Aha, man dachte also darüber nach, ihn statt zu den Tresveri eventuell auch einfach zu den Straßenreinigern zu schicken. Naja, wohl immer noch besser, als die Befürchtung, dass seine Wahl aus irgendeinem Grunde nicht anerkannt werden konnte. Aber gut, dann hätte es wohl auch kaum noch seiner Anwesenheit in der Curia bedurft. Interessanterweise kam dann die nähere Frage auch wieder von demjenigen Greis, der ihn schon bei seiner Kandidatur mit Fragen gelöchert hatte und nicht nur das... dann gab er auch gleich noch unumwunden zu, selbst den Vorschlag eingebracht zu haben, dass sich der Tiberier im kompletten kommenden Jahr mit Abfall und Unrat beschäftigen sollte. Manchmal wusste der Tiberier nicht, ob dieser alte Mann mit seinen Fragen an Antworten interessiert und mit seinen Vorschlägen etwas Konstruktives im Sinn hatte oder ob das alles nicht nur dazu diente, den Tiberier möglichst zu verunsichern - in diesem Falle konnten auch die Glückwünsche zu seiner Wahl in einem etwas ironischen Licht erstrahlen. Was auch immer seine Absichten waren, zumindest musste man ihm zugutehalten, dass er seinen jüngeren Kollegen in der Curia an Aktivität ein leuchtendes Vorbild sein musste. Anstandsgemäß begann er erst einmal damit, sich für seine Wahl zu bedanken. "Patres conscripti, ich danke für das Vertrauen, welches mir die Mehrheit des Hauses ausgesprochen hat."
Tja, und was sollte er jetzt dazu sagen? Was wollte man denn von ihm hören? Hatte Lepidus nicht schon genug gelitten? Er war jetzt das zweite Mal im Senat und nie hatte er sich hier bisher wirklich wohlgefühlt. Wenn dies mal kein schlechtes Zeichen für die Zukunft war. Was musste er nun noch alles über sich ergehen lassen? Irgendwie fand er keine richtige Strategie, wie er nun damit umgehen sollte. Um Zeit zu gewinnen, stimmte er den Worten Quarto's erst einmal zu. "In der Tat ist es so, dass ich in meiner Rede zur Kandidatur davon sprach auch jedes andere Amt mit größter Motivation auszuführen." Sollte er hier allerdings auf Biegen und Brechen seine Eignung als Tresviri zu behaupten? Was sagte dies dann über ihn aus? Andererseits, was sagte es über ihn aus, wenn er diese Position einfach aufgeben würde? Musste er das überhaupt? War der Senat nicht offenbar in dieser Frage in zwei Hälften aufgeteilt, so dass diese erneute Anhörung überhaupt notwendig war? Von daher konnte er doch genauso gut an den Tresviri festhalten. "Und ja, ich sprach vor allem von meiner Präferenz für die Tresviri capitales und begründete dies mit meinen Kenntnissen, die ich insbesondere auf rechtlichem Gebiet vorzuweisen habe." Noch etwas, was die Senatoren ohnehin schon wussten. Doch wie weiter? Sollte er nun noch mehr Argumente liefern, damit das Pendel vielleicht doch noch zu seinen Gunsten ausschlug? Viele Argumente fielen dem Tiberier aber in der Tat auch überhaupt nicht ein. Da er die Tresviri ohnehin weniger mit Herzblut, sondern aus einem rein taktischen Kalkül als persönlichen Wunsch benannte, wurde klar, dass sich der Tiberier auch nicht bis ins letzte Detail damit beschäftigt hatte. Offensichtlich ist dieses Kalkül auch nicht einmal aufgegangen, wenn man bedachte wie knapp sein Wahlergebnis letztlich war. Aber deshalb zu den Straßenfegern gehen? Konnte er das zulassen? Was konnte er dagegen anbringen? Tja, was konnte er jetzt überhaupt noch gewinnen oder verlieren? Diejenigen Senatoren, die ihm seine Unterstützung versagten, würde er wohl nicht dadurch für sich gewinnen, dass er sich als stolzer Patrizier gab, der sich im Grunde zu fein war, sich um die Sauberkeit der Stadt zu kümmern. "Obwohl sich an diesen Gründen natürlich nichts geändert hat, so bin ich mir doch sehr wohl bewusst, dass viele Senatoren womöglich an dieser Eignung zweifeln, denn trotz einer ausreichenden Unterstützung, die ich bei der Wahl erhalten habe, so ist das Ergebnis natürlich sehr knapp ausgefallen. Ein junger Kandidat, wie ich, kann so etwas nicht ignorieren. Vielmehr fragt er sich: Womit kann ich die Menschen überzeugen, die an meiner Person oder meiner Eignung womöglich Zweifel hegen? Jemand wie ich, würde alles tun, um Rom so aufrichtig zu dienen, dass diese Zweifel beseitigt werden." Doch was bedeutete dies nun in seiner Konsequenz? Lepidus wusste, dass er hier noch nicht Schluss machen konnte. All die gerade in seinem Kopf herumschwirrenden Fragen konnte er sich so schnell nicht beantworten. Was war denn nun das Klügste in dieser Situation? Was genau sollte er nun sagen? Wie konnte er hier vor allem wieder erhobenen Hauptes hinausmarschieren? Er blickte durch die Reihen des Senats, räusperte sich ein wenig und fuhr fort. "Wenn der Senat in dieser Frage uneinig ist, dann liegt es nicht an mir, diese Uneinigkeit zu befördern. So sage ich freilich... dass ich auch bei den Quattuorviri ohne große Schwierigkeiten dienen kann. Vielleicht mag dies die beste Lösung sein, die auch den Frieden innerhalb des Senats wahrt. Diejenigen unter euch, die mich wählten, werden hoffentlich mehr als den Grund gehabt haben, dass sie mich womöglich gern als Tresviri sehen wollten. Euch kann ich zeigen, dass ich mich auch in anderen Bereichen hervor tun kann und ihr einen Kandidaten gewählt habt, der euch - in welchen Umständen auch immer - nie enttäuschen wird. Diejenigen, die kein Vertrauen in mich hatten, mögen dieses Vertrauen vielleicht entwickeln, indem ich nun jenes Amt der Quattuorviri übernehme und mich einer solchen Aufgabe stelle. Allen Männern dieses Hauses, möchte ich noch einmal sagen, dass ich mir nichts sehnlicher wünsche, als mich beweisen zu können - für Rom! Und ich denke, dass ich jede Herausforderung annehmen werde, um dies zu tun - und sei es jene, diese Stadt wieder etwas sauberer zu machen."
Und damit schloss Lepidus seine nun etwas längere Antwort auf den greisen Quarto. Er hoffte, dass er nicht allzu weit ausgeholt hatte, aber bei einer so weitläufigen Frage, wie "Was sagst du dazu?" konnte man wohl auch nicht viel anderes erwarten. Wirklich begeistert war der Tiberier natürlich nicht, sollte es nun tatsächlich auf diese Lösung hinauslaufen, aber wenn man Wahlergebnis, seine Überlegungen im Vorfeld der Kandidatur und die Uneinigkeit des Senats in Anbetracht der Amtsvergabe sah, wie ignorant müsse er sein, um dem allen nicht Rechnung zu tragen? Doch, ob dies nun die richtige Entscheidung war? Vielleicht war es so etwas wie eine Flucht nach vorn. Was der Tiberier jedenfalls nicht wollte, war, dass seine Person zum ewigen Streitfall werden würde. Lepidus wusste ohnehin, dass er in dieser Frage nicht viel gewinnen konnte. Möge sie vielleicht wenigstens zu einem Abschluss kommen, die jedem seine Würde ließ - letztlich war ja auch die Organisation der Abfallbeseitigung keine völlig entwürdigende Aufgabe.