht...

    Der alte Unfreie Aglaopes, aus dem Privatbesitz des iulischen Magistrats stammend, denn Personal von Amtswegen bekam man als einfacher Decemvir offenkundig noch nicht gestellt, öffnete die Tür zum Officium des Vigintivirn zunächst einen kopfbreiten Spalt weit, bevor er die Porta sogleich wieder hinter sich schließend auf den Flur heraustrat. Er blickte entschuldigend drein und erklärte dem zuvor schwungvoll Anklopfenden, dass der Decemvir gerade in der Verabschiedung eines anderen Gastes begriffen wäre und dass es folglich noch einen winzigen Augenblick dauern würde, bis der Iulius Zeit erübrigen könnte. Und tatsächlich auch nur wenig später öffnete sich die Tür erneut und ein junges Paar, von dem nicht gleich ersichtlich war, ob es sich um Geschwister oder Eheleute handelte, trat mit zufriedenen Mienen heraus. Sie nickten dem Wartenden freundlich stumm zu, bevor sie sodann miteinander ins Gespräch kommend dem Ausgang der Basilica Ulpia entgegenstrebten. Anschließend bedeutete Aglaopes dem Tiberius durch die geöffnete Porta einzutreten in das Officium, in welchem Dives hinter seinem bescheidenen Schreibtisch sitzend seinen Blick fest auf eine vor ihm liegende Wachstafel gerichtet hatte und schrieb...

    Der Decemvir machte sich eine entsprechende Notiz den Willen des Helvetiers betreffend.
    "Gut.", meinte er anschließend. "Dann wirst du demnächst die entsprechenden Unterlagen zugestellt bekommen, die dich sodann zum Eigentümer des senatorischen Nachlasses machen werden.", erklärte Dives hernach den weiteren Verlauf dieser Erbschaftssache. Damit war an und für sich der von den Amtspflichten beherrschte Pflichtteil dieser Unterhaltung wohl weitesgehend abgeschlossen, sodass der Iulier versuchsweise noch einmal die Sergia zur Sprache brachte:


    "Dass auch du in den Senat strebst, wie ich deinen Worten entnehme, freut mich - und freut sicherlich auch meine Verlobte, Sergia Fausta. Das heißt, sie ist doch deine Cousine, oder?", versicherte er sich noch einmal, obwohl er sich dessen auch zuvor bereits recht sicher war. Warum sonst sollte die Sergia sich schließlich für den Helvetius einsetzen und ihn als Cousin titulieren?
    "Den Willen der Götter betreffend lass mich noch hinzufügen, dass sich dieser durchaus auch ein wenig nach dem Prinzip des 'Do ut des' beeinflussen lässt.", lächelte der Iulier schlussendlich mit einem gewissen Witz in seiner Mimik und lehnte sich auf seinem wenig bequemen Amtssessel etwas zurück, während er seinen Gegenüber und dessen Reaktion abschätzte und bobachtete.

    | Antinoos


    Treffer! Nicht nur der Sklave selbst, sondern ganz offenbar auch dieser sicher nicht ganz unerfahrene Duumvir von Mantua fand die angebotene Erklärung irgendwo einleuchtend. Zwar merkte der Würdenträger auch sogleich noch ein 'Aber' an, doch Antinoos konnte ja nicht alles wissen - insbesondere darüber, was in den germanischen Provinzen direkt an der Grenze zum wilden Germanien so gang und gäbe war. Oder vielleicht, kam dem Unfreien ein Gedanke, den er, da er nicht weiter gefragt wurde, still und stumm für sich behielt, existierte ja auch mehr als eine Ortschaft mit dem Namen Geneva in der Provinz: Ein Geneva unweit Mogontiacums und ein weiteres weit, weit entfernt davon. Womöglich existierte im Zweifelsfall sogar in der Nähe beider Orte jeweils ein größerer See...


    Doch wie auch immer, ging es sodann nicht länger um die Eigenheiten der Besitzurkunde, sondern stattdessen nun um das Land selbst, sowie dessen möglichen Verkauf. Dabei fiel dem Bithynier, der erwähntermaßen ja nicht auf den Kopf gefallen war, in der Tat auf, dass sein Herr hier ganz offensichtlich seinem Verwandten ein paar Informationen - vermutlich sogar noch unbeabsichtigt - vorenthalten hatte. Denn auch Antinoos hätte an dieser Stelle nicht sagen können, welchen exakten Wert das germanische Land hatte. Lediglich vom Grund und Boden bei Bovillae hatte er einen ziemlich genauen Wert in Erinnerung, da jener mit 5050 Sesterzen irgendwie leicht zu merken gewesen war. Und so stand der iulische Sklave weiterhin wortlos da und beobachtete den weiteren Gesprächsverlauf.




    CUSTOS CORPORIS - MARCUS IULIUS DIVES
    CURSOR - MARCUS IULIUS DIVES