Beiträge von Petronia Octavena

    "Salve." Octavena lächelte höflich, als sich die Tür öffnete und Selenus erschien. "Ich danke dir, dass du noch einmal hierhergekommen bist." Ilda, die ihn hereingeführt hatte, schloss die Tür hinter ihm wieder und Octavena ließ ihm währenddessen einen Moment, um sich richtig im Raum mit seinen vielen Verbindungen aus germanischen und römischen Elementen zu orientieren. Sie selbst stand dabei ein wenig entfernt nahe dem dem Raum seine Bezeichnung gebenden Kamin und hatte auch eigentlich vor, dort stehenzubleiben, wartete aber dennoch kurz ab, ob er nach dem Eintreten doch auf einem der Stühle Platz nehmen würde oder nicht.


    "Ich komme direkt zur Sache", sagte sie dann rundheraus und sparte somit sowohl sich selbst als auch ihm das höfliche Vorgeplänkel, für das sie schon allein deshalb ohnehin wenig Nerv hatte, weil die gesamte Angelegenheit noch immer mit ihrem Mann zu tun hatte. "Ich wäre bereit, die Ländereien in Italia zu verkaufen. Das Land hat einmal meinem Stiefsohn gehört, der bis zu seinem Tod in Rom gelebt hat, und ich habe im Gegensatz zu ihm von hier aus ohnehin keine Verwendung dafür. Wenn Annaeus Florus Minor dagegen Interesse daran hat, ist es mir nur recht, einen Abnehmer dafür gefunden zu haben." Ihr Blick fixierte Selenus für einen Moment. Sie wollte sich nicht über den Tisch ziehen lassen, nur weil sie in diesen geschäftlichen Dingen unerfahren war und sich deshalb in diesem Gespräch auch nicht direkt in ihrem Element fühlte. "Vorher möchte ich aber sichergehen, dass du beweisen kannst, dass du wirklich berechtigt bist, für den Senator zu sprechen und mir dementsprechend ein Angebot zu unterbreiten. Mir wäre es vielleicht recht, das Land zu verkaufen, aber es gibt für mich trotz allem keinen zwingenden Grund und ich will zuerst sichergehen, dass stimmt, was du mir erzählst." Das höfliche Lächeln von eben erschien wieder auf ihren Lippen und sie legte einen Moment lang erwartungsvoll den Kopf schief. "Ich nehme an, er hat dir irgendein Schreiben mitgegeben, das deine Geschichte bestätigt?"

    Nachdem ein paar Tage zuvor ein Fremder aus Rom in der Villa Duccia aufgetaucht war, um Octavena zu sprechen und sie darüber aufklären, dass es drei Grundstücke in Italia gab, die ihr als Teil von Witjons Erbe gehörten, mit denen es aber Probleme gab, hatte Octavena selbst sich zunächst einmal den Unterlagen ihres Mannes gewidmet. Die Ländereien hatten ihr in der Situation rein gar nichts gesagt, was aber auch nicht sonderlich überraschend war, wenn man bedachte, dass Octavena die letzten Monate weitgehend damit verbracht hatte, sich vor diesem Thema zu drücken. Sie fühlte sich auch jetzt noch immer leicht unwohl bei dem Gedanken, teils weil sie noch immer dabei war, mit der Hilfe des Rests der Familie alle Details dieses Erbes zu verstehen, teils, weil es eben um ihren Mann ging, der ihr noch immer fehlte. Sie tat sich zwar jeden Tag ein wenig leichter und die Zeiten, in denen man ihr deutlich anmerkte, wie sehr sie sein Verlust getroffen hatte, waren inzwischen vermutlich weitgehend vorbei, aber er war nun einmal trotzdem noch nicht einmal ein ganzes Jahr tot und Octavena spürte ganz genau, dass sie schlicht selbst auch noch nicht ganz darüber hinweg war.


    Trotzdem hatte sie sich zusammen gerissen und seine Unterlagen gewälzt, um Selenus' Angaben zu überprüfen. Was schonmal stimmte, war, dass Witjon tatsächlich Land besessen hatte, das direkt an das des Annaeus angrenzte, und es dauerte nicht lange bis Octavena auch ihre eigene Vermutung bestätigen konnte, dass der Grund für seine schlechte Pflege des Besitzes vermutlich nicht nur an ihrer eigenen Trauer lag. Scheinbar hatte Witjon seinerseits die drei Grundstücke von Audaod geerbt und damit war für Octavena der Fall sowieso klar gewesen. Sie hatte aus nächster Nähe miterlebt, wie hart ihren Mann der Tod seines Erstgeborenen getroffen hatte, und es hätte sie nicht gewundert, wenn er es selbst eine Weile aufgeschoben hatte, sich mit Audaods Besitz auseinander zu setzen. Er hatte ja nicht ahnen können, dass er sich nicht mehr selbst darum würde kümmern können und dass danach Octavena ihrerseits die Sache aus ähnlichen Gründen nur weiter verschleppen würde. Mit dieser Erkenntnis im Kopf hatte Octavena sich dann ein paar Tage Zeit genommen und überlegt, wie sie nun weitermachen sollte. Der Gedanke, Teile von Witjons Erbe zu verkaufen, widerstrebte ihr grundsätzlich, weil es in ihrem Kopf eben das war und blieb, sein Erbe. Etwas, das sie am ehesten für ihre gemeinsamen Kinder und natürlich ihren Sohn zu verwahren hatte. Gleichzeitig brachte es nichts, sich mehr schlecht als recht um irgendwelchen Streubesitz weit weg zu kümmern, der einmal Audaod, der ja im Gegensatz zu ihr immer vor Ort gewesen war, gehört hatte.


    Nach ein paar Tagen und ein paar eingeholten Meinungen aus der Familie aber hatte sie dann ihre Entscheidung getroffen: Sie würde das Land verkaufen. Jedenfalls sofern Selenus wirklich der war, für den er sich ausgab. Das war noch ein anderer Punkt, den sie vorher würde klären müssen. Aber dazu würde sie zunächst einmal mit ihm reden müssen. Also schickte sie ihm eine Nachricht, dass sie einen Verkauf in Erwägung ziehen würde, und gab dann in der Villa Anweisung, dass er, wenn er wieder hier auftauchte, direkt ins Kaminzimmer geführt werden sollte. Der Raum war repräsentativ genug für so ein Gespräch, auch wenn das Arbeitszimmer vermutlich die näherliegende Wahl gewesen wäre, aber Octavena hatte wenig Lust, dieses Gespräch an dem Ort in der Villa zu führen, den sie mit am meisten mit ihrem Mann verband. Abgesehen davon kam sie so Iring und Rhaban nicht in die Quere, die zwar sowieso von dem Gespräch wussten, bei denen Octavena aber trotzdem davon ausging, dass sie vermutlich auch so genug zu tun hatten. Also schickte sie die Nachricht, ließ Getränke in Kaminzimmer bringen und erwartete ihren Gast.

    Ein schmales Lächeln erschien auf Octavenas Lippen. So viel also zu der Nachricht aus purer Herzensgüte oder verwandtschaftlicher Sentimentalität. Nicht, dass sie es dem Senator übel genommen hätte, die Überlegung war ja nur logisch, aber damit klärte sich das Bild in Octavenas Kopf direkt ein Stück weiter. "Ah", sagte sie und wandte sich noch einmal Selenus zu, um ihn einen Moment lang prüfend anzusehen. Wenn stimmte, was er ihr erzählte, dann hätte Octavena wenig bis nichts dagegen gehabt, das Land zu verkaufen. Mit Ländereien in Italia konnte sie sehr wahrscheinlich ohnehin nichts anfangen und ihr Wert würde nur sinken, wenn sie sich nicht richtig darum kümmern konnte, weil sie nun einmal weit weg war und ganz andere Prioritäten hatte. Davon würden auch ihre Kinder, deren Erbe das alles in Octavenas Augen ja eigentlich war, nichts haben. "Du verstehst sicher, dass das keine Entscheidung ist, die ich hier und jetzt treffen kann", gab sie schließlich ruhig zurück. "Aber ich werde mir die Möglichkeit durch den Kopf gehen lassen."

    Octavena ließ Selenus in Ruhe ausreden und hörte sich einen Moment lang nur an, was er zu sagen hatte. Ein wenig amüsierte sie sich zwar darüber, dass er ihr extra noch einmal die Verbindung zwischen den beiden Familien erklärte, ließ sich aber davon nichts anmerken. Er konnte ja nicht wissen, dass Octavena nach wie vor mit Eldrids Geschwistern unter einem Dach lebte und schon allein deshalb sehr wohl wusste, dass sie einen Annaeus in Rom geheiratet hatte. Und zumindest die Verwandtschaftsverhältnisse auf annaeischer Seite sagten Octavena auch tatsächlich nichts. Aus der Formulierung mit der Tante zog sie aber zumindest einmal, dass der Senator ihrer Schwägerin wohl halbwegs nahe gestanden haben musste. Das machte es immer noch etwas überraschend, dass das für ihn genügte, um jemanden bis nach Mogontiacum zu schicken, nur um die Witwe eines Vetters dieser entfernt angeheirateten Tante zu kontaktieren, aber andererseits wusste Octavena nur zu gut, dass selbst entfernte Verwandtschaftsverhältnisse manchmal zu solchen Konstellationen führen konnten. Sie konnte das ja selbst ihrerseits nachfühlen, auch wenn das mehr an ihrer eigenen Biografie lag, die sie einmal quer durchs Reich und weit weg vom Großteil ihrer eigenen Familie geführt hatte, die sie seitdem ja auch nicht wiedergesehen hatte.


    Die Ländereien dagegen sagten Octavena noch immer nicht nennenswert etwas, was aber natürlich nur zu dem passte, was Selenus beschrieb. Octavena hatte es sowieso lange - zu lange - vermieden, sich überhaupt näher mit dem Erbe ihres Mannes auseinander zu setzen, da überraschte es sie nicht wirklich, dass es noch immer Teile davon gab, die sie nicht richtig überblickte. Was aber nach wie vor keinen Sinn ergab, war die schlechte Pflege, von der Selenus hier durch die Blume sprach. Witjon hatte sich immer gut um seinen Besitz gekümmert, das war überhaupt erst ein Grund gewesen, warum Octavena sich verhältnismäßig konsequenzenlos vor dem Thema hatte drücken können. Auch auf das Land in Italia konnte sie sich noch nicht ganz einen Reim machen. Soweit Octavena wusste hatte Witjon doch immer vor allem Geschäfte in Germanien gemacht. In Rom und Italia waren andere ... Und damit dämmerte es ihr. Audaod. Natürlich. Der Teil von Witjons Unterlagen, den Octavena bisher nicht einmal oberflächlich angesehen hatte, weil darin ohnehin einiges wild durcheinander zu gehen schien - was auch nicht überraschend war, wenn man bedachte, dass Witjon den Tod seines ältesten Sohns nicht gut weggesteckt hatte. Und nachdem Octavena ihrerseits auf eine ähnliche Weise monatelang um die Unterlagen ihres Mannes herumgeschlichen war, hatte dieser Teil nun auch auf ihrer Prioritätenliste ziemlich weit unten gestanden. Vorausgesetzt, ihre Vermutung stimmte. Aber das würde sie alles in Ruhe klären müssen.


    "Ich danke dir dafür, dass du den weiten Weg hierher gemacht hast, um mir Bescheid zu geben", erwiderte sie also, als Selenus geendet hatte, und lächelte freundlich. "Und richte auch dem Senator meinen ehrlichen Dank aus, es ehrt ihn, dass er sich diese Mühe gemacht hat. Mir war nicht klar, dass die Verwalter dort Probleme haben und mich nicht erreichen konnten. Italia ist von hier aus nun einmal weit weg und manchmal ist es doch nicht ganz einfach, Nachrichten hin und her zu schicken." Sie wandte sich in der Annahme, dass die Sache damit erledigt war, wieder der Tür zu. "Ich werde einen Blick in meine Unterlagen werfen und mich dann darum kümmern."

    Ganz kurz runzelte Octavena die Stirn. Es ging um Land, das an das dieses Senators angrenzte? Und die Verwalter dort hatten den Annaeus um Hilfe gebeten? Das passte alles irgendwie nicht so richtig zusammen. Sie war zwar nach wie vor dabei, sich einen detaillierten Überblick über das Erbe ihres Mannes zu verschaffen, aber diese Stichwörter sagten ihr so gar nichts. Meinte der Fremde etwa Land in Italia? Bei Witjons Besitz hier in Germanien hatte Octavena jedenfalls inzwischen das Gefühl, halbwegs durchzublicken, und da hätte ohnehin kein Verwalter jemals ernsthafte Probleme gehabt, sie zu kontaktieren, nicht einmal in den besonders schweren ersten Monaten nach dem Tod ihres Mannes. Das ergab alles so keinen Sinn.


    Aber ganz egal, worum genau es ging, sie brauchte zuerst ein paar genauere Informationen, um die Angelegenheit überhaupt auch nur ansatzweise einordnen zu können. Also öffnete sie die Tür vollends und trat dann einen Schritt zur Seite, um Selenus zumindest einmal in die große Halle dahinter eintreten zu lassen. "Nein, ich habe jetzt zumindest einen Moment", sagte sie dabei, wobei sie sich immer noch nicht sicher war, was das alles zu bedeuten hatte, und deshalb ihre Antwort mit Bedacht formulierte. Wahrscheinlich hätte sie auch länger als einen Moment Zeit gehabt, aber damit hielt sie sich für alle Fälle die Option offen, zuerst einmal zu erfragen, worum es denn genau ging, und den Fremden im Zweifelsfall erst einmal wieder wegzuschicken, wenn sie auch dann noch nichts mit seinen Beschreibungen anfangen konnte und erst einmal selbst einen Blick in Witjons Unterlagen werfen musste. "Um welche Ländereien geht es genau?", fragte sie, nachdem sie die Tür wieder geschlossen hatte und beobachtete Selenus dabei mit einer gewissen vorsichtigen Neugier. "Und warum schickt dich ein Senator aus Rom deshalb bis nach Mogontiacum, nur um mich zu sprechen?"

    Octavena hob nun doch überrascht die Brauen, als sie das hörte. Was konnte ein Senator in Rom von ihr nur wollen? Noch dazu einer, von dem sie sich nicht einmal entfernt erinnern konnte, jemals auch nur ums Eck mit ihm zu tun gehabt zu haben.


    "Nun, du hast mich gefunden", erwiderte sie an Selenus gewandt und legte erwartungsvoll den Kopf schief. Bei der Vorstellung ging sie ganz automatisch davon aus, dass sie schlicht einen Boten vor sich hatte, der vermutlich auch gleich wieder würde verschwinden wollen, sobald er seine Pflicht getan hatte. "Ich bin Petronia Octavena. Ich nehme an, du hast eine Nachricht für mich?"

    Nachdem in letzter Zeit Ilda auffällig oft das Pech gehabt hatte, sich gerade in der Nähe des Eingangs der Villa aufzuhalten, wenn jemand klopfte, war es dieses Mal Octavena selbst, die an der Tür erschien. Eigentlich war sie selbst auf der Suche nach ihrer ewig mürrischen Tochter auf dem Weg nach draußen und dementsprechend eher mittelmäßig gelaunt. Ildrun hatte sich den ganzen Tag schon wieder irgendwo verkrochen, nachdem sie am Morgen kurz aneinander geraten waren, und langsam hatte Octavena mal wieder genug von diesem Theater. Ganz im Allgemeinen, aber auch heute im Speziellen. Sie war aber noch nicht einmal an der Schwelle nach draußen, da hörte sie das Klopfen und hielt überrascht inne. Kurz fragte sie sich, ob sie vergessen hatte, dass irgendwer heute einen Besucher erwartete, konnte sich aber an niemanden erinnern. Das bedeutete, dass sie entweder langsam vergesslicher wurde oder dass es jemand sein musste, der unangemeldet vorbeikam. In jedem Fall stand sie jetzt ohnehin schon vor der Tür, da konnte sie auch aufmachen, obwohl sie das sonst wohl eher irgendwem von den Angestellten überlassen hätte.


    "Salve", grüßte sie und achtete darauf, sich von ihrer eigenen Laune nichts anmerken zu lassen und stattdessen dem Fremden, der da vor ihr stand, mit einer ruhigen Höflichkeit zu begegnen. "Kann ich dir helfen?"

    Octavena wusste zwar nicht, ob sie wirklich die richtige Entscheidung getroffen hatte oder sich nur in die nächste Sache stürzte, durch die sie sich durchimprovisieren würde, aber als Iring Farold und seine ewige Fragerei erwähnte, lachte sie trotzdem. "Immerhin etwas."


    Ihr Dank dagegen überraschte ihn offensichtlich, Octavena nahm das aber nur stumm hin und erwiderte nichts darauf. Es war ihr wichtig gewesen, das wenigstens auszusprechen, aber sie wusste auch, dass Iring und die anderen in der Regel nicht verstehen konnten, warum diese Art Hilfe für sie eben nicht so selbstverständlich war, wie er es darstellte. Oder warum es ihr schlicht leichter fiel, wenn andere sich auf sie verließen, als umgekehrt. Stattdessen nickte Octavena einfach zu dem Vorschlag, sich die Unterlagen gemeinsam anzusehen. "Gerne", erwiderte sie und kurz schoss ihr der Gedanke durch den Kopf, dass es wahrscheinlich gut war, dass es die Zeit gedauert hatte, die es gedauert hatte, bis Iring dieses Gespräch mit ihr gesucht hatte. Gerade das Arbeitszimmer war ein Raum, den Octavena doch noch immer stark mit Witjon verband und vor dem sie sich vor ein paar Monaten noch deutlich mehr gescheut hätte als jetzt. Überhaupt hätte es dann sein können, dass dieses gesamte Gespräch anders gelaufen wäre. "Wenn du mir zeigen kannst, wo ich anfangen sollte, wäre das sicher gut. Dann kann ich von da aus weiter sehen."


    Beim nächsten Thema entspannte Octavena sich wieder vollkommen und lehnte sich ein wenig in ihrem Sessel zurück, während Iring redete. Tatsächlich überraschte sie das, was er ihr erzählte, nicht einmal vollkommen. Sie hatte gewusst, dass in den letzten Jahren viele Fäden bei Witjon zusammen gelaufen waren. Das Ausmaß, das Iring jetzt beschrieb, überstieg zwar das, womit Octavena gerechnet hatte, aber im Kern ergab selbst das Sinn. "Dagmar hat so etwas Ähnliches schonmal erwähnt", antwortete sie also, als er geendet hatte, und nickte knapp. "Ich wusste zwar nicht, um wie viel Witjon sich da tatsächlich gekümmert hat, und dachte sowieso, dass er weitgehend wirklich nur als Verwalter eingetragen war, aber eigentlich wundert mich das alles auch nur begrenzt." Die Andeutung eines Lächelns zuckte um ihre Mundwinkel. "Es passt zu Witjon." Sie seufzte. Noch ein Punkt auf ihrer so plötzlich wachsenden Liste von Dingen, mit denen sie sich auseinandersetzen musste, ohne ernsthaft eine Ahnung davon zu haben. "Und natürlich habe ich nichts dagegen, den Besitz wieder aufzuteilen. Ich sehe mir das alles dann auch gerne selber im Detail an, wir können das aber auch gemeinsam durchgehen und du erklärst mir, was ihr da wo von mir braucht." Octavena hob fragend die Brauen und lächelte nun doch ein wenig schief. "Ich vermute mal, du hast ohnehin schon irgendeine grobe Idee, was die Aufteilung anbelangt?" Das war nur geraten, aber es war offensichtlich, dass Iring nicht nur mit Geduld, sondern auch mit einem klaren Plan, worüber er mit ihr reden wollte, zu ihr gekommen war. Er hatte dieses Gespräch vorab offenbar gut durchdacht, das musste Octavena ihm lassen. Und nachdem es hier zumindest seiner Beschreibung nach wohl nicht nur um Besitz ging, dessen Eigentümer sich einfach wieder selbst darum kümmern konnten, hätte es sie eigentlich mehr gewundert, wenn er ausgerechnet dieses Thema davon ausgeklammert hätte.

    Bei der Erwähnung von Rhaban und Dagny drehte Octavena den Kopf und das Lächeln auf ihren Lippen wurde kurz zu einem schiefen Grinsen. "Es kann sein, dass es da eine Verbindung gibt", gab sie amüsiert zurück. "Farold guckt sich die meisten seiner Tricks bei anderen ab, meistens bei Ildrun. Aber ihre Unschuldsmiene war trotzdem noch nie so gut wie seine." Damit kam sie zu Ildrun und weil das kein unkompliziertes Thema war, beeilte sich Octavena, den Bogen zurück zu ihrem Sohn zu schlagen, der meistens unverfänglicheren Gesprächsstoff lieferte als seine Schwester.


    "Dachte ich mir", erwiderte Octavena und lachte leise, als Hadamar meinte, dass er mit Farolds Neugier schon klarkommen würde. Das stimmte ja auch, sie hatte sich eigentlich nicht ernsthaft Gedanken gemacht, dass er etwas dagegen haben würde, wenn Farold ihn ein wenig mit seinen Fragen löcherte. Die gesamte Familie war da inzwischen abgehärtet, ob sie es wollten oder nicht. Es war nur einfacher, über Farold zu reden, als ihre Sorge um Ildrun laut auszusprechen. Aber gerade, weil Octavena eigentlich vorgehabt hatte, damit dem Thema ganz auszuweichen, traf sie das, was Hadamar als Nächstes sagte, vollkommen unvorbereitet.

    Hilfe. Das Angebot rührte sie, mehr als sie erwartet oder gar zugegeben hätte. Nicht nur, weil es ihren Kindern galt, sondern auch ihr persönlich, was wie immer etwas war, das Octavena ein wenig überforderte, weil sie das selbst weder beansprucht noch eingefordert hätte. Natürlich, sie hatte nicht erst gestern bei den Ducciern eingeheiratet und sie wusste, dass Witjons weit verzweigte Familie in der Regel füreinander da war - sie hatte ja selbst inzwischen auch dazu beigetragen, dass das so war - aber ihr erster Impuls blieb nach wie vor, sich selbst um ihre Probleme zu kümmern und sie gerade nicht den anderen einfach so aufzubürden. Selbst jetzt, nach dem Jahr, das sie hinter sich hatten und dessen Gewicht sie mit einem Mal wieder überdeutlich auf ihren Schultern spüren konnte. Nach Witjons Tod hatte Octavena einfach stur weiter gemacht, so weit sie es gekonnt hatte, und sich so halbwegs um Normalität bemüht. Was wäre ihr auch anderes übrig geblieben? Ihre Kinder so im Stich lassen, wie ihr eigener Vater sie nach dem Tod ihrer Mutter im Stich gelassen hatte? Vom Rest der Familie, die Octavena auch nicht gleichgültig waren, ganz zu schweigen. Nein, das wäre nicht infrage gekommen. Und Octavena hatte sich ja auch selbst im Griff, jedenfalls meistens. Sie hatte ihren Mann verloren, ja, und das tat weh und hatte einen Haufen Probleme in ihrem Leben erzeugt, aber sie wusste auch, dass sie sich davon früher oder später erholen würde. Schritt für Schritt, ein Problem nach dem anderen. Und trotzdem: Genau das hatte auch an ihren Kräften gezehrt, was sie jetzt so klar und deutlich spürte wie selten, auch wenn es nur für einen kurzen Augenblick war.


    "Danke", erwiderte Octavena schließlich, während sie noch dabei war, ihre eigenen Gedanken für ihre Antwort zu sortieren. "Das ist … sehr nett von dir." Sie warf ihm ein ehrlich dankbares Lächeln zu. "Und du drängst dich nicht auf. Ich freue mich wirklich, wenn du helfen willst." Kurz zögerte sie erneut, mit einem Mal unsicher, was denn tatsächlich Dinge wären, die Hadamar tun konnte. Farold war einfach, aber der bereitete Octavena zwar viele Kopfschmerzen, dafür aber wenig Sorgen. Und Ildrun dagegen war so kompliziert, dass Octavena selbst nicht mehr so richtig wusste, wo sie bei ihr ansetzen sollte. "Wahrscheinlich hilft es wirklich einfach schon, wenn du dich von Farold überfallen lässt. Wie gesagt, er ist neugierig und ab und zu etwas überschwänglich, aber er hängt sehr an der Familie und es tut ihm immer gut, wenn er jemanden findet, dem er ein bisschen mit seinen Fragen auf die Nerven gehen kann." Das war nichts Neues, aber das machte es nicht weniger wahr. Vielleicht hatte er auch deshalb die letzten Monate besser weggesteckt als seine Schwester. Weil er sich, während Ildrun sich eingeigelt hatte, nur noch mehr auf sein Umfeld eingelassen hatte. "Wenn du willst, kannst du auch versuchen, auf Ildrun zuzugehen", fuhr Octavena dann langsam fort und ihr Tonfall wurde vorsichtiger. Das war der Teil, bei dem sie verhindern wollte, dass Hadamar sich verpflichtet fühlte, eine vertrackte Situation zu lösen, die vielleicht so im Moment nicht lösbar war. "Aber wunder dich nicht, wenn du sie nicht geknackt bekommst. In letzter Zeit schafft das niemand, wenn du dir also auch die Zähne ausbeißt, wäre das nicht überraschend. Wie gesagt, sie kann sehr stur sein." Ein müdes Lächeln huschte über ihre Züge. Eigentlich war Octavena ja sehr stolz auf ihre Tochter, die ihr in manchen Dingen so ähnlich sein konnte. Nur im Moment machte ihr das auch ein wenig Angst. Gerade weil sie wusste, wie sehr Ildrun sich selbst würde schaden können, wenn sie weiter so um sich schlug, wie sie es tat, und weil Octavena einmal selbst so gewesen war - was wiederum nicht besonders gut geendet hatte. "Und was mich angeht …" Das Lächeln auf ihren Lippen verlor seine Müdigkeit und nahm stattdessen einen selbstironischen Zug an. Eigentlich redeten sie hier ja gerade über genug Dinge, die Octavena durchaus belasteten und die sie deshalb selten so offen aussprach wie jetzt, trotzdem fand sie dann doch wieder ein bisschen von ihrem Humor und der guten Laune wieder, mit der sie sich auf den Abend gefreut hatte. "Ich bin zäher, als ich aussehe, keine Sorge. Ihren Dickschädel hat Ildrun von mir und ich bin wahrscheinlich selber einfach zu stur, um mich nicht früher oder später wieder richtig zu fangen. Im Moment will ich einfach sichergehen, dass es meinen Kindern gutgeht, und der Rest fügt sich dann schon noch."

    "Ja, aber das ist inzwischen schon eine ganze Weile her", gab Octavena zurück, die merkte, wie Tariq bei der Erwähnung des alten Hauses hellhörig wurde. "Ich weiß noch, wie wir von dem Geruch von Rauch geweckt wurden und dann nur so schnell es ging alle nach draußen gelaufen sind." Genau genommen stimmte das nicht ganz. Octavena jedenfalls war eigentlich von einem schrillen Schrei geweckt worden, der Geruch von Rauch war ihr erst später in die Nase gestiegen, aber damit hätte sie den Schrecken dieser Nacht in ihrer Zusammenfassung unnötig überdeutlich heraufbeschworen. "Zum Glück wurde niemand verletzt." Wenigstens äußerlich. Gerade für die Familie war diese Nacht natürlich trotzdem schrecklich gewesen und selbst Octavena, die im Verhältnis kaum Bezug zu diesem Haus gehabt hatte, weil sie und Witjon damals noch nicht lange verheiratet gewesen waren, hatte diese Nacht nicht kaltgelassen. Für die anderen, für die dieses Haus tatsächlich ein richtiges Zuhause gewesen war, war das Feuer natürlich deutlich schlimmer gewesen. Das hatte Octavena selbst noch bei ihrem Mann gespürt. In ihrer Erinnerung hatte Witjon zwar einerseits mehr oder weniger sofort angefangen, die Löscharbeiten und die Unterbringung der jetzt obdachlosen Familienmitglieder zu koordinieren, aber später, als er irgendwann im Haus ihres Onkels dann zu ihr ins Bett gekommen war, hatte er sie trotzdem so eng an sich gezogen wie selten. "Das Haus war aber trotzdem Schutt und Asche und statt es wieder aufzubauen sind wir direkt hier raus gezogen."


    Die Frage nach den Überfällen dagegen überraschte Octavena ein wenig. "Nein." Sie schüttelte den Kopf. "Es machen natürlich in der Stadt immer mal wieder Neuigkeiten von Überfällen in der Provinz die Runde, Soldaten reden schließlich genauso wie alle anderen, aber wir sind hier immer sicher gewesen. Dafür sind wir wohl wirklich noch immer zu nah an Mogontiacum dran." Tatsächlich hatte Octavena das auch immer für selbstverständlich genommen. Mogontiacum war sicher und das Umland ganz genauso. Natürlich, Gerüchte gab es immer und mal war da mehr dran und mal weniger, aber sie konnte sich nicht erinnern, sich deshalb je wirklich Sorgen gemacht zu haben. Ihr war das immer endlos weit weg vorgekommen. Oder wenigstens weit genug weg, als dass sie nie intensiver darüber nachgedacht hatte.


    "Ah, ja, der Stammbaum ist beeindruckend, wenn man ihn das erste Mal sieht." Octavena schmunzelte ein wenig, teils weil Farold ausgerechnet diesen Teil des Hauses Tariq gezeigt hatte, teils weil es sie ein wenig amüsierte, wie Tariq das Essen vor sich in sich hinein schaufelte. Sie mochte ihn bisher, hatte sich aber auch noch nicht vollständig einen Reim auf ihn oder darauf gemacht, wie er bei Hadamars überraschender Rückkehr ins Bild passte. Tariq war merklich darum bemüht, höflich zu sein - das war Octavena am Tag zuvor schon aufgefallen, als er sich beeilt hatte, zu betonen, dass sie nicht alt aussah - aber er schien ihr dabei auch etwas unsicher, so als versuchte er sich an Regeln zu erinnern, die ihm eigentlich nicht lagen. Und die Art, wie er sich das Essen hineinschaufelte, bestätigte nur weiter ihre Vermutung, dass Hadamar Tariq aus Verhältnissen aufgelesen haben musste, in denen wahrscheinlich regelmäßige Mahlzeiten nicht selbstverständlich gewesen waren. Das hätte auch erklärt, warum Tariq Hadamar bis nach Germanien gefolgt war. Genauso wie es Octavena darin bestätigte, diese Vermutungen weiterhin geflissentlich für sich zu behalten und nicht weiter nachzubohren, nur weil sie neugierig war. Danach würde sie eher ihren Schwager bei Gelegenheit fragen, ehe sie Tariq, der sich so offensichtlich Mühe gab, von Hadamars Familie gemocht zu werden, mit einer zu direkten Frage verschreckte.


    Deshalb beließ sie es auch bei diesem Gedanken und amüsierte sich stattdessen darüber, dass Farold scheinbar direkt versucht hatte, Tariq zum Spielen nach draußen zu locken. "Ist es", erwiderte sie bestätigend, als Tariq das weitläufige Gelände ums Haus erwähnte, und lachte schon im nächsten Moment leise auf. "Mit Farold da verstecken zu spielen, kannst du aber nur verlieren. Der kennt jedes Versteck in- und auswendig und ich habe selber oft genug meine Probleme, ihn oder seine Schwester zu finden, wenn sich einer der beiden irgendwo draußen verkrochen hat. Da versucht er, auszunutzen, dass er weiß, dass er sich hier besser auskennt als du." Die Bemerkung über den Fluss dagegen bestätigte Octavenas vage Vermutung von eben, dass Tariq es gewöhnt war, sich mehr oder weniger allein um sich selbst zu kümmern. Sie lächelte freundlich. "Und ja, der Fluss gehört auch zum Gelände, aber du kannst deine Sachen auch einfach Ilda geben." Octavena warf einen beiläufigen Blick über ihre Schulter, aber Ilda hatte sich nach der Standpauke schon wieder verzogen. "Oder du lässt sie einfach in deinem Zimmer liegen und ich gebe Ilda Bescheid, dass sie deine Sachen mitnehmen soll, wenn sie sich ohnehin um die Wäsche kümmert." Sie wandte sich wieder Tariq zu. Ein wenig hatte sie ja das Gefühl, ihm die Gastfreundschaft anbieten zu müssen, die wahrscheinlich die meisten anderen Gäste, die sie sonst so hätten haben können, für selbstverständlich genommen hätten. Nicht dass sie das gestört hätte - sie gab gerne die Gastgeberin und kümmerte sich als solche auch gerne um ihre Gäste - eher rührte es Octavena etwas, weil sie das umgekehrt selbst nicht erwartet hätte. "Allgemein kannst du gerne einfach fragen, wenn du etwas brauchst." Sie hielt ihren Tonfall locker, um sicherzugehen, dass sie ihm auch mit ihrem nächsten Satz nicht das Gefühl gab, beleidigt zu sein, sondern ihre Worte, wenn überhaupt, ein wenig selbstironisch meinte. "Wie gesagt, du bist unser Gast und ich würde hier einen schlechten Haushalt führen, wenn wir uns nicht gut um unsere Gäste kümmern würden."

    "Ach, du bist unser Gast und du hast gestern wirklich sehr müde gewirkt", gab Octavena entspannt zurück und zuckte mit den Achseln. Sie war sich am Tag zuvor nicht einmal sicher gewesen, wie viel er vor Müdigkeit noch mitbekommen hatte, als sie ihm das Gästezimmer gezeigt hatte. Schon allein deshalb hatte sie auch Farold am nächsten Morgen prophylaktisch abgefangen, damit er Tariq schlafen ließ. "Was nach so einer langen Reise auch kein Wunder ist. Und ihr müsst ja recht unvermittelt aufgebrochen sein, wenn Hadamar nicht einmal mehr eine Nachricht schicken konnte, dass er wieder nach Mogontiacum versetzt worden ist."


    Tariqs Bemerkung über das Haus ließ Octavena dagegen kurz innehalten. "Ja, das ist es wirklich." Lächelnd ließ sie ihren Blick über ihre Umgebung gleiten. Manchmal, irgendwo zwischen Alltagstrott und den großen und kleinen Sorgen darüber hinaus, vergaß sie selbst ein bisschen, wie schön sie es eigentlich hier hatten. Wie so vieles in ihrem Leben war auch das nichts gewesen, was Octavena für sich vorhergesehen hätte, aber über die Jahre war eben dieses Haus schlicht auch ihr Zuhause geworden. "Mein Mann hat die Villa hier draußen vor Jahren bauen lassen, nachdem das alte Haus der Familie in der Stadt abgebrannt ist", erklärte sie und wandte sich wieder zu Tariq um. "Das Anwesen hier ist im Vergleich abgelegener, aber inzwischen mag ich die Ruhe, die man hier draußen hat, auch sehr." Sie grinste ein wenig, während sie weiterging. "Na ja, so ruhig es hier jedenfalls wird, mit Kindern im Haus."


    Sie erreichten die Küche und Octavena grüßte wie immer kurz Marga, die sich aber, ebenfalls wie immer, weder von Octavenas Anwesenheit noch von dem Gast, den sie im Schlepptau hatte, groß aus dem Konzept bringen ließ, sondern mit Ilda beschäftigt war, die offensichtlich irgendetwas falsch gemacht hatte. Octavena nahm das beiläufig zur Kenntnis, entschied sich aber dagegen, sich einzumischen, einerseits weil es so gut wie immer unklug war, Marga in so einer Situation unnötig in die Quere zu kommen, und andererseits weil sie vermutlich ohnehin recht hatte. Und wenn es doch um irgendetwas Gravierendes oder etwas ging, das Octavena auch zu beschäftigen hatte, dann würde Marga sie das ohnehin noch früh genug wissen lassen. Also ließ Octavena sich stattdessen einfach am Tisch nieder, wo noch die Reste vom Frühstück bereitstanden. "Bedien dich", sagte sie zu Tariq und ließ ihm dann einen Moment Zeit, um sich ebenfalls zu setzen. Erst dann wurde ihr damit auch bewusst, dass sie noch gar nicht wusste, wie lange Farold Tariq durch die Villa geführt hatte, ohne dabei ausgerechnet an der Küche vorbeizukommen. "Wie viel vom Haus hat dir Farold eigentlich schon gezeigt?", fragte sie deshalb und nutzte die Gelegenheit, um den Bogen zurück zu ihrem Thema von gerade eben und dem Rest der Familie zu schlagen. "Wenn du Lust hast, solltest du dir übrigens bei dem guten Wetter später dann mal von einem der anderen ein bisschen was vom Gelände zeigen lassen, gerade draußen im Garten ist es bei gutem Wetter sehr schön. Meine Kinder machen das sicher, wenn du sie fragst, und sonst bekommst du bestimmt jemand vom Rest der Familie eingespannt."

    Während Tariq ausschlief, war Octavena am selben Morgen wieder einmal früh auf den Beinen gewesen. Eigentlich wäre das nicht zwingend nötig gewesen, denn jetzt, wo der Winter mehr und mehr über die Villa hereinbrach, verlief auch das Leben im Haus in ruhigeren Bahnen als noch im Sommer, aber Octavena fühlte sich in letzter Zeit selbst mehr und mehr rastlos und damit war von der Ruhe, die diese Jahreszeit sonst bringen konnte, bei ihr wenig zu spüren. Und Winter hin oder her: In einem großen Haus wie der Villa gab es auch mit zwei Hausherrinnen immer genug zu tun. Und wenn nicht, dann waren da immer noch Ildrun und Farold, die ihrerseits ihrer Mutter genug Gründe lieferten, wenig stillzustehen. In Farolds Fall war das heute die Ermahnung gewesen, den schlafenden Tariq nicht zu wecken, und in Ildruns Fall hatte es eine Diskussion darüber gegeben, dass zwar draußen die Sonne schien, sie das aber nicht davon befreite, einen Mantel anzuziehen. Octavena war sich fast sicher, dass ihre Tochter nur dagegen war, weil Octavena es gewesen war, die sie dazu aufgefordert hatte, den Mantel anzuziehen, aber am Ende waren die beiden eben doch wieder aneinander geraten, ehe Ildrun schlecht gelaunt von dannen gezogen war. Eigentlich hatte Octavena angenommen, dass die Sache damit erledigt sein und Ildrun sich schon fügen würde, aber dann hatte sie den Mantel ihrer Tochter doch wieder achtlos auf dem Boden gefunden und damit war klar gewesen, dass die Diskussion von vorhin in Kürze in die zweite Runde gehen würde.


    Mit dem Mantel in der Hand war Octavena also gerade auf dem Weg nach draußen, um ihre Tochter zu suchen, als sie auf Tariq und Farold traf. "Salve, ihr beiden", grüßte sie und musste ein amüsiertes Grinsen unterdrücken, als Farold auf Tariqs Erklärung hin erst einmal verkündete, schon satt zu sein. Im Grunde grenzte es schon an ein kleines Wunder, dass er bei dem guten Wetter nicht längst nach draußen verschwunden war, um wahlweise mit seiner Schwester oder einem der Kinder der Hausangestellten über das Gelände zu toben. "Soso", sagte sie und legte kurz den Kopf schief. Vielleicht tat sich hier ja doch eine gute Gelegenheit auf, die Sache mit dem Mantel ihrer Tochter nicht einfach unter den Tisch fallen zu lassen, sich aber trotzdem nicht schon wieder mit Ildrun über irgendeine alltägliche Banalität zu streiten. "Na, wenn du schon satt bist, kannst du mir ja einen Gefallen tun." Sie hob die Hand, in der sie besagten Mantel hielt, und hielt das Kleidungsstück ihrem Sohn entgegen. "Bringst du Ildrun ihren Mantel nach draußen? Und sag ihr, ich will keine Widerrede hören. Es scheint vielleicht gerade die Sonne, aber ich will trotzdem nicht, dass einer von euch beiden krank wird."

    Farold legte seinen Kopf schief und sah skeptisch zu seiner Mutter auf. "Sie schmollt wieder, oder?", fragte er rundheraus und Octavena schnalzte tadelnd mit der Zunge.

    "Farold. Sei nett zu deiner Schwester. Verstanden?"

    Farold grinste breit, als er offenbar begriff, dass das kein Widerspruch zu seiner Vermutung gewesen war, und im nächsten Moment schnappte er sich den Mantel. "Ich such sie." Er winkte Tariq zu und ehe Octavena es sich versah, war er auch schon dabei, seinen Worten Taten folgen zu lassen und davon zu laufen.

    "Und du sollst dir auch etwas Warmes anziehen, wenn du raus gehst!"

    "Ja-haaa", schallte es zurück, während Farold schon um die nächste Ecke bog. "Weiß ich!"

    Kopfschüttelnd sah Octavena ihrem Sohn zuerst nach, wie er verschwand, ehe sie sich dann wieder Tariq zuwandte. "So viel dazu", sagte sie mit einem kleinen Lächeln. "Dann würde ich sagen, ich helfe dir stattdessen mal dabei, etwas zu essen zu bekommen." Sie nickte in die entgegen gesetzte Richtung zu der, in die gerade Farold davon gelaufen war. "Komm mit, ich zeige dir die Küche."

    Damit wandte sie sich schon direkt um und setzte sich in Bewegung, wobei sie sich mit einem Blick über die Schulter vergewisserte, ob Tariq ihr auch folgte. "Hast du gut geschlafen?", fragte sie ihn, während sie ihn durchs Haus in Richtung Küche führte. "Ich hoffe Farold hat dich nicht geweckt. Ich habe ihm vorhin schon das Versprechen abnehmen müssen, dass er dich in Ruhe ausschlafen lässt."

    Octavena sah dem Matinier ganz genau den Moment an, in dem ihm klar wurde, dass sie eine Witwe war, und in genau diesem Moment wurde sie auch wieder daran erinnert, warum es leichter gewesen war, einfach Dagny das Reden zu überlassen. Wieder dieser Blick, wieder Mitleid für sie, die arme Witwe, deren Leben so unvermittelt eine tragische Wendung genommen hatte. Wie immer sicher gut gemeint, aber nicht zum ersten Mal spürte Octavena, wie sich Widerwille in ihr gegen dieses Mitleid regte. Sie wollte nicht bemitleidet werden, erst recht nicht von Fremden. Doch das gehörte nicht hierher, also lächelte sie einfach wie immer darüber hinweg. "Danke", erwiderte sie und sah kurz zu Dagny hinüber, die einen Moment lang auf ihrer Unterlippe kaute, um ihr mit dem Lächeln zu signalisieren, dass alles in Ordnung war. Dagny konnte nichts für Octavenas Probleme und Octavena wollte ihr auch sicher nicht den Eindruck vermitteln, dass das anders wäre. Erst recht nicht heute. "Und ja, ich habe Kinder. Eine Tochter und einen Sohn. Die beiden laufen hier auch noch irgendwo durch die Gegend." Das Lächeln auf ihren Lippen wurde etwas breiter und ehe diese Information die nächste Ladung Mitleid provozieren konnte, schob sie direkt hinterher: "So ein Fest mit viel Familie ist natürlich das größte für sie." Sie nippte an ihrem Met. "Was macht deine Familie, Matinius?", fragte sie dann nun, wo sie sich schon ins Gespräch wieder eingeklinkt hatte und es damit wahrscheinlich merkwürdig gewesen wäre, wenn sie sofort wieder geschwiegen hätte. "Ich stamme ursprünglich auch aus Tarraco." Sie machte eine kleine, etwas abwiegelnde Bewegung mit einer Hand. "Obwohl das inzwischen eine ganze Weile her ist. Aber meine Familie lebt in weiten Teilen immer noch dort."


    Als Dagny über die Freya und die Pferde der Familie redete, hielt Octavena sich wieder zurück, teils weil sie sich mit einem Mal nicht danach fühlte, mehr Raum im Gespräch einzunehmen, und teils weil ihr auffiel, wie gut Dagny das eigentlich machte. Im Grunde war das nicht überraschend, wenn man bedachte, dass sie einerseits das Gestüt gut kannte und andererseits ja nun seit Monaten bei der Freya mithalf. Octavena merkte nur, dass sie bisher offenbar selbst zu sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen war, um das so richtig zur Kenntnis zu nehmen. Was wiederum eigentlich nur wieder verdeutlichte, dass es ein Problem war, dass sie alle im Moment noch so in der Schwebe hingen. Früher oder später würde das nicht nur Octavena, Dagmar oder Dagnys Brüdern auffallen, sondern auch Fremden und spätestens dann würden sie darüber reden müssen, dass Dagny eigentlich genau im richtigen Alter war, um zu heiraten. Ein Mann, der nicht vollkommen auf den Kopf gefallen war, würde vielleicht auch dieses Talent, so beiläufig im Gespräch auch noch geschäftliche Verbindungen herzustellen, genau als solches erkennen. Aber für dieses Thema würden sie erst wieder jemanden brauchen, der auch in der Familie wirklich das Ruder übernahm. Ein Familienoberhaupt, das eben den Überblick über solche Dinge behielt und dann Entscheidungen traf, die sowohl für Einzelne als auch für die Familie als Ganzes gut sein würden. Noch so etwas, das nach wie vor nicht ganz so einfach war.

    Kurz fragte Octavena sich, ob sie etwas Falsches gesagt hatte, als sie den Blick bemerkte, mit dem Hadamar sie bedachte und den sie nicht ganz zu deuten wusste. Sie hatte die Bemerkung tatsächlich so gemeint und nicht groß darüber nachgedacht, andererseits musste das ja nichts heißen, wenn sie am Ende anders bei ihm angekommen war. In jedem Fall bestätigte die Reaktion gemeinsam mit dem Seufzen, das er ausstieß, die Vermutung, die Octavena ohnehin schon gehabt hatte: Dass ihm scheinbar ganz genauso wie ihr ein paar Sorgen und Probleme durch den Kopf gingen, die ihre Zeit brauchen würden.


    Umso besser und vor allem unverfänglicher war es aber, das Thema zu wechseln. Gerade weil es deutlich angenehmer war, Hadamar zuzuhören, wie er über Tariq sprach, als weiter umeinander herumzutänzeln und zu versuchen, bloß nicht aus Versehen Wunden aufzureißen, von denen sie beide wussten, dass sie wahrscheinlich da waren, aber nicht wissen konnten, wo sie genau lagen. "Nein, ich verstehe schon, was du meinst", erwiderte Octavena noch immer schmunzelnd, auch wenn sie inzwischen ihre Züge wieder besser unter Kontrolle hatte als noch kurz vorher, schon um nicht den Eindruck zu erwecken, dass sie ihn auslachen wollte. "Man merkt dir an, dass Tariq dir wichtig ist und dass du dich für ihn verantwortlich fühlst. Da ergibt das nur Sinn."


    Als Hadamar sie dann nach ihren Kindern fragte, stieß Octavena einen tiefen Atemzug langsam aus und beobachtete dann, wie sich die kleine Wolke, die sich so vor ihrem Gesicht bildete, in Luft auflöste. Ein Teil der Antwort auf diese Frage war ein sehr leichtes Thema, der andere war … schwieriger. "Du hast ja Farold erlebt", begann sie schließlich und konnte trotz allem nicht anders als beim Gedanken an ihren Sohn breit zu lächeln. "Er ist munter wie eh und je. Ein Chaos auf zwei Beinen, immer neugierig und immer auf der Suche nach dem nächsten interessanten Unsinn, den er anstellen kann." Sie lachte und obwohl sie sich sicher war, dass ihr genau das, was sie gerade beschrieb, noch so manches graues Haar bescheren würde, konnte sie sich auch einen Anflug mütterlichen Stolzes nicht ganz verkneifen. "Und selbstverständlich hat er es astrein raus, wie er so unschuldig tun kann, dass ich mich schwertue ihm irgendetwas übelzunehmen." Sie lächelte einen kurzen Moment lang in sich hinein. Farold war der einfache Teil dieses Themas. Es war leicht, darüber zu reden, wie er sie auf Trab hielt, weil das bedeutete, dass es ihm gutging. Weil er sich trotz allem im vergangenen Jahr als viel zäher erwiesen hatte, als Octavena befürchtet hatte.

    "Ildrun dagegen …" Octavena seufzte. "Ildrun tut sich schwer. Sie vermisst Witjon und die letzten Monate waren deshalb hart für sie", gab sie dann zu. "Die beiden hatten eben immer ein enges Verhältnis und jetzt muss sie stattdessen mit mir Vorlieb nehmen." Ein leicht gequältes Lächeln stahl sich auf ihre Lippen, während sie ihr Gewicht von einem Bein auf das andere verlagerte und dabei zu Boden blickte. "Das gefällt ihr nicht und wenn Ildrun etwas nicht gefällt, dann sperrt sie sich komplett dagegen. Oder versucht es wenigstens." Das war schon immer so gewesen. So sehr Octavena auch die Tage vermisste, als Ildrun sie noch an sich heran gelassen hatte - eigensinnig war ihre Tochter von dem Moment an gewesen, an dem sie auch nur ansatzweise einen eigenen Gedanken hatte fassen können. So sehr, dass das sogar von Zeit zu Zeit zu Spannungen zwischen ihren Eltern geführt hatte, weil Witjon seiner Tochter selten einen Wunsch hatte abschlagen können und das dann eher Octavena überlassen hatte. Und das wiederum hatte sie dann mehr als ein Mal die Wände rauf getrieben.

    Sie strich sich beiläufig eine Haarsträhne, die sich aus ihrer Frisur gelöst hatte, hinters Ohr und sah wieder auf. "Aber na ja … Im Grunde geht es beiden gut. Sie sind gesund und fegen hier eigentlich ständig wie ein Sturm übers Gelände. Ich mache mir natürlich wie immer Sorgen, aber das haben Mütter wohl einfach so an sich. Von daher kann ich mich wahrscheinlich nicht beschweren." Oder vermutlich sollte sie es nicht. Jedenfalls nicht, wenn sie sich nicht schon wieder wie eine fürchterliche Glucke aufführen wollte. Dabei bereitete gerade Ildrun Octavena nun einmal mehr Sorge als sie hier gerade zugab. Nur das zuzugeben, hätte bedeutet, zu jammern und zu jammern hätte bedeutet, bei Hadamar Dinge abzuladen, die definitiv nicht sein Problem waren.


    "Ich glaube übrigens, dass du nach Tariq der nächste sein dürftest, den Farold früher oder später belagert", fuhr sie deshalb fort, ehe sie doch noch zu viel von ihren Sorgen ausschütten konnte und grinste wieder ein wenig. "Er hat Wind davon bekommen, dass du noch mehr rumgekommen bist als Tariq, und dann dürfte es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis seine Neugier über die erste Scheu siegt. Ein Onkel, den es schon quer durch die Provinzen verschlagen hat, übt natürlich eine ganz eigene Form von Faszination auf ihn aus." Dann wurde ihr Gesichtsausdruck wieder etwas ernster und sie hob entschuldigend die Schultern. "Er kann etwas … überschwänglich werden, wenn das Eis erst einmal gebrochen ist und ihn die Neugier gepackt hat. Das nur als kleine Warnung bevor er dich einfach so überfällt." Den Hinweis, den sie Tariq gegeben hatte, dass er Farold auch ausbremsen konnte, sparte Octavena sich in diesem Moment. Einerseits nahm sie an, dass Hadamar darauf schon von alleine kommen würde, und andererseits ging sie ohnehin davon aus, dass ihre Kinder ihm dahingehend nur begrenzt eine Wahl lassen würden. Er war Familie und früher oder später würde es die beiden deshalb auf die eine oder andere Weise in seine Nähe ziehen, wenn sie die Gelegenheit dazu bekamen. Sei es aus Neugier oder aus Gewohnheit, weil sie seine Geschwister sowieso kannten und es auch sonst einfach gewohnt waren, dass sie Verwandtschaft eher auf die Nerven gehen durften als Außenstehenden.

    Der Name des jungen Manns sagte Octavena nichts, genauso wenig wie die Namen und Gesichter der anderen Männer, die sie im Gespräch mit Hadamar unter den Gästen trafen, auch wenn das natürlich nicht vollkommen ungewöhnlich und bis zu einem gewissen Grad zu erwarten gewesen war. "Salve." Sie trat neben Dagny und lächelte in die Runde, als Hadamar sie vorstellte. Als Dagny ihr dann die Hauptleistung für die Organisation der Feier zusprach, warf Octavena ihr ein angemessen dankbares Lächeln zu, war sonst aber eigentlich mehr froh, dass sie dieses Thema nicht noch weiter breit traten. Einerseits war dieses Lob nur logisch - und irgendwo vor den Fremden natürlich auch angemessen, wenn man bedachte, dass die Organisation schlicht Octavenas Aufgabe als Hausherrin war - andererseits fühlte es sich doch auch etwas übertrieben an. Während das Gespräch weiterwanderte und sich erst einmal um die Gestüte der jeweiligen Familien zu drehen begann, hielt Octavena sich schweigend im Hintergrund und hörte nur still zu. Bei der Erwähnung von Tarraco horchte sie zwar kurz auf, aber die Matinier sagten ihr allerhöchstens vage etwas und im Grunde war sie sowieso schon viel zu lange weg, um irgendwen dort noch wirklich zu kennen. Vielleicht abgesehen von ihrer eigenen Verwandtschaft und selbst bei denen war sie inzwischen auch nicht mehr so auf dem Laufenden wie früher.


    Erst als Sabaco Dagny fragte, ob sie die Dame des Hauses sei, erstarrte Octavena nur für den Bruchteil einer Sekunde und ihr wurde klar, dass sie gerade wahrscheinlich ein wenig zu still gewesen war. Sie hatte vorher schon am Rande registriert, dass die Männer Hadamar als ihren Gastgeber wahrnahmen, was sie auch weder großartig überraschte noch kümmerte, aber dass in Konsequenz Dagny als seine Schwester auch als Hausherrin wahrgenommen werden konnte, fühlte sich dann doch ... merkwürdig an. Auch weil es Octavena vor Augen führte, dass sie sich an solche Annahmen wohl in Zukunft mehr und mehr würde gewöhnen müssen. Weil ihre eigene Position von außen inzwischen eben nicht mehr so leicht ersichtlich war, wie früher. "Nein, das wäre dann wohl ich", hakte sie kurz wieder in das Gespräch ein, in erster Linie, weil sie das Gefühl hatte, dieses Detail selbst korrigieren zu müssen, und lächelte höflich. "Mein Mann war der letzte Hausherr und ein Vetter von Ferox und Valentina." Dass sie genau genommen nach wie vor keinen neuen Hausherren hatten, ließ sie bewusst aus, aber das tat hier ja auch ohnehin nichts zur Sache. Stattdessen nahm Octavena einen Schluck von ihrem Met, um Dagny in Ruhe auf die eigentliche Frage antworten zu lassen - und um auch selbst dieses merkwürdige Gefühl wieder bei Seite schieben zu können.

    Iring bestätigte Octavenas Verdacht, dass er auf eine klarere und einfachere Antwort von ihr gehofft hatte, diskutierte aber auch nicht mit ihr. Das war wahrscheinlich ein gutes Zeichen, genauso wie die Tatsache, dass er und Rhaban ohnehin vorhatten, auch noch mit dem Rest der Familie zu reden. Das bedeutete, dass die beiden eigentlich schon von allein darauf gekommen waren, dass ihnen diese Entscheidung niemand mehr so einfach abnehmen konnte oder würde, wie Witjon das gekonnt hätte. Trotzdem ärgerte sich Octavena insgeheim ein wenig, dass sie ihrem Mann nicht mehr Druck gemacht hatte, in dieser Sache klare - oder wenigstens klarere - Verhältnisse zu schaffen. Sie hatte immer ein wenig den Verdacht gehabt, dass sich dieses Heranziehen der beiden Brüder, ohne ihnen tatsächlich eine offizielle Position zu geben, früher oder später rächen würde. Denn während Audaod als Witjons ältester Sohn und Erbe immer weit weg in Rom gewesen war und auch keine Anstalten gemacht hatte, heim zu kommen, waren Iring und Rhaban eben da gewesen. Selbst wenn Audaod irgendwann beschlossen hätte, nach Mogontiacum zurückzukehren, hätte das sicher auf die eine oder andere Weise für Spannungen in der Familie gesorgt. Die Art Spannungen, bei denen Octavena, wenn Witjon schon nicht von allein tätig geworden war, sonst eigentlich meistens versucht hatte, ihnen elegant aus dem Hintergrund heraus entgegenzusteuern, noch bevor sie akut werden konnten. Sie wusste zwar nicht, ob es in diesem Fall überhaupt etwas gebracht hätte, Witjon in dieser Sache ins Gewissen reden zu wollen, aber dass sie es nicht einmal versucht hatte, ärgerte die trotzdem. Gleichzeitig war es inzwischen nur noch müßig, darüber nachzudenken. Die Situation war wie sie war und daran würden nur die Lebenden noch etwas ändern können, nicht die Toten.


    "Tut mir leid", erwiderte sie und warf Iring ein entschuldigendes Lächeln zu. "Falls es hilft: Ich habe wirklich Vertrauen in euch. Aber genau deshalb ist es eben besser, wenn ich mich da raushalte."


    Octavena meinte ihre Worte schon in diesem Moment so wie sie sie sagte - sie hatte wirklich Vertrauen in Iring und Rhaban. Witjon hatte sich schon etwas gedacht, als er die beiden mit ins Geschäft eingebunden hatte, und den Rest, der sicher auch viel mit Dingen auf ganz persönlicher Ebene zu tun hatte, würden sie schon noch herausfinden. Trotzdem bestätigte Iring - vielleicht sogar unbewusst - wenig später genau dieses Vertrauen mit seiner nächsten Antwort. Octavena registrierte dabei sehr genau, wie er seine Worte abwägte und sich offensichtlich Mühe gab, sie weder zu drängen noch ihr Vorwürfe zu machen - obwohl sie beides verstanden hätte. Genau deshalb war sie ihm aber auch dankbar für seine Rücksicht, so merkwürdig es sich auch für sie anfühlte, darauf angewiesen zu sein. Nicht nur, weil er ihr hier einen leichten Ausweg, sondern ihr vor allem einen Einstieg anbot. Und während sie ihm zuhörte, wurde Octavena mehr und mehr bewusst, dass sie diesen Einstieg auch wollte. Sie hatte sowieso ein schlechtes Gewissen, weil sie sich so wenig mit Witjons Erbe auseinandergesetzt hatte, und eigentlich war es wirklich nicht ihre Art, vor einer Herausforderung wegzulaufen, ganz im Gegenteil. Sie war immer stolz darauf gewesen, sich im Zweifelsfall allem zu stellen, was ihr das Leben entgegenwarf. Stolz darauf, diejenige zu sein, auf die sich andere ohne nachzudenken verlassen konnten, weil sie in der Regel nicht lange fackelte, sondern einfach machte. Aber das hier … das hier war komplizierter.


    "Ja, vielleicht." Octavena lachte leise, als Iring meinte, dass es ja auch sein konnte, dass sie Spaß daran haben würde, wenn sie einmal anfing, sich selbst um die Betriebe zu kümmern. Tatsächlich nahm ihr unter anderem dieser Gedanke einen guten Teil ihrer Anspannung. Sie hatte das Thema gemieden, weil sie allgemein versucht hatte, zu vermeiden, zu viel an Witjon zu denken. Sein Tod mochte noch immer kein ganz einfaches Thema für sie sein, aber sie merkte selbst, dass es ihr trotz allem inzwischen schon deutlich besser ging als noch vor ein paar Monaten. Sie war dabei, langsam ihren Blick freiwillig wieder auf die Zukunft zu heften. Nicht aus Zwang, weil einfach kein Weg daran vorbeiführte, sondern weil sie es wollte. Vielleicht war jetzt wirklich der richtige Moment gekommen, um einen weiteren Schritt in diese Richtung zu gehen. Sich den Teil ihrer Selbst zurückzuholen, der sich eben nicht von einer Herausforderung einfach so einschüchtern ließ. Auch wenn das bedeutete, dass sie auf Hilfe angewiesen sein würde. Schließlich nickte Octavena langsam. "Du hast wahrscheinlich recht, ich sollte es wenigstens versuchen, mir selbst einen Überblick zu verschaffen ... Ich will mich ja auch selbst um diese Dinge kümmern und vor allem kümmern können", sagte sie dann und merkte, wie die Unsicherheit, die sie eben noch erfasst hatte, nun wirklich wieder verschwand. "Ich werde garantiert auf das Hilfsangebot zurückkommen müssen und es kann sein, dass ich euch drei dann mit mehr als einer vielleicht noch so banalen Frage nerven muss, aber ... gut, dann arbeite ich mich selbst in das alles ein, was ich wissen muss. Sowohl in Bezug auf Witjons Betriebe als auch bei der Freya." Sie lächelte ein wenig und zögerte einen Moment, sprach dann aber den nächsten Gedanken einfach gerade heraus aus. Weil er ihr tatsächlich wichtig vorkam. Abgesehen davon war sie gerade ohnehin schon so ehrlich gewesen wie selten in den letzten Monaten, dann machte das jetzt auch keinen Unterschied mehr. "Und ... Danke. Mir ist selbst klar, dass du mir das nicht hättest anbieten müssen."

    "Das ehrt dich", erwiderte Octavena sanft, als Hadamar sich entschuldigte, nicht da gewesen zu sein, und warf ihm ein kleines, aber ehrlich gemeintes Lächeln zu. Er hatte natürlich recht, dass es ziemlich sicher nichts gegeben hätte, was er hätte tun können, und tatsächlich war seine Abwesenheit ja auch nicht einmal seine Schuld gewesen. Trotzdem hatten seine Worte etwas überraschend Tröstliches. Vielleicht auch nur, weil nach den Beileidsbekundungen der letzten Monate jemand stattdessen wenigstens sagte, dass er gerne etwas getan hätte, statt sie nur mit diesem nett gemeinten, mitleidigen Blick zu bedenken, den sie inzwischen fast schon hasste. Weil er für Octavena immer wenigstens implizierte, dass sie hilflos war. Und ganz egal, wie viel ihr in den letzten Monaten immer wieder entglitten war und wie viele Baustellen sie nach wie vor noch nicht einmal angeschaut hatte: Hilflos war sie nicht. Sie hatte viel mehr in den letzten Monaten einfach stur weitergemacht und dabei mehr als eine bittere Pille still geschluckt. Weil andere sich auf sie verlassen und sie gebraucht hatten, allen voran ihre Kinder. Sie hatte sich durch das alles sicher nicht durchgebissen, um dann als hilflos angesehen zu werden, nur weil ihr Mann tot war. "Und wir kommen alle schon wieder richtig auf die Füße. Manches braucht einfach Zeit."


    Als Hadamar von Tariq erzählte, verwandelte sich das Lächeln, das sich vorher schon auf Octavenas Lippen ausgebreitet hatte, nun in ein maximal halbherzig unterdrücktes Grinsen. Man merkte ihm an, dass er sehr an dem Jungen hing, und Octavena stellte fest, dass sie fand, dass ihm das Verantwortungsbewusstsein, das da durchschimmerte, gut zu Gesicht stand. Eigentlich war es absurd, aber es machte ihr in diesem Moment zugleich zum ersten Mal so richtig bewusst, wie lange er weg gewesen war. Nicht dass sie sich je nahe gestanden hätten, aber ein wenig verband sie mit Hadamar immer noch den jungen Kerl, den sie damals auf dem Markt getroffen hatte. Der zwar definitiv charmant und sehr gut darin gewesen war, sie um den Finger zu wickeln, der aber auch eigentlich vom ersten Moment an Ärger bedeutet hatte, auch wenn sie das in der Situation damals nicht begriffen hatte. Das war ihr erst viel später klar geworden, jung und naiv wie sie gewesen war, als sie damals in Mogontiacum angekommen war. Ihr eigener Horizont damals hatte im Grunde kaum mehr als drei Schritte weiter gereicht, obwohl sie natürlich davon überzeugt gewesen war, dass das nicht stimmte. Für Octavena hatte sich das eigentlich erst so richtig mit Ildruns Geburt verändert, weil Ildrun alles verändert hatte, aber Hadamar jetzt dabei zuzuhören, wie er davon erzählte, dass er sich um Tariq gekümmert hatte, erinnerte sie auch ein wenig daran, dass sie nicht die Einzige war, die über die Jahre erwachsen geworden war.


    Sie stimmte leise in sein Lachen ein und zupfte erneut ihr Tuch wieder zurecht, dieses Mal aber nicht mehr gegen die Kälte oder aus einem Impuls heraus, sich wie zum Schutz selbst möglichst fest in den Stoff einzuwickeln, sondern einfach nur um es bequemer zu haben. "Ach, er hat es uns leicht gemacht, ihn aufzunehmen", erwiderte sie dann entspannt. "Er hat Farold auf dem richtigen Fuß erwischt, damit hatte er eigentlich schon fast gewonnen. Kinder machen es oft leichter, eine Verbindung zu den Erwachsenen um sie herum aufzubauen. Und ich bin ja selber nur froh, dass Farold Tariq mag und wieder jemanden mit seinen Fragen hat belagern können. Das tut ihm genauso gut und sonst gibt es hier selten noch irgendwen, dem er nicht schon tausend Löcher in den Bauch gefragt hat."

    Octavena hörte Iring zunächst einmal schweigend zu und auch wenn sehr schnell klar wurde, dass er hier gerade mehrere Themen aufmachte, die sie bisher alle mehr oder weniger bewusst gemieden hatte, so war sie doch dankbar, dass er dabei immerhin klar und deutlich war. Seine ruhige, nüchterne Art machte es Octavena leichter, aus seinen Worten in ihrem eigenen Kopf klar benennbare Probleme zu machen, ohne sich zu sehr von den wunden Punkten aus dem Konzept bringen zu lassen, die damit in Verbindung standen. Für Probleme konnte man ganz pragmatisch nach Lösungen suchen und sobald sie nach Lösungen suchen konnte und damit etwas tun konnte, waren die meisten Dinge leichter zu bewältigen.


    "Ich sehe, du kommst heute also direkt mit den ganz einfachen Themen an", sagte sie, als er geendet hatte, und versuchte sich damit an einem halbherzigen Witz, der sie aber nicht einmal selbst wirklich überzeugte. Also ließ sie das direkt wieder und seufzte stattdessen, während sie sich einen Moment nahm, um zu überlegen, wie und was sie ihm worauf am besten antworten sollte. Gerade weil sie ihm hier keine einfachen Antworten geben konnte, jedenfalls nicht wirklich, Iring aber auch recht hatte, dass sie diese Dinge klären mussten.


    "Also gut", seufzte sie schließlich und sah ihn direkt an. Er war so nett gewesen, ehrlich zu ihr zu sein und einfach gerade heraus zu sagen, was er zu sagen hatte, also würde sie ihm umgekehrt denselben Gefallen tun. "Um einmal eins nach dem anderen anzugehen: Ich denke nicht, dass es eine gute Idee ist, wenn ausgerechnet ich mich in die Frage einmische, wer von euch beiden Curator werden soll." Sie war noch immer Witjons Witwe und die Frage, wer Curator werden sollte, war auch eine Frage seiner Nachfolge und Octavena war sich schlicht nicht sicher, ob sie, wenn sie sich entweder für den einen oder anderen Bruder aussprach, nicht eher mehr Schaden als Nutzen anrichten würde. Gerade weil es da eben nicht nur ums Geschäft ging, sondern auch um die Familie und die Dynamik, die sie alle in Zukunft haben würden. Und weil sie in den letzten Jahren in der Regel mehr Einblick als irgendwer sonst darin gehabt hatte, warum Witjon welche Entscheidungen in Bezug auf die Familie getroffen hatte, was zwar jetzt nicht mehr viel zur Sache tat, aber im schlimmsten Fall jeder Äußerung ihrerseits ein falsches Gewicht gegeben hätte. "Das müsst ihr untereinander ausmachen. Wie du selbst sagst, sowohl du als auch Rhaban habt eure Stärken und Schwächen und ich denke, dass jeder von euch beiden im Zweifelsfall in einiges wird reinwachsen müssen. Das wird wahrscheinlich nicht immer einfach und das muss euch beiden klar sein." Das war vermutlich nicht die Art Antwort oder auch nur Meinung, die er sich erhofft hatte, jedenfalls nahm Octavena das an, aber es war die, die sie ihm gerade geben würde. Sie mochte allgemein wenig Ahnung von der Freya haben, aber sie kannte die beiden Brüder lang genug und wusste genug darüber, was es ganz allgemein bedeutete, Verantwortung für andere zu übernehmen, um zu meinen, was sie sagte. Im Stillen tippte sie zwar ohnehin darauf, dass Iring sich in dieser Sache durchsetzen würde - einmal weil er der ältere der beiden war und weil Octavena sich ihn mit seiner ganzen Art eher in dieser Position vorstellen konnte - aber diesen Gedanken würde sie ihm sicher nicht auf die Nase binden. Nicht nur, weil sie sich auch irren konnte, sondern auch, weil das wahrscheinlich nur kontraproduktiv gewesen wäre. Manche Dinge würden sich von allein fügen müssen und selbst wenn nicht, würde die nötige Intervention von anderen kommen müssen. Zumindest in dieser Angelegenheit.


    "Was den Rest angeht …" Sie seufzte. Es gab keinen angenehmen Weg, dieses Thema anzugehen, also würde sie es einfach ausspucken. "Ich muss zugeben, dass ich mich bisher nicht so intensiv mit Witjons Erbe auseinandergesetzt habe, wie ich das wahrscheinlich hätte tun sollen." Das war die nette Variante, das auszudrücken. Tatsächlich hatte Octavena sich schlicht weitgehend davor gedrückt. Zuerst weil schon der Gedanke weh getan hatte und dann weil sie kaum gewusst hatte, wo sie eigentlich anfangen sollte, und sich dann nur mit dem allernötigsten beschäftigt. Das alles war keine Aufgabe, mit der sie je für sich gerechnet hatte. Sie hatte sich immer darauf verlassen, dass, selbst wenn Witjon sterben sollte bevor Farold auch nur ansatzweise erwachsen war, dann einfach Audaod das Ruder übernehmen würde. Aber Audaod war genauso tot wie sein Vater und damit waren diese Dinge plötzlich ihre Verantwortung. Und tatsächlich war sie sich nicht einmal sicher, ob oder wie weit sie dem gewachsen war. Dazu passte schon, dass in Octavena innerlich etwas zusammenzuckte, als Iring von "ihren" Betrieben sprach. In ihrem Kopf waren das noch immer Witjons Betriebe. Sein Erbe, das nur bei ihr gelandet war, weil die Götter sich irgendeinen zu gleichen Teilen bitteren wie absurden Scherz mit ihr erlaubten. "Die Wahrheit ist, dass ich …" Sie zögerte und verzog kurz das Gesicht, zwang sich dann aber weiter zu Ehrlichkeit, auch wenn das bedeutete, sich eine Blöße zu geben, was sie eigentlich hasste. "Ich habe es schlicht vermieden, mir bei dem Thema zu viele Gedanken über die Zukunft zu machen. Ich verstehe nicht viel von der geschäftlichen Seite und ich habe eigentlich auch nie ernsthaft damit gerechnet, überhaupt in der Position zu landen, in der ich jetzt bin." Ihre Hand glitt unbewusst zu der Stelle an der anderen, an der sie immer noch den Ring trug, den ihr Witjon damals bei ihrer Hochzeit angesteckt hatte. Kurz drehte sie den Ring hin und her, stoppte sich dann aber wieder selbst, als sie sich dabei ertappte, und legte stattdessen beide Hände in den Schoß. "Aber ich weiß natürlich selbst, dass das eigentlich nicht so weitergehen kann." Noch ein Seufzen. "Was ich damit sagen will: Ich kann dir nicht sagen, was meine Pläne sind, weil ich keine habe. Aber wenn du denkst, dass das sinnvoll ist, und es der Familie hilft, wenn ich Socius werde, dann mache ich das." Sie lächelte ein wenig und fühlte sich mit einem Mal ungewohnt unsicher. Aber hier ging es eben um Familie und nicht zuletzt das Erbe ihrer Kinder, da führte wohl einfach kein Weg mehr dran vorbei. "Ihr müsst dann nur wahrscheinlich ein wenig Geduld mit mir haben."

    "Wenn du einen finden solltest, gib mir Bescheid." Ein flüchtiges Grinsen erschien auf Octavenas Lippen, verschwand dann aber genauso schnell, wie es aufgetaucht war, als ihr klar wurde, dass es bei seinem Erscheinen um deutlich mehr ging als beiläufige Witzeleien über Farolds Chaos.


    "Wenn du willst, habe ich jetzt Zeit." Oder sie nahm sich viel mehr Zeit, aber das Ergebnis war dasselbe. Diese ominöse Ankündigung, dass es Dinge gab, die in der Familie zu klären waren, bedeutete ziemlich sicher, dass es um etwas ging, das mit Witjon zu tun hatte. Ganz besonders, wenn Iring das Gespräch so begann, wie er es tat, und Octavena noch ausdrücklich die Wahl ließ, doch lieber später darüber zu reden. Sie hatte natürlich auch mitbekommen, dass Witjons Nachfolge in der Freya noch immer ungeklärt war. Wie so manches, das die Lücken betraf, die er hinterlassen hatte. Um das Thema hatte sie allerdings trotzdem bisher einen weiten Bogen gemacht, weil sie einerseits fand, dass das nicht ihre Angelegenheit war, und weil es andererseits, was viel wichtiger war, bedeutet hätte, sich mit Dingen auseinander zu setzen, die Octavena bisher fast schon fluchtartig gemieden hatte. Womit sie ja auch durchgekommen war - bisher. Der Tod ihres Mannes hatte sie nun einmal nicht kaltgelassen und unabhängig von der stoischen Fassade, die sie meistens nach außen trug, war das auch nicht wirklich ein Geheimnis. In jedem Fall ahnte sie, dass, was auch immer jetzt kam, zumindest das Potential hatte, unangenehm zu werden, und dann war es besser, dieses Gespräch gleich hinter sich zu bringen.


    "Setz dich." Octavena wies auf die beiden Korbsessel in einer Ecke, die irgendwann die Wiege, die dort früher gestanden hatte, ersetzt hatten, ehe sie selbst betont ruhigen Schrittes auf einen der beiden zusteuerte. Einmal sitzend streckte Octavena den Rücken durch und zwang sich zu einem kleinen Lächeln, auch wenn das mehr Theater war, um die Anspannung zu überspielen, die in ihr aufzusteigen drohte. "Also: Worum geht es?"