Beiträge von Lucius Tiberius Lepidus

    Informationen an Sklaven auszulagern, war an sich eine schöne Praxis. Sprach man dabei nicht gern von der Externalisierung des Geistes? Gut, dass es Sklaven gab, die dafür zur Verfügung standen. Was die Menschen wohl ohne Sklaven machen würden? Sie müssten sich wohl irgendwelche Apparate bauen, die sie stets an alles erinnerten. Aber das war dann doch eher ein lächerlicher Gedanke.


    "Klingt eher als würde dein Cousin seinen Geschmack nach dem Wind richten. Mal bläst er den schönen Geruch eines Kuchens hinüber, mal den einer unwiderstehlichen Tote. Eine Einstellung, die mir persönlich aber nicht missfällt, wenn man es nur versteht, sich nicht selbst hinfort wehen zu lassen." Ja, dass die Iulier eher zweckmäßig an den Vescularier gebunden waren, hatte der Tiberier schon an der ein oder anderen Stelle vermutet. Ganz besonders Dives. Warum hätte er ihm denn sonst je von Probus erzählen sollen? So einen Drang hat nur jemand, der nicht zufrieden war und gern alles ein wenig anders haben wollte. "Was auch immer geschieht und was deine Verwandten unternehmen werden oder in der Vergangenheit unternommen haben: Ich zweifle zumindest an deinem Verstand und deinen guten Absichten keineswegs." Zweifellos würde Dives den Druck, den seine Verwandtschaft verursachte nach einem möglichen Sieg des Corneliers spüren, denn immerhin gab es ja nicht nur Centho, der sich drehen und wenden mochte, wie er es konnte. "Letztlich wäre es auch töricht, sich keine Versicherung zu verschaffen für diesen oder jenen Fall. Gegenseitige Hilfe? Ich bin dafür! Unterstützung? Meine vollste Zustimmung! Gegenseitig können wir Stütze sein, auf das der eine nicht umfällt, wenn der andere wankt. An dieser Stelle reiche ich dir die Hand." Und das tat der Tiberier auch. Mit einem Lächeln und einem Handschlag wollte er ihren Pakt besiegeln und bekräftigte es noch einmal mit den Worten: "Hiermit schließen wir ein persönliches 'Duumvirat' und halten uns die Treue, egal was Ende des Krieges für uns beide bereithält... " Fast hätte er noch "ob Kuchen oder Torte hinzugefügt. Diese verfuchten Metaphern...diese wunderschönen Metaphern...


    Schwören allerdings? Vielleicht in einem akuteren Fall. Hier war noch kein Anlass zu göttlicher Treue, was aber nicht bedeutete, dass sich dieser Anlass irgendwann ergeben konnte. Schließlich brauchte er den Iulier, wenn der Fettsack am Ende dennoch den Sieg davon tragen würde, was ja zu diesem Zeitpunkt nicht mit Gewissheit gesagt werden konnte und dann würde er ihm auch alles schwören, was nur notwendig war. Aber auch im Falle eines Sieges des Corneliers würde Lepidus den Iulier nicht als Last empfinden, den er mitschleifen müsse. Dives war sicherlich talentiert und wendig genug, sich auch in einer neuen Ordnung einen Namen zu machen, wenn auch unter erschwerten Bedingungen. Des Weiteren stand ja auch noch keineswegs fest, ob Lepidus so sehr vom Sieg des Corneliers profitieren würde, er war schließlich immer noch ein kleiner Aedituus... wenn auch mit einem großen Namen. Natürlich hoffte er aber, dass die Patrizier wieder besonders gefördert werden würden, nach all den Repressionen, die sie erlitten hatten.

    Sim-Off:

    Herzlichen Glückwunsch. ;)


    Der Tiberier hatte im Laufe des geselligen Abends schon kaum mehr daran gedacht, dass ja noch dieses politische Gespräch im Raume stand, aber zum Glück behielt der Iulier trotz seiner Verantwortlichkeit für diese ganze Festivität immer noch den Überblick und hatte ganz offenbar ein recht gutes Gedächtnis. Dives führte ihn nun durch die halbe Villa, wie der Tiberier das Gefühl hatte, doch als sie in dem schönen Raum, der nach Papyrus duftete, ankamen, war es den Weg absolut wert.
    "Eine nette Bibliotheca", kommentierte der Tiberier. Er griff sich kurz nach dem hineinkommen irgendeine Tabula, warf einen kurzen Blick darauf, ohne wirklich zu sehen, was darauf geschrieben stand und stellte sie gelassen wieder zurück. Eine merkwürdige Angewohnheit des Tiberiers, aber wenn er Schriften sah, musste er sie am liebsten gleich anfassen und sehen, was diese und jene Bibliotheca so hergab. Lepidus setzte sich nun auf einen der Plätze und sah sich noch weiter im Raum um. Das Bodenmoasik wäre ihm auch beinahe entgangen. "Ein ausgezeichneter Ort für ein ruhiges Gespräch. Ich fühle mich immer sehr wohl in der Nähe von geschriebenen Worten", schwafelte er dann noch ein wenig, bevor er sich anhörte, was der Iulier zu sagen hatte.


    "Welch weise Freunde du hast, die sich so schön bildlich ausdrücken können. Wer würde schon einen Keks wählen, wenn er doch viel reichhaltigeres Gebäck bekommen kann? Schade nur, wenn der Keks vielleicht am besten schmeckt, auch wenn ihm nicht viel Masse zur Verfügung steht." Lepidus konnte sich durchaus denken, dass mit dem Iulier so ein waghalsiges Unterfangen nicht möglich war. Er war vieles, aber ein Draufgänger ganz sicher nicht. Und, was sollte man sagen? Auch Lepidus hatte seine Zweifel und zumindest mit einer der beiden Kriegsparteien konnte er perfekt leben. "Ich weiß, dass die Chance von diesem Keks zu kosten wohl nicht sehr hoch ist, also bin ich geneigt zu sagen, dass wir die Idee eine Idee sein lassen. Besser ist es wohl sich in der Welt des Seienden zu bewegen." Und damit trug der Tiberier Probus wohl ebenso zu Grabe, wenn er dort nicht schon längst liegt und griff seinen eben entworfenen Gedanken auf. "Ich mache mir nur sorgen um die Nachkriegszeit. Wie du dir vielleicht denken kannst... könnte ich nur mit einer der Seiten wirklich leben, die andere bleibt mir im Halse stecken... Vielleicht habe ich auch einfach nur schon immer gern Torte gegessen. Bei dir scheint es mir wiederum ganz anders zu sein. Der Kuchen zieht dich an, deine ganze Familie ist dem Kuchen sehr treu, was natürlich andere Konsequenzen hätte. Vielleicht stimmt's du mir zu, wenn ich sage: Egal, wie dieser Krieg am Ende ausgeht, es könnte sein, dass wir beide sehr aufeinander angewiesen sind." Lepidus hatte die ganze Metapher sicherlich etwas überstrapaziert, aber wenn man erstmal ein Bild hatte, war es einfach zu verführerisch mit ihm zu sprechen, zumal dann alles etwas indirekter wirkte und nicht so aufdringlich unschnittig. Das mochte der Tiberier ja bekanntlich.

    Das war also der Plan des Tiberiers? Ein paar zerlumpte Leute bezahlen und sie durch die Stadt jagen, auf das sie dort lauthals und aufwieglerisch herumschreien würden? Ja, genau das hatte der Tiberier tatsächlich im Sinn. Kaum zu fassen. Aber er konnte sich wohl auf gute historische Vorbilder berufen, die zu Zeiten der Gracchen gern einmal irgendwelche Leute durch die Stadt scheuchten und Stimmung machten. Das war fast die feinste Manier eines Livius Drusus. Damals hatte dieser aber sicherlich einen größeren Mob zur Verfügung, als diese paar Kriminellen, die sich Lepidus besorgt hatte. Er war sich allerdings auch sicher, wenn diese Belagerung länger gehen würde, würde es ohnehin zu Unruhen kommen, aber warum der ganzen Sache nicht gleich noch etwas Nachdruck verleihen? Warum nicht schon jetzt so viel Panik wie möglich schüren?


    Vor dem Hintergrund der Belagerung und des drohenden Versorgungsengpasses zogen sie durch verschiedensten Straßen Roms und riefen lauthals mit gequälten Stimmen in ihren abgerissenen Klamotten in etwa solche Sachen:


    "Wir haben jetzt schon kein Brot mehr!" "Nahrung, Nahrung, hat jemand noch etwas übrig?" "Es ist aus! Es ist aus! Diese Belagerung überleben wir nicht!"


    Und wenn sich die Männer sicher fühlten und keinerlei Stadtwache erblickten, die ja derzeit ohnehin mit ganz anderen Dingen beschäftigt war, riefen sie sogar:


    "Salinator, wo ist unser Brot?" "Salinator ist an allem Schuld!" "Liefert ihn aus! Liefert ihn aus!"


    Auf dem Forum angekommen, riefen sie ebenso lauthals ihre Parolen, nur als sie dann mit einem Mal die Abordnung der Cohortes Urbanae erblickten, verstummten sie fürs erste, setzten dann aber mit ihren Nicht-Salinator-Sprüchen fort. Man konnte ja zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen, was die Stadtwachen vorhatten. In den Knast gehen, wollten diese Männer für Lepidus aber ganz bestimmt nicht. Was war das auch für ein merkwürdiges Bild auf dem Forum Romanum: Ein Senator, umgeben von seinen Klienten, die vorbeirückenden Stadtwachen, die argwöhnisch betrachtet wurden und dann auch noch ein paar Leute, die verzweifelt nach Brot schrien und das Ende der Welt verkündeten. So eine Konstellation konnte wirklich nur der Bürgerkrieg bereithalten.


    Der Tiberier selbst hielt sich zu diesem Zeitpunkt am Rande des Forums auf. Er wollte eventuell später noch auftreten, um den Männern, die er selbst bezahlte hatte, gönnerisch eine Dattel vor aller Augen in die Hand zu drücken. Bei den Göttern, was wäre das für ein theatralischer Auftritt. Keine Frage, der Tiberier hatte sich mit seinen abstrusen Ideen wieder einmal selbst übertroffen...oder sagte man in diesem Fall besser "untertroffen"?

    Immerhin, auch der Senator stufte die Versorgungslage als kritisch an, dennoch resignierte der Tiberier ein wenig, denn er spürte keine Aufbruchsstimmung, die seinem gerade neu entfachten jugendlichen Elan in Anbetracht der Ereignisse zu eigen war. Stattdessen verursachte das Gesagte wieder sehr viele Zweifel in ihm. So einfach stellte sich die ganze Sache wohl doch noch nicht dar und er musste sich wohl oder übel wieder einmal zurückhalten. Allerdings schöpfte Lepidus schon fast wieder ein wenig Hoffnung, da ihm die ein oder andere interessante Idee in den Sinn kam. "Ich würde vorschlagen, wir halten uns gegenseitig auf dem Laufenden. Falls ihr meine Hilfe gebrauchen könnte, schickt nach mir." So bot der Tiberier seine Unterstützung an, man konnte ja nicht wissen, was die Belagerung für sie alle noch für Konsequenzen haben würde."Es ist wohl gerade geboten, dass ich mir so schnell wie möglich einen Überblick über meine Vorratskammer verschaffe." Er ging davon aus, dass die anderen beiden auch nichts mehr zu besprechen hätten. "Wenn von eurer Seite nichts mehr offen ist, würde ich mich jetzt wieder auf den Weg machen."

    "Das klingt alles andere als zufriedenstellend", bemerkte der Tiberier "Dieser Krieg kann sich unmöglich noch länger hinziehen..." Es klang fast schon ein wenig resignierend, aber die verschiedenen Möglichkeiten, die noch offenstanden, waren nicht von der Hand zu weisen. So konnte der Tiberier natürlich niemanden aufstacheln, wäre er selbst doch Palmas Truppen am liebsten gleich in die Arme gefallen. "So viele ungewisse Variablen. Was sollen wir jetzt tun? Sollen wir die Füße stillhalten, ignorieren, dass diese Stadt belagert wird? Wie sieht es eigentlich mit den Nahrungsmittelvorräten aus? Wie lange können wir überhaupt überleben, wenn wir eingeschlossen sind? Glaubt ihr nicht, es könnte sogar zu Unruhen kommen? Wenn die einfachen Bürger erst einmal anfangen zu hungern, werden sie den Vescularier freiwillig von der Stadtmauer werfen, damit Rom wieder versorgt werden kann." Eine amüsante Vorstellung, vor allem in Anbetracht der geringen militärischen Präsenz in Rom. Die Kornspeicher hatten ebenfalls bereits einmal gebrannt, die Nahrungsmittellage war damit auch so schon teilweise prekär. Wenn Rom abgeschnitten war, würde sich die Situation nur noch verschärfen, so dachte es sich zumindest Lepidus. Aber er war auch nur ein einfacher Patrizier und hatte keine Ahnung wie lange man eine Belagerung überstehen konnte und welche Konsequenzen denn nun tatsächlich folgen würden und wie schnell sich diese bemerkbar machen würden.

    Lepidus nickte immer wieder bei den Ausführungen des Senators. Zum Glück gab es hier mehr Realisten als Träumer. "Warum wäre es nicht zwangsläufig das Ende? Wenn die Rebellen in die Stadt marschieren, werden sie sich wohl als erstes den Vescularier schnappen und wenn sie ihn haben: Was bleibt dann noch vom Krieg? Unter welcher Standarte sollten sich seine verbliebenen Truppen sammeln?" Der Tiberier hatte eigentlich fest mit einem baldigen Ende des Krieges gerechnet. Würde er doch noch eines besseren belehrt werden? War es womöglich doch noch besser die Füße still zu halten?

    "Die Verluste sind fast unerheblich, solange die Rebellen noch ein einigermaßen intaktes Heer haben, mit dem sie marschieren können", gab Lepidus zu bedenken. "Ich sah mir in der letzten Zeit immer mal wieder die Vorbereitungen zur Befestigung der Stadt an und was ich sah, spricht nicht gerade für die Verteidiger. Ich bin wahrlich kein Militärexperte" Und beim Ausspruch des Wortes wandte sich des Tiberiers Blick auf Macer, der sehr wohl einer war "aber ist die Lage nicht geradezu aussichtslos? Die Praetorianer... weg... die Cohortes Urbanae... zum größten Teil weg. Wer soll diese Stadt eigentlich noch verteidigen?" Lepidus machte ein finsteres Gesicht. "Dieser Krieg wird bald beendet sein und wir alle tun gut daran, wenn wir uns nun in höchstem Maße korrekt und der Situation angepasst verhalten... wenn ihr versteht, was ich meine."

    "Salve Senator, ich war so frei mich deinem Klienten anzuschließen", begrüßte er de Purgitier. "Ja, wir haben uns in den Thermen getroffen, ein wenig geplaudert über die Götter und die Politik. Im Übrigen habe ich dort fast alle meine besseren Kontakte kennengelernt, aber du kennst das sicherlich." Die Thermen waren einfach immer ein geeigneter Ort, um neue Leute kennenzulernen oder alte Bekanntschaften am Laufen zu halten. Außerdem waren sie ein Quell für den neuesten Klatsch... ein Quell, ja, im wahrsten Sinne des Wortes. "Doch mir scheint, wir werden bedauerlicherweise nicht allzu viel Zeit zum plaudern haben. Die Lage ist ernst, wie du sicherlich weißt. Der Krieg scheint nun auch seinen Weg nach Rom genommen zu haben..." Er wartete auf Varus, auf das er die bedrohliche Situation möglicherweise noch einmal mit seinen Worten bekräftigen würde.

    Inzwischen hatte sich die Lage schon deutlich anders dargestellt. Jetzt war bekannt, dass die Rebellen die Stadt erreicht hatten und Rom in einen Belagerungszustand versetzt wurde. Große Aufregung regte sich bereits in den Straßen. Viele wussten mit der Situation kaum umzugehen. Wie lange war eine Belagerung Roms her? In jedem Fall lange vor des Tiberiers Geburt, so dass er einen solchen Ausnahmezustand mit phasenweiser Untergangsstimmung noch nie miterlebt hatte. Nur ein erfahrener Senator wie Macer konnte wissen, wie man sich in einer solchen Situation verhalten musste, obwohl der Tiberier auch schon einige Ideen ausheckte. Er begleitete nun Helvetius Varus zu den Salutationes und blieb an dessen Seite, bis er hoffentlich bald an der Reihe sein würde. Sicher waren viele Klienten durch die aktuelle Lage sehr verunsichert und suchten ebenso ausführlichen Rat beim Purgitier.

    Da haderte es wohl doch ein wenig mit dem Realismus. Wo der Tiberier längst vom Untergang des Vesculariers überzeugt war, schien der Helvetier tatsächlich noch Zweifel zu haben. "Helvetius, du musst der Wahrheit ins Auge sehen. Wenn der Vescularier nicht für den Tod von Valerianus verantwortlich ist, dann unterstellst du damit indirekt, dass mein edler Cousin, Senator Tiberius Durus, etwas damit zu tun hatte, denn genau das ist die Variante, die Salinator in der Acta verbreiten ließ und das ist nicht hinnehmbar. Die Vorwürfe sind damit ganz offensichtlich absurd. Nie würde ein so edles Geschlecht, wie das meinige, an einer solchen Tat beteiligt sein. Das ist einleuchtend. Gerade gegenüber den Ulpiern, die uns in den Patrizierstand erhoben. Niemals könnte ein Tiberier die Hand gegenüber so großartigen Römern erheben." Ganz abgesehen davon, dass sowieso derjenige bestimmte, wer wen ermordet hatte, der gerade in Rom weilt. Schon bald würde sich also die Geschichte umkehren. "Aber du musst dies jetzt nicht kommentieren. Ich appelliere nur an deinen Verstand. Nun dann, wir treffen uns morgen in der Früh vor dem Hause des Purgitiers. Ich bin gespannt, wie er mit der aktuellen Situation umgehen wird." Der Tiberier wirkte leicht aufgeregt in Anbetracht all dieses politischen Geredes und der angespannten Situation. "Helvetius, ich werde nun nach Hause gehen. Ich habe mich schon wieder viel zu sehr in Rage geredet, aber es war mir eine Freude dich kennenzulernen. Auf das wir schon bald auf gegenseitige Unterstützung bauen können. Bis morgen!"

    Lepidus schmunzelte. Das klang ja fast wie Ehrenhaftigkeit, vielleicht wie Gewissen? Zu amüsant, dachte sich der Tiberier nur. "Ha, du scheinst ja ein edler Geist zu sein. Nein, Helvetius, du brauchst dir nun wirklich keine Gedanken machen. Wer zieht denn hier einen Nutzen? Wir gleichen doch nur das aus, was uns durch den Bürgerkrieg an Umständen entstanden ist, nicht wahr? Außerdem geht es doch auch nicht darum nur irgendeinen Vorteil zu erzielen, sondern uns vor allem vom Vescularier zu distanzieren und somit nichts weiter als die Wahrheit zu sprechen. Da solltest du dir im Übrigen mehr Gedanken machen als ich", Lepidus machte eine kleine Pause, um die Aussage etwas geheimnisvoller zu machen. "Ganz recht, denn ich bin allein schon von Standeswegen gar nicht im Verdacht dem Vescularier unterwürfig geworden zu sein. Du selbst solltest das vielleicht aber noch einmal unterstreichen." Der Tiberier dachte einen Augenblick nach. "Vielleicht sollte ich dich ja zu den Salutationes begleiten? Vielleicht könnte ich der ganzen Angelegenheit dadurch noch mehr Nachdruck verleihen." Lepidus hasste zwar das frühe Aufstehen, aber wenn es dem Zweck diente, würde er sich auch dazu herablassen.

    "In der Tat, die gute alte Giftmischerei ist doch auch nur die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln." Der Tiberier lachte herzhaft. "Vielen Dank für deine Besserungswünsche, ich werde sie ausrichten... zumindest, wenn er wieder bei einigem klaren Verstand sein sollte. Im Moment glaube ich nicht, dass er viel hören kann." Ja, armer Dolabella. Zu diesem Zeitpunkt wusste Lepidus auch noch nicht, dass sein Verwandter schon bald wieder einigermaßen in Ordnung sein würde. Über das prinzipielle Interesse des Helvetiers freut er sich. Gut, dass der Mann nicht auf den Kopf gefallen war. Aber den Umweg über den Patron musste er wohl gehen... irgendwie. "Ja, selbstverständlich. Mit dem Purgitier bin ich fast verwandtschaftlich verbunden, wie ich erwähnte." Wir hatten zwar zu Beginn des Gesprächs bereits einmal darüber gesprochen, doch auch der Tiberier konnte sich manchmal an die ein oder anderen Details am Ende eines Gespräches nicht mehr so gut erinnern. "Du solltest dich so schnell wie möglich mit ihm in Verbindung setzten. Der Purgitier ist meiner Ansicht nach ein Pragmatiker, er wird die Situation ebenso einschätzen wie wir... wobei er aber auch manchmal zu neutral ist. Es wird wohl deine Aufgabe als guter Klient sein, ihm den richtigen Weg zu zeigen, denn wenn dieser Krieg vorbei ist, müssen wir deutlich gemacht haben, wo wir stehen, ansonsten werden wir kaum eine angemessene Zukunft haben." Der Tiberier heckte gedanklich schon wieder die lustigsten Pläne aus. Wenn alles glatt ging und er noch ein paar Unterstützer fand, würde sich sicher alles zu ihren Gunsten regeln lassen.

    Eine wirklich interessante Frage, dachte sich Lepidus, der so richtig nichts über Palmas Familie wusste. "Hmm... Erben von Palma? Ich weiß lediglich, dass er nicht mehr allzu jung ist, da könnte man eigentlich davon ausgehen, dass er in seinem Leben schon das ein oder andere Kind in die Welt gesetzt hat. Aber sicher weiß ich das nicht. Zur not müsste er wohl jemanden adoptieren und zum Erben ernennen." Da sprach der Tiberier schon, als wäre Palma schon längst in Rom und würde herrschen, doch inzwischen hatten sich ohnehin die letzten Zweifel aufgelöst, so dass sich Lepidus relativ sicher sein konnte, hier keinen verkappten Anhänger des Vescularius vor sich zu haben.


    So umfangreich wollte er eigentlich nicht wissen, was seine Militärverwandten denn nun noch so alles im Leben vor sich hatten. Aber es war ganz nett mit anzuhören. "Wohl wahr, als Aquarius sicherst du ja ohnehin nur die Versorgung der Bevölkerung und die kann doch am allerwenigsten für das derzeitige Machtgezänke. Von daher bleibt wohl nicht viel zu beanstanden. Ich selbst habe keine engeren Verwandten, die meine Anwesenheit in Rom beklagen könnten. Ein Cousin und eine Cousine, die nicht mehr aufzufinden sind, einen toten ehrbaren Mann und einen Tiberier, der sabernd und Krank in meiner Villa ruht. Keine sehr schönen Aussichten, aber um zum Kern deiner Frage zu kommen: Ich wollte einfach nicht alles, was sich meine Familie in vielen Jahren hier in Rom aufgebaut hatte, zurücklassen und letztlich der Zerstörung preisgeben. Unser Besitz und unser Anwesen brauchte jemanden, der die Aasgeier fernhielt. Es war ein Risiko und ich hätte genauso gut in Sippenhaft genommen werden können, doch das war zum Glück nicht der Fall, auch wenn ich es in meiner Zeit hier in Rom wahrlich nicht einfach hatte." Man konnte sich ja sicher denken, welche sozialen Konsequenzen es hatte, den Ruf zu haben aus einer Familie von Verrätern zu stammen. Das hatte Lepidus auch wahrlich das ein oder andere Mal sehr gequält.


    Der Tiberier sprach etwas leiser: "Ich glaube, du bist ein Mann, der weiß, wo seine Loyalität liegt oder sagen wir zumindest: wo diese nicht liegt. Es steht überall an den Wänden geschrieben und ich bin geneigt es zu glauben: Mit der Herrschaft Salinators wird es bald vorbei sein und für diesen Tag müssen wir uns vorbereiten. Wir sollten uns vielleicht Gedanken machen, wie wir die Neuankömmlinge am besten empfangen können, bzw. wie wir uns ihre Gunst erwerben können. Du bist sicher Realist genug das einzusehen, nicht wahr?" Eine Kooperation für den Anbruch der neuen Zeit hätte sicher seine Vorteile, ging es dem Tiberier wiedereinmal verschlagen durch den Kopf.

    "Welcher Römer ist das schon?" witzelte Lepidus "Sind wir doch ein Volk von Handelnden. Der viele Müßiggang tut uns nicht gut." Der Tiberier erhob seinen schwerfälligen Körper und begann sich langsam in Bewegung zu setzen, stets vorsichtig, denn er konnte sich noch gut an einen Besuch in den Thermen erinnern, wo er ausrutschte und um ein Haar böse gestürzt wäre. "Eigentlich weiß ich darüber überhaupt nichts, weil meinerseits wiederum nur eine Spekulation ist. Tod oder nicht, das sind nur Sachen, die man vermuten kann, das einzige, was ich weiß, ist, dass er zumindest mal gelebt hat." Wirklich sinnvolles konnte er zu diesem Thema tatsächlich nicht sagen, da hatte er sich wohl schlicht zum Small-Talk verleiten lassen, der dann auch alles andere als gehaltvoll war. "Aber lass uns doch nicht über so etwas gehaltloses sprechen. Wir alle müssen der realen Situation ins Auge sehen und da gibt es eben nur einen Vescularier und einen Cornelier, die Zeit der Ulpier scheint wahrlich vorbei zu sein, so sehr man sich auch an die Vergangenheit klammern möchte. Mich interessiert vielmehr wie du einen gewissen, sagen wir mal, Familienkonflikt auflöst. Ist nicht die Secunda, wo einer deiner Verwandten dient, eine germanische Legion und sind diese nicht auf Seiten der 'Rebellen'?" Von der anderen Legion, die ihm Varus zuvor nannte, wusste er nicht, wo die einzuordnen war. Lepidus war auch alles andere als ein militärischer Kenner, aber das mit der Secunda, das war ihm doch gerade noch so bewusst. "Meinst du dein Vetter nimmt es dir nicht übel, dass du so seelenruhig in Rom weilst und für den Vescularier die Wasserverwaltung in Gang hältst?" Vielleicht taten sich dort ja gewisse Familienzwistigkeiten auf. Fast ein genauso guter Tratsch, wie über hypothetisch tote oder lebende Ulpier zu sprechen, wie der Tiberier schmunzelnd für sich feststellte.

    Wenn jemand in den letzten Tagen frohen Muttes durch die Tempelanlage wanderte, dann war es wohl der Tiberier. Natürlich alles hinter vorgehaltener Hand, denn er wusste von einigen seiner Aedituus-Kollegen, dass Sie durchaus treue Befürworter Salinators waren und durch die neuesten Nachrichten eher in eine trübe Stimmung versetzt wurden. Wohlverständlich, denn die meisten Aeditui waren doch eher kleinere Leute, ohne großen Standeshintergrund. Da war der Plebejer Salinator natürlich so etwas wie ein wahrer Volksfreund, ganz anders natürlich Lepidus, der durch seinen Patrizier-Status ohnehin eine etwas gesonderte Stellung unter den Aeditui einnahm und sich unter dem Vescularier wohl nie ausrechnen konnte, eine höhere Position einzunehmen. Seine einstige Bewerbung für das Collegium Pontificum blieb unbeantwortet. Bis heute hatte er nicht erfahren, was daraus geworden ist. Wahrscheinlich hat man das Schreiben einfach entsorgt, hinweg geworfen oder gleich gänzlich verbrannt, aber darüber würde er wohl für immer im unklaren bleiben. Es wäre wohl auch zu viel des Guten gewesen, einen Tiberier eine solche Position zu geben, auch wenn sich Lepidus wirklich Mühe gab, seine Loyalität vorzutäuschen. Doch das alles war vergebens, nun sollte der Vescularier ersticken und damit auch endlich die Fesseln von Lepidus aufbrechen, von denen sich Lepidus über all die Zeit, seit Salinator Kaiser war, festgehalten fühlte.


    Wenn er durch den Tempel spazierte, dann dankte er flüsternd der göttlichen Trias. Minerva hatte ihre Kriegslist an die wahren Herren Roms vergeben. Iuno hatte ihre schützende Hand geliehen und Iuppiter, ja, Iuppiter hatte hatte wohl ohnehin den größten aller Pläne und führte die edelsten und tugendhaftesten Römer zum Sieg. Während er noch so freudig vor dem Antlitz des höchsten aller Götter stand, kam auch schon ein anderer Aedituus zu ihm, mit dem er jetzt schon lange im Tempel gedient hatte. Völlig außer Atem war der doch etwas ältere Mann, der gerade von draußen kam. "Tiberius, du glaubst es nicht!... Die Rebellen... Sie sind da! Sie stehen vor Rom!" Der alte hechelte und keuchte. Er war in höchstem Maße aufgerecht, doch an welchem Ort hätte man wohl besser von dieser Nachricht erfahren können, wenn nicht hier vor den Augen der Götter? "Sei ganz unbesorgt, mein Freund... es ist jetzt bald vorbei." Und er lächelte.

    "Mut und Ehre sind nutzlos, wenn sie Klugheit und Einsicht ersetzen", antwortete der Tiberier, der in gewisser Hinsicht die Entschlossenheit dieser Dame würdigte. In der Tat stand sie wohl auch nur für das, was sie für richtig hielt, auch wenn es kaum Mut erforderte ein teuer Anhänger Salinators zu sein und es sich Rom gut gehen zu lassen, während man als Patrizier in der Höhle des Löwen hausen musste, stetig Acht gebend, dass dieser Löwe einen nicht fraß.


    Gerade wollte der Tiberier schon gehen, er blickte sich schon um, doch dann wandte er sich wieder dem Angesichte Diadematas zu und sprach mit ruhiger und eindringlicher Stimme. "Wenn die Truppen in Rom einfallen sollten, dann harre zuhause aus, bis alles vorbei ist. Wage dich nicht hinaus, hab Acht und sei geduldig. Wenn dieser Krieg vorbei ist, wird Rom ehrenhafte Bürgerinnen brauchen." Anschließend wandte sich der Tiberier sicheren Schrittes um, tauschte mit seinen Freunden ein paar Blicke aus, auf das sie in der Menge entschwanden, selbstverständlich den Rekrutierungsstellen ausweichend. Wer sich jetzt, wo das Ende nahte, noch abschlachten ließ, der war wohl selbst schuld und die Unterwelt würde ihn freudig erwarten.


    Im Grunde wusste Lepidus selbst nicht, warum er dieser Frau zum Schluss noch das Leben wünschte, denn eigentlich war sie doch nur eine sture Anhängerin dieser dicken Witzfigur, die sich zum Kaiser erhoben hatte. Aber am Ende des Krieges musste die Clementia die gespaltenen Römer wieder zusammenführen. Um ihre Leben mussten sie sich aber sicher nur geringfügigere Gedanken machen als es die Worte von Lepidus suggerierten, denn die Zivilbevölkerung würde doch sicher nur am Rande zu Schaden kommen, zumindest war das die Hoffnung des Tiberiers, allein schon aus eigenem Interessen.

    Wie? Was? Der Helvetier kannte die Geschichte? Das waren zumindest seine ersten fragendne Gedanken, aufgrund der lässigen Reaktion. Das machte Lepidus erst einmal große Augen. Doch es hätte ihn im Grunde auch nicht verwundert, wenn seine Informationsquelle sehr freizügig mit derlei Angelegenheiten umging und dieser Mangel an Exklusivität war für den Tiberier dann schon fast wieder eine Anmaßung eben jener Informationsquelle. Doch wie dem auch sei, schon mit den nächsten Aussprüchen schien dieser Varus zu bekunden, doch nicht so ganz auf dem Laufenden zu sein. Aber erst einmal musste er noch einmal ein Loblied auf Iulianus singen. "Ein großartiger Kaiser war Iulianus in der Tat. Wusstest du, dass jener Iulianus meine Gens adelte? Allein dadurch sind wir Tiberia ihm bis ins letzte verbunden gewesen und natürlich auch seiner gesamten Familie. Kein wunder, dass solche Gerüchte, wie die über dessen Bruder doch ein wenig Anklang bei mir finden. Schließlich ist es so etwas wie eine stille Hoffnung, dass diese Gens, die so großartige Männer hervorbrachte, doch noch nicht am Ende ist. Aber ich kann dir im Grunde gar nicht viel mehr erzählen. Das ist fast alles, was ich weiß. Aber man wird sich über die möglichen Folgen ja schnell im Klaren sein: Dieser Probus - so war sein Name - hätte zweifellos einen Anspruch auf die Kaiserwürde gehabt." Noch jemand, der sich darum prügeln konnte. "Doch nach allem, was passiert ist, muss man wohl davon ausgehen, dass er tatsächlich einfach tot ist und es nur nicht so richtig verkündigt wurde... aus welchen Gründen auch immer." Ein wenig Resignation schwang in der Stimme des Lepidus mit. Gleichzeitig musste er sich etwas strecken, denn inzwischen tat ihm seine derzeitige Sitzhaltung nicht mehr allzu wohl. "Sag, wollen wir uns nicht für einen Moment erheben und etwas gehen? Vielleicht ins nächste Bad? Meine Beine brauchen etwas Bewegung... manchmal ist es doch zu viel des Müßiggangs..."

    Ein Theaterstück erster Güte war dies alles hier, so hatte der Tiberier zumindest den Eindruck. Nach dem ganzen Jubel hätte man denken können, hier stünde jeder Römer wie ein Wand hinter dem Vescularier. Doch was, wenn die Fassade erst einmal bröckelte? Würde man für diesen unehrenhaften Kauz bis in den Tod gehen? Doch die überzeugten Anhänger waren dem Tiberier ganz nahe, allen voran diese Frauenzimmer, welches fast ebenso pathetische Ausrufe tätigen konnte, wie der Kaiser selbst. Möglich, dass ein Herrscher auf sein Volk abfärbte, je länger er an der Macht war. Bedauerlich, dass so viele diesem Einfluss ausgesetzt waren. Wäre er nicht gerade ein Patrizier gewesen mit festem familiären Verschwörungshintergrund, es wäre ihm wohl nicht anders ergangen. Doch so musste er reichlich schmunzeln über diesen naiven Ausspruch. Erst blickte er sie nur für einen Augenblick an, dann ließ er seinen Blick wieder zu Salinator schweifen, er lächelte und blickte ihr dann wieder in die Augen, als wäre er irgendein weiser Philosoph. "Gelacht wär es allerdings, ich befürchte er muss fürs erste nicht einmal einen Fuß hineinsetzen, aber die vielen Füße, die unter ihm dienen, draußen zu halten, ja, das ist leider schon ein wenig komplizierter, so bedauerlich das auch sein mag." Er machte eine ironische Trauermine, bevor er unweigerlich anfangen musste leicht zu lachen. Als dann auch noch jemand zu ihnen trat, der sich als Helvetius Commodus ausgab, hatte er auch schon einen perfekten Aufhänger. "Aber ich sollte wahrlich nicht so pessimistisch sein, nein, bei den Göttern! Sieh hier, edle Dame, hier haben wir doch sicher einen jener tapferen Männer von denen du gesprochen hast. Sicher wird er deine Zuversicht bestätigen, indem er sich bestimmt freiwillig meldet und den Cohortes Urbanae beitritt, die doch gerade schon so händeringend nach mutigen Kämpfern suchen. Nein, ich glaube nun keineswegs mehr, dass noch irgendein Grund zur Sorge besteht." Wäre schon sehr lustig, wenn sich der Mann nach der Provokation jetzt tatsächlich zum Dienst an der Waffe melden würde oder andererseits der blonden Unbekannten einen ersten Dämpfer bezüglich ihres Optimismus und ihres Glaubens an die tapferen Männer Roms versetzen musste. Für die böse Ader des Lepidus eine glatte Win-Win-Situation, da er an beiden Szenarios seinen Spaß haben würde. Er hatte den Mann allerdings nicht einmal richtig angesehen, als er das sagte, stattdessen gab er seinen Leuten ein Handzeichen, dass sie sich schon einmal bei ihm sammeln sollten, schließlich hatte der Tiberier nicht vor hier noch allzu lange stehenzubleiben. Der amüsanteste Teil war immerhin schon längst gelaufen, und er rechnete keineswegs mit einer Zugabe.

    Lepidus hatte sich mit einem kleinen Anhang ebenfalls eingefunden. Als er von Volksbewaffnung hörte, wollte er seinen Ohren nicht trauen und konnte sich gleichsam kaum retten vor wohliger Freude. Ja, es stand ernst um den Vescularier, lange konnte es nicht mehr dauern.


    Sie reihten sich in die Menschenmenge und begutachteten das Schauspiel, sozusagen den letzten Akt. Kurz bevor es loszugehen schien, hörte er eine Frauenstimme, die von seiner Seite kam und nach dem Kaiser fragte. Lepidus blickte auf das blonde Geschöpf, welches sich (ihre Neugier sehr offensichtlich zur Schau stellend) auf die Zehenspitzen stellte. Lepidus lachte ein wenig, aber nur sehr genügsam, sowohl über die Frage, als auch über die Zehenspitzen. "Der Dicke kommt gleich", ließ er als Antwort folgen, was ein dezentes Kichern durch seine mitgebrachten Freunde und einem Sklaven zu vernehmen war, er hatte es natürlich bevorzugt, sich mit Leuten zu umgeben, die etwas kaiserkritischer waren. Wer auch sonst hätte sich mit dem Tiberier abgegeben. Seine Augen richteten sich wieder auf den Ort des Geschehens. Der eben noch als wohlbeleibt betitelte ließ sich tatsächlich sehen.


    Was für eine lange Rede, triefend vor Pathos und und alles beschönigend, was eigentlich nur eines bedeutete: Den Untergang. Lepidus klatschte während der gesamten Rede kein einziges Mal. Ein paar seiner Mitbringsel taten es vereinzelt, aber wohl mehr um den guten Anschein zu wahren. Doch den Tiberier kümmert es derzeit wenig. Ganz im Gegenteil. Jetzt, wo er wusste oder zumindest fest davon überzeugt war, dass die Tage dieses falschen Kaisers gezählt waren, wurde er immer offener und scheute sich kaum noch seine wahre Meinung über den Vescularier zu offenbaren. Wie sehr er sich Mühe gab, sein Ende hinauszuzögern, er konnte dem unausweichlichen nicht entkommen. In normaler Stimme, fast verborgen unter dem ganzen Jubel, sprach er vor sich hin: "Ganz recht, nur Tage und Wochen... und dein Ende naht."

    "Ach", wank der Tiberier ab. "Nur der übliche Tratsch, wie das so ist. Es gibt da diesen und jenen, ja, die Menschen sind bekanntlich sehr einfallsreich, die behaupten, dass der gute Valerian doch tatsächlich noch einen guten Onkel hatte, also letztlich den Bruder des früheren - und wenn ich das auch sagen darf - großartigen Kaiser Iulianus. Ja, dieser Bruder war ein stilles gemüt, niemand wusste so recht, was er machte, aber existiert hat er wohl, nur wann er gestorben sein soll, das weiß man nicht. Doch wer hätte auch schon Interesse das herauszufinden? Salinator nicht und Palma auch nicht. Vielleicht liegt hierin die ganze Tragödie. Doch, wie gesagt, nur Gerüchte. Die Menschen lieben ihre Gerüchte." Der Tiberier erinnert sich noch gut, wie interessant er die Geschichte fand, als er sie zum ersten Mal hörte, doch letztlich war es mehr heiße Luft und am Ende konnte man mit diesen Informationen auch nicht viel anfangen, aber zur Unterhaltung taugte soetwas alle mal. "Ich hoffe, ich habe dir nicht allzu viele Hoffnungen gemacht." Aber davon war im Grunde nicht auszugehen. Sehr naiv schien ihm der Helvetier eigentlich nicht.