"Feuer? Wirklich?" Farold runzelte die Stirn und sah Tariq einen Moment lang prüfend an, konnte aber keine Anzeichen dafür erkennen, dass Tariq ihn veralberte oder belog. "Das klingt komisch." Die Idee, eine Geschichte aus diesem Land, das so merkwürdig klang, erzählt zu bekommen vertrieb seine kurze Skepsis direkt wieder und stattdessen strahlte er Tariq direkt wieder begeistert an. Neugierig wie Farold war hatte er ohnehin einen Hang zu guten Geschichten und das letzte Mal, dass ihn jemand eine vollkommen neue Geschichte erzählt hatte, war inzwischen schon wieder eine Weile her. "Versprochen?"
"Weit weg, irgendwo im Süden", gab er zurück, als Tariq dann noch Hispania fragte, und zuckte mit den Achseln. "Ist heiß da sagt meine Mutter. Viel heißer als hier selbst im Sommer wird." Octavenas Heimat hatte für ihn nie besonders spannend geklungen, einerseits weil er mit zumindest vereinzelten Geschichten darüber schon immer aufgewachsen war und andererseits weil das, was seine Mutter so erzählte, auch nicht so unglaublich spektakulär klang. Hispania hatte heiße Sommer und es war sehr römisch. Der erste Teil interessierte Farold ohnehin nicht und der zweite Teil war insofern langweilig als dass auch Mogontiacum ein letztlich römischer Ort war. Dass es da noch weitere Gemeinsamkeiten und Unterschiede geben konnte, kam ihm da nicht großartig in den Sinn, auch weil seine Mutter insgesamt nicht sonderlich oft Geschichten über den Ort erzählte, an dem sie geboren und aufgewachsen war. Ganz davon zu schweigen, dass Farold ohnehin fand, dass Octavena eine mittelmäßige Geschichtenerzählerin war, auch wenn er es besser wusste als ihr das zu deutlich unter die Nase zu reiben. Das war eher etwas, das seine Schwester tat und die stritt sich für solche Frechheiten regelmäßig mit ihrer Mutter.
Die Gruppe verzog sich von Hauseingang ins Kaminzimmer und Farold merkte gerade einen Moment zu spät, dass er damit auch eine Chance verpasst hatte, sich doch noch erfolgreich zu verdrücken bevor seine Mutter wieder an die Leimflecken auf seiner Kleidung dachte. Stattdessen positionierte er sich deshalb neben Dagny - bei der war es allgemein und im Moment im Speziellen wohl am unwahrscheinlichsten, dass sie sich mit seiner Mutter bei deren Erziehungsmethoden verbündete. Als Dagny die Anwesenden nacheinander vorstellte und Farold ebenfalls seinen Namen hörte, grinste er breit und sah zu ihr auf, als sie ihm über den Kopf strich. "Tariq hat gesagt, dass er mir eine Geschichte aus Cappadocia erzählt!", verkündete er dabei so begeistert, dass Octavena, die sich bisher bewusst im Hintergrund gehalten hatte, ein paar Schritte entfernt leise lachen musste und sich damit zum ersten Mal wieder in das Gespräch einmischte.
"Ist das so?", fragte sie in erster Linie an ihren Sohn gerichtet, wobei sie anders als die anderen auch weiterhin bei Latein blieb, und brachte sich mit Mühe gerade so noch dazu, Farold ernst anzusehen, während eigentlich längst ein amüsiertes Lächeln um ihre Mundwinkel zuckte. "Aber denk dran, immer erst zu fragen, ob er gerade auch Lust dazu hat. Verstanden?" Sie wandte sich nun tatsächlich lächelnd Tariq selbst zu, um nun doch vorsichtshalber ein wenig zu intervenieren bevor Farold ihn vor Begeisterung und Neugier doch noch komplett überfuhr. Wenn Hadamar den jungen Mann als Familie ansah, dann würde der zwar auch ohnehin schon schnell begreifen, dass Farold manchmal ausgebremst werden musste, aber das bedeutete nicht, dass er das auf die harte Tour lernen musste. "Schön dich kennenzulernen, Tariq. Du hast ganz offensichtlich in meinem Sohn direkt einen Bewunderer gefunden. Aber fühl dich nicht verpflichtet, dich endlos von ihm löchern zu lassen. Er ist gerade in dem Alter, in dem er alles wissen will und tausend Fragen hat."
Farold dagegen setzte bei dieser Zusammenfassung kurz zu Protest an, merkte dann aber, dass Dagny inzwischen verschwunden war und dass damit seine Idee von eben, sich in ihrer Nähe zu halten und so unauffällig außerhalb der Reichweite seiner Mutter zu bleiben, nicht mehr aufging und entschied sich dann dagegen, unnötig Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Er schielte zu Rhaban hinüber - bei Dagmar ging er davon aus, dass die Gefahr im Vergleich deutlich größer war, dass sie sich am Ende auf die Seite seiner Mutter schlagen würde - und begann dann damit, möglichst beiläufig in den Schatten seines Onkels zu verschwinden. Der allgemeine Trubel erschien ihm nach wie vor viel zu interessant, um doch vollständig die Flucht zu ergreifen, und dafür erschien ihm Rhaban gerade wie die richtige Deckung, um zuzuhören, was die Erwachsenen sagten, und gleichzeitig weiter eine sichere Distanz zu seiner Mutter und ihren Kleidungsplänen für ihn zu wahren.