Beiträge von Alwina

    Das war es und sollte für die kommenden Tage ihr zu Hause sein. Im Hebst hatte sie, bei der Suche nach Pilzen, Eicheln und vielem anderen, die kleine Hütte zwischen Mogontiacum und Confluentes entdeckt. Sie lag im Wald ein Stück vom Weg ab. Das Dach war dicht. Die Löcher in den Wänden mit frischem Lehm verschmiert. Blätter, alte Nester vor die Tür gekehrt. Die ließ sich wieder schließen. Die hier abgestellten Vorräte an Eicheln und Nüssen hatte in den zwei Monaten keiner angerührt. Das Geschirr stand unangetastet auf dem Brett.Also hatte sie bisher keiner entdeckt.


    Feuer war das erste. Ihre Finger waren klamm. Es dauerte nicht lange und knisternd fraßen sich kleine Flammen ins Holz. Sie rieb sich die Hände und packte ihren Korb aus. Obenauf lagen zwei eingerollte dicke selbst gewebte Wolldecken. Kessel, Löffel, Getreide, Bohnen, Linsen, Käse, Brot, ein Gemüse rund und so groß wie ein Kinderkopf, die Römer nannten es Kohl. 2 Stück hatte sie davon gekauft. Wurzeln, Pastinake und römische Möhren. 2 Krüge Met und ein Krug Starkbier. Das wertvollste war ein Stück Schinken. Den hing sie unters Dach.


    Auf einem Brett lagen Harzstücken, sie hatten ihre anfängliche goldgelbe Farbe verloren, waren braun geworden. Zum Räuchern um die Geister der Toten vom Haus fern zu halten. Mistelzweige lagen bereit zum Aufhängen. In der Julnacht traf man sich unter einem Mistelzweig und besiegelt Verträge fürs kommende Jahr aufs neue. In der Julnacht herrschte auch Friede unter verfeindeten Sippen und Stämmen, trafen sie unter einem Mistelzweig aufeinander. Das wichtigste der Julklotz lag beim Holzstapel. Alwina ging und rollte ihn mit Mühe auf den kleinen freien Platz vor der Hütte. Eine kleine flache Grube in der Holz gestapelt war, dorthin rollte sie den Klotz. Heute am späten Abend wurde er angezündet und musste 12 Nächte glimmen, die Rauhnächte. Jede Nacht stand für einen Monat im Jahr. Dazu feierte man mit der Sippe..... Sie hatte keine Zeit daran zu denken.


    Der Kessel hing über dem Feuer. Einen Kohlkopf hatte sie zerhackt, die Möhren geschnippelt, Gewürze dazu, einen Löffel voll gerösteten Schinken und geröstete Zwiebeln. Ein Becher Starkbier stand am Feuer. Alwina setzte sich für einen Moment. Aufwärmen und dann hinaus das Julfeuer anzünden.

    Es war beeindruckend. Alwina stand vor der Basilika und sah sich das riesen Gebäude an. Ein kalter Wind pfiff über den Platz und bewegte sie dazu ihre Betrachtungen abzubrechen und die Basilika zu betreten. Drinnen war es angenehm überschlagen. Sie öffnete den Mantel, ihr war warm.


    Die ersten Stände hatten viele Sachen, aber nicht das was Alwina suchte. Endlich wurde sie fündig. Kessel in allen Größen. Die Größen und mittleren ließ sie stehen. Bei den kleinen hatte sie zwei gefunden, die auf ihre Feuerstelle passten. Sie entschied sich für den bauchigen. Löffel gab es am Nachbarstand. Fast alles was sie brauchte hatte sie bekommen. Am Stand mit den Pelzen und dem Leder blieb sie lange stehen. Die Pelze waren zu teurer. Leder für ein paar neue Schuhe konnte sie sich gerade so leisten. Alles im Korb verstaut, kroch ihr der Geruch von Essen in die Nase. Eine kleine Garküche die Suppen, Gemüse und Gebäck anbot. Alwina leckte sich die Lippen, eine Schüssel Suppe war das Richtige bei der Kälte. Sie stellte sich an die Seite, wärmte sich die Hände an der Schale und fing an zu löffeln.

    " Ich darf meinen Webstuhl hier aufstellen und oben wohnen ?" Alwina sah Mathayus ungläubig an. "Bis du einen Barbier gefunden hast? " Sie fiel ihm um den Hals. " Vielen Dank Mathayus." Schon rannte sie ins Haus.


    Anaxandra erfuhr es als erste. Alwina packte ihre Sachen. Den Korb, das neue Unterkleid, die Wolle und ihre Schlafstelle. Sie bedankte sich bei Anaxandra für alles. Es war nicht so, dass sie ganz weg ging. Ab und zu würde sie abends vorbei kommen.


    Alwina trug ihre Sachen hoch in den Wohnraum. Die Vorgänger kannten die kalten Winter hier und hatten sich eine kleine Feuerstelle gebaut. Holz war ein Rest da. Sie musste morgen welches sammeln gehen. Ein Fell für ihre Schlafstelle wäre auch gut.


    Heute war Markttag, vielleicht konnte sie einiges von dem was sie brauchte kaufen. Sie wickelte sich in ihren Mantel und kletterte die steile Treppe hinunter.

    Die zwei Raufbolde waren Sturz betrunken. Alwina hielt ihren Krug fester, wickelte sich mehr in ihren Umhang. Die Bewegung hatte sie verraten. Geld verdienen? Er dachte sie sei eines von den Mädchen die sich an Männer verkauften. Das war eine Unterstellung die ihr gewaltig missfiel. Anstatt zu gehen, näherte sich Alwina den Raufbolden. Ungeachtet des Regens und des Modders blieb sie neben dem der ihr zugerufen hatte stehen. „ Du kennst nur solche Mädchen? Da bist du bei mir an die Falsche geraten.“ Sie sah ihn mit ernster Mine an. Eine Ohrfeige hätte er verdient. „Schämt euch ihr Nichtsnutze. Wie ihr ausseht. Geht nach Hause. Macht euren Müttern und Frauen nur Ärger. Eure Väter müssen ja stolz auf euch sein.“ schimpfte sie und besah sich das Gesicht des Iunius. Das Geräusch reißenden Stoffes. Sie hielt mit festem Griff sein Kinn und wischte es, nicht gerade zartfühlend, sauber. Es war nichts großes, Schwellungen und eine blutige Nase. Sie wusch das Tuch aus. Von den Dächern lief der Regen in kleinen Bächen herunter „ Gib deine Hand her.“ ranzte sie den anderen an, duldete keine Widerrede. Die Knöchel waren von der Wand aufgerissen. Nichts gebrochen. „ Geht nach Hause.“ Sagte sie bestimmt.

    Mathayus ließ ihr den Vortritt. Alwina trat auf die Straße. Sie musste sich einen Ort suchen, an dem sie einen Webstuhl aufstellen konnte. Wann Mathayus seinen Patron fragte stand nicht fest, er hatte viel zu tun. Sie wollte die Zeit nicht ungenutzt verstreichen lassen. Ein Zimmer in einer der Insula's wäre die Lösung. " Danke Mathayus, ich werde mir einen Platz für den Webstuhl suchen gehen." Der Wind war kalt und zwickte im Gesicht. Sie zog den Umhang höher.

    Wusste sie mehr von ihm und seiner Kultur? Alwina musste genauso lernen. Sie machte es ihm nicht zum Vorwurf, das wäre ungerecht. Es dauerte alte Gepflogenheiten abzulegen, was sie betraf. " Ja, bitte Mathayus, wenn du das tun würdest? Wird es nichts, dann werde ich es auf eigene Faust versuchen." Alwina hatte sich, beim Blick auf die Straße, entschlossen hier Fuß zu fassen.

    „ Welcher Mann lässt sich von einer Frau den Bart schaben oder stutzen. Oder die Haare kürzen. Das machen sie untereinander.“ Sie sah weiter auf die Straße. „ Einer Frau Haare waschen, bürsten und kämmen, Zöpfe in allen Formen flechten . Ja. Aber das machen die Frauen zu Hause, ich habe hier nie eine Frau bei einem Barbier gesehen. Verstehst du jetzt. Es ist Männersache.“ Auf dem Markt und in der Markthalle, Händler, Bauern, Handwerker, keine Frau, die etwas anbot oder verkaufte. Pläne, was für Pläne hatte sie unter diesen Umständen? Aus der Wolle, die sie versponnen hatte, konnte sie Stoff, Gürtel oder Borte weben. Das nahm ihr vielleicht einer der Händler im Markt ab. Ein guter Plan, wenn er aufging. „ Mathayus, ich habe versponnene Wolle, daraus könnte ich was weben und es an einen Händler verkaufen.“

    Ein kalter dunkler leerer Raum. Sah man von den zwei Stühlen ab. Alwina sah sich um. Hier hatte der Barbier seinen Kunden den Bart geschabt. Alwina konnte sich das nicht vorstellen, selber hier zu stehen und Männern den Bart zu schaben oder zu stutzen, Haare zu kürzen. Sie sollte alleine ein Geschäft führen. Ähnlich wie Mathayus ein Geschäft führte. Das ging nicht, sie hatte keinerlei Erfahrung in solchen Dingen. Eben erst in einer für sie neuen Welt angekommen. Sollte sie gleich Dinge tun, mit denen sie vorher nie in Berührung gekommen war. Sie fühlte sich überfordert. Neue Erfahrungen prasselten auf sie nieder, die musste sie verarbeiten. Sie lernte schnell, aber es gab vieles, das seine Zeit brauchte. Ein Unding, alles war so unwirklich, trotz der Hilfe Mathayu's, Anaxandra's, Pausias und und und....sie musste damit umgehen lernen. Sie waren immer gut zu ihr, trotzdem war es nicht ihre Familie. Manchmal wünschte sie sich aufs sehnlichste, wieder nach Hause gehen zu können.


    Alwina machte einen Schritt rückwärts, drehte sich zur Tür. "Mathayus ich bin dir sehr dankbar, was du bisher für mich getan hast, aber das hier kann ich nicht annehmen. Ich ...kann das nicht. Es würde in einer Katastrophe enden." Resigniert sah sie auf die Straße. Karren, Wagen, Frauen mit Kindern, Männer die sich miteinander unterhielten. Im Herbst war sie hier angekommen, der Winter hielt Einzug. Sie fühlte sich hier immer noch wie eine Fremde. Ihre Landsleute lebten hier wie die Römer, hatten deren Gewohnheiten übernommen. Es war einerseits gut, andererseits hatten sie nicht mehr viel mit ihresgleichen gemeinsam.
    " Da, in einem dieser Häuser, werde ich ein Zimmer finden und dann weiter sehen." Über den Winter würde sie es vielleicht schaffen und dann.... gab es hier nichts, ging es zurück über den Rhenus. Im Frühjahr fand sich eventuell eine Sippe die sie aufnehmen würde. Wie und unter welchen Bedingungen, daran wollte sie jetzt nicht denken.

    Wer jagte bei diesem Wetter einen Hund vor die Tür? Keiner wäre die richtige Antwort. Was trieb ein junges Mädchen vor die Tür ? Ahnungsloses Schulterzucken des Lesers. Der Besuch in der Taverne? Ein kategorisches Nein. Doch, ein bekräftigendes Nicken.


    Einen Krug in der Hand, lief sie an der Hauswand entlang. Die Straße war aufgeweicht, matschig und schmierig durch den Regen. Es war kalt, der warme Atem produzierte kleine Wölkchen feinen Dunstes. Alwina zog ihren Wollmantel tiefer ins Gesicht. Sie hatte ihn über den Kopf gelegt. Die Haare sollten nicht durch das Wetter leiden. Frisch geflochten am Hinterkopf zu einem Knoten gedreht und mit einem Kamm festgesteckt.


    Der Regen prasselte unaufhörlich herab. Die Straßen waren um die Zeit leer. Nicht mal das Gesindel ließ sich bei diesem Wetter blicken. Es gab sowie so nichts zu holen. Alwina, hatte keine Angst, die Taverne war gleich um die Ecke.


    Ein Schnaufen und Stöhnen, unverständliches Gemurmel, ließ sie anhalten. Vor ihr schemenhaft im halbdunkel, sah sie zwei Männer, die sich prügelten. Der eine prügelte den anderen, der an der Mauer lag und sich versucht aufzurichten, das traf es genauer. Sie presste den Krug an ihre Brust. Vorbei gehen? Dann wurden sie auf sie aufmerksam und ...Das gleiche , wenn sie die Seite wechselte. Ungesehen kam sie an den beiden nicht vorbei. Alwina drückte sich an die Hauswand und hoffte, dass das Wetter die Raufbolde bald davon abbrachte sich weiter zu prügeln und von der Straße vertrieb.

    Von seinem Haus war die Rede und den Geschäften. Alwina hörte zu. Der Gewürzwein wärmte ihre Hände und vom Bauch breitete sich die Wärme in alle Richtungen ihres Körpers aus. Ihr Gesicht bekam Farbe. Was Mathayus Magonidas klang für sie abenteuerlich. Ganz alleine ein Geschäft führen, wo man Haare schnitt und Bärte schabte. Sie wusste wie das ging, so einigermaßen. Hatte es bei den Männer oft gesehen. Beim Flechten von Zöpfen oder dem Hochstecken der Haare hatte sich die Mädchen und Frauen gegenseitig geholfen. Da wusste sie Bescheid.


    Alwina war sich nicht schlüssig. War ein solches Geschäft für sie richtig? Ein kleines Haus auf dem Dach dazu?
    „ Gehen wir’s ansehen. Ich bin mir nicht sicher, ob das alles für mich das Richtige ist. Es ist was anderes...Etwas völlig anderes, Unbekanntes. Du verstehst?“

    „ Die schlagen sich, weil es die Leute sehen wollen?“ Alwina fragte sich was das für einen Sinn machte. Wie 16 jährige Jungs, die sich vor Übermut miteinander prügelten. Gegen einen hübschen starken jungen Mann hatte sie nichts, der sie mit seinem Geschick und seiner Kraft beeindruckte. Einzelne Römer und hier Ansässige sahen ganz vernünftig aus. Überzeugen konnte sie bis jetzt keiner.
    Valgiso plauderte weiter über seine Gäste. Ein schlauer Fuchs, mit frischer Luft und gutem Essen, brachte man die agilen älteren Herrschaften zur Ruhe. Alwina hielt sich den Bauch vor Lachen. „ Valgiso erzähl nicht, heute morgen habe ich im Wald Spuren von Wildschweinen gesehen. Der Boden war frisch aufgewühlt.“ Das da, wo Gallier auftauchten , sprichwörtlich die Wildschweine rar wurden, dass wusste Alwina noch nicht. (Asterix und Obelix waren ihr noch nicht über den Weg gelaufen :D ) „ Setz deinen Gästen nur genug vor, sonst ändern sie ihre Gewohnheiten. Bei Magonidas kocht Pausias. Ich darf aushelfen. Kochen selber, meinte er, ich koche zu barbarisch. Eine Qual für seinen Gaumen.“ Sie zuckte mit den Schultern.

    Alwina setzte sich. " Mir geht es hier sehr gut." Ob es ihr an nichts fehlte,nein, es fehlte nichts direkt. Das was ihr fehlte, daran konnte Mathayus Magonidas nichts ändern.
    " Ja, bitte einen Würzwein." Der war gut während er kalten Tage. Wärmte richtig durch. Am Becher wurden die klammen Finger wieder warm. Sie hatte ihn hier das erste Mal getrunken. Durch die Gewürze bekam der Wein einen ganz anderen Geschmack, der gefiel Alwina.

    " Wenn ich das wüsste Capito." sie lachte. Germanischer Tanaris, sie grübelte. Er meinte Donar, ganz sicher. Sie nannten ihn nur anders, aber er meinte ganz bestimmt Donar. " Wobei alle mit dem Met zu beglücken würde sehr kostspielig werden. Wir lassen es bei Donar. Er hat sich am meisten beim Met eingebracht." Sie hatte nicht gesehen, das Valgiso einen Becher Met dabei hatte. " Du sollst wegen mir nicht betrunken unter die Bank rutschen. Aber wenn du möchtest, kannst du gerne haben." Es waren also Gallier. Alwina kannte Chatten, Cherusker und andere Hermunduren. " Sie sind dein Gäste? Machen dir das ganze Haus rebellisch was ? So lebenslsutig wie die zwei sind. " Sie zwinkerte ihm zu. " Soooo, schnell wird Valgiso nicht blind. Er sieht heute nicht das erste mal ein junges Mädchen, stimmt's?" Alwina merkte wie sie Farbe bekam. Das Schauspiel unten in der Arena zog sie wieder in den Bann. " Was kommt denn danach?" warf sie fragend in die Runde.

    Mathayus war da. So wie Anaxandra gesagt hatte. Alwina trat ein. " Salve, Mathayus Magonidas, du wolltest mit mir sprechen?" Der Schlaf war ganz gewichen. Durch die Unterhaltung mit Anaxandra war sie munter geworden.


    Seit sie hier im Haus war, hatte sie vieles gelernt. Pausias gab sich alle Mühe sie in die Geheimnisse des römischen Kochens einzuweihen. Am besten ging Brot backen, dicke Suppen und Puls, so nannten die Römer ihren Brei, der ein bisschen anders war, als der, den Alwina kannte. Ansonsten beschäftigte sie sich mit der Wolle, die sie sich gekauft hatte. Einen Teil davon hatte sie fertig gesponnen. Aber wegen all der Dinge hatte sie Mathayus nicht rufen lassen.

    Es war mühsam einen Weg zu finden, bei dem man nicht bei jedem Schritt angerempelt wurde. Der Korb hatte an Gewicht zugenommen. Möhren, Äpfel, Zwiebeln. Die Rüben, Pastinaken, den Kohl, Lauch und Knoblauch hatte sie zum Haus schicken lassen. Ihr Einkauf war erledigt. Es waren 5 silberne Geldstücke übrig. "5 Sesterzen." sagte Alwina leise vor sich hin. Was dafür kaufen? Sie sah sich beiden Händlern von Stoffen um. Einen dicken Wollstoff, für einen zweiten Peplos und Leinen für eine Untertunika. Am Ende entschied sie sich für Wolle roh unversponnen. Eine Menge Arbeit wartete. Alles im Korb verstaut, schlenderte sie an den Ständen entlang und schlug den Weg zum Domus Magonidas ein.

    Baden ging man im Fluß oder See. Ein Haus dafür ? Alwina schüttelte bedauern den Kopf. " Ich gehe im Fluß baden und die Haare waschen." Mit einem Badehaus konnte sie nichts anfangen. " Kann ich mir so ein Badehaus ansehen?" Wieder etwas, das sie gar nicht kannte.


    Anaxandra verstand nicht was Alwina meinte. Es lag daran, dass sie nie eine Familie hatte. Das Unterhalten mit ihr, war völlig anders, als mit Geschwistern, Eltern, Onkeln und Tanten. Das zusammen sein. Alwina mochte Anaxandra, sie war eine gute Freundin. Die Familie konnte sie Alwina nicht ersetzen und das war es, was Alwina fehlte.


    " Der Dominus wird warten. Ich werde zu ihm gehen, hören was er will."

    Alwina wusste nicht wo sie anfangen sollte. Anaxandra hatte sie nicht erzählt was passiert war. Nicht wieder die ganze Geschichte. Sie wollte sie vergessen, nie wieder dran denken, davon träumen. " Meine Familie, die Sippe sie sind alle Tod." Eine handvoll wird überlebt haben und hat sich in alle Winde zerstreut. Ist fortgezogen, bei freundlich gesinnten Sippen untergekommen oder von denen, die sie überfallen hatten verschleppt worden. Alwina hatte es hier gut getroffen, trotzdem war sie nicht richtig glücklich.



    "Wir haben abends zusammen am Feuer gesessen und mein Vater hat Geschichten erzählt. Von unseren Ahnen, von seinen Reisen. Er war mindestens 2 mal hier. Wir Mädchen sind zusammen Beeren und Pilze suchen gegangen. Wir haben zusammen gesponnen, gewebt und gestickt. Fremde kamen , tauschten Bernstein, Klingen oder Getreide gegen unser Salz. Wir brauchten keine Münzen. Sieh sie dir an, sie tragen römische Kleidung, sie essen wie Römer, sie wohnen wie Römer, sie benehmen sich wie Römer. Sie sprechen wie Römer." Alwina holte tief Luft. Völlig aus dem Zusammenhang gerissen kam die Frage. " Was ist eine Therme?"

    " Da hast du recht." seufzte Alwina." Ich hatte einen so schönen Traum..." Der Gürtel hatte sich verdreht. Es dauerte bis er wieder richtig saß. Sie setze sich auf ihren Schlafplatz." Ich bin jetzt schon viele Tage hier. Manchmal Abends frage ich mich, ob es richtig war, den Wunsch meines Vaters zu erfüllen. Das hier ist eine vollkommen andere Welt für mich. Das Leben ist anders.Das Wohnen, die Menschen ....Ich vermisse meine Familie..." Ihr war klar, dass es ihre Familie nicht mehr gab. Sie hatte damals keine Wahl. Doch, sie hätte zu einer andern Sippe ihres Stammes gehen können. Wer hätte sie aufgenommen? Mittellos wie sie war. Bei wem wäre sie untergekommen? Fragen die unbeantwortet blieben.


    Alwina raffte sich auf. Die Müdigkeit war verflogen." Dann werde ich den Hausherren in seinem Officium aufsuchen."

    Die Haare verfingen sich im Gestrüpp, es ziepste. Alwina kniff die Lippen zusammen. Äste knickten, sie war durch. Hinter sich hörte sie jemanden ins Gebüsch einbrechen. Das war einer der Legionäre.Alwina musste sich beeilen. Flink lief sie zwischen den Bäumen hindurch. Nur weg. Weiter oben an der Straße blieb sie stehen. Ihr Atem ging schneller, es wurde warm unterm Mantel. Ausziehen, besser nicht, sonst kam der Husten und das Fieber. Den Korb auf dem Rücken ging es langsam zurück zur Stadt. Mit einem Blick nach hinten vergewisserte sich Alwina, dass ihr keiner folgte.

    Eine Wiese am Bach, das Wasser plätscherte munter über Steine und Wurzeln. Sie hatte sich ins Gras gelegt und döste vor sich hin. Ihre Tante kam über die Wiese gelaufen und rief ihren Namen.....


    Alwina brauchte einen Moment um zu begreifen, dass nicht im Traum sondern in der Wirklichkeit jemand ihren Namen sagte. " Hmmm, ja? Was ist?" kam es verschlafen aus ihrer Ecke. Der Dominus wollte sie sprechen."Anaxandra? Bist du's? Ich komme sofort." Sie brachte ihr Haar in Ordnung. Zog sich fertig an. " In seinem Officium?"