Als Magister Vici war Lucius schon ein paar Mal in ein oder zwei Lupanaren in Mogontiacum gewesen - die meisten gab es in den Canabae, sodass es im Vicus Apollinensis immer eher ruhig gewesen war. Allerdings war er nie als Kunde dort gewesen - zu sehr verunsicherten ihn die Lupae, die einerseits selbstbewusst, andererseits irgendwie aufdringlich waren und in ihm Gefühle freisetzten, die ziemlich irrational und unverständlich waren: So fühlte er sich zu ihnen hingezogen und hatte doch auch irgendwie Angst. Er wusste, dass es Sklavinnen waren, die theoretisch überhaupt nichts zu melden hatten, zugleich fühlte er sich ihrer Schönheit und ihrem Selbstbewusstsein unterlegen! Das ganze Gefühlsgemisch war also ziemlich inkonsistent und er ahnte, dass sie irgendetwas an sich hatten, was sein logisches Denken bekämpfte und damit gefährlich war.
"Gut."
war daher die einzige, karge Antwort auf die Frage, ob ihm der Laden gefiel. Mit großen Augen sah er sich um, als würde hinter jeder Vase gleich ein gedungener Mörder hervorspringen. Dann kam auch schon die Verwalterin des Ladens - das waren Frauen, vor denen man sich besonders in Acht nehmen musste, das hatte sogar der Alte zu ihm gesagt! Anders als die Puffmutter im Lupanar rechts hinter den Thermen war diese aber keine alte Vettel, die vor Jahrzehnten wohl selbst als Lupa gearbeitet hatte, sondern eine ziemlich hübsche junge Frau, die sofort Varus umgarnte. Wie gebannt beobachtete der junge Petronier die beiden mit einer Mischung aus Neugier, Neid und Erschrecken - bis auch schon das "Angebot" hereingeführt wurde und seine Aufmerksamkeit auf sich zog.
Den Typen überging er gleich - der Gedanke, mit einem Mann... es zu tun, ließ ihm geradezu schlecht werden - vor allem, weil dieses Exemplar ihn mit seinem Bart an Hamilkar Magonidas erinnerte...
Die drei Mädchen dagegen waren alle ziemlich hübsch und ließen es bei ihm schon durch ihre bloße Anwesenheit kribbeln - mit ihren arroganten Blicken machten sie ihm zugleich aber auch ein bisschen Angst, selbst wenn er versuchte, das zu verbergen. Was würden sie wohl denken, wenn ein junger Mann in seinem Alter kam, der noch nie Sex gehabt hatte? Was wäre, wenn er es nicht brachte, wenn er keinen hoch bekam? Beim Rhetor hatte Caius immer wieder lang und breit über diese Sache erzählt und sich über Impotenz lustig gemacht - und sie natürlich auch Lucius unterstellt! Nachdem Morrigan alle angepriesen hatte und der junge Petronier jede einzelne lange angesehen hatte, spürte er, dass man eine Antwort von ihm erwartete.
"Äh..."
war allerdings das einzige, was er herausbrachte. Geheimste Wünsche? Was sollte er sich denn wünschen? Kurz sah er zu dem Helvetier hinüber, der offensichtlich schon sehr konkrete Vorstellungen von seinen Wünschen hatte - vor ihm wollte er auf keinen Fall wie ein Versager dastehen!
"Ich - äh - nehm' - äh..."
Ines mit ihren dunklen Haaren und ihrem arroganten Blick erinnerte ihn sofort an seine Cousine Octavena, diese verdammte Schlampe. Hin und wieder hatte er sich zwar schon vorgestellt, wie sie dreinschauen würde, wenn er sie mal so richtig demütigte (immerhin hatte er auch gegenüber Callistus behauptet, er hätte ein Mädchen gehabt, die genau so ausgesehen hatte), aber jetzt, im Angesicht des Feindes, war ihm das doch ein bisschen heikel. Dedina hatte rote Haare wie seine andere Cousine Crispina - der einzige Mensch, der gut zu ihm gewesen war! Allerdings waren sie ziemlich lockig und die Sommersprossen sahen ein bisschen so aus, als hätte sie irgendwelche Dreckspritzer im Gesicht - ganz anders als Crispinas ebenmäßiges, ein bisschen längliches Gesicht. Die Augen waren außerdem auch eher so ähnlich wie die von Greta - und wenn er so recht überlegte, dann waren Crispinas Haare sowieso heller gewesen als die von Dedina.
"...die da!"
beendete er schließlich nach einigem Zögern seinen Satz und deutete auf Greta. Er bemerkte, dass seine Hände kalt waren und als er hinunterblickte, stellte er fest, dass er sie in das Kissen der Kline gekrallt hatte. Schnell ließ er los und versuchte einen Blick aufzusetzen, der entspannt wirken sollte - hoffentlich bemerkte Varus nicht, wie nervös er war!