Beiträge von Titus Iulius Servianus

    Einige wenige Meilen von Mantua war zu diesem Zeitpunkt auch Servianus unterwegs gewesen an jenem sonnigen Spätsommertag. Zwar waren die decuriones bei ihren Beratungen davon ausgegangen, dass die legio auch Kundschafter in den Süden entsandt hatte, aber die Stadtväter wollten sich nicht gänzlich auf andere Verlassen. Offiziell nannte man es, die legio um einige Sorgen entheben, inoffiziell befürchtete man natürlich, dass die Soldaten erst die Offiziere informieren würden und erst anschließend die Stadt, sodass man viel Zeit verlor.
    Servianus war nun damit beauftragt einigen Männern, meist vertraute Sklaven und Klienten, die man an den südlichen Grenzen der civitas auf Güter und Gasthäuser im Besitz der reichsten Stadtbewohner geschickt hatte, einen Besuch abzustatten und ihnen ein Handgeld zukommen zu lassen. Er selbst hatte sich dafür anerboten, zum einen um seine Vertrauenswürdigkeit weiter zu beweisen, als auch um etwaige Informationen als einer der ersten abzugreifen.


    Er war mittlerweile durch gekommen und wollte auf den Hauptweg zurückkehren, als er eine kleine Gruppe auf der Straße ausmachte. Sorgsam hieß er sein Pferd zu halten. Kuriere? Reisende? Aber wer reiste in dieser Zeit, also doch Kuriere? Und wenn ja, was mochten sie für Botschaften mit sich bringen. Servianus erinnerte sich an die Täuschung mit dem Getreide, ob es darum ging. Das konnte dann in der Tat problematisch werden. Vor allem da die legio sich kürzlich erst öffentlich positioniert hatte. Er rechnete kurz nach, unwahrscheinlich, dass es schon die Reaktion darauf war. Und wenn es doch gute Nachrichten waren? Dann soltle man nicht zagen.
    Kurz entschlossen trieb er sein Pferd an und merkte, dass die Reiter es nicht allzu eilige zu haben schien. Bis auf einen, der ihm aber kleiner erschien, als die übrigen. Tatsächlich stellte er im Näherkommen fest, er war kleier, hatte die Größe eines Kindes. Und das andere, er erkannte im Licht schimmernde blonde Haare, länger als die eines Mannes. Bei Venus perfektem Busen, das war eine Frau, die dort ritt als käme sie aus dem Land der Amazonen. Das musste er sich genauer ansehen, dachte er und trieb sein Pferd weiter an, bis er in Rufweite der Gruppe kam.
    "Heyho!"
    rief er, um die Reiter auf sich aufmerksam zu machen. Vielleicht eine Familie auf der Flucht? Kaum würden sie mit Frau und Kind Spione sein, oder eine Strafkation einleiten sollen. Apropos Frau, nicht nur deren Haare gefielen ihm schon auf den ersten Blick, je mehr von ihr erkennen konnte, desto besser gefiel sie ihm und schon fing er an zu bedauern, dass sie mit Mann und Kind reiste. Aber so musste er sich eben zurückhalten und erging sich in einer unverfänglichen Begrüßung.
    "Wohin des Weges, liebe Leute?"
    während er sprach hob er die Hand zu Gruß, wie auch um zu zeigen, dass er keine feindlichen oder verbrecherischen Absichten hegte.

    "Ah, salve Lucilla", begrüßte Servianus die Inhaberin. Das "wie geht es dir?" blieb ihm im Halse stecken.
    Einen Moment schweigend musterte er sie. Eigentlich hatte er den Abmarsch der legio eher beiläufig erwähnen wollen, aber irgendwie brachte er das gerade nicht über sich.
    "Hast..." begann er, unterbrach sich aber selbst sofort wieder. Die kleine schlanke Frau wirkte mit einem Mal relativ zerbrechlich und er machte sich leichte Sorgen, wie sie die Nachricht aufnehmen würde.
    "Hast du eine Gelegenheit um dich hinzusetzen?"
    Er schalt sich übervorsichtig, aber Vorsicht war besser als Nachsicht, wie sein Adoptivvater sicherlich zustimmen würde.

    Da der legatus nocht gewollt hatte, dass der Abmarsch der legio vor der Zeit bekannt wurde, hatte er zwei Tage gewartet, bis er die Gerüchte über das Ziel der legio in Gang setzte. An diesem Tag dann sollte es aber schnell gehen und so stand Servianus schon früh, kaum hatte die Bäckerei von Lucilla geöffnet in dieser und rief nach der der Besitzerin, während sich in einiger Entfernung die Truppen der ersten legio zum Abmarsch bereit machte:


    "Salve! Salve Lucilla, ich bin es Servianus, ich wollte dir deinen Korb zurückbringen."
    Er hatte nicht vor direkt mit der Tür ins Haus zu fallen, vor allem, da er wusste, dass sich auch Lucillas Verlobter unter den Soldaten der legio prima befand.

    Zitat

    Original von Titus Aurelius Ursus
    „Unter besseren Umständen und in Friedenszeiten, wenn es nach mir geht.“ Bruderkrieg war immer etwas Furchtbares. Hoffentlich wurde er schnell und unter nicht zu hohen Verlusten beendet. „Vale, Iulius. Wir hören voneinander.“


    "Vale legatus!" verabschiedete sich Servianus mit einem letzten Gruß und machte sich auf, zurück in die Stadt zu eilen, um dort dem duumvir die Pläne des legatus schmackhaft zu machen.
    Und so war es geplant und so sollte es geschehen.


    Auch wie er die Gerüchte verstreuen würde, hatte er schon verschiedene Ideen.

    Nachdem sie nichts mehr sagte erkannte er, dass er wohl tatsächlich einen Schritt zu weit gegangen und schwieg besser zu dem Thema. Am Abend würde er zerknirscht sein und hoffen, dass er sie nicht wirklich verärgert hatte. Wie immer wenn sein Mundwerk mal wieder zu locker war.
    "Ja, das kann ich verstehen. Man vergisst es leicht, wenn man morgens sein Brot holt, gebe ich zu." entgegnete er ein wenig schuldbewusst, denn irgendwie war es für die meisten Leute tatsächlich eine Selbstverständlichkeit, dass die Bäcker früh aufstanden. Was das aber tatsächlich bedeutete, machte man sich gemeinhin eher nicht klar.
    Servianus stand zum Abschied auf reichte seinem Gast die Hand.
    "Mach es gut Lucilla. Aber du musst dich nicht bemühen, ich bringe dir den Korb gerne vorbei.
    Es hat mich gefreut, dass du da warst. Und hab besten Dank für das Gebäck."

    Schob er von ganzem Herzen nach. Mit etwas süßem lief die Arbeit doch immer besser.

    Zitat

    Original von Titus Aurelius Ursus
    Halbe Wahrheiten, das war die hohe Kunst der Politik. Nicht schön, aber so war eben der Lauf der Welt. "Ich bin sicher, Du bist Deiner schweren Aufgabe gewachsen." Immerhin mußte der junge Iulier nicht nur die Duumvirn beeinflussen, sondern auch die Bevölkerung beruhigen. Ursus reichte ihm die Hand. "Ich bin froh, einen so zuverlässigen Mann in der Stadt zu haben. Bete für uns, Iulius. Bete, daß die Kämpfe nicht zu viele Opfer fordern. Denn ganz gleich, wer siegt, es fließt römisches Blut. Lebe wohl, ich hoffe, wir sehen uns bald schon wieder."


    Das hoffte er wirklich, er würde den ersten Abschnitt seiner Karriere in dieser Stadt nur äußerst ungern von einer Massenpanik beendet sehen. Nein, das hier war seine Gelegenheit sich in der Stadt zu profilieren. Und er würde alles tun, damit es ruhig bliebe.
    "Danke, legatus. Ich hoffe auch, dass wir uns bald wieder begegnen werden." Mit diesen Worten erhob er sich langsam. Vielleicht schon auf einem Wahlessen, sobald die Ordnung wieder hergestellt sein würde, fügte er in Gedanken hinzu.

    Zitat

    Original von Titus Aurelius Ursus
    Der Vorschlag des jungen Iuliers ließ Ursus ernst nicken. „Ja, da hast Du Recht. Und es ist auch nicht gelogen, denn tatsächlich ziehen wir dem Feind entgegen. Ist uns ein rascher Sieg gegönnt, wird Mantua erst gar nicht in Gefahr geraten. Ich lasse die Stadt nicht gerne im Stich. Aber hier geht es darum, das gesamte römische Imperium vor einem mörderischen Tyrannen zu schützen. Auch Mantua. - Aber Dir muß ich das ja nicht erklären, Du weißt, worum es geht.“ Auch Ursus war klar, daß der junge Mann eine Schlüsselposition einnahm, wenn er derjenige war, der die Boten zuerst empfing und seinerseits Informationen weitergab. Dem Sohn seines primus pilus war aber auch zuzutrauen, diese Position richtig auszufüllen – und später daraus seinen Nutzen zu ziehen um weiterzukommen. „Von meiner Seite aus war das alles. Hast Du noch Fragen?“


    Aber auch nicht ganz die Wahrheit, dachte sich Servianus, sagte es aber nicht. Es stimmte schon, sie machten sich bereit dem Feind zu begegnen, aber erstmal führte sie der Weg weg von ihnen.
    Er hoffte von ganzem Herzen, dass der aurelische legatus Recht behalten würde und sie dem Feind entgegenzogen, bevor dieser Mantua erreichte.
    Soweit stellte sich die Lage für ihn eindeutig da und daher konnte er guten Gewissens sagen:
    "Ich wüsste nichts mehr."
    Allerdings auch noch nicht ganz genau, wie er vorgehen würde, um das Gerücht entsprechend zu streuen. Aber darüber würde er sich auf dem Weg in die Stadt Gedanken machen. Und wahrscheinlich würde seiner schwatzhaften Nachbarin darin eien Schlüsselrolle zukommen.

    Zitat

    Original von Titus Aurelius Ursus
    "Bleibt die Prima hier, wird sie aufgerieben. Wir stehen hier vollkommen allein und Du kannst mir glauben, der Menge an Truppen, mit der zu rechnen ist, können wir nicht standhalten. Die Stadt würde dann auch geplündert und geschleift, weil man annehmen würde, wir stünden auf der gleichen Seite. Nein, es ist auch für die Stadt besser, wenn wir fortziehen und uns mit den Truppen aus Germania vereinen. Nur so sind wir stark genug, um den Kaisermörder zu vertreiben." Mantua konnte sich am besten selbst schützen, indem es seine Wertsachen und Vorräte rechtzeitig versteckte und ansonsten die Köpfe einzog.


    "Es werden regelmäßig Boten herkommen. Da die Truppen sich ständig in Bewegung befinden werden, kann ich Dir keine festen Punkte nennen. Aber Dein Vater und ich werden Dir regelmäßig Nachricht schicken. Und brauchen auch die Informationen von Dir, was in Rom vor sich geht, welche Truppen sich wie bewegen. Je mehr Informationen wir erhalten, umso besser ist es für uns alle."


    „Ich verstehe“, Servianus kam sich ein wenig gemaßregelt vor und das sogar zu Recht, natürlich würden die Thronräuber hier nicht nur mit einer legio aufmarschieren und natürlich konnte es nicht im Interesse Mantuas sein, wenn die Felder vor der Stadt zum Schlachtfeld wurden, geschweige denn die Stadt selbst. Auch wenn gerade in dieser Stadt die legio prima natürlich einen Nimbus der Unbesiegbarkeit vor sich hertrug, musste jedem klar denkenden Menschen bewusst sein, dass selbst die besten Männer sich vor einer großen Überzahl nur beugen konnten.
    „Es wäre vielleicht eine Überlegung wert, wenn ich das Gerücht streue, dass die legio dem Feind entgegen zieht. Da kommt bei der einfachen Bevölkerung sicherlich … besser an.“
    Eigentlich hatte er vorgehabt zu sagen, es klinge heroischer, aber er im letzten Augenblick erkannte er, dass man auch verstehen könne, er werfe der prima und ihrem Legaten indirekt Feigheit vor.
    Das mit den Boten gefiel ihm, so würde er jederzeit Bescheid wissen, was die Lage war, zum Teil vielleicht noch vor den duumviri und den decuriones. Das wäre natürlich zu schön, ihn quasi unverzichtbar machen.
    „Geht klar, ich gebe den Boten dann jeweils mit, was ich an Informationen in den Tagen zuvor habe zusammentragen können.“
    Damit, so hoffte er, würden ihre Unterredungen zum Abschluss gekommen sein, denn allmählich würde er wieder aufbrechen müssen, bevor sich die Männer in der Verwaltung fragten, wo er denn stecke.

    Allmählich verwirrte die junge Frau ihn, bemerkte Servianus, als sie zu seinem Erstaunen plötzlich rot anlief. War sie sich erst jetzt der eindeutigen Zweideutigkeit ihrer Aussage klargeworden? Oder war es ihr nur peinlich ihn so überfahren zu haben, entsprach aber völlig ihrer Natur. Es fiel ihm gerade extrem schwer sein Gegenüber einzuschätzen und wagte nun doch einen kleinen Test in dem er das obligatorische „Natürlich!“, ein ganz klein wenig dehnte und ein ganz klein wenig überbetonte, nicht viel, gerade so, dass man es hören konnte, wenn man wollte und es problemlos überhören konnte, wenn man es nicht hören wollte. Dennoch fühlte er sich erleichtert, als Lucilla das Thema wechselte.
    „Wenig, muss ich zugeben, auch wenn ich das Angebot hier ganz nett finde. Es liegt sicherlich auch daran, dass Mantua eine Soldatenstadt ist, aber so wie ich mitbekommen habe, spielen sie wohl relativ viele Komödien. Und das gefällt mir einfach besser. Zum nächsten Festtag aber bestimmt.*“


    Sim-Off:

    * Und wenn ich die Zeit finde, mal ein Stück hier reinzuschreiben, dann vielleicht sogar ausgespielt

    Servianus wollte gerade zu einer, ob dem fehlenden eigenen Bade, gespielt leidenden Entgegnung ansetzen, als das Missverständnis bezüglich des Badens von Lucilla geklärt wurde, da fiel dieser Satz, der ihn für den Bruchteil eines Augenblickes die Kontrolle über seine Gesichtsmuskulatur verlieren ließ. Gerade nicht lang genug, dass sein Mund aufklappte, aber seine Überraschung wurde doch deutlich sichtbar.
    Dass von Kerlen durchaus mal anzügliche Kommentare kamen, wenn man über die Annehmlichkeiten der Thermen sprach, das war ja durchaus normal. Aber das eine Frau, noch dazu verlobt und einem eigenen Handwerk nachgehend, so eindeutig zweideutige Aussagen machte (denn das Zwinkern stand dem seiner Kumpane aus Tarraco in nichts nach), das gab es nun wirklich nicht alle Tage.
    Dennoch, wäre er sich sicher gewesen, dass ein frecher Kommentar á la „warum? Gehst du etwa nicht baden?“ zu einer entsprechenden Einladung geführt hätte, wie es vielleicht bei manchen Frauen der Fall gewesen wäre, so hätte er sicherlich nicht geschwiegen.
    Aber so gut kannte er die Ansichten Lucillas dann doch nicht und auch wenn er noch ein kleines Licht war, so war sein politischer Überlebenswille groß und verbot ihm das Austesten von Skandalen und Fettnäpfchen ohne jede Sicherheit. Also grinste er nur breit und meinte: „Durchaus möglich“ Er war sich sicher, sei verstand ihn ebenso und somit, dass es nicht nur die theoretische Möglichkeit gab. Es gehörte als Mann von Welt ja geradezu zum guten Ton, jene Annehmlichkeiten, die sie gemeint hatte, zu genießen.

    „Na ja, ich mache ja nicht, im Endeffekt nur Schreibarbeiten, die Entscheidungen treffen schon die decuriones. Aber du hast Recht es ist ein bisschen langweilig. Aber am Anfang muss man da durch, wenn man sich später für einen verantwortungsvollen Posten bewerben möchte.“
    Dann sprach die schöne Frau von der Verwandtschaft ihres Verlobten. Nun, erst mal fand Servianus den Umstand, dass sie verlobt war zwar bedauerlich, aber andererseits hegte er ohnehin keine ernsthaften Absichten und die nicht-ernsthaften konnte er auch an anderer Stelle befriedigen. Daher konnte er sein Bedauern ausdrücken, ohne dass dieses einen falschen Einschlag bekam.
    „Entschuldige, ich wollte nicht an verborgenen Wunden rühren.“ Er schwieg und hoffte, dass ihnen nun irgendeine Form von Themenwechsel gelang und das Gespräch nicht in betretenem Schweigen Enden würde.


    „Ah und ich fing schon an neidisch zu werden, dass du es dir leisten kannst ein eigenes Badebecken in deinem Haus zu unterhalten. Das ist es nämlich, was mir in der insula am meisten fehlt. Ein eigenes balneum, auch wenn die Thermen hier sehr schön sind, ist doch noch mal etwas ganz anderes.“
    Andererseits hatten die Thermen natürlich auch gewisse Vorteile in Form von ausgesprochen hübschen Sklavinnen, die er sich noch viel weniger leisten könnte.

    Vollkommen trocken analysierte er nach den Worten des legaten die Situation und Einstellung des duumvirs:
    „Oh, ich denke, auch, dass das nicht sonderlich schwer wird. Vor allem, da der duumvir sich kaum auf eine Seite festlegen wird, bevor das Ergebnis feststeht. Er will schließlich wieder gewählt werden und ist gleichzeitig schon über das Alter hinaus in dem man sich noch Hoffnungen auf eine Position in höherer Ebene macht.“
    Dann wurde es geheimnisvoll. Servianus beugte sich interessiert vor, um ja kein Wort um verpassen, auch wenn das in einem kleinen officium sicherlich nicht sonderlich viel brachte. Zwei Tage, das war sehr bald, musste er zugeben. Vor allem nach dem Ausbau der Befestigungen in den letzten Tagen hatte man erwartet, dass die prima hier ausharren würde
    „Ich denke, ich verrate wiederum kein Geheimnis, wenn ich sage, dass das in der Stadt nicht allzu gut aufgenommen werden wird. Wie du sagtest, andere Truppen werden kommen, aber unter keiner – ob Freund oder Feind - wird sich die Bevölkerung so geschützt finden, wie unter der prima.
    Darf ich fragen, wo der Treffpunkt ist?“

    Er wusste nicht, was er mit dieser Information tun wollte, denn es war klar, dass er sie nicht nutzen konnte, um die Bevölkerung zu beruhigen. Vielleicht wollte er nur sich selbst beruhigen, auch wenn er das nie eingestehen würde. Am wenigsten sich selbst. Dann fiel ihm doch etwas ein
    „Ich meine, um dir weiterhin Nachrichten zukommen zu lassen."

    Servianus wartete schweigend ab, während der legatus den Brief las. Schweigend, aber nicht ruhig, denn er mühte sich möglichst unauffällig das Gesicht des Aureliers zu studieren, um seine Reaktion vorhersagen zu können.
    Tatsächlich kam er dabei aber nicht sonderlich weit, den alles was er erkennen konnte, war ihm bereits zuvor klar gewesen und wurde auch bestätigt, als sein Gegenüber - endlich - zu sprechen begann.
    Keinesfalls wollte er, dass das Getreide nach Rom gelangte. Aufmerksam hörte der junge man dem älteren zu, dann entgegnete er überzeugt:


    "Ich werde es dem duumvir schon schmackhaft machen."
    Dabei war es ihm persönlcih jedoch fast noch wichtiger, die Region hier zu stärken, denn schließlich wollte er von hier mal nach oben kommen. Und die Chancen standen in einer gefestigten Stadt sicher besser, als in eienr am Boden liegenden.
    "Ansonsten kann ich aus der Stadt nichts neues vermelden, sie ist verhältnismäßig ruhig, auch wenn Schlägereien unter Betrunkenen langsam wohl häufiger werden, aber das war irgendwie ja zu erwarten."
    Was er auch wusste, aber hier nicht erwähnte, war dass die Anzahl der Besucher der Hurenhäußer nach oben gingen. Man wollte noch mal seinen Spaß haben, bevor es so richtig ernst wurde. Warum er das nicht erwähnte? Weil er auch dazu gehörte.

    „Danke“, sagte er und griff nur scheinbar wahllos in den Korb. Was er zu Tage förderte war eben einer jener globuli, die sie ihm bei ihrer ersten Begegnung empfohlen hatte. Er bis kräftig ab und kaute dann zügig, aber nicht hastig herunter, um ihre Frage zu beantworten:
    „Nur wirklich sehr indirekt. Schon vor Jahren wurde ein neues Verwaltungsgesetz erlassen, das einige Vorgaben an die Städte in Italia macht. Die Prüfung, ob die bisherige Stadtordnung diesem Gesetz entsprach wurde wohl etwas liederlich geführt, denn es wurde abgesegnet obwohl es überarbeitungsbedürftig war.
    Naja und durch die Seuche sind einige decurionen … verloren gegangen, und Neuernennung sind etwas schwierig gewesen, daher werden nun alle Teile überarbeitet.“*

    Im Schluss hatte er dann doch einige Euphemismen bemüht, da er nicht wusste, wie sehr die Verwandtschaft von Lucillas Verlobten hier ebenfalls betroffen war. Und er wollte keine alten Wunden aufreißen.
    Auf der anderen Seite war Servianus ein echter Römer, was sein verlangen nach gewissen Annehmlichkeiten anging und antwortete frei von der Leber weg:
    „Dafür muss einfach Zeit sein. Alles andere wäre einfach barbarisch, wenn man sich nicht ein Minimum an Zivilisation leisten könnte.“Womit er sein Gegenüber keinesfalls beleidigen wollte, sondern er ging schlicht davon aus, dass wenn sie die Thermen nicht aufsuchte, sie ein eigenes Becken in ihrem Haus hatte, in dem sich auch die Bäckerei befand.


    Sim-Off:

    *grade so erfunden, aber es klingt ganz gut, denke ich.

    Ein kurzes Nicken, dann betrat er das officium des legatus und grüßte diesen reichlich unmilitärisch. Er sah einfach keinen Sinn darin, so zu tun, denn jeder hätte seine täppischen Versuche sofort als solche erkannt und die Peinlichkeit konnte er sich auch schenken.
    "Salve legatus. Wenn du gestattest, komme ich gleich zur Sache:
    Die Stadt hat ein Brief erreicht und der duumvir hat dafürgesorgt, dass ich ihn einfach sehen musste. Ich denke, er ahnt, dass ich dir davon berichten werde.
    Was ist nun deine Meinung dazu, soll ich dem duumvir eine Nachricht zukommen lassen? Inoffiziell?"

    Hoppla, schon wieder? Wieso vergaß er in letzter Zeit eigentlich ständig seinen Namen zu nennen, fragte sich Servianus, in den Sekunden bevor er seinen Namen nannte:
    "Titus Iulius Servianus heiße ich."


    Wie eigentlich meist benutzte er seinen künftigen Namen, auch wenn die Adoption noch nicht gelaufen war.

    "Salve et tu", antwortete er dem cornicularius, als dieser endlcih herein kam.
    "Ich habe eine dringende Nachricht für den legatus aus der Stadtverwaltung."
    Das stimmte nun nicht zu einhundert Prozent, kam aber nah genug an die Wahrheit heran.
    "Außerdem muss ich wissen, was er bezüglich der Nachricht zu tun gedenkt. Es geht um dei Getreidevorräte in Norditalia" Schob er letzterdings noch nach, um eine Diskussion zu vermeiden.

    Als der Korb so schwungvoll auf seinem Tisch landete, konnte Servianus sich nicht zurückhalten, die Abdeckung ein klein wenig zu lüpfen. Sofort stieg ihm der Geruch nach Backwaren in die Nase. Sicherlich war es nicht mehr der heißte Dampf, wie frisch aus dem Ofen, aber noch immer äußerst Appetit anregend. Anerkennend schnallste er mit der Zunge und sprach:
    „Riecht verdammt lecker, darf ich?“
    Nur mit Mühe konnte er sich zurückhalten, nicht sofort in den Korb hineinzufassen, sondern die Erlaubnis der Besitzerin nochmals abzuwarten.


    „Oh, mir geht es soweit ganz gut, danke der Nachfrage. Die Arbeit hier liegt in den letzten Zügen und ich bin gerade dabei, die Ergebnisse der einzelnen Sitzungen und Arbeitsgruppen, in eine große Beschlussvorlage zu übertragen. Mit etwas Glück kann die neue Stadtordnung schon in kurzer Zeit verkündet werden.“
    Wobei er sich nicht sicher war, ob sie zuvor noch dem Kaiser zur Ratifizierung vorgelegt werden müsste. Aber das würde sicherlich nicht allzu lange dauern. Das hoffte er zumindest. Auch dass er sein unabhängiges Junggesellenleben in vollem Maße auskostete erwähnte er nicht, da diese Aussage ziemlich gut implizierte, wie und wo er bevorzugt seine Freizeit verbrachte. Stattdessen antwortete er:
    „Dennoch hab ich noch genug Zeit um es mit gut gehen zu lassen. Die hiesigen Termen lassen wirklich keinen Wunsch offen.“
    Wie jeder Römer ging er täglich in die Terme, und es war schön ein gut ausgestaltetes Angebot zur Verfügung zu haben.

    Es hatte geklopft. Zumindest bewegte sich zaghaft die Tür und Servianus wollte schon einen ermunternden Ruf tätigen, als sie sich ganz öffnete und die junge Bäckerin preisgab, die er kürzlich kennen gelernt hatte.
    „Salve et tu“, antwortete er freundlich lächelnd und setzte galant hinterher.
    „Schöne Frauen stören doch nie. Nimm doch Platz. Der Stuhl ist zwar nicht sonderlich bequem, aber leider der einzige, den ich dir anbieten kann. Meiner hier ist auch nicht viel besser.“
    Tatsächlich war er nicht unfroh um eine Ablenkung von seinem Büroalltag. Aber es sah so aus, als würde seine Aufgabe hier bald abgeschlossen sein, und dann würde man sehen wie es weiter ging.
    „Wie geht es dir?“ Versuchte er einem Gesprächsbeginn, der nicht verriet, dass er im Moment nicht sicher war, woran er lieber dachte: Die Frau vor sich, oder ihre Mitbringsel.

    Servianus war im Zuge seiner Aufgaben gerade dabei mehrere Beschlussvorlagen, die die decuriones bisher beschlossen hatten, zu einem einheitlichen Text zusammen zu fassen. Wiederum war es praktisch, dass er dazu in einem eigenen Büro untergebracht war, denn er murmelte gelangweilt vor sich hin:
    „Amtsperioden gleich jenen in Rom … Nächster Abschnitt: Vigiles. 80 Mann, ein centurio, ein optio. Brandschutz und Ordnung. Weisungen der Beamte.
    Eigentlich zuständig: aediles...“

    Auch wenn die Arbeit nicht mehr so spannend war, wie zu anfangs, so war sie noch immer interessant zu bearbeiten. Dann hörte er plötzlich etwas. Hatte es geklopft? Sicher war er sich nicht, aber er rief vorsichtshalber mal der Tür entgegen:
    „Ja, bitte?!“
    Etwas zaghaft klang es vielleicht, da er nicht wollte, dass irgendwer, der auf dem Gang stand und eben nicht geklopft hatte, dem zu viel Bedeutung zumaß.