Beiträge von Lucius Petronius Crispus

    Die zu Entlassenden traten nach und nach vor und bildeten vor dem Tribunal eine eigene kleine Formation, während der Optio sie vorlaß. Lucius verfolgte die Zeremonie schweigend - sie erinnerte ihn stark an die Ehrungen durch den Kaiser, bei denen ja ebenfalls ewig Namen aufgerufen worden waren. Diesmal trugen die Genannten aber Zivil und waren im Schnitt deutlich älter - man konnte deutlich sehen, dass zwanzig Jahre Dienst einen Mann doch ordentlich zeichneten! Das war dem Petronier schon häufiger aufgefallen, dass Leute, die hart arbeiteten, schneller zu altern schienen als gepflegte Aristokraten. Er fragte sich, wie er selbst mit vierzig aussehen würde...


    Dann trat Maro aber zurück und der Tribun war wieder an der Reihe. Er trat wieder an die Brüstung des Tribunals und ließ sich von seinem Cornicularius eine der bronzenen Tabulae reichen, die gleich verteilt werden würden. Sie waren bereits gesiegelt, sodass er von der Rückseite ablesen musste:
    "Hiermit werden Imperator Caesar, Inhaber der tribunizischen Gewalt, Imperator, zweimal Konsul, Vater des Vaterlandes, hat den unten aufgeführten Soldaten, welche in den Cohortes Urbanae gedient haben und in Rom unter Publius Stertinius Quartus 20 Dienstjahre geleistet haben, ehrenvoll entlassen und erhalten das Recht, eine nach römischem Recht gültige Ehe einzugehen mit denjenigen Frauen, die sie zu dem Zeitpunkt, als sie entlassen wurden, hatten oder falls sie ledig waren, mit denjenigen Frauen, die sie später heiraten würden jeweils aber nur für eine Ehe. Gegeben ANTE DIEM VII ID IAN DCCCLXVIII A.U.C. (7.1.2018/115 n.Chr.) im Consulat des Claudius Menecrates und [...]"
    Wie gut, dass die Militärdiplome aus Bronze gegossen waren - ein Papyrus wäre bei dem weiterhin herrschenden Nieselregen wahrscheinlich aufgeweicht oder die Tinte wäre verschwommen. So konnte der Petronier aber recht komfortabel vorlesen.


    Damit waren die Männer tatsächlich offiziell entlassen. Im Grunde konnte jetzt jeder seiner Wege gehen - aber natürlich wollte man auch die administrativen und religiösen Folgen noch öffentlich vor Augen führen. Das begann mit der Streichung der Männer von ihrer Einheitenliste - verbunden mit der Übergabe des individuellen Diploms.


    Also musste der Octavier noch einmal aufrufen. Der Tesserarius der entsprechenden Einheit würde dann die Namen symbolisch streichen (sonst hätte man ja von jeder Centuria, aus der einer ausschied, den Tesserarius hier aufstellen müssen).

    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI


    ERNENNE ICH
    APPIUS FURIUS CERRETANUS


    MIT WIRKUNG VOM
    ID IAN DCCCLXVIII A.U.C. (13.1.2018/115 n.Chr.).


    ZUM
    MILES - COHORTES URBANAE


    i. A. Lucius Petronius Crispus

    Hinter den Tribunen marschierte die Centuria von Falcidius Virginianus, der heute die Organisation der Feierlichkeit übertragen worden war. Entsprechend waren die Männer der Truppe als Opferhelfer und sonstige Unterstützungskräfte eingeteilt worden und führten jetzt die drei Opfertiere und weitere Gaben mit sich.


    Der Petronier fragte sich kurz, was die Viecher wohl von dem Wetter hielten - er konnte sich erinnern, dass die Rinder in Germania sich gerne hingelegt hatten, wenn das Wetter schlecht wurde. Er wusste nicht warum - eigentlich eine interessante Frage... aber seit er nach Rom gegangen war, hatte er keine Tiere mehr bei Regen auf der Weide gesehen. In Rom gab es keine Weiden, in Aegyptus keinen Regen...


    Beim Tribunal angekommen stieg Lucius vom Pferd und kletterte hinauf. Von der erhöhten Position aus konnte er sehen, wie die 1494 Soldaten sich in ihren Centuriae sammelten. Alle trugen ihre Mäntel, sodass die in Zivil gekleideten zu Entlassenden gar nicht besonders herausstachen - viele hatten sowieso weiter ihre Militärmäntel an. Die Opferhelfer etc. sammelten sich dagegen rechts des Tribunals, vor dem auch schon alles für das Opfer vorbereitet worden war: Dort stand ein großer Brandaltar, dazu ein kleinerer Weihestein, den die Veteranen dieses Jahrgangs zur Erinnerung an diesen großen Tag in ihrem Leben gestiftet hatten. Er war mit Girlanden geschmückt, ebenso wie die drei vergoldeten Statuetten der Gottheiten: In der Mitte stand Iuppiter Optimus Maximus, rechts ein Mars und links Victoria - quasi die Trias der wichtigsten Soldatengötter.


    Bevor es aber an das Opfern ging, mussten die Männer zuerst einmal ordentlich entlassen werden. Der petronische Tribun zog das Paludamentum etwas enger - mit den kurzen Ärmeln seiner Tunica war es doch ein bisschen kühl im Regen. Außerdem begannen die kleinen Tröpfchen auf seinem Stirnschutz sich zu Tropfen zu sammeln, die von der Kante tropften. Sie beeilten sich wohl besser ein bisschen.


    "Milites, state!"
    rief er der Truppe zu, die sofort Haltung annahm. Natürlich hatte er ein paar Worte vorbereitet, um die Männer zu verabschieden - er hasste zwar das Redenschwingen, aber ab und zu musste es eben doch sein. Und hier war er auch nicht allzu nervös - das waren ja mehrheitlich einfache Soldaten, die sowieso auf Befehl jubelten...
    "Heute ist ein großer Tag für einige von uns! Zwanzig Jahre haben sie auf diesen Tag gewartet und heute ist er da: Die Dienstzeit ist zu Ende, ihr Eid erfüllt! Sie haben gekämpft, sie haben gelitten, sie haben gesiegt!
    Mancher von euch hat schon am Nilus gekämpft-"

    Wie er selbst zum Beispiel - aber bei den Mannschaften war es auch nicht unüblich, dass Männer ihre Einheit wechselten. Und gerade die Cohortes Urbanae waren ein interessantes Versetzungsziel für erfahrenere Soldaten.
    "manche in den Wüsten Africas, manche in den Wäldern Germanias! Aber auch die, die nur hier in Rom gedient haben, haben ihr Leben für unseren geliebten Imperator Caesar Augustus riskiert. Der Sklavenaufstand vor einiger Zeit hat uns wieder daran erinnert.


    Er erinnert uns auch daran, dass manche derer, die heute entlassen worden wären, diesen Tag nicht erlebt haben."
    Er schwieg einen Moment - nicht aus Ergriffenheit, sondern weil er gelernt hatte, dass andere Menschen ergriffen waren, wenn es um Tote ging. Dabei waren sie samt ihrer Seele einfach in ihre Atome aufgegangen - was sollte man da klagen?
    "An dieser Stelle haben wir sie vor kurzem geehrt und der Kaiser selbst verlieh ihnen die Auszeichnungen, die sie verdienten. Ihre Angehörigen erhielten ihre Schilde.


    Ihr aber könnt dankbar sein: Ihr werdet euren Angehörigen eure Schilde persönlich zurückbringen können!"
    Das war zumindest der Gedanke, der Lucius dazu gekommen war.
    "Ihr seid in wenigen Augenblicken wieder freie Männer, gebunden durch keinen Fahneneid, frei von der Kommandogewalt eurer Offiziere und den lästigen Pflichten des Dienstes.


    Aber wie ein Sohn, der aus der väterlichen Gewalt entlassen wird, werdet ihr bis zum Ende eures Lebens Teil dieser Familie sein! Manche von euch planen bereits, als Evocati wieder in sie zurückzukehren. Aber auch die, die sich auf ihren wohlverdienten Altenteil zurückziehen, werden in jedem Soldaten einen Freund und jedem Kommandeur bis hin zum Kaiser einen Vater haben!"
    Er hielt inne in der Hoffnung auf ein wenig Applaus von der Truppe. Er wollte es kurz halten - gerade auch wegen des Wetters.

    Auch der Petronier kam natürlich gerade noch rechtzeitig zu der Sitzung. Er war noch wegen einer Verwaltungssache aufgehalten worden und da er sowieso nicht so 100% wusste, was ihn hier erwartete, hatte er es auch nicht besonders eilig gehabt. Er trug wie üblich im Tagesdienst sein Paludamentum über der normalen Tunica angusticlavia, die durch das Cinctorium gehalten wurde.


    Als er ins Tablinum geführt wurde, erkannte er sofort einige der Gäste: Zum einen den neuen Trecenarius, den er zwar noch nie gesprochen, aber natürlich in der Castra Praetoria gelegentlich gesehen hatte. Zum anderen den kleinen dicken Flavier und seinen Optio.


    Seine besondere Aufmerksamkeit bekam aber natürlich der Consul, der die Gäste am Eingang persönlich begrüßte.
    "Ave, Consul!"
    grüßte Lucius militärisch und nickte dann dem Quaestor zu. Er würde sich an die beiden und den anderen Senator halten müssen, wenn er Zugang zur römischen Upper Class gewinnen wollte!


    Als sie Platz genommen hatte, begann der Claudier dann mit der Geheimhaltung des Treffens. Lucius fragte sich zwar, warum man so geheimnisvoll tat, aber da er eigentlich keinen Grund hatte, auf die Anwesenheit seines Stabs zu bestehen - er hatte sowieso nur einen Burschen und die übliche Eskorte mitgenommen - schloss er sich der Mehrheit an. Die Tabula mit der Urbaner-internen Analyse hatte er sowieso unter dem Arm und mitschreiben würde schon jemand anders.
    :dafuer:

    Wir von der CU wollen gern einen der wenigen Feiertage aussimmen, die wir in Rom sinnvoll selbst übernehmen können (sonst stehlen uns ja immer die Priestercollegia und Magistrate die Show :P :( Die alljährliche Entlassung der Soldaten, die ihre Dienstzeit vollendet haben.


    Wir wollen damit auch die Feiertags-Quest erfüllen, weshalb wir uns über zahlreiche zivile Besucher (mindestens 5 ;) ) freuen würden:
    Campus Martius | Entlassungen bei den Cohortes Urbanae


    Momentan gibt es zwar ein reichhaltiges Angebot an Staatsopfern, aber vielleicht ist ja dem einen oder anderen noch nach etwas Extravagantem!


    DIENSTPLAN
    ANTE DIEM VII ID IAN DCCCLXVIII A.U.C. (7.1.2018/115 n.Chr.)



    PRAETORIUM


    PEDITES


    EXTRAORDINARII



    ADNOTATIONES:
    Bei Rückfragen ist der Dienstweg einzuhalten und somit der direkte Vorgesetzte aufzusuchen.
    Bei Verlassen und Betreten des Castellums ist der Wache am Tor Meldung zu machen.


    Alle Angehörige der Einheit haben, soweit sie im Castellum liegen, selbstständig tägliches Training durchzuführen!


    Der Dienstplan ist gültig, bis neue Befehle erfolgen!


    gez.

    L. Petronius Crispus


    Sim-Off:

    Alle können und sollen an der Porta Besucher in Empfang nehmen. Bei der Weiterleitung ist darauf zu achten, dass die Stabsoffiziere vielbeschäftigte Menschen sind, die nicht jeden wegen jeder Kleinigkeit in Empfang nehmen!
    Neben den hier genannten Aufgaben können per PN auch weitere Aufgaben angefordert werden.

    Ulpius, der Cornicularius des Tribuns Petronius, kam eines Tages im Officium des Optios vorbei. Er hatte Nachrichten dabei:
    "Der Tribun möchte dich sprechen. Melde dich umgehend in der Principia!"
    Den Namen musste er nicht dazu sagen - Petronius Crispus war ja der kommandierende Tribun der Cohors XII!

    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/5/51/Meomartini_monumenti_Benevento_107.jpg/286px-Meomartini_monumenti_Benevento_107.jpg


    Es nieselt leicht, als die Kolonne von der Castra Praetoria das Marsfeld erreichte. Lucius fragte sich, ob es einen bestimmten Grund gab, dass die Veteranen ausgerechnet am im Januar entlassen wurden. In dieser Jahreszeit war das Wetter in Rom niemals besonders gut. Trotzdem musste die Ceremony vollzogen wird werden, denn die zu entlassenden hätten wohl rebelliert, wenn man ihren lang ersehnten Entlassungstag verschoben hätte.


    Der Tribun trug an diesem Tag jedenfalls sicherheitshalber sein Sagum, das sein Bursche ihm extra noch einmal eingefettet hatte. Wie immer bei Paraden saß auf seinem Pferd und führte so die Kolonne an. Normalerweise übernahm der Stadtpräfekt die Entlassung seiner Männer persönlich - wenn der Kaiser die Zeremonie nicht sogar selbst leitete - , aber der war heute bei einer anderen Veranstaltung, sodass der Petronier beauftragt worden war. Lucius machte es eigentlich ganz gern, denn auch wenn das bedeutete, dass er wieder einmal eines dieser sinnlosen Opfer vollziehen musste, vertrat man den Kaiser nicht alle Tage in Person!


    Anders als bei der Ehrung nach dem Sklavenaufstand hatte man heute ein Tribunal errichtet, auf der Tribun und seine Kollegen zuhielt. Heute trat die gesamte Truppe an, um ihren Kameraden Adieu zu sagen, also waren auch alle Offiziere dabei.


    In den Reihen der Mannschaften waren die zu Entlassenden bereits klar zu erkennen, denn anders als ihre Kameraden trugen sie bereits ihre Zivilkleidung. Nur das Cingulum Militare, das unter ihren Togen herausspitzte, kennzeichnete sie als Angehörige des Militärs - bis heute zumindest. Bei 20 Jahren Dienstzeit waren es im Schnitt 75 Mann, faktisch aber etwas weniger - es schieden ja auch ständig Männer durch Tod, Verwundung oder unehrenhafte Entlassung aus. Nach dem Sklavenaufstand war der Stand sowieso niedriger - 54 Mann würden heute aus den Mannschaftslisten gestrichen.


    Bild: Vittorio Turati, Illustrazioni da I monumenti e le opere d'arte della città di Benevento: lavoro storico, artistico, critico, di Almerico Meomartini, Tipografia di L. de Martini e figlio, Benevento 1889 (Abbildung einer Honesta missio unter Trajan)
    Quelle: Wikimedia

    Paullus Germanicus Cerretanus
    Administratio Imperatoris
    Palatium Augusti
    Roma


    Tribunus Petronius Germanico Cerretano s.d.


    Bezugnehmend auf deine Anfrage zu Truppenstärke und Verfassung der Cohortes Urbanae erstatte ich dir hiermit Bericht:


    Die Cohortes Urbanae erlitten entsprechend ihres maßgeblichen Einsatzes während des Sklavenaufstands schwere Verluste:


    Insbesondere ist der Verlust bei den Centurionen zu beklagen, die sich mehrfach für ihre Untergebenen opferten. Unter den 147 Mann Verlusten waren 11 Centurionen, davon 7 Gefallene und 4 ehrenvoll Entlassene.


    Als Ersatz wurden bereits 39 neue Rekruten angeworben, die sich derzeit in Ausbildung befinden. Außerdem konnten 4 Centurionen-Stellen intern neu besetzt werden. Ein weiterer Centurio wurde bereits mit Genehmigung der kaiserlichen Kanzlei von der Legio XXXII Adiutrix übernommen.


    Aufgrund der hohen Attraktivität der Cohortes Urbanae in der italischen Bevölkerung besteht zwar die Möglichkeit, die Verluste in den Mannschaften durch Neurekrutierung vollständig auszugleichen. Jedoch wäre es dringend geraten, einige der Mannschaftsdienstgrade durch Versetzungen aus den Legionen aufzufüllen, um ausreichend erfahrene Soldaten in den Reihen der Cohortes Urbanae sicherzustellen. Unter den Verlusten war etwa ein Viertel mindestens zehn Jahre im Dienst. Ich empfehle deshalb eine Versetzung von mindestens 30 Mann mit längerer Diensterfahrung.

    http://gdurl.com/3RSu
    gez.
    [FONT=freestyle script, amaze]L Petron. Crispus[/FONT]
    TRIBUNUS COHORTIS URBANAE - COHORTES URBANAE


    Sim-Off:

    Da Iulius Antoninus momentan abwesend ist, gebe ich mal für alle Bericht ab.

    "Das klingt vernünftig!"
    antwortete Pegasus, was Lucius ein bisschen erleichterte - seiner Erfahrung nach war das Exercitus Romanus nicht unbedingt innovativ, sodass man selbst mit rationalen Argumenten für Veränderung oft nicht recht weiterkam. Und tatsächlich kam von anderer Seite direkt Kritik - wenn auch nicht mit dem Traditionsargument:
    "Eine Spezialeinheit scheint mir aber wenig sinnvoll: Häuserkämpfe ergeben sich üblicherweise doch mitten im regulären Dienst, sodass wir kaum immer nach einer Spezialeinheit schicken können, die dann einen ewigen Weg zurückzulegen hat."
    Der Petronier zuckte mit den Schultern - genau deshalb hatte er das mit der Spezialeinheit so vorsichtig formuliert! Trotzdem gab es natürlich auch gute Argumente:
    "Im Fall von Aufständen oder so können aber durchaus bestimmte Truppenteile - zum Beispiel eine Centuria pro Kohorte - speziell mit dem Räumen von Gebäuden betraut werden. Es muss ja nicht nur eine Centuria in allen Einheiten sein!"
    Pegasus kratzte sich nachdenklich am Kinn - er schien erst jetzt wirklich darüber nachzudenken, was Lucius da genau vorgeschlagen hatte. Es dauerte also einen Moment, ehe er beschloss:
    "Die Sache mit der Spezialeinheit sollten wir vielleicht dem Praefectus vorlegen. Petronius, du kannst dazu ein kleines Gutachten abfassen. Das mit der Ergänzung der Ausbildung können wir meiner Meinung nach direkt beschließen."
    Lucius versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass die Sache mit dem Gutachten ihm nur mäßig gefiel - er war kein Freund von langen Texten, weder bei Lesen, schon gar nicht aber beim Schreiben! Das würde vielleicht Ulpianus für ihn machen können... sie konnten ja in einer kleinen Diskussion die Argumente herausarbeiten...


    Alle schienen mit Pegasus' Vorschlag einverstanden. Da Lucius sich auch bei der Ausbildung hervortun wollte, warf er schließlich noch ein:
    "Ich habe einen fähigen Optio, der die Einführung der Ausbildungsergänzung vorbereiten könnte. Also zum Beispiel konkrete Übungen entwerfen, die dann in allen Kohorten eingeführt werden könnten!"
    Natürlich dachte er an Octavius Maro - der Mann war ihm jetzt schon mehrmals aufgefallen...

    Die Liste der Beteiligten war tatsächlich ein bisschen unlogisch: Zwar gefiel es Lucius, dass die CU und die Prätorianer jeweils mit zwei Offizieren vertreten waren - warum das aber so war, verstand er nicht so recht. Und nach welchem Prinzip war Octavius ausgesucht worden? Und überhaupt, warum kam ein Optio der CU dazu, aber keiner der Prätorianer? Und überhaupt, welche nützliche Perspektive sollte denn so ein kleines Licht wie ein Optio zu so wichtigen Persönlichkeiten wie dem Consul oder den Stabsoffizieren einbringen? Dafür gab es doch Offiziere, dass sie Überblick hatten!


    Aber er würde sich wahrscheinlich keine Sympathien einhandeln, wenn er sofort begann, die Entscheidungen des Consul zu kritisieren - obwohl ihm vor allem der Name "Laetilius Blasio" ziemlich sauer aufstieß.
    "Soso..."
    sagte er also stattdessen und sah zu Maro.
    "Dann sollten wir uns möglicherweise entsprechend vorbereiten. Gibt es schon einen Termin für die Kommissionssitzung?"

    Lucius nahm mit Irritation die Herzlichkeit zwischen dem Optio und dem Quaestor zur Kenntnis - Flavius Gracchus hieß er also, wahrscheinlich der Sprössling des stadtbekannten Consulars! Er beschloss, sich genauer mit den wichtigen Köpfen der römischen Society zu beschäftigen - es war ja eigentlich peinlich, dass er einen römischen Magistrat nicht sofort erkannte! Obwohl er ihm irgendwie bekannt vorkam... vor allem das schwülstige Reden hatte er doch irgendwo gehört - richtig! Der Kerl war ihm in Alexandria begegnet! Im Museion bei der Epikur-Vorlesung - der Streber hatte immer alles auswendig aufsagen können!


    Ihm lag schon auf den Lippen, ihn darauf anzusprechen - vielleicht ein Anfang beim Eintritt in die römische Society - aber da begann der Bursche schon seinen Auftrag vorzustellen. Ein Untersuchungsausschuss zum Sklavenaufstand also - das klang eigentlich ganz interessant. Er hatte zwar gedacht, dass die Prätorianer dafür zuständig waren, aber denen ein bisschen ins Handwerk zu pfuschen, kam ihm ganz gelegen - zumal dieser Centurio Manius ja schon versucht hatte, seine Leute für irgendwas verantwortlich zu machen!
    "Nur den Optio und mich?"
    fragte er dann aber doch ein bisschen irritiert, denn dass man ihn als Stabsoffizier ansprach, war ja logisch - aber einen x-beliebigen Optio? Oder hatte er etwas verpasst?

    "Der bin ich."
    bestätigte der Tribun, während er aus dem Anliegen des Flaviers messerscharf ableitete, dass es sich um den Quaestor Consulum handeln musste - die Zahl der Begleiter deutete ja auf einen Magistrat hin und wer sonst ließ sich vom Consul als Bote missbrauchen?
    "Octavius zieht gerade ab."
    Er deutete auf die abmarschierende Kolonne und drehte sich kurz in die Richtung, um dem gewünschten einen Befehl zuzurufen:
    "Optio Octavius, herkommen!"
    Der neue Centurio würde sich vom Tesserarius seine neue Einheit zeigen lassen müssen - wenn ein Quaestor persönlich vorbeikam, war es wohl wichtig!

    Der Tribun hatte zwar eher erwartet, dass der Optio sowas sagte wie: 'Melde dritte Centuria angetreten!', aber der Schlachtruf war auch eine nette Geste.
    "Auf eine gute Zusammenarbeit!"
    bestätigte der Centurio schließlich und drehte sich zackig zu dem Petronier.
    "Bitte meine Centuria wegtreten lassen zu können!"
    Lucius nickte nur. Er hatte den Männern nichts weiter zu sagen und war sich sicher, dass der Falcidier erstmal eine umfangreiche Einführung durch seinen Optio brauchen würde. Dafür war heute noch reichlich Zeit!


    Falcidius salutierte also und drehte sich dann zu seiner Einheit:
    "Centuria III abite!"
    Währenddessen hatte Lucius bereits den Flavier anvisiert und bewegte sich auf diesen zu. Als er vor ihm stand, wusste er noch immer nicht exakt, wen er da vor sich hatte - also vermied er eine direkte Anrede:
    "Ave! Kann ich helfen?"

    Sim-Off:

    Hoppla


    Der Tribun zog sein Paludamentum etwas enger, als ein kalter Wind über den Platz pfiff. Der neue Centurio klapperte mit den Zähnen, während der Octavier die Truppe antreten ließ. Die Männer sahen ordentlich herausgeputzt aus - das erkannte Lucius inzwischen relativ schnell.
    "Milites!"
    begann er mit seiner kleinen Ansprache.
    "Das hier ist Quintus Falcidius Virginianus, euer neuer Centurio! Er stammt aus einer noblen Familie von Offizieren und ist trotz seiner Jugend schon in den Centurionenrang aufgestiegen. Er wird euch ein guter Centurio sein!
    Neben der Leitung eurer Centuria wird er außerdem einer Nachschubabteilung der Cohortes Urbanae vorstehen, die ein bisschen Zeit in Anspruch nehmen wird. Macht euch aber keine Sorgen - Optio Octavius wird Falcidius in diesem Fall vertreten, so wie er euch die letzte Zeit geführt hat!

    Er sah in die Augen der Männer, die sich wahrscheinlich dasselbe dachten wie der Petronier: schon wieder ein Etappenhase...


    Dann bemerkte er aber das kleine Grüppchen mit dem dicken Togaträger, das sich über den Exerzierplatz bewegte - wer war das? Hoffentlich nicht Falcidius' Papi, der seinem Söhnchen viel Glück wünschen wollte - das hätte seine Autorität mit Sicherheit von vornherein untergraben. Als der Quaestor aber näher kam, erkannte Crispus, dass es sich um einen Amtsträger handeln musste - Senatoren mit so wichtig dreinschauenden Schreibern hatten immer irgendein Amt inne! Dieses Exemplar kannte Lucius allerdings nicht, obwohl das Milchgesicht ihm irgendwie bekannt vorkam...


    Aber egal - er bedeutete ihm weiterzumachen - vielleicht war es ja der Sohn des Patrons von Falcidius...
    "Euer neuer Centurio wird jetzt ein paar Worte an euch richten!"
    erklärte der Petronier deshalb und trat einen Schritt zurück.
    Der jugendliche Centurio räusperte sich, schwang seinen Mantel beiseite und stellte damit einige Phalerae an seiner Brust zur Schau. Aber für einen Centurio waren die Auszeichnungen eher unterdurchschnittlich...
    "Männer, ich begrüße euch!
    Wie schon gesagt ist mein Name Quintus Virginianus aus dem Geschlecht der Falcidier, das Rom schon seit Generationen dient! Ich komme zu euch von der XXXII Adiutrix und ich muss feststellen, dass das Wetter in Africa ein bisschen angenehmer ist in dieser Jahreszeit.

    Er grinste - scheinbar war das so eine Art Witz. Lucius' Gesicht blieb steinern. Er wusste ja aus eigener Erfahrung, dass es in Alexandria deutlich wärmer war als in Rom und hatte sich genug mit Geographie beschäftigt um zu wissen, dass es nach Süden immer wärmer wurde. Vor allem, wenn man vom Mare Nostrum wegkam...
    "Ich habe schon verschiedene Erfahrungen gesammelt und werde diese auch hier bei euch zum Einsatz bringen, vor allem im Bereich des Nachschubwesens. Aber wie Tribun Petronius schon sagt werde ich trotzdem für euch sorgen wie ein Vater. Ich bin auf jeden Fall stolz, dass ihr, die glorreiche Centuria III der ruhmreichen Cohors XII urbana meine erste Einheit seid, die ich kommandiere! Und ich bin sicher, dass wir gut miteinander auskommen werden, wenn jeder seinen Aufgaben ordentlich nachkommt!"
    Crispus trat wieder vor und baute sich vor dem Optio auf. Das Geschmeichel über seine Einheit war ihm nichts wert - er wusste, dass sowas reine Rhetorik war. Wahrscheinlich war es dem Centurio völlig egal, welche Einheit er da kommandierte - jetzt war es eben zufällig diese hier geworden!
    "Optio Octavius, hiermit unterstelle ich dich und die Centuria III der Cohors XII urbana dem Kommando von Centurio Quintus Falcidius Virginianus!"
    bellte er Maro an und trat dann wieder zur Seite und blickte zu dem Neuen.
    "Centurio, deine Männer!'


    Der junge Mann machte einen Schritt auf seine neue Einheit zu und stemmte die Fäuste in die Hüften.
    "Milites state!"
    Er sah zu Maro, der nun Meldung zu machen hatte.

    Lucius hatte nach seiner eigenen Auszeichnung allerdings gar nicht mehr so genau aufgepasst, da ihn einerseits sein Schildarm ablenkte, der vom stechenden Schmerz in ein schmerzhaftes Pochen gewechselt war. Andererseits wusste er als Organisator ja sowieso schon, wer welche Auszeichnung bekommen würde - und wenn sich jemand daneben benahm, würde er das früh genug mitbekommen. Also überlegte er sich lieber, wo er seinen neu gewonnenen Ehrenschild am besten unterbringen sollte - lieber in seinem Wohnung in Transtiberim? Oder doch in seinem Officium in der Castra Praetoria, wo momentan auch seine Hasta pura stand? Das letzte Mal hatte er sich so entschieden, weil eine Auszeichnung ja logischerweise dann den größten Nutzen entfaltete, wenn man sie gut sichtbar platzierte. Und da er selten jemanden nach Hause einlud, bot es sich an, sie lieber in seinem Officium zu verwahren. Andererseits würde er unter diesem hübschen Clipeus sicherlich ganz gut schlafen...


    Instinktiv schüttelte er schließlich den Kopf - es war irrational, eine Auszeichnung im eigenen Schlafzimmer zu lagern! Der Schild musste in die Öffentlichkeit, also ins Officium!


    Als er diesen Beschluss gefasst hatte, war die Ehrung der einfachen Milites gerade abgeschlossen. Als der Tiro Furius an den Tribunen vorbei auf seinen Platz zurückkehrte, erkannte der Petronier ihn - war das nicht der Typ gewesen, der ihm eine so inkompetente Meldung über den Ausbruch des Aufstands gemacht hatte? Aber egal - scheinbar hatte er sich noch ganz ordentlich gemacht in den folgenden drei Tagen...
    So wichtig kam ihm der junge Mann aber sowieso nicht vor, weshalb er sich wieder auf den Ablauf der Zeremonie konzentrierte - dafür war er immerhin offiziell zuständig! Der Kaiser hatte seinen Job im Grunde gemacht, es fehlte nur noch das Abrücken!


    Also reckte Lucius seinen Kopf nach dem Princeps Praetorii, der unweit des Stabs stand und nun noch einmal einen kleinen Auftritt hatte. Der Petronier hatte kurz überlegt, ob er selbst die Kommandos geben sollte - er hatte sich aber dagegen entschieden, weil er doch keine Lust hatte, sich die Stimme zu ruinieren. Also überließ er dies dem altgedienten Centurio von den Prätorianern, der nun wieder vortrat:
    "Vivat Imperator!"
    rief er der Truppe zu, die aus tausend Kehlen - darunter auch der des Petroniers - antwortete:
    "Vivat Imperator!"
    Der Princeps Praetorii trat noch ein paar Schritte weiter vor und gab schließlich den Abmarschbefehl:
    "Milites state! Milites in agmen venite! Pergite aequatis passibus!"
    Die Marschmusik setzte wieder ein - diesmal nicht mit einem Trauermarsch, sondern eher beschwingter Marschmusik, die den Glanz der ausgezeichneten Truppe widerspiegeln sollte. Auch dafür hatte Lucius kein besonderes Händchen gehabt - aber zum Glück gab es Fachleute für so etwas. Jetzt jedenfalls gefiel ihm das Ergebnis, als er hinter dem Praefectus Urbi und den Prätorianerpräfekten sein Pferd in die Marschposition des Stabs lenkte und dann (fast) an der Spitze der Stadteinheiten wieder in Richtung Castra Praetoria aufbrach.


    Er hatte es geschafft - alles schien reibungslos funktioniert zu haben!