Beiträge von Quintus Claudianus Anaxander

    Es war schon sehr, sehr lange her, dass Anaxander auch den Kandidaten Flavius Scato angeschrieben hatte. Und schon sehr, sehr lange wartete er auf eine Antwort. Aber eine Antwort von dem Patrizier kam einfach nicht. Und mittlerweile wusste Anax auch, warum....



    Flavius Scato wirbt für:
    "Feinstes flavisches Fleisch.
    Nur der Pöbel kauft beim Plebs!"


    Ohne Liebe für die Plebs.
    Ohne Liebe für eine Ehefrau.
    Das ist Flavius Scato, ganz genau!


    Der Ianitor nickte und machte sich eine Notiz auf seinem Wachstäfelchen. "Ich setze dich ganz oben auf die Liste.", versprach er dabei. Denn wer mit dem Hausherrn verwandt war, der musste eine Sonderbehandlung kriegen. "Bitte tritt ein, Herr." Er ging demonstrativ nochmal einen kleinen Schritt zur Seite. Dann eine Armbewegung, die den jungen Flavier einladen sollte, ins Atrium weiterzugehen.


    Bemerkte der Türhüter dabei die noble Tunika und die schicke Toga? Ja, das tat er. Und zog er daraus auch seine Schlüsse? Auch das tat er. Waren das aber auch die richtigen Schlüsse? Das wussten nur die Götter....




    IANITOR - HERIUS CLAUDIUS MENECRATES

    Das Atrium sah aus wie an jedem Salutatio-Morgen. Das hieß: Es war vor allen Dingen voll. Noble Klienten standen neben nicht so noblen Klienten, dazwischen hier und da ein paar Freigelassene, die den Hausherrn zum Patron hatten. Und hin und wieder fanden sich auch Leute hier mit ein, die noch keine Klienten von Claudius Menecrates waren .. es aber unbedingt werden wollten!


    Warum sonst kam man auch zu einer Salutatio? Jeder Römer wusste ja, dass ein Patron zu der Zeit absolut beschäftigt war .. mit seinen Klienten. Kam man also ausgerechnet zur Salutatio vorbei. Und hatte man sich besonders herausgeputzt mit einer so strahlend weißen Toga. Und wollte man dann den Hausherrn sprechen, der um diese Zeit regelmäßig seine Klienten zur Salutatio empfing. Dann zog das Hauspersonal daraus seine Schlüsse.


    Nachdem der Hausherr im Atrium eintraf und seinen üblichen Gruß an die Leute losgeworden war, wurde ein Versprechen eingelöst. Der junge Flavier bekam eine Sonderbehandlung und kam als erster an die Reihe: "Du kannst jetzt zum Hausherrn treten, Herr." Eine leise Regiehilfe von der Seite, damit der Flavier nicht in der Luft hing. Derweil stand ein anderer Haussklave bei Claudius Menecrates und flüsterte nicht: "Der Herr Manius Flavius Gracchus Minor, Sohn des Manius Flavius Gracchus und der Claudia Antonia, Dominus. Nach dem Tod seiner Mutter will er scheinbar die Verbindung zu deiner Familie erneuern .. durch dein großzügiges Patronat." Das war der Schluss, den das Hauspersonal zog. Jetzt war es raus.




    NOMENCLATOR - HERIUS CLAUDIUS MENECRATES

    Anaxander war heilfroh, dass der Ianitor ihn nicht einfach vor der Tür stehen gelassen hatte. Und er war froh, als er dann ins Haus gelassen wurde. Und er machte in Gedanken drei dicke, rote Kreuze, als der Nubier ihn alleine ließ. Ein unheimlicher Geselle. Man wusste nicht, was er verstand und was nicht. Er war groß und guckte grimmig. Noch ein paar Hörner am Kopf und ein Nasenring und er wär von einem Stier fast nicht zu unterscheiden.


    Da war Anax wirklich erleichtert, als er im Büro der Sergierin alleine gelassen wurde. Ohne sich vom Fleck zu bewegen, sah er sich ein bisschen um. Und er wartete darauf, dass die Frau in den Raum kam, zu der er wollte. Eine spannende Frage: Sah so eine "Karrierefrau" eigentlich noch aus wie eine Frau? Oder zog sich sower an wie ein Mann? Wie angepasst war so jemand an die Karrierewelt der Männer?

    Es waren immer allerhand Leute, die sich vor dem Beginn der Salutatio vor der claudischen Villa einfanden. Einige von ihnen waren auch selbst etwas nobler. Andere waren nur römische Plebejer. Und wieder andere waren sogar nur Freigelassene. Aber trotzdem hatten sie alle eine Sache gemeinsam: Sie waren allesamt claudische Klienten oder wollten es werden.


    Als sich die Eingangspforte zum Einlass der Klienten und künftigen Klienten öffnete, verloren die Leute ganz vorne keine Zeit und strömten direkt hinein bis ins Atrium. Denn wer zuerst kam, der malte auch zuerst. So lautete die Regel. (Hochwohlgeborene Ausnahmen bestätigten diese nur.) Nur die unbekannten Gesichter kamen nicht so leicht rein. Sie wurden erstmal vom Personal des Hausherrn abgefangen und gefragt, wer sie überhaupt waren. Denn irgendwie mussten ja auch die neuen Gesichter später dem Claudier angekündigt werden....


    Zwei Ianitores standen am Eingang. Einer links, der andere rechts. "Guten Morgen.", begrüßte einer von beiden irgendwann auch ein etwas fülligeres Gesicht, das er hier noch nicht gesehen hatte. Oder vielleicht war das Gesicht auch nicht neu, sondern hatte sich nur seit seinem letzten Besuch sehr verändert. Denn der Mann wirkte noch ziemlich jung. Und so junge Leute veränderten sich ja schneller mal. "Du kommst zum ersten Mal zur claudischen Salutatio? Wie heißt du?" Eine Wachstafel in der Linken, einen Stilus in der Rechten, ein freundliches Lächeln auf den Lippen. So stand er da, als er die Antwort des jungen Mannes erwartete.




    IANITOR - HERIUS CLAUDIUS MENECRATES

    Was eine blöde Frage. Claudius Menecrates sagte nichts dazu, sondern schwieg. Und das war für Anaxander Antwort genug. Also hörte er weiter zu, machte sich weiter Notizen und fragte am Ende nur noch, ob es sonst noch etwas zu beachten gab. Aber sein Patron verneinte. Also hatte Anax jetzt alle Infos zusammen.


    Aber bevor er losstarten konnte, hatte sein Patron auch gleich noch einen zweiten Auftrag. Er wollte Papyrus. "Auch zur staatlichen Preisempfehlung?" Wahrscheinlich. Mengenrabatt konnte man bei 1 Posten aber schon mal vergessen. Da müsste sich Anaxander etwas anderes einfallen lassen. Falls er überhaupt einen Buchhändler fand, der nicht seinen kompletten Papyrusüberschuss an irgendeinen Architekten für dessen Baupläne lieferte. So von wegen: ein Buchhandel stellte 150 Papyri her und beschrieb 120 von ihnen selbst und ließ einem Architekten die anderen 30 für Baupläne. Die Zahlen waren natürlich etwas aus der Luft gegriffen. Aber das Prinzip war klar: Wo die Wirtschaft keinen Überschuss produzierte, da gabs für den Konsumenten auch nix zu kaufen. "Ich versuche mein Bestes.", versprach Anax trotzdem.

    Uh. Was für ein finsterer Geselle. Da nahm sich Anaxander gleich vor, dass er bei dem Pompeier wegen dem Papyrus bestimmt nicht erst abends vorbeischauen würde. Aber hier war der Sandalen schon in den Tiber gefallen. Da konnte Anax jetzt nur noch versuchen, das Beste draus zu machen. "Ja, ich erkläre es dir.", versuchte er den Türhüter erstmal zu besänftigen. "Ich bin Claudianus Anaxander, Privatsekretär des patrizischen Senators Claudius Menecrates. Und ich wollte fragen, ob die bekannte Ritterin Sergia Fausta vielleicht noch zu sprechen ist." Anax bemühte sich um ein freundliches Lächeln. "In einer geschäftlichen Angelegenheit. Die dem Senator Claudius viel bedeutet.", betonte er nochmal den claudischen Namen. Denn große Namen öffneten große Türen. Sagte man.

    "Stammkundin" und "kauft Blumen und Kräuter" und "ist schnell" notierte sich Anaxander, um nichts zu vergessen. Dann schrieb er sich auf, dass sein Patron die Ware zum marktüblichen Durchschnittspreis (wahrscheinlich meinte er damit die staatliche Preisempfehlung) anbot und dass die Konkurrenz teurer war. Dahinter machte aich Anax ein Ausrufezeichen. Denn das ließ sich sicher gut in einer Verhandlung einsetzen. Und dann nannte er den Namen der Stammkundin. Anaxander ritzte in seine Tafel: "Sergia Fausta". Dann sah er auf. "Die Sergia Fausta? Die Ritterin?", fragte er sicherheitshalber nach. Von Posten und Politik hatte er keinen Schimmer. Aber dass eine Frau mit diesem Namen eine ritterliche Männerkarriere machte, soviel war auch bis zu Anax durchgedrungen.


    Nach der Zwischenfrage schrieb Anaxander fleißig weiter. Sie machte "Kräuter zu Balsam" und Claudius Menecrates brauchte "20 Portionen Balsam plus sporadisch geringe Mengen". Aber "zur staatlichen Preisempfehlung". Denn sie bekam die claudischen Produkte ja auch zu dieser Preisempfehlung des Staates. Anax nickte, als er das alles notiert hatte. "Muss ich sonst noch irgendwas beachten, Patron?" Zum Beispiel irgendeine Vorgeschichte zwischen ihm und ihr? Oder zwischen ihm und ihrer Verwandtschaft? Oder zwischen ihm und ihrem Mann? Oder zwischen ihr und einem anderen Claudier? Oder...?

    Natürlich hatte sich Anaxander auf dem Weg hierher schon ein paar Gedanken gemacht. Womit wollte ihn sein Patron beauftragen? Vielleicht irgendwas im Zusammenhang mit den nächsten Wahlen? Noch konnte er ja seinen Namen für ein Amt in den Ring werfen. Oder vielleicht wollte er auch irgendwen unterstützen. Oder die Wahl von irgendwem verhindern. Viele Möglichkeiten. Sicher war nur, dass Politik oft auf beiden Seiten der Senatstüren gemacht wurde..


    Da kam der Hausherr ins Atrium. "Sei gegrüßt, mein Patron." Anax senkte respektvoll seinen Kopf. Dann hörte er sich an, was man von ihm verlangte. "Du hast eine Stammkundin, die regelmäßig bei dir einkauft. Und jetzt möchtest du umgedreht etwas bei ihr einkaufen. Zu guten Konditionen.", fasste er nochmal mit seinen Worten zusammen. Damit er sicher war, dass er das auch richtig verstanden hatte. Dabei nickte er. "Das traue ich mir zu, diese Konditionen auszuhandeln.", beantwortete er dann die Frage seines Patrons. Ein bisschen neugierig war Anaxander, wer diese Frau wohl war. Und was sein Patron von ihr haben wollte. Und wie viel davon. Und wo die Grenzen lagen, wie weit er ihr entgegenkommen durfte. Aber Anax behielt seine neugierigen Fragen für sich. Denn was er wissen sollte, das würde sein Patron ihm schon noch erzählen. Auch ohne, dass er vorlaut sofort alles wissen wollte. Also schwieg er erstmal und ließ seinen Patron reden.

    Als er die Nachricht seines Patrons gesehen hatte, war Anaxander natürlich so schnell wie möglich in eine ordentlichere Kleidung geschlüpft und hatte sich auf den Weg zur Villa Claudia gemacht. Dort war er nun das erste Mal seit seiner Freilassung nicht (nur) als Klient, sondern (auch) als Angestellter des Hausherrn. Darum nahm er auch zum ersten Mal seit seiner Freilassung wieder den Seiteneingang, um das große Haus zu betreten.


    Im Atrium war die Reise für Anax dann erstmal zu Ende. Denn ein genauer Ort, wo Claudius Menecrates seinen Klienten empfangen wollte, war nicht in seiner Note gestanden. Also wartete Anaxander einfach erstmal hier. Er bat einen der Haussklaven freundlich darum, dem Claudier sein Eintreffen weiterzugeben. Dann rüstete er seine linke Hand mit einer leeren Wachstafel, seine rechte mit einem Stilus und war gespannt, welcher "Auftrag zur baldigen Erfüllung" hier jetzt auf ihn wartete....

    Es vergingen erst Tage. Dann ganze Wochen. Wochen, in denen Anaxander nicht produzieren konnte und von dem Wenigen leben musste, was er hatte. Einige Absagen flatterten ihm ins Haus. Von anderen Leuten hörte er auch einfach gar nichts und bekam nicht mal ein klitzekleines Antwortschreiben. So auch von dem Flavier.


    Anax setzte sich seufzend auf sein Bett. "Und dabei reden die Leute, dass der für die nächsten Wahlen kandidiert. Da wäre doch gerade von dem zu erwarten, dass er auf einen Brief auch reagiert." Weil er das Schreiben selbst an der flavischen Villa abgegebenen hatte, wusste Anaxander, dass es auch nicht auf dem Weg irgendwo verloren gegangen sein konnte. Er ließ sich mit seinem Rücken kraftlos aufs Bett fallen. "Aber anscheinend ist dem hohen Herr ein einfacher Libertus keinen Brief, kein Wort, keine Antwort wert." Wieder seufzte er.


    Dann dachte er weiter, um sich von seinem eigenen Elend abzulenken. "Da kann man nur hoffen, dass so einer nicht auch noch gewählt wird.", redete Anax an die Decke seiner Wohnung. "Sonst gibts Spiele wahrscheinlich auch nur für die noble "High Society"...." Und nicht für das ganze Volk. Genauso wie der Flavier auch Briefe scheinbar nur von wichtigen Leuten beantwortete. Nicht von einfachen Menschen wie Anaxander. Er drehte sich zur Seite und drückte das kleine Kopfkissen mit beiden Händen fest gegen seine Brust. Dabei schloss er enttäuscht die Augen vor dieser gemeinen und ungerechten Welt.

    Anaxander nickte bei dem Hinweis, dass die Sklaven im Atrium stehen würden. "Danke." Lieber einmal zu viel als einmal zu wenig gesagt, ging ihm durch den Kopf. "Die Götter auch mit dir, Patron, und mit deiner ganzen Familie." Mit manchen hier, mit manchen in den elysischen Feldern.


    Gerade wollte Anax zum Abschied noch ein freundliches "Vale" wünschen, da hatte sein Patron noch eine Frage an ihn. "Ich? Äh.." Mit noch einer Frage hatte er jetzt nicht gerechnet, darum reagierte er auch etwas unvorbereitet. Aber nur am Anfang. Denn es war ja zum Glück eine ganz einfache Frage, die leicht zu beantworten war: "Ich wohne in der Insula des Caius Fundanius Vulso auf dem Caelimontium. Da habe ich mir eine Habitatio im dritten Stock gemietet." Nicht sehr groß. Mit einem Ausblick, der nur bis zur Insula auf der andere Straßenseite reichte. Etwas spartanisch eingerichtet. Aber ansonsten ganz großartig. Großartig, weil es seine war. Sein Symbol der wiedererlangten Freiheit.

    Sim-Off:

    Gratias tibi ago. :)


    So war der Fall also abgeschlossen. Anaxanders Patron wandte seine Aufmerksamkeit einem der anderen Klienten zu. Und wie die vorher still und zurückhaltend gewesen waren, als es um Anax und seine Anliegen ging, war jetzt er umgekehrt still. Die hatten ja auch ihre Anliegen und sollten ebenfalls Gehör beim Claudier finden.


    Erst als alle Gespräche soweit vorbei waren und es langsam Zeit wurde, dass sie ihren Patron wieder dessen Arbeit machen ließen, passte Anaxander nochmal einen günstigen Moment ab. "Ich danke dir nochmal für deine Großzügigkeit und Hilfe, Patron.", fühlte er sich verpflichtet zu sagen. Aber er meinte es auch so. Denn auch wenn es sich jetzt noch nicht so anfühlte. Anax war geschäftstüchtig genug, dass ihm auch mit dem ungeliebten Gemüsebauern bestimmt noch eine Idee zur Lösung seines Problems kam. Er musste nur lange genug darüber nachdenken. Und das war genau das, was er als nächstes tun würde.

    Anaxanders Augen starrten auf die Schenkungsurkunde in seinen Händen. Er wusste, dass er sich jetzt eigentlich freuen soll. Denn auch eine Chance, die zum Scheitern verurteilt war, war besser als gar keine Chance. So richtig freuen konnte er sich aber trotzdem nicht. Denn er bekam ja nicht nur einen Gemüsebauern. Er bekam auch keine Jägerei. Ein Betrieb, der eben noch zur Auswahl gestanden hatte. Jetzt stand er es nicht mehr. Es war ein Schritt nach vorne, dass er überhaupt einen Betrieb von seinem Patron bekam. Aber anfühlen tat es sich gerade trotzdem wie ein Schritt zurück. Erst die Aussicht auf eine Jägerei. Dann ein Gemüsebauer.


    Dass ihn sein Patron nochmal ansprach, riss Anax aus seinen Gedanken. Er sah von dem Papier auf. "Wenn die ein bisschen Ahnung haben von Gemüse und .. so Sachen?", fragte er frei heraus. Denn zu Pflanzen hatte er einfach keine Beziehung. Keine Blume, die bei ihm nicht irgendwann einging. Da konnte er tun, was er wollte. Mit sowas hatte er einfach kein Glück. Noch nie gehabt. Und das änderte sich bestimmt auch als Besitzer eines Gemüsebauers nicht. Nicht von heute auf morgen....

    Zurück von seinem Patron war Anaxander immer noch etwas niedergeschlagen. Eine Jägerei. Ja. Das wäre toll gewesen. In einer Fleischerei hatte er schon gearbeitet. Mit zerlegtem Fleisch kannte er sich darum ein bisschen aus. Lebendige Tiere für den Verkauf an Arenen vorbereiten, toten Tieren das Fell abziehen. Das lernte er schon noch. Aber ein Gemüsebauer. Ohne einen "grünen Daumen" brauchte er so ein Projekt gar nicht erst angehen. Das war zum Scheitern verurteilt. Damit verlor er eher noch Geld, als dass er irgendwelche Gewinne damit machte. Keine Chance, dass das gut ging. Nachdenklich setzte er sich auf sein Bett und sah die Schenkungsurkunde seines Patrons an. Dabei überlegte er....


    Schenkung


    Hiermit übereigne ich den Betrieb Agriculae Olera Claudii Felicis (Gemüsebauer) mit all seinen Ländereien und Gerätschaften mit heutigem Datum an



    Quintus Claudianus Anaxander



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    gez. H. Claudius Menecrates


    ANTE DIEM III ID IUL DCCCLXVI A.U.C. (13.7.2016/113 n.Chr.)


    Eine ganze Stunde verging. Und Anax saß immer noch auf seinem Bett und dachte nach. Dann zerschellte draußen irgendwo eine Keramik. Und plötzlich hatte er eine Idee! Verkaufen. Er musste den Betrieb einfach verkaufen. Entweder an jemanden, der bis jetzt noch keinen Gemüsebauern hatte. Oder an jemanden, der nur einen kleinen Gemüsebauern hatte und vielleicht expandieren wollte.


    Zwei Möglichkeiten. Für die erste fehlte Anaxander ein Ansatzpunkt. Woher sollte er wissen, wer keinen Gemüsebauern hatte, aber einen wollte? Darum konzentrierte er sich auf die zweite Möglichkeit. Gemüsebauerbesitzer finden. Und gucken, ob da welche dabei waren, die vielleicht expandieren wollten. Er hörte sich etwas um. Auf den Märkten. Hier und da. Dann machte er sich eine kleine Liste, auf der irgendwo auch der Name "Caius Flavius Scato" auftauchte. Danach setzte er sich am nächsten Tag mit jeder Menge Schreibmaterial auf sein Bett und schrieb. Briefe. Einen auch an den Flavier.

    Anaxander war so arm wie eine Tempelmaus. Darum brachte er seine Briefe natürlich alle persönlich zum Empfänger. "Ein Brief von Claudianus Anaxander an Flavius Scato." So gab er nach dem Klopfen an der Haustür den Brief ab. "Eine Antwort kann in die Insula des Caius Fundanius Vulso auf dem Caelimontium geschickt werden." Das hatte nicht mehr auf die Wachstafel drauf gepasst. Darum sagte Anax das jetzt eben dazu.


    Q. Claudianus Anaxander C. Flavio Scatoni s.d.


    Ich habe gehört, du betreibst seit einiger Zeit einen Gemüsebauern hier in Italia. Vor kurzem bin ich ebenfalls zum Besitzer eines Gemüsebauern (III) geworden. Denn mein Patron hat mir den Betrieb Agriculae Olera Claudii Felicis mit all seinen Ländereien und Gerätschaften geschenkt.


    Leider fehlte mir aber jedes Talent mit Gemüse und Kräutern und Pflanzen ganz allgemein. Deshalb kann ich mit diesem gütigen Geschenk meines Patrons leider nicht viel anfangen. Aber mir kam die Idee, dass vielleicht DU ja etwas damit anfangen kannst.


    Darum biete ich dir hiermit also den folgenden Betrieb zum Verkauf an.
    Name: Agriculae Olera Claudii Felicis
    Branche: Gemüsebauer
    Größe: III Felder
    Standort: Neapolis, Italia
    Alter: Der Betrieb ist fast genauso alt und traditionsreich wie der flavische Gemüsebauer. Gegründet wurde er am 06.08.862 durch Quintus Claudius Felix. Der Zustand des Gemüsebauern ist tiptop.


    Also: Hast du Interesse mit deinem Gemüsebauern zu expandieren und dafür den claudischen Gemüsebauern zu übernehmen? Dann lass es mich bitte wissen. Für den runden Betrag von nur 1000 Sesterzen gehört er dir.


    Vale.

    Q. C. Anaxander


    Eben noch hatte Anaxander zugestimmt, den letzten Punkt einseitig zu formulieren. Etwas widerwillig zwar. Aber er hatte zugestimmt. Dann hatte er auch die Korrektur von 1.600 Sesterzen auf 2.000 Sesterzen im letzten Absatz anstandslos bejaht. Nur bei dem Wunsch seines Patrons nach einer Rückführungsregelung hatte er Bedenken angemeldet und erklärt warum er die hatte. Darum kam die Reaktion des Claudius für ihn jetzt doch ziemlich unerwartet.


    "Einen zweiten Vertrag wird es nicht geben." Das hörte ziemlich harsch an. Und irgendwie nicht sehr nach Rückführung. Denn ein Vertrag war ja eine gegenseitige Willenserklärung. Egal ob mündlich oder schriftlich. Heute ging es um den Willen seines Patrons, einen seiner Betriebe abzugeben, und um Anax Willen, das unter den Einschränkungen, wie dem Vetorecht, anzunehmen. Und die Rückführung? Die sollte ja stattfinden, falls Anaxander vielleicht irgendwann keine Lust mehr auf das Führen der Jägerei hatte. Da musste er also neu seinen Willen erklären. Ein neuer, zweiter Vertrag. Egal ob mündlich oder schriftlich.


    Aber das wars jetzt scheinbar. "Entscheidend für mich ist aber, welche Form von Betätigung Dir liegt." War einmal. "Schließlich will ich genau wie Du einen florierenden Betrieb haben." Vergangenheit. "Zur Debatte stehen: Jagdrechte." Das hatte sich jetzt also erledigt. Warum? Weil man nicht schon zu Lebzeiten unwiderrufliche Rechte am Nachlass anderer erwerben konnte? Weil die Juristerei halt eben nicht immer so ganz einfach war? Schade.


    Anaxander nahm das Papier seines Patrons. Er las und unterdrückte ein enttäuschtes Seufzen. "Danke, Patron." Mehr brachte er nicht raus. Seine Stimme war belegt. Und Anax sah schon, wie er mit dem Betrieb genauso unterging, wie sein Vater damals. Ohne einen "grünen Daumen" kam er mit einem Gemüsebauern ja bestimmt nicht auf einen "grünen Zweig". Aber: Friss oder stirb. So hörte sich das an, was sein Patron mit seinem letzten Satz gerade gesagt hatte. Und es fühlte sich an, als wäre er wieder ein Sklave. Nicht des gütigen Claudius Felix. Ein richtiger Sklave. Aber: Anax war machtlos. Und er wollte nicht sterben. Also fraß er.