Die zu Entlassenden traten nach und nach vor und bildeten vor dem Tribunal eine eigene kleine Formation, während der Optio sie vorlaß. Lucius verfolgte die Zeremonie schweigend - sie erinnerte ihn stark an die Ehrungen durch den Kaiser, bei denen ja ebenfalls ewig Namen aufgerufen worden waren. Diesmal trugen die Genannten aber Zivil und waren im Schnitt deutlich älter - man konnte deutlich sehen, dass zwanzig Jahre Dienst einen Mann doch ordentlich zeichneten! Das war dem Petronier schon häufiger aufgefallen, dass Leute, die hart arbeiteten, schneller zu altern schienen als gepflegte Aristokraten. Er fragte sich, wie er selbst mit vierzig aussehen würde...
Dann trat Maro aber zurück und der Tribun war wieder an der Reihe. Er trat wieder an die Brüstung des Tribunals und ließ sich von seinem Cornicularius eine der bronzenen Tabulae reichen, die gleich verteilt werden würden. Sie waren bereits gesiegelt, sodass er von der Rückseite ablesen musste:
"Hiermit werden Imperator Caesar, Inhaber der tribunizischen Gewalt, Imperator, zweimal Konsul, Vater des Vaterlandes, hat den unten aufgeführten Soldaten, welche in den Cohortes Urbanae gedient haben und in Rom unter Publius Stertinius Quartus 20 Dienstjahre geleistet haben, ehrenvoll entlassen und erhalten das Recht, eine nach römischem Recht gültige Ehe einzugehen mit denjenigen Frauen, die sie zu dem Zeitpunkt, als sie entlassen wurden, hatten oder falls sie ledig waren, mit denjenigen Frauen, die sie später heiraten würden jeweils aber nur für eine Ehe. Gegeben ANTE DIEM VII ID IAN DCCCLXVIII A.U.C. (7.1.2018/115 n.Chr.) im Consulat des Claudius Menecrates und [...]"
Wie gut, dass die Militärdiplome aus Bronze gegossen waren - ein Papyrus wäre bei dem weiterhin herrschenden Nieselregen wahrscheinlich aufgeweicht oder die Tinte wäre verschwommen. So konnte der Petronier aber recht komfortabel vorlesen.
Damit waren die Männer tatsächlich offiziell entlassen. Im Grunde konnte jetzt jeder seiner Wege gehen - aber natürlich wollte man auch die administrativen und religiösen Folgen noch öffentlich vor Augen führen. Das begann mit der Streichung der Männer von ihrer Einheitenliste - verbunden mit der Übergabe des individuellen Diploms.
Also musste der Octavier noch einmal aufrufen. Der Tesserarius der entsprechenden Einheit würde dann die Namen symbolisch streichen (sonst hätte man ja von jeder Centuria, aus der einer ausschied, den Tesserarius hier aufstellen müssen).