[INSULA TYRRHENA DIANIUM] Die tyrrhenische Insel Dianium & die Villa Rustica Ducciana

  • Sehr beeindrucken, dass der Duccier sogleich zwei Tirocinii absolvierte und dann auch noch bei einem Aurelier. Wie hatte es der amtierende Aedil nur geschafft bei einem doch nicht allzu unbekannten Patrizier seine praktischen Lehren zu erhalten? Nun gut, der Tiberier nickte erst einmal nur und nahm dies interessiert zur Kenntnis. Auf den consularischen Patron würde Lepidus vielleicht aber noch zu einer späteren Gelegenheit Bezug nehmen.


    Während Lepidus es doch vorzog nur kleine Schlucke wohliger Getränke über eine lange Zeit verteilt zu sich zu nehmen, da er bei seinem Körperbau ohnehin nicht gerade dazu neigte, ein besonders viel vertragender Trinker zu sein, blieb wohl abzuwarten, wie der Rest diese Met wohl vertragen würde. Allzu schnell wollte sich der Tiberier an diesem Abend nicht benebeln lassen. "Die Umstände werden es rechtfertigen", gab sich der Tiberier sicher. "In jedem anderen Fall hast du natürlich recht und ich bin kein geringerer Anhänger traditioneller Wege. Sobald Rom wieder ausreichend zur Ruhe gekommen ist, werden diese Wege auch wieder beschreitbar sein - auch von jenen, die durch die Ereignisse gewaltsam von ihnen abgebracht wurden."


    Dass dagegen beispielsweise der Decimer diese Kontinuität deutlich leichter vollziehen konnte, war für Lepidus vollkommen klar. Auch wenn er sicher nicht viel für die Taten manch anderer Teile seiner Familie etwas konnte, so konnte er doch die letzten Jahre sicherlich deutlich unbeschwerter Leben und sich in Ruhe auf seine politische Karriere vorbereiten, während dies Lepidus weitgehend verwehrt war. Interessant, dass dieser dann auch gleich ins Thema einstieg. "In der Tat ist es meine feste Absicht im nächsten Jahr für das Viginitivirat zu kandidieren. Für mich gibt es da auch keinen Aufschub mehr. Ich musste leider schon viel zu lange warten, um diese für meinen Stand und ganz besonders für meine Familie so natürliche Bestimmung erfüllen zu können." Und darauf trank der Tiberier doch auch gleich mal. "Wie steht es mit dir, Decimus? Wirst du ebenfalls kandidieren oder wirst du... nun, sagen wir mal noch etwas Gras wachsen lassen, bis der Name der Decimii vielleicht nicht mehr allzu schnell Assoziationen mit einem gewissen Usurpator hervorrufen?" Die Frage lag ja irgendwie durchaus ein wenig auf der Hand, auch wenn sie von Lepidus natürlich bewusst etwas 'netter' formuliert wurde. Dass die Decimer nun reihenweise den Cursus Honorum stürmen würden, war ja nun nicht gerade offensichtlich. Der Tiberier machte dabei auch durchaus ein ernstes Gesicht, doch es war jener ernsthafte Ausdruck, der hinter der Fassade schon fast ein boshaftes Lächeln aufkommen ließ. "Ich selbst würde dies natürlich in allerhöchstem Maße bedauern, wenn dem so wäre, wo du doch ein sehr... wie sagte ich bereits vorhin? Achja! ein sehr tüchtiger Mann zu sein scheinst. Aber ich hätte natürlich auch Verständnis dafür, wie wahrscheinlich viele in Rom." So hatte er faktisch doch gleich noch etwas sehr nettes gesagt, obwohl sich bei der Art und Weise, wie Lepidus diese Sätze geformt hatte, natürlich bei weitem keine Nettigkeit vermuten ließ. Aber zumindest der Duccier war ja bisher nicht gerade anfällig dafür, den einen oder anderen Subtext verstehen zu können. Wer wusste schon wie dies bei Aquila war? Genüsslich nippte Lepidus wieder von seinem köstlichen Getränk und wirkte dabei wie gewöhnlich recht selbstzufrieden.

  • Ein etwas enttäuschendes "Hmpf..." kam dem Tiberier dann schon über Lippen, als er von der religiösen Armut dieser Insel hörte oder dass Aquila zumindest nichts dergleichen kannte. "Ich merke jetzt schon, wie sehr ich mein geliebtes Capitol vermisse..." Aber gut, immerhin gab es wohl die ein oder andere nette Geschichte, wodurch man sich ein wenig die Zeit vertreiben konnte. Was der Decimer dann aber zu Calena und Flaminia zu sagen hatte, versetzte ihn sicherlich in Erstaunen? "Nichte und Großnichte des Triumphators? Herrje Lucia, haben Sie das gar nicht erwähnt, als sie bei uns zu Gast waren?" DAS hätte sich Lepidus doch wohl sicherlich gemerkt. Dass die beiden so nah mit Meridius verwandt waren, konnte ja nur Vorteile für die Tiberii haben. Da hatte sich der gute Verus doch eine bessere Partie gemacht, als es Lepidus anfangs vermutet hätte. "Und ja...", beantwortete er die Frage des Decimus "Sie sind in Rom und wenn ich mich recht entsinne wollten sie sobald wie möglich ihrer Verwandtschaft einen Besuch abstatten. Scheint, als könntest dich schon einmal auf ein freudiges Wiedersehen einstellen." Tja, und bei all dem hätte er fast unterschlagen, dass Aquila gleich noch seine eigene beeindruckende Herkunft bekannt gab. "Erstaunlich, dass wir hier auch noch einen direkten Abkömmling des großen Maximus Decimus Meridius vor uns haben. Kein Wunder, dass du jede Gelegenheit nutzt, um Heldentaten zu vollbringen..." sprach er immer noch anspielend auf die Schwimmaktion. "...das sind schließlich große Fußstapfen, in die du trittst."

  • Vala nickte nur beifällig, als der Tiberier eine Rückkehr von Ruhe und Ordnung in Rom prognostizierte, weil es dahingehend nicht viel zu sagen gab. Entweder kam sie, oder sie kam nicht.. und Vala würde sich mit beiden Situationen arrangieren müssen um seine Ziele zu erreichen.


    Als der Tiberier sich dann dem Decimus zuwandte und eine Problematik ansprach, der schon Vala mit Sorge ins Auge blickte, nutzte er die Gunst des Moments um sich selbst einen Apperetiv zukommen zu lassen. Dabei fiel sein Blick auf die Tiberia, die bisher stumm ihrem Gespräch beigewohnt hatte und offensichtlich zu den politischen Querelen des Caput Mundi nichts beizutragen hatte. Was Vala kaum verwunderte, war vordergründige Politik doch nicht das Metier der Frauen. Aber er machte sich da keine Illusionen, dass hintergründige Politik zu nicht unmaßgeblichen Teil durch die Frauen Roms bestimmt war. Wie war das noch? Hinter jedem starken Mann stand eine starke Frau... und es brauchte viele starke Männer, um ein Reich wie das römische im Lot zu halten.
    "Und du hast dir auf die Fahnen geschrieben, deinen Bruder in seinen Ambitionen zu unterstützen?", wandte sich Vala also nun an ostentative Dame des Hauses der Tiberii, "Nebst dem, was er sich unter anderem gerade hier in diesem Moment aufbaut, wird er auch viel von dem brauchen, das ihm nur das feine Netz der Frauen Roms bringen wird."

  • Zitat

    Original von Titus Duccius Vala
    […]
    "Und du hast dir auf die Fahnen geschrieben, deinen Bruder in seinen Ambitionen zu unterstützen?", wandte sich Vala also nun an ostentative Dame des Hauses der Tiberii, "Nebst dem, was er sich unter anderem gerade hier in diesem Moment aufbaut, wird er auch viel von dem brauchen, das ihm nur das feine Netz der Frauen Roms bringen wird."


    Uh, ob das weise war? Besonders höflich war es nicht, aber Lepidus Worte waren heraus und Lucia wurde doch tatsächlich selbst angesprochen, so dass sie sich gerade über ihren Bruder keine Gedanken machen konnte.


    Mit einem einladenden Lächeln wandte sich Lucia Duccius zu und widmete ihm ihre volle Aufmerksamkeit. „Aber natürlich!“, entgegnete sie prompt und führte nach kurzem Zögern, da sie gerne ein eigenes Gespräch ins laufen bringe wollte, weiter aus: „Ist es nicht die Pflicht einer Frau zunächst die Familie und später auch ihren Mann zu unterstützen? Aber wir tun das ja auch gerne.“ Mit einem leicht verlegenen Schmunzeln senkte sie den Blick und fuhr mit ihrem Zeigefinger den Rand ihres Glases nach. „Wir Frauen glauben, dass jeder Mann jemanden braucht, die ihm hin und wieder die neusten Neuigkeiten zuflüstert und ihm ansonsten den Rücken freihält.“ Als ob ihr grade etwas aufgefallen wäre, blickte Lucia keck auf und fixierte Duccius neugierig. „Du scheinst auch Großes vorzuhaben, Aedil. Wie kommt es, dass ich noch von keiner Frau hörte die sich deinen Ambitionen … dauerhaft widmete?“ Lucias Augen sprühten förmlich, gleichzeitig war sie überrascht von ihrem frechen Vorstoß und nahm die Unterlippe leicht verschämt zwischen die Zähne.

  • "Das ist es wohl...", nahm Vala das Lächeln der Tiberia auf und quittierte es mit einem ebenso souveränen eigenen, um gleich darauf klarzustellen, dass er den Frauen weitaus mehr Bedeutung beimaß als man es wohl gewohnt war, "...und wohl auch gerade deshalb ist Rom zu seiner Größe gekommen in der es jetzt alle anderen Reiche überstrahlt." Er konnte nicht verhehlen, dass ihm die Ansicht der Tiberia doch imponierte, sah er sich selbst ja als niemanden der Frauen zur Dekoration seines Lebenslauf in eine schön ausgeleuchtete Nische seines Lebens stellte. Genauer gesagt: Mauerblümchen hatten für ihn keinen Nutzen außerhalb des Betts, und er war definitiv nicht mächtig und unangreifbar genug, als dass er es sich leisten konnte alles alleine zu stemmen. Nein, er brauchte definitiv jemanden der ihm den Rücken freihielt und die Manuballista nachlud während er nach vorne feuerte... und ob die Tiberia sich dessen bewusst war oder nicht (was in Anbetracht ihres und seines Status wahrscheinlicher war): sie hatte sich gerade für eine noch genauere Betrachtung qualifiziert.
    Sowieso: flirtete sie gerade mit ihm? Und wieso musste Vala sich das tatsächlich fragen? Er war zu lange unter Soldaten gewesen und zu lange mit Frauen ins Bett gestiegen die sich ihm weitaus plumber angeboten hatten, als dass er subtiles Flirten nicht mehr erkannte? Ja, dem war wohl so... und so folgte sein Blick länger der grazilen Bewegung über den Rand des Glases, als wohl statthaft gewesen war. Und dann, als hätte sie gecheckt, dass er es eben nicht checkte, schlug sie ihm dann doch mit dem rosenroten Zaunpfahl direkt in die Fresse.
    "Eh...", zeigte sich der sonst so professionelle Herzensbrecher etwas aus der Contenance gebracht, und verlegte sich gleich erstmal wieder auf sicheres Gebiet um von dort einen für ihn doch ziemlich untypisch zaghaften Vorstoß zu wagen, "Ich habe nicht nur Großes vor, Tiberia... ich habe das Größte im Blick. Leider ist es mir noch nicht gegönnt gewesen, dazu die passende Partnerin zu finden." Was euphemistisch ausgedrückt war für: die, die er wollte, wollten ihn nicht... und die, die ihn wollten, brachten ihn auch nicht weiter.
    Und so wenig er sich vorstellen konnte, dass gerade die Tiberia ihn hier in Betracht zog, machte doch der leichte Biss auf die Unterlippe (eines DER effektiven Flirtkampfmittel der Frauen, die ob ihrer zerstörerischen Wirkung im männlichen Hirn verboten gehörten!) doch klar was hier gerade ablief. In Valas Kontrollzentrum schrillte deshalb mit etwas Verspätung dann doch das Alarmsignal für Flirtsituationen auf und alles rauschte in die Stationen um den Gegenangriff einzuleiten.
    "Und wie steht es um dich, Tiberia...", warf Vala seine Mimik in ein gewinnendes Schmunzeln, "Hat dein Bruder für dich schon eine Partie auserkoren, der du dann den Rücken freihalten darfst?"
    Natürlich würde die Antwort im Falle des Falles Valas im Hinterkopf gärende Pläne verkomplizieren... sie aber keineswegs zunichte machten. Er hatte seine Möglichkeiten und er würde sie nutzen.

  • Seine Worte bezüglich der Rolle der Frauen die zu Roms Größe führte, brachten Vala einen kurzen irritierten Blick ein, ehe sich Lucia entschied es als ein übertriebenes Kompliment aufzufassen und mit einem unverbindlichen Lächeln zu quittieren. Sie befürchtete, dass alles anderes, insbesondere eine Zustimmung, als Hybris aufgefasst werden würde.
    Was das Flirten anbelangte… Zwar hatte sich Lucia vorgenommen diesem Frauenheld ein wenig schöne Augen zu machen, einfach wegen des aufregenden Kribbelns im Bauch, doch leider hatte sie kaum Erfahrung auf diesem Gebiet und musste sich auf Tipps von Manlia und ihren eigenen Instinkt verlassen. Sie bemerkte zufrieden, dass die Handbewegung ganz gut zu funktionieren schien. Auch hatte sie ihn mit ihrem frechen Vorstoß zumindest irritiert, was sie wiederum amüsierte. Doch nie hätte Lucia gedacht, dass die ungeplanten und von ihr selbst unbemerkten Signale den größten Effekt hatten. Sie merkte mit Genugtuung, wie Vala mit der Antwort zögerte, und das Flirten wurde endgültig zum Selbstzweck. In ihrer kühnsten Phantasie malte sich Lucia zusätzlich einen verbotenen Kuss aus, hatte aber auch schon allein bei dem Gedanken daran größte Bedenken ob ihres Rufes.
    Das Größte hatte er also im Blick. Das klang wahrhaft großartig, doch konnte sich Lucia keinen direkten Reim auf diese Worte machen. Und was viel schlimmer war, er befriedigte mit seiner diplomatischen Antwort ob der Partnerin nicht im Mindesten ihre Neugierde. Aber was hatte sie auch erwartet?
    „Das ist… unschön. Wirst du bei deinen wahrlich großen Plänen doch sicher auch bald das feingewobene Netz der Frauen benötigen.“, sprach Lucia mit einem bedauernden kleinen Lächeln. Kaum waren die Worte heraus, fand sie diese fast ein wenig zu harsch und versuchte sie rasch mit einem kleinen Scherz zu mildern: „Ich bin mir sicher Decimus ist dir eine große Hilfe, aber ich kann ihn mir nur schwer beim Weben vorstellen.“ Ihre lebhafte Phantasie zeigte ihr dennoch kurz den Tiro unbeholfen vor einem Webstuhl, was amüsiert glucksen ließ. Sie hob dabei grazil die Finger an die Lippen, wie um das kleine Lachen zu verstecken und eben auch wieder nicht. Diese Bewegung hatte sie von einer anderen Frau abgeschaut, nachdem Manlia ihr erklärte hatte, dass man die Aufmerksamkeit eines Mannes wunderbar mit den Händen lenken konnte.
    Die Frage nach ihrer eigenen Zukunft hatte sich Lucia in letzter Zeit selbst öfters gestellt und mir nichts, dir nichts schaffte es das Schmunzeln ihres Gegenübers ihr eine ehrliche Antwort zu entlocken: „Ich weiß es nicht.“ Sie warf einen kurzen, forschenden Blick hinüber zu ihrem Bruder und fügte mit einem verlegenen Lächeln und gesenktem Blick an: „Aber ich bin sicher er wird schon jemand Passendes für mich finden. Derweil helfe ich ihm so gut ich kann.“ Der nun folgende Augenaufschlag gepaart mit einem verlegenen Lächeln gehörte wieder zu den Dingen, die Lucia nicht plante. Sie hoffte vielmehr auf ein Lob oder ähnliches ob ihrer Geduld und legte viel von diesem Wunsch in ihren Blick.

  • Aquila bemühte sich, sein Gesicht möglichst neutral zu halten, als der Tiberier davon sprach, wie natürlich es doch war für ihn als Patrizier, den Cursus honorum zu beschreiten, selbstverständlich, quasi von den Schicksalsgöttinnen so festgelegt. So furchtbar tragisch, dass er in den vergangenen Jahren an seiner natur- und göttergegebenen Bestimmung gehindert worden war. Manchmal... naja, manchmal fand Aquila diese Patrizier schon etwas arg abgehoben. Als der Tiberius die Frage dann an ihn zurückgab, und das mit einem Seitenhieb, der es in sich hatte – wie er fand –, zuckte Aquila aber nur leicht die Schultern und versuchte sich an einem Politikerlächeln, wie er es in der bisher noch etwas kurzen Zeit als Tiro des Duccius bereits dennoch ein paar Mal bei diesem hatte beobachten können. Was blieb ihm auch anderes übrig? Eine bessere Reaktion auf die Anspielungen bezüglich seiner Familie und der Rolle, die sie im Bürgerkrieg gespielt hatte, war ihm bis jetzt zumindest noch nicht eingefallen. „Es ist noch ein bisschen früh, sich über die kommenden Wahlen Gedanken zu machen, finde ich. Natürlich will ich in die Fußstapfen meines Großvaters treten, aber ob ich das nun bei den nächsten Wahlen in Angriff nehm oder bei einer der darauffolgenden... das entscheide ich, wenn es so weit ist. Erst mal ist mein Tirocinium dran“, antwortete er ein bisschen salopp, was die Wirkung des Politikerlächelns möglicherweise etwas konterkarierte. Genauso wie etwas zu lockere Bewegung, mit der Aquila sich nun ein paar Oliven in den Mund warf.


    Der Duccius indes hatte begonnen, sich mit der Tiberia zu unterhalten, und als Aquila hörte wie sein Name in einem etwas... naja, unschönen Zusammenhang fiel. Oder zumindest glaubte er das, weil er die Hälfte nicht mitbekommen hatte. „Ich und weben?“ lachte er leise auf. „Und da hätte ich eher gedacht, dass du dir mich beim Weben überhaupt nicht vorstellen kann. Spätestens nach der Rettung deines Schals müsste doch klar sein, dass meine Talente woanders liegen.“

  • Aquila warf dem Tiberius einen leicht bedauernden Blick zu – wobei der allerdings nur gespielt war. Er selbst konnte sich nicht wirklich dazu durchringen, echtes Bedauern zu empfinden. Er opferte in regelmäßigen Abständen, tat das, was von einem Römer erwartet wurde, aber viel mehr konnte er dem Götterkult nicht wirklich abgewinnen, und er verstand nicht so ganz, was andere daran fanden. Da war es schon leichter, der Tiberia eine Antwort zu geben. „Wenn wir nicht gerade die kommende Amtszeit des Duccius planen, helf ich den Fischern“, sagte er locker dahin, und es klang wie selbstverständlich. Hätte er die Wahl gehabt, hätte er freilich nicht so viel gearbeitet... ein bisschen, das schon, irgendwann wurde einem sonst ja langweilig – das hieß, ihm jedenfalls, allzu lange brachte er es nicht fertig zu gammeln –, aber ein bisschen mehr Freizeit hätte er schon vertragen, so war es nicht. Aber nun ja: er hatte genau einen freien Tag gehabt, bevor der Duccius ihn dazu beordert hatte sich auf der Insel nützlich zu machen, wenn er ihn nicht brauchte, und diesen einen Tag hatte er größtenteils an dem größeren der beiden Strände zugebracht, kaum dass er den entdeckt hatte.


    Dass es der Tiberia offenbar etwas peinlich war, die Insel als klein bezeichnet zu haben, bekam Aquila gar nicht so wirklich mit – schon gar nicht, als sie ihn fleißig nannte und das löblich fand. Er grinste ein bisschen geschmeichelt, als er das Kompliment hörte, hatte aber keine Gelegenheit noch weiter darauf einzugehen, weil die Sprache auf seine Verwandten kam – was wohl auch gut so war, sonst hätte er es wohl etwas übertrieben mit der Darstellung seiner Arbeiten hier, nur um die Tiberia zu beeindrucken... „Offenbar sind wird das wohl. Wie seid ihr denn mit Calenas Mann verwandt? Wohnen sie in der Villa Tiberia?“ fragte er neugierig zurück und erwiderte das Lächeln der Tiberia offen – während er sich zugleich fragte, ob das tatsächlich seine Verwandten waren, von denen die zwei da sprachen. Und wenn ja, warum um alles in der Welt die beiden noch nicht bei ihrer Familie gewesen waren.
    Dann allerdings hatte er wieder Gelegenheit, unwillkürlich zu grinsen, ein wenig stolz und ziemlich verschmitzt. „Ja, man muss schon zusehen, wie man sich mit solchen Namen in der Familie behauptet... Spaß beiseite, mein Großvater ist der Grund, warum ich hier bin. Er hat mich auch aufgezogen, an meinen Vater kann ich mich gar nicht mehr erinnern.“ Er zuckte leicht die Achseln. „Und er hat mir immer von der Zeit erzählt, in der er Rom gedient hat... ich freu mich drauf, ihm das endlich gleich tun zu können.“

  • Jedes einzelne Wort wollte sich der Tiberier auf der Zunge zergehen lassen, nachdem Aquila von ihm nun mit der geballten Kraft des Faktischen konfrontiert wurde. Wie würde er sich wohl verhalten? Eine aufkommende Wut würde wohl auf ein gewisses Temperament deuten, wie es auch die berühmten hispanischen Pferde haben. Aber das hielt Tiberius nicht für wahrscheinlich. Noch eher konnte er sich eine ausgefeilte Rechtfertigung vorstellen, weshalb doch gerade die Decimer in diesen Tagen nicht zurückstecken dürften, um sämtliche Zweifel auszuräumen, die eventuell ihnen gegenüber gehegt wurden. Stattdessen bewies Aquila, dass er schon lange genug unter Politikern weilte, um zu wissen wie man etwas sagte, ohne tatsächlich etwas zu sagen. "Gut, dass du so denkst", sprach der Tiberier nun, als hätte der Decimer ihm völlig zugestimmt. "Über so etwas muss man nachdenken und sich für eine Entscheidung ausreichend Zeit nehmen, auch wenn eine Kandidatur dann noch die ein oder andere Wahlperiode warten muss. Ausgesprochen weise von dir." Dabei interpretierte Lepidus die Worte seines Gegenübers natürlich so frei wie es nur ging, während er sich lächelnden Ausdrucks freute, dass er seinen Punkt recht präzise setzen konnte. Denn auch das Ausweichen einer bestimmten Thematik war ja ein Zeichen, dass er hier durchaus einen Treffer gelandet hatte. Überaus lustig und dazu passend fand er auch, dass Lucia auch noch eine weitere kleine 'Stichelei' gegenüber den Decimer platzierte, die sich aus dem Gespräch mit dem Senator entwickelte. Dass sie selbst das vielleicht nur als einen unschuldigen Scherz auffasste, war dem Tiberier nicht bewusst - er ging von einem flankierenden Kommentar aus, was den Decimer gleich noch mehr aus der Reserve locken sollte. Ach, welche gute Auffassungsgabe seiner Schwester doch hatte, so dachte der Tiberier - berechtigt oder unberechtigt.


    Interessiert blickte er abwechselnd auf seine Schwester und den Duccier, wobei er nicht alle Details des Gesprächs mit angehört hatte. Er freute sich, dass Lucia ihren gesellschaftlichen Pflichten nachkam und hier für eine wenig lockere Konversation sorgen konnte. Als es natürlich um ihn selbst und seine möglichen Aussichten für seine Schwester ging, spitzte er die Ohren und schaltete sich natürlich recht hochtrabend ein. "Lucia wird einmal die Frau eines sehr edlen Mannes. Das steht außer Frage. Bei einer so guten Partie, die neben ihrer guten Herkunft auch noch mit Schönheit und Intelligenz aufwarten kann, muss der Kreis der Bewerber aber wohlerwogen sein. Keine leichte Aufgabe, doch ich bin sicher, es wird sich jemand finden, der dem gerecht werden kann." Solange er doch nur genug Macht und Einfluss besaß, wie Lepidus gedanklich die Hände reibend, am liebsten hinzugefügt hätte. Schönheit und Intelligenz waren da nur weitere behilfliche Merkmale, um das Ergebnis noch vielversprechender zu machen. Lepidus dachte in solcherlei Beziehung weniger an das Erhabene und Bewundernswerte dieser Attribute, als vielmehr an das Nützliche - vor allem für sich selbst, wie sich verstand.

  • Lucia musste wohl lernen genauer Hinzuhören, denn erst als ihr Bruder den Triumphator erwähnte konnte sie selbst etwas mit dem Namen von Aquilas Großvater etwas anfangen. „Nein, das haben sie nicht erwähnt“, bestätigte sie Lepidus nach kurzem Nachdenken. „Sie haben eigentlich nie besonders viel von ihrer Verwandtschaft gesprochen, außer eben dass sie die in Rom lebenden besuchen wollten.“ Lucia zuckte mit den Schultern. Wirklich seltsam, dass sie dies noch nicht getan hatten! Aber vielleicht war es ihnen ja peinlich wie sie lebten und wollten erst ein eigenen Auskommen haben, damit sie nicht wie Bettler erschienen. Wer wusste schon, ob sie früher zu den Villa Tiberia gekommen wären, wenn Lepidus sie nicht durch einen Zufall getroffen und eingeladen hätte.
    Die Frage nach ihrer Verwandtschaft mit Verus war für Lucia inzwischen ein Klacks zu beantworten. Immerhin hatte sie diese Frage nicht zum ersten Mal überdacht. „Es ist eine eher weitläufige Verwandtschaft von Verus mit uns, das muss ich zugeben: Unsere Urgroßväter waren Brüder.“ So gesehen wäre eine Heirat innerhalb der Familia schon seit zwei Generationen theoretisch wieder möglich. Lustig. Allein den Gedanken daran fand Lucia schon seltsam, dabei hatten sie ja nicht mal mehr zu einem sechszehntel das gleiche Blut. Die Frage ob sie in der Villa lebten, ließ Lucia lieber mal an Lepidus weitergehen, sie war sich im Moment nichteinmal sicher, ob sie das angeboten hatten und das war ihr wiederum etwas peinlich.

  • Im Nachhinein wurde es für Lepidus durchaus ein wenig seltsam, dass die beiden Damen der Decima nicht allzu viel von ihrer Verwandtschaft sprachen. Jetzt wirkte das alles natürlich in einem etwas anderen Licht. Dass nun auch Aquila offenbar noch keinen Kontakt zu ihnen hatte, obwohl sie durch die Verbindung zu Meridius verwandtschaftlich nun wirklich nicht weit entfernt sein konnten. Steckte da vielleicht ein Kalkül dahinter. Vielleicht wollten ja weder Calena, noch Flaminia groß mit den in Rom weilenden Verwandtet etwas zu tun haben, da sie sich in der Vergangenheit bekanntlich nicht sehr beliebt gemacht hatten. Doch so viel Voraussicht wollte er den beiden Frauen dann doch irgendwie nicht zugestehen. "Ja, Tiberius Verus ist in der Tat nicht unser engster Verwandter. Im Moment versucht er auch noch in Rom Fuß zu fassen. Er hat durch die Schergen des Usurpators fasst seinen ganzen Besitz verloren..." Huch, schon wieder eine "arme Patrizier"-Geschichte? Nunja, nur halb, denn Calena und Flaminia waren als Decimer dadurch ja nicht weniger betroffen. "Sie wohnen auch nicht in unserer Villa am Esquilin. Soweit mir bekannt, haben sie eine beschauliche Insula Trans tiberim bezogen." Ob das wohl ein schlechtes Licht auf ihn und seine Schwester warf? Den Verwandten, die gerade noch alles verloren hatten, nicht einmal Obdach oder gar finanzielle Hilfe anzubieten? Nunja, Lepidus hatte sich darüber tatsächlich mal Gedanken gemacht, aber er wurde ja schließlich auch nicht gefragt und von alleine würde sich sein steinernes Herz sicherlich kaum regen. Sein Gewissen war rein, wie eine weiße Schwanenfeder.

  • "Ich bin mir sicher, dass die Umstände unter denen deine Familia unter der Herrschaft des Usurpators zu leben hatte, auch vor dir keinen Halt gemacht haben. Deine Geduld dies zu ertragen scheint mir schon fast zuviel des Kompliments, denn ich möchte nicht im Übermaß von dir ins schwelgen geraten.", ging Vala pflichtschuldig mit einem Augenzwinkern auf den Welpenblick der Tiberia ein, da er durchaus in der Lage war die subtilen Signale einer Frau zu registrieren. Wobei man hier natürlich ehrlicherweise zugeben muss, dass das durchaus eine selektiv zu (de-)aktivierende Fähigkeit war der er sich normalerweise nur bediente wenn er etwas von einem Weib wollte.. egal ob das nur für eine Nacht oder über längeres war.


    Als der Tiberius sich dann wieder einschaltete, weil offensichtlich dasThema des Gesprächs mit dem Decimus nicht für längere Zeit taugte, konnte Vala seine Enttäuschung über den offensichtlichen Wink mit dem Zaunpfahl für den Bruchteil eines Augenblicks nicht verbergen. Allerdings hatte er sich drauf vorbereitet, wenn schon Töchter guter plebeischer Häuser ihm mit ihrer Ablehnung am Ego kratzten würden Töchter aus patrizischem Hause sicherlich keine Ausnahme bilden... auch wenn die hervorgehobene Bedeutung der Patricii seit jahrzehnten stetig schwand.


    "Nicht nur der Heiratsmarkt ist im Moment recht kompliziert, da man sich offensichtlich immernoch sortiert. Die alten Fronten der Pro-Palmaner und Pro-Vescularianer sind zerschlagen und die Katerstimmung hält offensichtlich an, da man noch nicht weiß woran man mit dem neuen Kaiser ist.", lenkte Vala das Thema auf etwas unverfänglicheres, "Ich kann nicht verhehlen ziemlich neugierig zu sein, wie die ersten Sitzungen des Senats ablaufen. Ob sich vollkommen neue Konstellationen bilden, oder man in alte Gräben zurückkehrt. Wenn ich ehrlich bin, sind die alten Zustände nichts, das ich herbeisehne... in denen das Sprichwort, das eine Krähe der anderen kein Auge auspickt in Vergessenheit geriet. Viel zu sehr wurde darauf geachtet, dem Gegenüber nicht zuviel Zustimmung und Anerkennung zuteil werden zu lassen, damit der eigene Stern umso heller strahlt weil man mit Macht die der anderen verdunkelt.", gab er einen doch recht ausführlichen Kommentar über die Verhältnisse der Vorbürgerkriegszeit bekannt, um gleichauf sein politisches Programm zu unterstreichen: "Der Kaiser hat sich eine versöhnende Friedenspolitik auf die Fahnen geschrieben, und ich werde diesem folgen. Ein stabiles Rom braucht stabile Bündnisse."

  • Nicht sonderlich eng verwandt also. Nicht mal in der tiberischen Villa wohnten sie also, da musste die Verwandtschaft offenbar ziemlich weit – bitte was? Aquila starrte den Tiberius an, als der zu Ende sprach. „Eine Insula? Trans tiberim?“ Seine engsten Verwandten, die Nichte und Großnichte des decimischen Triumphators, lebten irgendwo in Rom in einer Insula? Das durfte ja wohl nicht wahr sein. Und weite Verwandtschaft hin oder her: wenn sie gemeinsame Ahnen hatten, zu denen sie alle opferten, warum um alles in der Welt hatten die Tiberii nicht angeboten, dass Verus und seine Familie bei ihnen leben konnten? Umso mehr, da es ja ganz offensichtlich nicht dessen Schuld war, dass es so weit gekommen war? Die hatten eine Villa, bei allen Göttern, und an Geld mangelte es ihnen ja auch nicht, so wie der Tiberius sich gab!
    In diesem Moment fand Aquila den Tiberius und dessen kaltschnäuzige Art reichlich unsympathisch, und er ertappte sich bei dem Gedanken, dass es eigentlich ganz gut gewesen war von Vescularius zu versuchen, die Patrizier ein bisschen in ihre Schranken zu weisen. Allerdings war Aquila sich nur zu bewusst, dass die beiden Tiberier Gäste waren, und noch dazu nicht die seinen, sondern die seines Senators. Also hieß es: sich zusammenreißen. Entsprechend zwang er ein Lächeln auf seine Lippen. „Wo genau wohnen sie denn?“ Wenn die Tiberier sich zu fein dafür waren, einem der Ihren eine standesgemäße Unterkunft zu bieten: die Decimi waren es ganz sicher nicht. „Hier müssen wir übrigens ins Innere der Insel... damit wir auf die andere Seite kommen, dorthin wo es zum offenen Meer geht. Früher mal war die Insel ein Rückzugsort für Piraten, müsst ihr wissen“, begann Aquila nun ein wenig zu erzählen.

  • Ja, sie hatte sich ein paar lobende Worte gewünscht, doch was Vala ablieferte war fast zu viel des Guten. Das oder Lucia hatte schon viel zu lange kein Lob mehr gehört. Sie wurde mehr als verlegen und konnte den Blickkontakt nicht länger wahren. Da war sie fast dankbar, dass sich Lepidus wieder ins Gespräch einschaltete und er machte mit der Lobeshymne doch tatsächlich weiter! Wie kam es nur, dass Lepidus sie nur vor anderen anpries? Oder kam ihr das nur so vor? Lucia genoss es und auch wieder nicht, auch weil seine Worte nur bedeuten konnten, dass es noch immer keinen konkreten Kandidaten gab. Wenn das noch lange dauerte, würde Lucia eine alte Jungfer werden! Die Männer schafften es das ganze wieder in ein diplomatischeres Gespräch zu vertiefen, das gab Lucia zumindest wieder die Zeit die sie brauchte um ihre Verlegenheit zu überwinden.


    Außerdem hatte sie auch noch woanders Schadensbegrenzung zu betreiben. Direkt auf Decimus Worte hatte sie nur stumm und mit erschrockener Mine den Kopfschütteln können. So hatte sie das sicher nicht gemeint, aber sie war einfach nicht dazu gekommen ihm eine tatsächliche Erklärung abzuliefern. Mit einem leisen „Decimus!“ versuchte sie seine Aufmerksamkeit zu bekommen und lächelte ihn noch immer leicht verlegen an. Am liebsten hätte sie das Missverständnis richtig gestellt, aber dann hätte sie sich rechtfertigen müssen und das ging ihr ein wenig gegen den Strich. Sie hoffte, dass freundliche Aufmerksamkeit und ein wenig Honig um den nicht vorhandenen Bart streichen eine gute Alternative war. „Da du ja offensichtlich nicht weben kannst, wo liegen denn deine Talente noch - außer dass du tüchtig deine Arbeit verrichtest, heldenhaft Kleidungsstücke rettest und grandiose Führungen bietest?“ Ihr Lächeln wandelte sich während sie sprach in ein schelmisches Grinsen.

  • Das kam eindeutig nicht so gut bei Decimus an. Lucia hielt innerlich den Atem an, auf ein Donnerwetter gefasst. Je mehr sie selbst darüber nachdachte, umso schlechter kam sie sich auch vor. Warum hatte sie Lepidus nie gefragt, warum Verus und seine Frauen Trans tiberim wohnten? Sie hatte einfach angenommen, dass Verus jedwede Hilfe abgelehnt hatte und den aktuellen Zustand gegeben und gewollt war. Den Göttern sei Dank, wollte Aquila das Thema wohl nur insofern vertiefen, dass er fragte wo sie denn wohnten. Erleichtert dass er es dabei beließ und auch dass sie die Antwort wusste, begann Lucia einfach zu reden und erklärte den Weg, den sie schon ein paar Mal in ihrer Sänfte gereist war: „…und dann ist es die Insula XXI, die mit der Garküche ‚Die Feine‘ im Erdgeschoss. Ich hab sie schon ein paar Mal besucht.“ Die letzten Worte hatte sie einfach hinterherschieben müssen, sie konnte nicht anders.


    Aquila begann ein wenig zu erzählen und Lucia wurde bei dem Wort Piraten aufmerksam. Sie wusste nicht genau, ob sie das spannend oder unheimlich finden sollte, vielleicht ein wenig von beidem. Sie fragte trotzdem lieber nach: „Aber die sind doch schon lange nicht mehr hier gewesen, oder?“

  • Gut, dass Lucia Bescheid wusste, denn Lepidus hatte nicht die geringste Ahnung, wo diese Insula überhaupt stehen sollte. "Ich bin leider selten in der Gegend", sprach er als wärs eine Trivialität. Ihm wäre es wohl auch im Traum nicht eingefallen dort hinzugehen. Irgendwie verstand sich das aus seiner Sicht von selbst, dass er sich in seiner Position nicht einfach dort hinbegeben konnte. Stattdessen war er mit den Gedanken schon bei der Piratengeschichte. "Haben sie ihren Unterschlupf hier einfach aufgegeben? Oder wurden sie vertrieben? Vielleicht durch einen tapferen Consul, der damit durch den Senat beauftragt wurde?", fragte der Tiberier nüchtern, aber durchaus interessiert an der Geschichte, die sich wohl dahinter verbarg. Erfolgreiche Piratenjäger gab es ja durchaus in der Geschichte, allen voran Gnaeus Pompeius Magnus, der einst durch die Lex Gabinia sogar extra Vollmachten erhielt, um die Plage zu beseitigen, die die Getreidelieferungen Roms störten. Dagegen war sein späterer Gegenpart Caesar eher dafür bekannt sich durch solcher Art Piraten gefangen nehmen zu lassen. Wer hätte damals vor diesem Hintergrund wohl schon gedacht, dass der eine dem anderen mal das Fürchten lehren würde?

  • http://www.kulueke.net/pics/ir…a/villa_gemuesegarten.png Der Gemüsegarten der Villa Rustica war, wie alles von Menschen auf Dianium erbaute, von überschaubarer Größe. Hier wurde das ganze Jahr über angebaut was die kaum ein Dutzend zählenden Menschen auf der Insel zum Leben brauchten und sich nicht aus dem Meer holen konnten. Die Kargheit der Insel zeichnete sich auch hier aus: die Beete waren nicht, wie auf dem Festland oft üblich, durch zierreichen Buchsbaum eingegrenzt, sondern wurden von bereits seit langer Zeit mit Moos bewachsenen Steinen eingefasst. Hier wuchs alles was sich mit dem steinigen Boden der Insel zufrieden gab und ob der noch ausstehenden Entdeckung Amerikas überhaupt schon vorhanden war: Kohl, Karotten, Rettich, Zwiebeln, Lauch und nicht zu vergessen der allgegenwärtige Knofi waren ebenso vorzufinden wie mehr oder minder geordnet gepflanzte Kräutersorten.
    Vor Jahrzehnten hatte sich der ursprüngliche Erbauer der Villa Rustica wohl die Mühe gemacht und die Wege mit kunstvollen Holzkonstrukten überdacht... von denen heute nurnoch hier und da von ob des kargen Bodens spärlich wachsenden Efeu berankte Steinreste zeugten.


    In dieser Kulisse wartete Vala auf die junge Tiberia, welche er zum Gespräch gebeten hatte bevor sie und ihr Bruder die Reise zurück nach Rom antraten... immerhin hatte er noch etwas zu klären. So stand er mit hinter dem Rücken verschränkten Händen in der Tunika eines wohlhabenden Bauern da und betrachtete eine eben dieser Überbleibsel längst vergangener Tage, als würde sich ihm daraus eine tiefere Bedeutung ergeben. Tat es natürlich nicht, für solch sentimentalen Firlefanz war er nicht zu haben. Vergangenes war vergangen und konnte nicht rückgängig gemacht werden... der Leitspruch seiner Sippe, den er sich selbst zur Maxime erhoben hatte.


    Der stete Wind der See strich in einer bereits sehr herbstlich gestimmten Laune durch die Beete und ließ das Grün der Pflanzen hin und herwanken, immer wieder einmal gesprenkelt von der Gischt die sich an den Klippen der Insel brach und vom Wind über diese in tausenden kleinen Tropfen verteilte. Sowieso: die Brandung, das stete Hintergrundgeräusch der Insel, das nur bei absoluter Stille der See verklang... und wann war das schonmal der Fall? Im Herbst und Winter sicher nicht, weshalb man auch ohne größere Anstrengung dem Grollen von Neptuns Reich lauschen konnte.

  • Duccius hatte sie zu einem Gespräch gebeten. Sie! Nicht ihren Bruder, sondern sie. Lucia war mehr als verwirrt ob dieser Tatsache. Warum tat er das? Hatte sie es vielleicht bei der Cena übertrieben? Sie wollte doch nur ein bisschen schäkern… Oder sollte ihr ursprünglicher, kindischer Plan tatsächlich funktionieren? Hatte sie es dann nicht genau richtig gemacht? Hieß das jetzt sie könnte den großen Frauenhelden abweisen? Lucia wollte schon hinausstürmen, als ihr kam dass dem nicht so sein musste. Und selbst wenn dem so war, was würde das aus den diplomatischen Beziehungen zwischen Lepidus und Duccius machen? Das Ganze war eine Katastrophe!


    Sekunda beobachtete wie ihre Herrin auf und ab lief, erst verwirrt, dann triumphierend. Sie schien hinausstürmen zu wollen und hielt mitten in der Bewegung inne, nur um stöhnend auf den Schemel zu sinken und das Gesicht in den Händen zu vergraben. „Willst du dir nicht lieber etwas überziehen, ehe du rausgehst?“, fragte die alte Frau trocken, bekam jedoch nur einen strafenden Blick als Antwort.


    Lucia drohte indes sich immer mehr in diese Geschichte hineinzusteigern. Was sollte sie nur tun? Sie konnte den Duccier wohl kaum zurückweisen, aber mit ihm schlafen konnte sie erst recht nicht…


    „Du solltest unseren Gastgeber nicht weiter warten lassen.“, sprach Sekunda unerschrocken weiter. „Sprich einfach nur gut von deinem Bruder und dann wird das alles schon werden.“


    Mehr als verwirrt blickte Lucia auf: Was hatte ihr Bruder mit alledem zu tun? Es dauerte ein wenig dann fiel der Groschen. Vielleicht wollte Duccius ja auch nur über sie Einfluss auf ihren Bruder nehmen! Sie atmete erleichtert auf. Das würde es sein, ganz sicher! „Sekunda, du bist genial. Danke!“ Von einer Sekunda auf die andere wieder froh sprang Lucia und drückte ihrer Sklavin einen Kuss auf die Wange. „Du solltest versuchen diese Gefühlsschwankungen während deinem Gespräch zu unterdrücken.“ , informierte Sekunda ihre Herrin unbeeindruckt. „Oh, äh, ja…“, Lucia atmete tief durch, streckte sich und verlangte in herrischem Tonfall: „Mein Mantel!“



    Als Lucia in den Gemüsegarten hinaustrat, schlug ihr der allgegenwärtige Wind entgegen, von dem sie immer noch nicht sicher war, ob sie ihn nun mochte oder nicht. In jedem Fall zog sie ihren schweren Reisemantel fester um sich, denn die Gischt konnte sie eindeutig nicht leiden. Der Duccier stand da in nichts als einer Tunica und Lucia kam nicht umhin sich zu fragen, ob es stimmte dass diese Nordmänner nie froren. Ihr war ja sogar mit dem Mantel ein wenig kühl. Aber das Bild, welches der Duccier hier abgab erklärte für Lucia zumindest einige der Gerüchte. Hätte sie gerade eine Freundin an der Seite gehabt, hätte sie bestimmt auch von dem Kerl da zu schwärmen begonnen. So trat sie jedoch alleine zu ihrem Gastgeber und nickte ihm lächelnd zu. Sie hoffte, dass ihre Nervosität nicht allzu deutlich sichtbar war, war sie sich doch noch immer nicht im Klaren, wohin das hier führen sollte. „Ein schöner Garten, so… verwunschen.“ Auf die Schnelle wollte Lucia einfach nichts Besseres einfallen und so hatte sie wenigstens irgendetwas gesagt.

  • "Hört, hört. Ein Mann des Friedens und der Stabilität. Ich kann dich in dieser Hinsicht nur unterstützen, obwohl ich mir nicht sicher bin, ob wir uns die alten Zustände vor dem Krieg nicht bald zurücksehnen, sollten die neuen nicht noch viel unangenehmer sein", gab der Tiberier etwas rätselhaft zum Besten, löste dies aber anschließend sogleich wieder auf. "Nach meiner Einschätzung werden, die Gräben tiefer sein als je zuvor und bisher wurde noch nicht viel getan, um dies zu korrigieren. Bestimmte Entscheidungen, die unrechtsmäßig getroffen wurden, müssen rückgängig gemacht werden, um den Frieden zu wahren. Alles, was der Usurpator durchgesetzt hat, muss für nichtig erklärt werden, wozu beispielsweise auch die Aufhebung der Steuerfreiheit für Patrizier gehört." Natürlich sah der Tiberius keinesfalls ein, weshalb diese Privilegien keine Gültigkeit mehr haben sollten. Es war doch geradezu bedauerlich, dass man ihn und seinesgleichen inzwischen so wenig wertschätzte. "Als Mann der Stabilität bin ich mir sicher, dass du auch ein Interesse hast, diesen fehlerhaften Eingriff des Usurpators zu berichtigen." So nahm Lepidus sein Gegenüber gleich für sich ein, obwohl er natürlich wusste, dass ein Homo Novus nicht viel von der traditionellen Besserstellung der Patrizier verstehen konnte. Aber immerhin müsste er dann andernfalls wohl zugeben, dass der Mann, den er vor kurzem noch stürzte, etwas Richtiges getan hatte und dass musste ja nicht unbedingt für Konsistent gehalten werden.

  • "Nun...", verzog Vala ein schiefes Lächeln und zuckte gespielt hilflos mit den Schultern, "..als Mann meiner Herkunft und meiner Position bleibt einem kaum anderes übrig, als sich so wenig Feinde wie möglich zu machen. Die kommen ganz von selbst, und ich kann mich bereits jetzt nicht darüber beklagen keine zu haben. Da muss ich den Kaiser selbst nicht unbedingt auch noch hinzupacken, indem ich durch erzwungene eigene Akzente seiner Politik zuwider laufe."
    Womit Vala wieder recht frank zugab, dass ihm kaum etwas anderes übrig blieb als politischer Pragmatismus. Als der Tiberier dann fortfuhr und tatsächlich auf ein Thema zu sprechen kam, das wohl nach wie vor für Zahnschmerzen sorgte, kam Vala nicht umhin bedauernd den Kopf zu schütteln: "Bei allen Taten des Vescularius kann man die Streichung der Steuerfreiheit der Patrizier nicht alleine ihm zurechnen. Dieses Vorhaben lag schon lange vor dem Vescularier auf dem Tisch und hatte schon LANGE vor dem Auftreten des späteren Usurpators für Unfrieden im Senat und in Rom gesorgt. Du greifst zu kurz wenn du sie als schlichte Untat des Vescularius oder als schlichten Racheakt an eurem Stand abtust, denn das stellt eine Sache einfach dar, die wahrlich nicht zu vereinfachen ist.", wedelte Vala gestenreich mit den Händen, da er sich durchaus im Klaren war, dass diese Sache äußerst delikater Natur war und viel Fingerspitzengefühl erforderte.
    "Zuvor sei erklärt, dass die Wiederherstellung der Steuerfreiheit nicht für Frieden und Stabilität sorgen würde, sondern das genaue Gegenteil zur Folge hätte. Um das zu erklären, muss man darlegen warum die Aufhebung dieser Steuerfreiheit kein soles Werk des Vescularius war.. man muss viel weiter zurück gehen. Die Steuerfreiheit der Patricii ist bekanntermaßen ein Relikt, quasi Tradition, der alten Republik vor dem Principat des Augustus. Das ist bereits so lange her, dass viele, aber längst nicht alle Patricii dieser Tage längst vergessen haben weshalb es zu dieser Steuerfreiheit überhaupt gekommen ist, und so begreifen sie diese Steuerfreiheit als frei stehende und unverbindliche Tradition und quasi als selbstverständliches ANRECHT ihres Standes.", begann Vala mit vorsichtigen Worten den problematischen Sachverhalt darzulegen, "Die Steuerfreiheit selbst ist nicht Tradition und auch kein aus alten Tagen verbürgtes Vorrecht eures Standes... sondern FOLGE einer derartigen Tradition und einer eures Standes, die euch zur Verfügung stehenden Mittel dazu aufzuwenden um Volk, Kultur und Wesen Roms zu fördern und zu unterstützen. Dies war noch zu Zeiten des Divus Augustus ein nicht unbeträchtlicher Teil des Selbstverständnisses eures Standes, ist seitdem aber immer mehr im Dunst der vergessenen Tugenden versunken. Ich sage dies nicht, weil ich dir unterstellen will, dass du dir dessen nicht bewusst bist... ich sage dies, weil dies offensichtlich in großen Teilen eures Standes eben der Fall ist. Und es ihm ebenso offensichtlich nicht bewusst ist... wem das allerdings bewusst ist, ist das Volk Roms. Die Tage in denen Angehörige deines Standes sich in Worten und vor allem Taten deutlich von den plebeischen Vertretern der Nobilitas abgehoben haben, sind bereits zu Zeiten der Ulpii vorbei gewesen... weshalb schon unter ihnen die Abschaffung der Steuerfreiheit nicht als himmelschreiendes Vergehen an den Traditionen Roms wahrgenommen wurde, sondern als konsequente Folge des Vergessens des eigentlichen Ursprungs dieser Steuerfreiheit."
    Da Vala aus dem kurzen Kontakt, den er zum Tiberier hatte, nicht ersehen konnte ob dieser einfach nur die sinnfreie Propaganda gewisser Patrizier nachplapperte, die die Geldtruhen in ihrem Zimmer als einzigen Daseinsgrund ihres Standes ansahen, andererseits sah Vala keinen Grund hier nicht das volle Programm zu fahren... es würde früher oder später ohnehin zum Konflikt mit eben dieser Partei kommen.
    "Die Frage, die man sich bereits vor den Ulpii gestellt hat, war: warum sollten die Patrizier weiterhin die Freiheit von der Steuer genießen wenn sie letztlich nicht mehr für Urbs und Populus taten als ebenso ranghohe Plebejer, die zudem Steuern zahlten? Und DAS ist letztlich die Frage die sich jeder Patricius stellen muss der diese Steuerfreiheit zurückfordert. Und diese Frage ist von führenden Vertretern eures Standes in der Vergangenheit nicht beantwortet worden... was das Volk vollkommen zu Recht zu der Annahme gelangen ließ, dass ein Stand, der sich nur durch sein Konto definierte und seine alten Pflichten vernachlässigte, eben auch auf dieses alte Privileg verzichten könne. Dass es der Vescularier war, der dies letztlich durchsetzte, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der letztliche Ursprung dieses Vorgangs in den führenden Vertretern eures Standes liegt, und nicht im Senat oder einem Unrechtsregime. Wenn du mir also den abschließenden Rat zugestehst: höre nicht auf jene, die die Steuerfreiheit als Tradition und Vorrecht deines Standes verkaufen wollen... sondern auf jene, die mit größeren und tieferen Antworten aufwarten können, die sie sich vor allem dadurch angeeignet haben, sich selbst kritische Fragen zu stellen."

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