Beiträge von Cnaeus Fabius Torquatus

    Ich war spürbar erregt, als sich Axilla eng an mich schmiegte und hatte nun immer mehr Schwierigkeiten damit, mich zurückzuhalten. Andererseits wollte ich die Zweisamkeit dieses Mal voll und ganz auskosten, nachdem beim letzten Mal doch alles allzu schnell vorbei gewesen war. Und immerhin hatten wir hier im Balneum unsere Ruhe, niemand würde uns stören und es bestand auch nicht die Gefahr, dass ein Notarius ins Zimmer platzen würde. Und vor allem hatten wir eines: Zeit.


    Als sie sich von mir löste und mich verführerisch umgarnend das Becken hinunterstieg, blickte ich ihr sehnsüchtig nach. Sie wollte also Katz und Maus spielen? Das konnte sie haben. Zunächst entledigte ich auch ich mich meiner Schuhe und folgte ihr dann gemächlich ins Becken. Langsam stieg ich die Stufen hinab und atmete genussvoll aus, als mich das dampfende Wasser bis über die Hüfte umklammerte. Dann wurde ich aktiver, lächelte herausfordernd und pirschte mich wie ein Jäger an meine Beute heran. Offenbar bevorzugte es Axilla ohnehin, wenn ich dominierte - davon abgesehen gefiel es auch mir besser, wenn ich meine Stärke präsentieren konnte.


    Nun schmiegte ich mich ganz nah an sie und packte sie mit der linken Hand an der Schulter, während meine rechte Hand von der Hüfte aus immer tiefer wanderte und sich in den unteren Regionen schließlich fest griff. Ganz sanft drängte ich sie Richtung Beckenrand, während ich sie innig küsste. Dort angekommen war ich des Wartens überdrüssig und begann begierig in rhythmischen Bewegungen dort anzuknüpfen, wo wir am Schreibtisch meines Officiums aufgehört hatten.

    Zweifellos hatte sich mein Stand unter den zahlreichen Klienten des Senators seit meiner Rückkehr nach Rom verbessert. So musste ich mich also nicht allzu lange gedulden, ehe Macer auf mich zukam. "Salve, Patronus", grüßte ich zurück und war sogleich etwas verblüfft, dass mein Brief über meine Einstellung offenbar nicht den Weg in die Casa Purgitia gefunden hatte. Ich hatte eigentlich gedacht, ich hätte mit meinem neuen Personal ein gutes Händchen gehabt, aber ganz offensichtlich war mir Fortuna bei der Auswahl meiner Bediensteten weiterhin nicht wohlgesonnen. "Offenbar ist mein Brief wohl auf dem Postweg verschollen, aber ja, ich nehme deine Glückwünsche dankend entgegen. Ich leite nun als Procurator a memoria die Archive der Kanzlei. Deine Fürsprache war dabei sicherlich ein gewichtiger Faktor, sodass ich dir bei dieser Gelegenheit auch persönlich dafür danken möchte", brachte ich meinen Patron auf den neuesten Stand.

    Ich lachte amüsiert, als der neue Notarius sich einen Spaß über das Collegium erlaubte. Eigentlich war das Verhalten des Collegiums ein Unding und erforderte durchaus eine gewisse Ernsthaftigkeit - andererseits war ich immer für einen Scherz zu haben, wenn er die Unzulänglichkeiten der richtigen Person oder einer Personengruppe unterstrich. "Du bist ja ein richtiger Komiker, Germanicus", kommentierte ich knapp, bevor meine Mine wieder ernst wurde. "Dennoch muss ein solch dilettantisches Verhalten natürlich gründlich hinterfragt werden. Immerhin handelt es sich bei diesem Verein um nichts geringeres als die höchste Institution des Cultus Deorum!" Wieder einmal wurde ich darin bestätigt, dass meine Skepsis gegenüber den kultischen Einrichtungen durchaus berechtigt war. "Achja, wenn du in der Regia keinen passenden Ansprechpartner findest, dann suche den Pontifex pro magistro in seinem privaten Heim auf. Oder am besten gleich den Rex Sacrorum. In irgendeinem Loch müssen sich die Verantwortlichen ja verstecken", meinte ich dann mit spöttischem Unterton.

    In den letzten Wochen hatte ich meine Pflichten als Klient etwas vernachlässigt, immerhin war ich mit meiner Amtseinführung und sonstigen Arrangements zeitlich eingespannt gewesen. Wenngleich ich sicher war, dass der Consular dafür Verständnis hatte, war es nun dennoch an der Zeit, meinem Patron über die vergangenen Ereignisse auch persönlich Bericht zu erstatten. So fand ich mich an diesem Tage wieder einmal im Atrium der Domus Purgitia ein und wartete geduldig unter den zahlreichen Klienten, bis der Senator sich meiner Person widmete.

    "Ah ja, endlich", entgegnete ich direkt und bat den Notarius mit einem Wink in mein Officium. Ich dachte schon, der ab epistulis würde meiner Anfrage erst in der nächsten Wahlperiode nachkommen. "Ich habe eine dringende Aufgabe für dich, Germanicus", begann ich dann ohne Umschweife und mit Nachdruck. "Der Kaiser höchstselbst beabsichtigt zu den Ludi Palatini in seiner Funktion als Pontifex Maximus ein Opfer auszurichten. Zur Organisation und Planung habe ich vor gefühlten Ewigkeiten das Collegium Pontificium kontaktiert. Aber anscheinend fühlt sich in diesem Collegium niemand bemüßigt, eine Anfrage im Namen unseres Kaisers zu bearbeiten!", führte ich dann lauter aus. "Ich will, dass du das Collegium in der Regia aufsuchst und einen der werten Herren zu mir ins Officium lädst. Natürlich brauche ich einen Mann, der bei der Organisation und Planung des Opfers auch zur Unterstützung fähig ist!" An der Befähigung des Collegiums als Ganzes konnte ja durchaus gezweifelt werden, wenn es schon Anfragen der Kanzlei nicht bearbeitete. Aber vielleicht konnte der Germanicus innerhalb dieser greisen Einrichtung einen Glücksfall ausfindig machen, der weiterhelfen konnte. "Verstanden? Und nochmal: Diese Aufgabe hat absoluten Vorrang, lass alles andere liegen. Immerhin stehen die Ludi Palatini schon fast vor der Tür!" Und allmählich fühlte auch ich mich unter Druck gesetzt, was mir absolut nicht behagte.

    Gewand und Aufmachung der Eindringlinge waren auch mir vertraut, sodass ich sie auf den zweiten Blick als Praetorianer identifizieren konnte. Nichtsdestotrotz war ich aufgebraucht angesichts dieser Dreistigkeit und fühlte mich innerhalb meines eigenen Arbeitsbereichs attackiert. Zweifellos war dies ein Grenzübertritt, den ich mir als Leiter der Archive nicht gefallen lassen musste! Ich rang kurz nach Fassung, nachdem mich der offenbar führende Soldat der ungebetenen Delegation mit einer ebenso dreisten wie spärlichen Antwort abstrafte. "Deinen dümmlichen Kommentar kannst du dir sparen, Soldat!", entgegnete ich sichtlich aufgebracht nun mit lauter Stimme. "Ich bin der vom Kaiser bestellte Leiter dieses Archivs - und wenn ihr keine kaiserliche Anordnung vorweisen könnt, fordere ich euch auf, diese Räumlichkeiten augenblicklich zu verlassen!" Hinter mir hatten sich neben dem Notarius, der mich informiert hatte, bereits weitere Angestellte der Kanzlei versammelt. Immerhin erlebte man in den Gängen des kaiserlichen Aktenpalastes ein solches Spektakel nicht tagtäglich.

    Unvermittelt wurde ich aus meinen Gedankenspielen gerissen, als ich ein Klopfen vernahm. So recht wollte mir ein strukturiertes Arbeiten in den letzten Tagen nicht gelingen, weilten meine Gedanken doch eher bei meiner zukünftigen Frau. Immerhin konnte ich mir momentan weitaus reizvollere Dinge vorstellen als die Bearbeitung eines Aktenstapels. Vielleicht konnte der Termin, den ich ganz offensichtlich vergessen hatte, ja etwas Abwechslung und Unterhaltung bieten. Erwartungsvoll nahm ich also hinter meinem Schreibtisch platz, nahm noch einen Schluck verdünnten Wein und bat den Besucher sogleich mit einem lauten "Herein" in mein Officium.

    Als ich mit Axilla das Balneum betrat, verspürte ich bereits instinktiv den Drang mich meiner Kleidung zu entledigen. Offenbar hatte sich mein Körper tatsächlich schon wieder an die römische Frische zur winterlichen Jahreszeit gewöhnt, denn die alexandrinische Wärme im Baderaum führte bei mir just zu unangenehmen Schweißausbrüchen. Der Anblick, der sich mir sogleich darbot, trug natürlich nicht zu einem schnellen Auskühlen bei. Im Gegenteil, Axillas verführerische Schritte und ihre tänzelnden Bewegungen ließen mich sichtlich erstaunt zurück und brachten mich äußerlich und innerlich zum Kochen. Ich verspürte den Drang, auf sie zu zu gehen und unvermittelt dort weiterzumachen, wo wir in meinem Officium aufgehört hatten. Andererseits wollte ich ihr dieses Mal nicht die Schau stehlen und genoss ihre reizvolle Vorstellung in vollen Zügen - immerhin schien es auch ihr viel Freude zu bereiten, ihre Vorzüge ausgiebig und lasziv zu präsentieren.


    Einen Moment lang stockte mir der Atem und ich kostete ihren Anblick voll und ganz aus. Ich war zweifellos das Gegenteil eines unbescholtenen Bürgers, aber Axilla war etwas besonderes. In mir machte sich ein wohliges Gefühl breit, als ich lächelnd auf sie zuschritt. "Ich...aber sicher", entgegnete ich und fühlte mich dabei entwaffnet. Kaum eine Frau zuvor hatte bei mir in solch wenigen Augenblicken eine solch große Wirkung entfaltet. Ich beugte mich leicht nach unten und löste den Knoten ihrer Sandalae, ehe ich langsam mit meinen Händen an ihren Beinen von unten nach oben strich. Wieder auf Augenhöhe angekommen küsste ich sie innig und löste dann auch meinen Gürtel. Unachtsam warf ich ihn beiseite und zog sogleich auch meine wertvolle Tunica kopfüber aus, um sie dann ebenso sorglos auf dem feuchten Boden zu platzieren. Einen Moment lang war fühlte ich mich gezwungen, sie an den Hüften zu packen und ins dampfende Wasser zu tragen, doch dann erschien es mir reizvoll ihr den nächsten Schritt zu überlassen. Immerhin hatte ich schon in meinem Officium die Initiative ergriffen und wollte die Spannung, die in der Luft lag, nicht abrupt auflösen.

    Axilla schien eine Loyalitätsbekundung recht leicht über die Lippen zu gehen. Zumindest stellte sie diese Loyalität als fast selbstverständlich dar und zögerte nicht, diese auch vor Pan, dem Hirtengott, mit dem sie offensichtlich schon die ein oder andere einsame Stunde geteilt hatte, zu bezeugen. Offenbar war ich es nicht mehr gewohnt, eine Person an meiner Seite zu haben, mit der ich vertraut und innig lebte. Überhaupt fiel mir keine Person ein, mit der ich je meine Geheimnisse geteilt hätte. Wer sollte dies auch sein? Meinen Vater hatte ich verlassen, nachdem ich in Rom meine Karriere begonnen hatte und nie mehr etwas von ihm gehört. Meinen Onkel hatte ich vor etlichen Jahren in Mantua gesprochen, noch vor dem Bürgerkrieg, und seither nie mehr etwas von ihm gehört. Und meine erste Frau Calvia? Nun, das war eine andere Geschichte. Selbst wenn ich etwas mit ihr teilen hätte wollen, hätte es ihr beschränkter Geist wohl nicht erfassen können. Sie war ein einfaches Mädchen vom Lande gewesen, das sowohl Verstand als auch Schönheit vermissen ließ. Ein Arrangement meines Vaters, das ihm wohl für seine Verhältnisse einen Vorteil eingebracht hatte, für mich aber nichts als ein Ärgernis gewesen war. Ich hatte sie dementsprechend mit Verachtung gestraft und ihr gar gelegentlich den Tod gewünscht - und da ich dafür von den Göttern bisher nicht zur Rechenschaft gezogen worden war, schien es mir nur allzu gerecht gewesen zu sein. Vermutlich würde ich auch Axilla nie die schonungslose Wahrheit anvertrauen, denn wem nützte schon die Wahrheit über ein Kapitel der Vergangenheit? Am liebsten vertraute ich also mir selbst, denn so verfügte ich über Kontrolle.


    Dennoch war ich überzeugt, dass Axilla ihre Worte ernst meinte. Und auch wenn ich im Moment nicht beabsichtigte, meine Verlobte in jedes meiner Geheimnisse einzuweihen, so verspürte ich doch ein mir fast fremdartiges Gefühl der Nähe. Ihre recht eigenwillige Art ihre gelegentlichen Gefühlsausbrüche zu beschreiben, trug dann nur noch zu meiner Erheiterung bei. Gerade dass sie mir zu widersprechen gedachte barg eine gewisse Aufregung und bestärkte mich in dem Gefühl, die richtige Frau an meiner Seite zu wissen. Was sollte ein Löwe auch mit einem Lämmchen anfangen? "Das genügt mir vollkommen", entgegnete ich zufrieden lächelnd und ließ Axilla den Vortritt, den Abend im Balneum fortzuführen.

    Einer der Notarii hatte mir berichtet, dass "sich irgendetwas im Archiv abspielte". Die Notarii waren immerhin öfter auf den Gängen als ich selbst und irrten umher. Aber auch ohne den freundlichen Hinweis des Mitarbeiters wäre mir der Lärm nicht verborgen geblieben. Immerhin war ich nicht taub! Eiligen Schrittes begab ich mich also zum Archiv, um diese ungebetene Ruhestörung im Keim zu ersticken. Ärger machte sich in mir breit, als ich feststellte, dass der ohrenbetäubende Krach tatsächlich auch im Archiv zu lokalisieren war. Was würde es wohl für einen Eindruck beim Kaiser machen, wenn ich innerhalb der ersten Wochen schon die Kontrolle über meinen Arbeitsbereich verlieren würde? Der Notarius, der für diese Ruhestörung verantwortlich war, würde in Zukunft auf jeden Fall nur noch Abschriften erstellen, bis ihm die Hände bluteten! Aufgebracht trat ich in die offene Tür und baute mich dann mit ernster Mine im Eingang auf. "Was geht hier vor sich?", fragte ich dabei in die Runde und entdeckte drei Männer, bei denen es sich eindeutig nicht um Notarii der Kanzlei handelte.

    Tatsächlich hatte ich im Moment keine Vorstellung, was Axilla mir geben konnte, wenn nicht das, was sie ohnehin willig zu geben bereit war. Ich hatte ein lukratives Amt, ich hatte einflussreiche Fürsprecher und ich hatte Pläne für die Zukunft. Eine vorzeigbare und geachtete Frau an meiner Seite, das war das bisher fehlende Puzzlestück gewesen - und genau dieses Stück hatte ich nun in einer Weise bekommen, die ich mir bei all meiner Vorstellungskraft nicht erträumt hätte. Axilla war mehr als vorzeigbar und war nun auch noch - dank meiner Einflussnahme - eine der wenigen Ritterinnen Roms. Was also sollte ich begehren, wenn nicht die intimen Momente, die sie mir ohnehin schenken wollte? Ich genoss also ihre Berührungen und fühlte mich wohl bei dem Gedanken, nach all den kurzen Vergnügungen und wechselnden Partnerinnen der letzten Jahre, wieder auf eine Frau zurückgreifen zu können, wann immer ich wollte. Meine Frau.


    Als sie sich wieder von mir löste und sie den Rundgang durch das Anwesen imaginär fortführte, kam mir ein Gedanke. "Es gibt etwas, das du mir geben kannst.", deutete ich zunächst vage an. "Du kannst mir etwas geben, das nicht käuflich ist. Rom ist verseucht von Korruption, Intriganz und Arglist.", stellte ich dann fest. Ich musste es ja wissen, immerhin war ich ein Teil davon und griff gerne auf diese bewährte Methodik zurück. "Mein Weg ist hier noch nicht am Ende - und ich glaube deiner und der deiner Söhne ist es ebenso wenig. Jeder braucht Verbündete, denen er trauen kann - auch ich. Du kannst meine Verbündete sein und ich verspreche dir, dass ich alles tun werde, um für dich und deine Kinder einzustehen. Gemeinsam können wir viel bewegen, Axilla", sprach ich ernst und blickte ihr dabei tief in die Augen. "Es gibt also etwas, dass du mir geben kannst: Bedingungslose Loyalität", betonte ich mit Nachdruck, gefolgt von einem knappen Lächeln. "Wenn du bereit bist, mir das zu geben...dann würde ich gerne ein Bad mit dir nehmen." Axilla war eine gerissene Frau und ich hatte ja am eigenen Leib erlebt, welche Methoden sie bereit war anzuwenden, wenn es um ihre eigenen Ziele ging. Ich vertraute allerdings auf meine gute Menschenkenntnis und würde schon an ihrer Reaktion feststellen können, wie ernst sie es mit uns meinte. Ich war hungrig, hungrig und begierig nach mehr - und wenn ich den Kuchen schon teilte, dann wollte ich mir sicher sein, dass ich ihn mit der richtigen Person teilte.

    ...brachte auch ein Bote vom Palatin ein Schreiben zur Villa Flavia Felix.




    Ad
    Caius Flavius Scato
    Villa Flavia Felix
    Roma




    Ehrenwerter Senator Flavius,


    mit großer Neugierde habe ich das Empfehlungsschreiben für deinen Klienten Duccius empfangen. Seine Verdienste in jungen Jahren sowie die seiner Gens in zurückliegenden Tagen sind zweifellos beachtlich. Dennoch möchte ich mir in den Fällen, die überhaupt für eine Erhebung in den Ordo Senatorius in Betracht kommen, einen persönlichen Eindruck machen, bevor ich dem Kaiser eine solche antragen kann.


    Daher würde ich dich und deinen Klienten bitten euch KAL DEC DCCCLXVIII A.U.C. (1.12.2018/115 n.Chr.) zur fünften Stunde in meinem Officium zu einem persönlichen Gespräch einzufinden. So du zu dieser Zeit terminlich anderweitig gebunden bist, bitte ich dich um Rückantwort zur Vereinbarung eines Alternativtermins.


    Vale bene.


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    Procurator a memoria - Administratio Imperatoris



    ROMA - ANTE DIEM III KAL IAN DCCCLXVIII A.U.C. (30.12.2017/114 n.Chr.)

    Ich war durchaus verblüfft, als Axilla nach der Kenntnisnahme der Überraschung im Freudentaumel ihre Kreise zog. Für mich war es nur ein Gefallen gewesen, mein Teil einer geschäftlichen Vereinbarung, die sich allmählich zu einer persönlicheren Beziehung zu entwickeln schien. Für sie schien es sich um etwas Großes zu handeln, was es zweifellos auch war. Allerdings war ich wohl schlichtweg von nüchternerem Gemüt, sodass ich meinen Gefühlen in vergleichbarer Situation kaum auf diese Weise Ausdruck verliehen hätte. Nichtsdestotrotz war ich erfreut sie so zu sehen und fühlte mich bestätigt, immerhin hatte ich ihr gegeben wonach sie sich gesehnt hatte. Ich lächelte zufrieden, nicht nur aufgrund von Axillas Freude, sondern auch weil sich die Gewissheit in mir breit machte, dass ich kein kleines Rädchen im Zahnrad der Zeit mehr war. Ganz im Gegenteil, ich war nun in einer Position, um mein Leben und das meiner Familie nach Belieben zu gestalten. Die Möglichkeiten schienen mir in diesem Moment grenzenlos zu sein und ich war mir sicher, dass mein Weg noch lange nicht am Ende war. Manch einer mochte mir vielleicht einen gewissen Größenwahn oder Hochmut attestieren, ich hingegen betrachtete dies als meine Stärke. Sollten die Neider nur denken, was sie wollten, früher oder später würden sie alle mein Officium als Bittsteller betreten und als Speichellecker verlassen!


    Versunken in meinen Vorstellungen nahm ich ihren zweiten Tanz nicht mehr wirklich wahr und fand mich erst wieder in der Realität zurück, als sie sich an mich lehnend eine Belohnung in Aussicht stellte. Es bedurfte keiner großen Vorstellungskraft, um beim Anblick dieser Frau eine Belohnung zu ersinnen. Andererseits war dies etwas, was ich von nun an immer haben konnte. Außerdem war es im Garten recht frisch, sodass ich meinen Appetit, den mir Axillas Schauspiel zum einen und ihre generelle Wirkung zum anderen natürlich gemacht hatten, ohnehin erst im warmen Cubiculum stillen konnte. Und vielleicht war es nun auch an der Zeit zwischenmenschliche Begehrlichkeiten für einen Moment zurückzustellen. Vielleicht konnte sie mir ja auch etwas bieten, von dem ich noch nichts wusste. "Ein vorzeitiges Hochzeitsgeschenk des Kaisers, wie er es selbst bezeichnete", entgegnete ich zunächst. Angeblich mahlten die Mühlen der Bürokratie ja langsam - was in den meisten Fällen wohl auch seine Richtigkeit hatte. In wenigen Fällen konnte das Verfahren allerdings beschleunigt werden, was ich letztlich von rein persönlichen Interessen abhängig machte - und dieses persönliche Interesse war hier natürlich gegeben. "Was gedenkst du denn dem Mann zu bieten, der dir deinen Wunsch erfüllt hat?", sprach ich und lächelte dabei verschmitzt. Mir gefiel dieses Spiel und ich wollte natürlich herausfinden, was Axilla mir zu geben bereit war.

    Interessiert ließ ich meinen Blick durch das Tablinum schweifen und wurde hellhörig, als Axilla den Namen Silanus erwähnte. Dass dieser aufgrund eines Lungenleidens von der Bildfläche verschwunden war, war für mich eine erhellende Erkenntnis. Immerhin konnte ich mir kaum einen anderen Grund vorstellen, warum er, als hochrangiger und verdienter Mitarbeiter der Kanzlei, einfach so seine Stellung und sein Ansehen aufgeben sollte. "Da bin ich mir sicher", antwortete ich knapp auf Axillas Sehnsucht hin, dereinst wieder einen starken Iunius im Hause zu haben. Nach dieser ersten Begegnung konnte ich mir nur schwerlich vorstellen, dass ihr ältestes Balg dafür geeignet war, aber bekanntlich entwickelten sich Kinder ja weiter. Das hoffte ich zumindest inständig, wenn ich an meinen eigenen Sohn dachte. "Das Tablinum meiner Casa ist vergleichbar, sicher, aber etwas kleiner und bei weitem nicht derart künstlerisch und imposant. Wie ich bereits andeutete: Meine Casa ist ein Relikt vergangener Tage und ich beabsichtige nicht, meine Familie - unsere Familie - länger als nötig dort hausen zu lassen", stellte ich bestimmend fest. Damals, bevor ich nach Ägypten aufgebrochen war, war die Casa meinen Ansprüchen sicher mehr als gerecht geworden. Aber nach all den Eindrücken, die ich im Osten gewonnen hatte, sowie meinem Status, der sich seither um ein vielfaches gebessert hatte, strebte ich nach mehr. Immerhin waren die Häuslichkeiten eines römischen Bürgers seit jeher auch ein ausdrucksstarkes Symbol mit Strahlkraft und Wirkung. "Wir sollten uns vielleicht später noch genauer über die künftige Wohnsituation unterhalten", fügte ich noch an, ehe Axilla die Holzverkleidungen löste und den Weg zum Garten freigab. Auch ich nahm einen tiefen Zug der frischen Luft, die ich von Alexandria so nicht kannte und an die ich mich erst wieder gewöhnen musste. Das Klima in der fernen Provinz hatte unzweifelhaft seine Vorteile, wenngleich ich jetzt, nach meiner Rückkehr, die Vorzüge der kühlen Frische Roms allmählich wieder wert zu schätzen lernte.


    Ich ließ meinen Blick durch den Garten gleiten, erspähte den Baum und hatte mich dabei vollständig von allem gelöst, was um mich herum geschah. Das Poltern des Jungen hatte ich natürlich vernommen, bestätigte mich aber in meinem ersten Eindruck und bot für mich insofern auch keine Überraschung. Ich hatte den Pompeier bereits vollständig verdrängt und war bereit, meinen Abend mit Axilla zu genießen als sie...als sie ihren Sohn zur Sprache brachte. Ich musste mir ein Seufzen verkneifen und nahm sodann verständnisvoll ihre Erklärungen auf, gleichsam befürchtend, dass der junge Sprössling sich noch zu einem unsäglichen und nervenzehrenden Laster unserer gemeinsamen Zukunft entwickeln könnte. Ich musste leicht schmunzeln als Axilla ihn zum Mann der Familie verklärte, denn diese Position konnte Atticus wohl niemals ausgefüllt haben. Immerhin ließ er nach meiner Menschenkenntnis sämtliche Reife und jeglichen Scharfsinn vermissen, um dazu auch nur ansatzweise im Stande zu sein. Natürlich legte ich dies nicht offen, denn auch ich wollte unserer blendend startenden Beziehung nicht bereits erste Steine in den Weg legen. Also mimte ich weiter den toleranten Stiefvater: "Axilla, er ist noch ein Junge. Sein Vater hat ihn im Stich gelassen und vielleicht hat ihm auch ein Mann gefehlt, der ihm den rechten Weg aufzeigt", gab ich zu Bedenken, ohne eindeutig zu erklären, ob ich selbst dieser Mann zukünftig sein könnte. Natürlich beabsichtigte ich ihn auf irgendeine Weise einzubinden, immerhin konnte auch er zur Stärkung unserer gemeinsamen Familie beitragen. Mein anfänglicher Optimismus bezüglich der Fähigkeiten des jungen Pompeius wurde allerdings auf unangenehme Weise getrübt, sodass ich mir nicht mehr sicher war, ob er überhaupt über ausreichend Potential verfügte.


    Als Axilla die Aufmerksamkeit auf ihre Panstatue lenkte, war ich gespannt, was genau sie mir nun zeigen wollte. Die Darstellung des Pan war - rein äußerlich betrachtet - sicher keines meiner bevorzugten Abbilder, wenn es um imposante Dekorationen in Form von Statuen und Skulpturen ging. Nichtsdestotrotz hatte Axilla mein Interesse geweckt, als sie sich spielerisch auf Pans Schoß begab und mich sogleich auf ihre Art und Weise in eine angenehme Trance versetzte. Ich verspürte Begehren, Verlangen und näherte mich ihr instinktiv. Sie hatte eine Anziehungskraft, der ich nicht einfach widerstehen konnte - und nun, da sie auch meine Frau sein würde, auch nicht mehr widerstehen wollte. Ich lauschte ihren Worten und war keinesfalls eifersüchtig, sondern vielmehr erregt von ihrer spielerischen Darstellung und den Worten, die sie untermalend mit verführerischer Stimme sprach. Einen ganzen Moment haftete mein Blick wortlos auf ihr, bevor ich eine versiegelte Schriftrolle vom Gürtel meiner Tunika löste und sie ihr reichte. "Und ich denke...dass du diesen Mann gefunden hast", entgegnete ich zuversichtlich und erwartete voller Spannung ihre Reaktion auf meine Überraschung.

    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI


    ERNENNE ICH
    IUNIA AXILLA


    ZUR
    Eques Romanus



    Es ist ihr ab heute gestattet, die Abzeichen
    der Equites zu tragen, den Ritterring und
    den Angustus Clavus.


    ~ ANTE DIEM V KAL IAN DCCCLXVIII A.U.C. ~
    (28.12.2017/114 n.Chr.)



    Ich nickte bestätigend auf die Nachfrage des Kaisers hin und musste ebenso schmunzeln, als sich der Zusammenhang mit meinem Posten erstmalig aufdrängte. Das Officium a memoria schien tatsächlich eine gewisse Strahlkraft auf Axilla zu haben, wenngleich ich dabei natürlich nicht den Fakt berücksichtigte, dass ich auf sie zugegangen war. Wohl eher handelte es sich also um reinen Zufall.


    Einen Moment später blickte ich etwas überrascht drein, als der Aquilier Axillas Erhebung sogleich als vorzeitiges Hochzeitsgeschenk präsentierte. Offenbar hatte ich die Bedeutung meiner Verbindung zu Axilla - oder zumindest des Kaisers Umgang damit - völlig falsch eingeschätzt. Hätte ich gewusst, dass der Kaiser dies eher als positives Argument, denn als eigennützige Vetternwirtschaft auslegen würde, hätte ich meine Absichten wohl schon zu Beginn des Gesprächs offen gelegt und meine Argumentationskette damit bequem gekürzt.


    So nahm ich die Entscheidung des Kaisers mit einem freudigen Lächeln entgegen und dankte nickend. "Das sehe ich genauso und danke dir natürlich für deine Entscheidung." Eine Ritterin an meiner Seite zu haben war dem Ansehen meiner Familie sicherlich zuträglich, auch wenn sich für mich dadurch keine unmittelbaren Vorteile ergaben.


    Um die freudige Stimmung nicht abrupt zu unterbrechen, wartete ich einen Moment, ehe ich fortfuhr: "Dann werde ich alle Erhebungen vorbereiten. Das wäre dann von meiner Seite für heute alles." Da der Kaiser seinen Auftrag für die Opferzeremonie bereits vorgetragen hatte, war die Besprechung für den heutigen Tag wohl beendet. Allerdings wartete ich noch einen kurzen Moment, falls der Kaiser doch noch etwas vorbringen wollte.

    Mir blieb die Spannung, die der Bengel durch seine Androhung eines vermeintlichen Auszugs hervorrief, natürlich nicht verborgen. Axilla schien viel daran gelegen zu sein ihren Sprössling um sich zu haben, während ich es kaum erwarten konnte, endlich alleine mit ihr zu sein. Sollte der Junge eben in der Casa Pompeia wohnen, so hatte ich wenigstens meine Ruhe. Wenn er meine großzügige Hilfe nicht annehmen würde, sollte er dort eben schmoren und in die Fußstapfen seines jämmerlichen Vaters treten. Immerhin konnte man niemanden zu seinem Glück zwingen.


    Ich war dankbar, dass Axilla sogleich jedweden Disput im Keim erstickte und die negativen Spannungen wieder in eine positive Vorfreude wandelte. Zumindest hatte ich nicht das Gefühl, dass sie sich davon den Abend verderben lassen wollte. Mit einem Grinsen nahm ich also ihren Arm und hatte bereits im selben Moment den respektlosen Auftritt dieses infantilen Unruheherds wieder verdrängt. Interessiert blickte ich zunächst zu den Gästezimmern, dann zum Lararium, ehe sie mich in den Garten führen wollte. "Ich kann es kaum erwarten", entgegnete ich voller Vorfreude - weniger auf den Anblick des Gartens, sondern vielmehr auf ungestörte Zweisamkeit.

    Der Kaiser schien nachdenklich, oder zumindest schien er sich an etwas zu erinnern. Tatsächlich fiel dann der Name Pompeius Imperiosus, der wohl aufgrund seiner Präsenz während des Salinator-Regimes vielen aktuellen und ehemaligen Senatoren ein Begriff war. "So ist es", bestätigte ich knapp und blickte nüchtern zum Kaiser, dann wieder auf meine Tabula, um mir meine persönliche Verstrickung in dieser Angelegenheit nicht anmerken zu lassen. "Sie war die Frau des Ritters Caius Aelius Archias, ehe dieser verstarb und sie Gaius Pompeius Imperiosus heiratete, ehemaliger Procurator a memoria und a libellis am Kaiserhof", stellte ich zunächst die Fakten dar, bevor ich wieder zum Aquilier aufblickte. "Die Iunia hat mir berichtet, dass der Pompeier seit zehn Jahren verschollen ist. Umso beachtlicher ist es, dass sie als Frau so lange und so erfolgreich gearbeitet hat", gab ich zu bedenken und überlegte dann kurz, ob und wie ich meine persönliche Beteiligung in der ganzen Sache offen legen sollte. Letztlich entschied ich mich für eine diplomatische Version: "Ich will offen sprechen, mein Kaiser. Ich überlege, ob ich Iunia Axilla zur Frau nehmen soll. Meine Frau ist lange tot und sie scheint mir eine gute Partie zu sein, unabhängig davon ob du sie für den Ritterstand als würdig erachtest", sprach ich wahrheitsgemäß - oder zumindest halb wahrheitsgemäß - und blickte dann erwartungsvoll zu Severus. Früher oder später würden dem Kaiser meine Pläne ohnehin zu Ohren kommen und ich wollte keine Konflikte riskieren, zumindest nicht mit dem höchsten Mann im Staate.

    Der Kaiser war offenbar hartnäckig oder einfach nur sehr gründlich, wirklich kannte ich seine Arbeitsweise und seine Art ja noch nicht. Auf jeden Fall war der letzte Kaiser, für den ich gearbeitet hatte, weitaus impulsiver und neigte zum Schnellschuss. So bedurfte es wohl weiterer begünstigender Worte - glücklicherweise hatte ich die genauen Eckdaten noch auf einer Tabula fixiert, die ich sogleich hervorholte: "Sie war viele Jahre in Alexandria und hat dort dem langjährigen Leiter des Museions, Nikolaos Kerykes, als Scriba personalis assistiert. Ihre nächste Station war die Acta Diurna, wo sie zunächst als Subauctrix und später viele Jahre als Lectrix gearbeitet hat. Sie hat außerdem Kurse mit Schwerpunkt Philosophie und Handel absolviert, was wohl ihre umfangreiche momentane Geschäftstätigkeit in verschiedenen Gewerben erklärt. Sie führt unter anderem einen Marmorbruch in Luca, eine Werkzeugschmiede in Mantua sowie einen Farbhändler in Alexandria", referierte ich weiter zu Axillas Gunsten, ehe ich kurz pausierte, um dem Kaiser Bedenkzeit einzuräumen. Nach wenigen Sekunden fiel mein Blick wieder auf die Tabula, auf der auch ihr familiärer Hintergrund notiert war - wenngleich ich diesen noch sehr gut im Gedächtnis hatte, immerhin hatte ich mich damit aus reinem Selbstzweck hinreichend beschäftigt. "Bezüglich ihrer Verwandtschaft ist vor allem Iunius Silanus zu nennen, der noch dir als Procurator a libellis gedient hat, wenn meine Aufzeichnungen richtig sind?", blickte ich zunächst fragend in Richtung des Kaisers. "Dann sind da noch Iunius Avianus, zuletzt Tribunus Cohortes Urbanae, sowie Iunius Seneca, aktueller Praefectus der Ala II Numidia in Germania Superior", fügte ich noch an, bevor ich meinen langen Vortrag beendete und erwartungsvoll gen Kaiser blickte.