Die Praetorianer waren also schon hier gewesen?! Das war allerdings eine erhebliche Neuigkeit, die die Worte des Claudius Gallus gleich in ein gänzlich anderes Licht rückten. Aus einer bloßen Warnung, dass Felix (und damit auch Anax) in Gefahr sei wurde nun also die klare Gewissheit, DASS er in Gefahr war. Gut, sein Dominus stand selbst nach diesem sicherlich unangenehmen Besuch noch immer hier und sah auch nicht danach aus, als hätte man ihn in irgendeiner Weise zugerichtet. Damit standen für Anaxander zwei Dinge fest: Erstens, dass auch die claudische Familie auf der Abschussliste des neuen Kaisers stand. Und zweitens, dass Fortuna ihn hier zu einer der besten Familien Roms geschickt hatte. Denn nicht nur, dass sie reiche Patricii Maiores waren, sie waren dabei scheinbar auch noch so rechtschaffen, dass ihnen die Praetorianer nichts konnten, selbst wenn sie offensichtlich wollten. Dafür sprach ja allein die Sache, dass Felix, Anaxanders neuer Dominus, der wahrscheinlich letzt männliche Patrizier innerhalb der Tore Roms war.
Auch bei den folgenden Worten blieb seine Stimme gedämpft, da er Atrien allgemein nicht für besonders vertrauenswürdige Räume hielt und weder seinen alten, noch seinen neuen Dominus und natürlich auch nicht sich selbst in eine missliche Lage bringen wollte, denn vielleicht waren die Praetorianer ja näher als man dachte. Ja, das hat er wohl. Bringt den alten Kaiser erst hinterrücks um die Ecke, bevor er die Tat den restlichen Patriziern und der ihn nicht unterstützenden Nobilitas in die Schuhe schiebt. Ich frage mich nur, was wohl der Anlass für diese Tat gewesen sein mag. Denn seine Motive sind zwar offensichtlich, aber bislang hatte er sich doch stets mit seiner Rolle als .. faktisch Mitkaiser .. begnügt. Hatte sich der Gesundheitszustand des Valerianus etwa wieder verbessert und er wollte seine alte Position wieder einnehmen? Stand die Ernennung des Maioranus zum Caesar bevor und Salinator sah keinen anderen Weg den Kaiser davon abzuhalten? Oder vielleicht wollte sich der patrizische Ulpier auch einfach vom patrizierverachtenden Vescularier loslösen?
Wenn du der letzte Patrizier in der Stadt bist.. dann dachte er sicherlich nicht an eine baldige Flucht. Wahrscheinlich war er sich seiner Bedeutung für die übrigen Patrizier, die er ohne Zweifel hatte, bewusst und sein Ehrgefühl würde ihn dann auch hier halten. .. hast du dann wenigstens einen Plan für den Fall, dass die Praetorianer wiederkommen und dich dann unter irgendeinem Vorwand verschleppen? Das Thema war durchaus auch sehr wichtig für Anax, denn wer sollte sonst für ihn sorgen, wenn er nicht gar selbst auch mitverhaftet werden würde?
Seinen Namen hatte Anaxander seinem neuen Dominus bisher nicht genannt. Bisher hatte der ihn auch nicht wissen wollen und es war ja nicht unbedingt ungewöhnlich, wenn ein Herr seinem Sklaven einfach einen neuen Namen gab. Es wäre außerdem bestimmt auch nicht seinem eigenen Stand entsprechend, wenn er seinen Herrn nun vorschreiben würde, wie dieser ihn zu nennen hatte. Angestellt hat er eigentlich nichts. Er ist "nur" an die falschen Leute geraten. Dann gab es einige ganz gute Jahre, die mir auch meine Ausbildung verschafft haben, bevor es plötzlich Schlag auf Schlag bergab ging. Während seine "Freunde" das sinkende Bott verlassen haben, riss mein Vater seinen Betrieb und seine Familie in den Abgrund. Letztlich stürtze er sich in den Tod. Den Rest konnte man sich ableiten. Anaxander erzählte diese Geschichte nahezu emotionslos. Das hatte er sich so angewöhnt, um den Schmerz mit der Erzählung dieser Geschichte nicht immer wieder aufflammen zu lassen.