Beiträge von Lucius Tiberius Lepidus

    Lepidus hörte sich alles ruhig an und kam zu dem Ergebnis, dass es nun deutlich stimmiger war. "Ich denke nun ist es akzeptabel." Ein Nicken bekräftigte dies. Der Tiberier ließ seinen Blick über die Satzung streifen, in Gedanken bereits die neuen Punkte bedenkend. "Ih habe persönlich kein Anliegen mehr. Besteht für euch noch Änderungsbedarf?"

    Der Tiberier hatte in den Fragen des Macer tatsächlich so etwas wie eine versteckte Aufforderungen hineininterpretiert. Vielleicht nahm er auch einfach an, dass Macer ohnehin schon alles wissen müsste und es demzufolge nur so gemeint sein konnte, als ernsthafte Fragen ist ihm das überhaupt nicht in den Sinn gekommen, weshalb er dann auch ein erleuchtetes: "Achso" von sich gab. "Auch wenn ich noch lange nicht in einer Position bin, wo ich die Kriterien oder Qualifizierungen für höhere Priesterämter überblicken könnte, aber in der Tat ist es sicherlich von Vorteil, wenn man nicht nur etwas vom Ritus versteht, denn in der Vergangenheit gab es ja immer wieder Personen, die sich beispielsweise politisch als auch religiös hervortaten." Das eine ohne das andere fand Lepidus auch sogar nicht unbedingt förderlich. "Allerdings ist hier wohl die Frage, ob ein religiöses Engagement beim Aufstieg in der Politik hilft oder ob es umgekehrt ist. Sicherlich besteht ein gewisses Wechselverhältnis und sicher könnte ich mir vorstellen, dass politische Leistung Einfluss auf die Besetzung von Priesterämtern hat, dass womöglich manche Kandidaten ganz im Sinne oder Wunsche verschiedener Politiker ausgewählt werden. Aber wirklich stichhaltiges kann ich dazu auch kaum sagen. Meine Meinung wäre maximal, dass die politische Karriere mehr auf das religiöse Engagement angewiesen ist, als der religiöse Bereich auf die Politik. Aber da würdest du mir wahrscheinlich widersprechen wollen, weil du selbst es allem Anschein nach ohne ein religiöses Amt bis nach ganz oben geschafft hast?" Macer war da vielleicht tatsächlich so etwas wie das passende Gegenbeispiel. "Aber wichtiger als dieses und jene Engagement scheint mir dann doch letztlich die Standesangehörigkeit zu sein. Viele Ämter sind Angehörigen des Ordo Senatorius vorbehalten, andere sind gar nur von Patriziern wie meiner Wenigkeit auszufüllen", gab der Tiberier noch zu bedenken. "Gut möglich, dass es hier und da sogar derzeit zu Schwierigkeiten bei der Besetzung von wichtigen Priesterämtern gekommen ist, da doch viele Patrizier die Stadt verlassen haben und der Kreis der Kandidaten sehr geschwunden ist."

    Dass Purgitius auch nicht weiter auf den Tod Albinas einging, beruhigte Lepidus. Es war einfach ein zu schöner Markttag, um über derlei Dinge zu sprechen. Er nahm die Worte des Licinius jedoch dankbar zur Kenntnis. "Durchaus, schwere Zeiten lassen die Bürger in großer Masse in die Tempel strömen.", beantwortete der Tiberier fürs erste die Frage nach seiner Auslastung. "Auf dem Capitol haben wir deshalb schon einiges an Arbeit zu verrichten. Sicher tun die Menschen gut daran, denn nur der Einklang mit den Göttern kann uns letztlich Frieden bringen. Möge er auch hoffentlich bald kommen."


    "Wohl wahr, der Senator Macer sähe es sicherlich auch gern, wenn du sobald wie möglich eine verantwortungsvolle Position einnimmst. In der Tat ist es auch derzeit nicht ganz einfach große Pläne zu verfolgen. Vielleicht ist ein kleiner unauffälliger Posten derzeit sogar die bessere Wahl, obwohl ich natürlich deine Bedenken verstehen kann, da du einen so herausragenden Verwandten hast. Die Zukunft ist schlicht ungewiss, aber ich bin mir sicher, dass dich dein Cousin gut beraten wird. Mir hat er nach meiner Ankunft in Rom ebenfalls sehr gut geholfen, auch wenn damals mein Einstieg als Aedituus nicht absehbar war. Ursprünglich wollte ich in die städtische Verwaltung gehen, aber es war wohl eine Art religiöser Moment, der mich darauf brachte fortan den Göttern zu dienen. Es war eine Art Eingebung, pures göttliches Schicksal, welches mich auf diesen Weg brachte." Ja, wenn Lepidus daran dachte, dass er es zu Beginn nie in Erwägung zog, ein Diener der Götter zu werden und jetzt mitten drin streckte und gleichsam wie dafür gemacht zu sein schien, dann konnten wirklich nur die Götter höchstpersönlich ihre Finger im Spiel haben. "Vielleicht wird auch dich eine Eingebung zu einem geeigneten Amt führen, wer weiß? Im Übrigen scheinst du ja durch deine Ausbildung ohnehin gut qualifiziert zu sein. Das schließe ich zumindest aus deinem Aufenthalt in Achaia, wo ich übrigens selbst für einige Jahre lebte, in Korinth um genau zu sein. Ist es dir schwer gefallen dieses schöne Land zu verlassen oder hast du dich förmlich nach Rom gesehnt, weshalb dies überhaupt keine Rolle spielte?" Dem Tiberier fiel nur sein schönes Leben ein, welches er in Griechenland führte und er eigentlich nur zurück nach Rom kam, weil es um seine Familie so schlecht stand. Ganz im Gegenteil zu vielen anderen (besonders Patriziern), kehrte er Rom nicht den Rücken, sondern steuerte direkt darauf zu, die Gefahr kaum beachtend, die ihm in Anbetracht seiner Familiengeschichte drohte. Ein großes Maß an Naivität gehörte zweifellos auch dazu.

    Auch Lepidus hatte sich an jenem Tage auf dem Marsfelde eingefunden, freilich diesmal nicht in einer kultischen Angelegenheit (oder zumindest nicht direkt), sondern zum einen, um den Abmarsch der Praetorianer zu betrachten, andererseits auch um einige Mitglieder des Collegium Pontificum im Einsatz zu sehen. Denn ein guter Priester wurde wohl nur, wer sich stetig übte und gleichsam durch Anschauung von den bereits Erfahrenen lernte. Der Rede des Praetorianer-Präfekten hörte er dagegen nur mit einem Ohr zu "Blabla... Kaisermörder Palma, BlaBla... Patrizische Tyrannei." Wohl eher die reinste Phrasendrescherei. Ein Tiberier konnte diese Rede wohl nicht anders wahrnehmen.


    Nun erblickte Lepidus auch schon einen alten Bekannten, Duilius Verius. Jener, mit dem er einst dieses interessante Bewerbungsgespräch für den Posten des Aedituus führte. Er hatte sich immer schon gefragt, ob dieser Duilius irgendwie mit Gaius Duilius verwandt war. Lange hatte man ja nichts mehr von der Gens Duilia gehört, aber die Kaiserschaft des Salinator hatte zweifellos so manchen Unbekannten nach oben gespült. Wie es seit neuestem die Angewohnheit des Lepidus war, seit er den Iuppiter-Tempel auf dem Capitol pflegte, begann er auch gleich mit dem Spekulieren um die richtige Wahl der Opfertiere. Drei Stiere für Mars, drei Ochsen für Iuppiter und drei Kühe für Fortuna. Es war in jedem Fall wohl logisch, dass diese Gottheiten gewählt wurden, allerdings wunderte sich der Tiberier, dass es bei der Opferung zunehmend nur noch um bloße Zahlen von Opfertieren ging. Für Mars hätte man doch z.B. durchaus Suovetaurilia opfern können, welche mit eines der besten Opfer für Mars waren, auch und besonders beim Auszug von Truppen auf einen Feldzug, wenn die Suovetaurilia-Opferung auch zu vielerlei Zwecken Anwendung fand. Diese Kreativität hätte der Kriegsgott sicher nicht schlecht gefunden. Stattdessen einfach nur drei Stiere. Die Frage war natürlich, was wohl mehr wert war. Wogen die Götter die Tiere, die ihnen geopfert wurden immer ganz genau ab? Ein Schwein war zweifellos nicht ganz so eindrucksvoll wie ein Stier, aber als Suovetaurilia dann vielleicht doch mehr als drei Stiere? Vielleicht war es aber auch von der Organisation leichter: Drei davon, drei davon, drei davon, da gab es keine Schwierigkeiten. Dazu noch zwei andere Tierarten heranzuschaffen, machte es wohl nur komplizierter. Aber vielleicht hätte Mars ja auch diese Umstände, die man ihm macht, wertgeschätzt? Wer wusste schon, wie die Götter dachten und zur Not waren da ja noch Iuppiter und Fortuna.


    Lepidus nutzt die Stille die nach und zwischen der Rede des Duilius Verius einsetzte und nur durch das Flötenspiel gebrochen wurde, um ein wenig in sich zu kehren. Ansonsten achtete er stets auf den Opferungsprozess und wie dieser geleitet wurde. Zweifellos ein gutes Anschauungsmaterial für den jungen Aedituus.

    Vor der Villa Rustica hatten sich bereits diverse Sänften und ein paar Pferde gesammelt. Der Tiberier hatte sich einmal mehr Zeit gelassen, um auf einer Festivität zu erscheinen, schließlich hatten den besten Auftritt immer diejenigen, die zu spät kamen - eine alte Lehre, schon seit Generationen in der Gens Tiberia weitergegeben... Überhaupt stellte der Tiberier fest, dass es das erste Mal seit langem war, dass er Rom verlassen hatte. Schließlich hasste er es zu Reisen, aber Ostia hatte zum Glück noch eine halbwegs erträgliche Entfernung und für Dives konnte man diese Strapazen schon einmal über sich ergehen lassen.


    Üblicherweise trug der Tiberier an diesem Tage eine Tunika und darüber hinaus die allgemeine bürgerliche weiße Toga. Des Weiteren zierten die Füße des Lepidus zwei nett gestaltete Calcei, deren Oberleder jedoch nicht in roter Farbe, wie bei höhergestellten Patriziern, sondern in einem einfachen ledernden Braun gehalten waren. Nicht verzichtete der Tiberier jedoch auf seinen am Knöchel befindlichen Halbmond aus Elfenbein, was ihn wohl klar als einen Patrizier identifizierte. Überhaupt dachte sich Lepidus, noch bevor er eintraf, dass er möglicherweise der einzige seines Standes auf jener Festivität sein würde. Patrizier gab es in der Nähe von Rom wirklich nur noch vereinzelt und diese hüteten sich auch gern in jenen Tagen davor das Haus zu verlassen.


    Als Lepidus von den Ianitores hindurch gelassen wurde, konnte auch er einen Blick auf das sagenhaft schöne, mit aller Mühe vorbereitete und sicher auch ohne Kosten scheuend gestaltete, Atrium bewundern. Dementsprechend würdigte er dies auch mit einem spontanen Ausspruch: "Ganz nett..." Als eine der Sklavinnen dann mit einem Efeukranz auf ihn zuschritt und ihn dazu nötigen wollte, diesen aufzusetzen, streifte er ihn von sich. "Erst einmal nicht, danke", wies er die Sklavin ab, die sich dann, scheinbar etwas deprimiert und gekränkt, dem nächsten Gast widmete, was die Stimmung des Tiberiers aus irgendeinem Grund merklich anhob.


    Den Iulier hatte der Tiberier dann auch recht schnell erspäht. Die smaragdgrüne Toga war schon irgendwie ein echter Hingucker. Dives war wohl gerade fleißig mit der Begrüßung seiner Gäste beschäftigt, weshalb Lepidus wartete bis er an der Reihe war und hoffte, dass der Duumvir ihn dann gleich mit dem ein oder anderen Bekannt machen würde. In Ostia, von wo wohl die meisten der Anwesenden stammten, kannte er ohnehin kaum jemanden.

    Auch die Allgemeinplätze hatten ja zum Glück manchmal etwas Charmantes an sich. Von Tatkraft und Ehre zu sprechen, hatte zumindest immer etwas für sich. "Nun, ich denke ich mache schon so dies und das nebenbei. Da wäre einerseits mein Engagement für die Societas Claudiana et Iuliana, aber das fällt sicher auch einseitig in den religiösen Bereich. Zum anderen gab es dann ja zuvor noch mein Tirocinium Fori bei Octavius Victor, auch wenn dieses etwas glücklos war.", wie der Tiberier letztlich zugeben musste. "Achja, und ich warte derzeit auf mein Ergebnis für den Cursus Iuris an der Schola Atheniensis. Ich dachte mir, es könnte nicht schaden sich in Zukunft eventuell als Advocatus hervorzutun." Etwas verunsichert über die Worte von Macer, fügte er dann letztlich noch an: "Denkst du das ist vielleicht noch nicht ausreichend? Sollte ich vielleicht noch mehr unternehmen?" Lepidus hatte wirklich keine Ahnung, ob sein Zeitmanagement unbedingt das Beste war und ob es nicht auch Römer gab, die ihren Tag noch deutlich besser nutzen konnten als er. Für den Müßiggang war schließlich auch der Tiberier letztlich sehr anfällig.

    "Nun, ich hielt 'ehrenhafter Bürger' mehr für eine nette Phrase. Sie kann durchaus stehenbleiben, ohne dass es wirkliche Konsequenzen hätte.", gab er kurz zu Protokoll für den Punkt V. "Verstehe ich dich also richtig, dass derartige 'Sonderfälle' auf Antrag des Magisters oder seines Stellvertreters vor der Mitgliederversammlung besprochen und abgestimmt werden sollen?" Er fasst nur noch einmal zusammen, so wie er dachte, dass er es verstanden hatte. "Sollte dann im Punkt VI geschrieben stehen: 'Ein Sodalis kann aus der SOCIETAS CLAUDIANA ET IULIANA wieder ausgeschlossen werden, wenn er sich ungebührlich verhält. Der Antrag zum Ausschluss muss vom Magister oder in dessen Abwesenheit von seinem Stellvertreter auf der Mitgliederversammlung gestellt werden, welche über den Ausschluss entscheidet.'. Ähnliches dann für den Punkt V: 'Sodalis der SOCIETAS CLAUDIANA ET IULIANA kann jeder ehrenhafte römische Bürger werden, dem es ernst um die Ziele des Vereins ist. Über die Aufnahme entscheidet der Magister. Sonderfälle werden auf Antrag des Magisters oder in dessen Abwesenheit von seinem Stellvertreter von der Mitgliederversammlung entschieden.'" Als Lepidus die Sätze unter Mithilfe der alten Satzungsordnung formulierte, fand er das irgendwie noch nicht so wirklich stimmig. "Wenn ich nochmal darüber nachdenke, dann klingt das mit den ehrenhaften Bürgern doch irgendwie komisch, auch 'dem es um die Ziele des Vereins ernst ist' klingt einfach wieder nach einer Sache, die nicht feststellbar ist. Hmm... ich bin mir sehr unschlüssig, ob wir das so lassen sollten", gab er seine Bedenken kund.

    Ja, eine Umbenennung der Societas konnte wahrlich keine Alternative sein. Sagen wir einfach, der Fehler ist "historisch" gewachsen, auch wenn die Absicht des Claudiers schon sehr gerissen war, sollte es denn tatsächlich so sein, wie Tasius es schilderte. So eine gelungene Aktion musste der Tiberier fast schon gut finden. Womöglich würden die Claudier nun auf ewig vor den Iuliern stehen. Das änderte natürlich nichts an den historischen Tatsachen, aber vielleicht durchaus am subjektiven Blick auf jene. "So ist es, blassen wir es bei der derzeitigen Formulierung und verschieben eine mögliche Definition von 'großen Mitgliedern' in die Diskussion um die kultische Regelung.", stimmte nun auch Tiberius mit ein. "Lediglich die Grammatik muss angepasst werden, aber das ist Formsache." Er ließ seinen Blick noch einmal über die Satzung schweifen. "Hmm... über die Punkte IV und V haben wir nun ja bereits ausreichend gesprochen, denke ich. Nagut über V könnte man noch reden, aber ich sehe in Punk VI ein vergleichbares Problem mit dem von eben, was wir dann gleich mit abhandeln können. Hier stört womöglich der Begriff: 'ungebührliches Verhalten'. Das ist ähnlich unpräzise wie 'großen Mitgliedern', wobei es in diesem Fall wohl nicht in ein kultisches Reglement gehört und vielleicht doch schon in der Satzung geklärt werden sollte. Denkt ihr wir sollten Kriterien für ungebührliches Verhalten festlegen oder findet ihr es offensichtlich? Und selbst wenn: Es steht nur, dass das Mitglied ausgeschlossen werden kann, aber von wem? Vom Magister? Von der Mitgliederversammlung? Ich denke ein Magister sollte vielleicht nicht über den Ausschluss entscheiden. Wohl entscheidet dieser über die Aufnahme, was im Sinne des bürokratischen Aufwandes und der häufigen Unstrittigkeit meiner Ansicht nach in Ordnung geht. Damit ein Magister aber nicht einfach ein Mitglied, welches der Magister nicht mag, des ungebührlichen Verhaltens bezichtigen und hinauswerfen kann, sollten vielleicht die Mitglieder als Ganzes in einer Abstimmung entscheiden. Was meint ihr?" Lepidus war in dieser Frage ganz leidenschaftslos, aber umso mehr interessiert, ob die anderen beiden den bisherigen Punkt ebenfalls für schwierig hielten.

    "Purgitius Licinus also, die Freude ist ganz auf meiner Seite. Und ja, selbstverständlich kenne ich Purgitius Macer. Nicht, dass dieser Name nicht ohnehin sehr bekannt ist, so verbindet uns ein verwandtschaftliches Verhältnis... nun oder sagen wir besser: es band uns, denn meine Cousine und gleichsam Macers Ehefrau, Tiberia Albina, ist bekanntlich erst kürzlich verstorben..." Der Tiberier musste kurz schlucken, aber immerhin lag das Ereignis auch schon wieder ein wenig zurück, so dass es auch schon wieder ging. Er fragte sich auch tatsächlich, ob der Tod von Albina etwas am Umgang mit Macer ändern würde. Sicher, bisher hatten sie nur wenige Gespräche miteinander geführt, denn der Tiberier war selbst noch nicht allzu lange in Rom, doch gegenüber Macer konnte er im Schutze der Verwandtschaft doch immer etwas offener reden. Ob dies nun vorbei war? Es würde sich zeigen. "Du kannst die glücklich schätzen einen so geachteten Cousin zu haben. Das öffnet dir sicherlich viele Türen."


    "Ich selbst bin in der Tat auch beruflich auf den Märkten. Ich muss ein paar Sachen für den capitolinischen Iuppiter-Tempel einkaufen, wo ich als Aedituus im Dienste der Götter stehe." Ja, Lepidus stimme wurde immer etwas Stolz, wenn er vom Tempel sprach, weniger wenn es um das Wort Aedituus ging, aber naja, irgendwie war ihm der Posten ja doch ans Herz gewachsen. "Falls du also jemals der göttlichen Trias ein Opfer darbringen möchtest, kannst du dich gern an mich wenden. Ich habe deinem Cousin vor kurzem dasselbe Angebot gemacht. Einen Aedituus zu kennen, verkürzt unnötige Wartezeiten", letzteres sprach der Tiberier mit einem Augenzwinkern. Des Weiteren war es ja nicht nur seine Aufgabe den Tempel zu pflegen, sondern die Bürger auch zum Opfern zu ermuntern, zumindest machte sich das Lepidus zum persönlichen Ziel. "Da du derzeit noch frisch in Rom bist, nehme ich an, du gehst noch keiner festen Tätigkeit nach? Oder hast du schon etwaige Pläne?"

    Macer hatte alles sehr weise organisiert, nur mit dem Verzicht auf den Gang über das Forum war Lepidus im Vorfeld überhaupt nicht zufrieden. Einer Tiberia gebührte die volle Ehre, somit auch eine vollständige Prozession, ließ er gelegentlich verlauten, doch Macer war schließlich ihr Mann und von daher blieb Lepidus nichts andere übrig, als sich seiner Entscheidung zu beugen. Er verstand zwar die politischen Hintergründe, war aber selten Bereit diese Umstände auch zu akzeptieren.


    An der Spitze des Zuges marschierten die Musiker mit ihren Blasinstrumenten. Es waren genau 10 tibicines, wie es auch schon im Zwölftafelgesetz vorgeschrieben stand. Sämtliche Teilnehmer an der Pompa konnten ebenso den süßen stimmen der Klagefrauen lauschen, die die naenia sagen, das Loblied auf die Verstorbene. Es folgten dahinter auch Tänzer und Mimen, doch den wesentlichsten und bedeutendsten Teil des Zuges bildeten zweifellos die Ahnenbilder. Die Wachsmasken, welche die Gens Tiberia in ihrem Atrium aufbewahrte und speziell zu Anlässen der Bestattung hervorholten, wurden geeigneten Personen angelegt, die in diesem Falle engagierte Schauspieler waren. Es war als würden die Ahnen erscheinen, um die Tote in die Unterwelt zu führen.


    Die Verstorbene selbst folgte auf einem hohen Paradebett liegend und war unverdeckt. Die freigelassenen trugen auf ihrem geschorenen Kopf den pileus als Zeichen der Freiheit. Für Albina erwiesen sie nun ihren letzten Dienst. Einige von ihnen schienen ihre neugewonnene Freiheit kaum genießen zu können, hingen sie doch so sehr an ihrer Herrin. Direkt hinter dem Bette der Albina folgte auch Lepidus mit allen anderen, den Freunden, Verwandten und dem übrigen Publikum, welches sich der Pompa anschloss. Der Tiberia hörte Ausbrüche des Schmerzes, nicht wenige konnten ihre Tränen zurückhalten. Viele warfen Blumen, Haarlocken und andere Liebesbezeichnungen auf die Bahre der Toten. Ja, Albina hatte ein paar sehr gute Freunde, die sie über alles schätzten. Auch Lepidus warf eine kleine Blume auf das Totenbett.


    Als die Verbrennungsstätte erreicht wurde, setzten sich die Träger der Ahnenbilder nieder. Die komplette Begleitung stellte sich im Kreis um Macer auf, der nun die die Totenrede halten musste. Lepidus hörte ruhig und aufmerksam zu. Es waren schöne Worte und das Schlucken des Purgitiers, sein Kampf gegen die Tränen, war die entsprechende Untermalung für dieses zutiefst erschütternde Ereignis. Albina wurde den Flammen übergeben, ihr endete nun endgültig ihr Weg auf dieser Welt. Dem Feuer übergab Lepidus zwei Kränze, einmal einen Olivenkranz, der typisch für Minerva war und einen etwas ungewöhnlichen Kranz, der aus Schilf geflochten war. Letzterer war ein Zeichen für Tiberinus. Jene beiden Gottheiten, mit denen die Gens Tiberia aufs engste verbunden waren. Nachdenklich blickte Lepidus in das wärmende Feuer, kaum wissend, was er nun tun sollte oder wie es weiter ging. Wenn in so kurzer Zeit so viele Tiberii diese Welt verlassen mussten, wann war wohl seine eigene Zeit gekommen?

    Wieder schlug der schwere Hammer des göttlichen Schicksals zu... Albina? Wieso Albina?, ging es Lepidus stetig durch den Kopf und diese furchtbare Nachricht hätte für ihn keine schlimmeren Ausmaße annehmen können. Nach all den Strapazen glaube Lepidus stets, es würde wieder aufwärts gehen, doch dies war weit gefehlt und er landete schneller wieder auf dem nun tränengetränkten Boden, als er sich dies hätte vorstellen können. Hatten es Macer und Albina etwas versäumt Iuno um eine gute und schmerzfreie Geburt zu bitten? Waren die Götter denn nicht mit ihnen?


    Nachdem der Leichnam gewaschen und mit Spezereien gesalbt ward, lag sie nun da, vollständig gekleidet in edlem Gewand. Lepidus hatte etwas Schmuck mitgebracht, der die Tote zieren sollte. Man munkelte es wäre noch verbliebener Schmuck der ebenfalls verstorbenen Tiberia Arvinia. Die Reihe der Toten, die die Gens Tiberia zu beklagen hatte, ließ sich fast endlos fortführen. Für Lepidus konnte es an diesem Tage nicht genug Prunk sein, der seine liebe Cousine umgab, ganz wie es eine Tiberia verdiente.


    Da lag sie nun im Atrium, ihre Füße waren, wie es üblich war, der Eingangstür zugewandt und um sie herum wurden Blumen ausgelegt, süße wohlriechende Blumen. Vor ihrer Bahre befanden sich Rauchpfannen, die einen angenehmen Geruch von Weihrauch versprühten. Im Vestibulum des Hauses wurden zum Zeichen der Trauer Zweige von Rottanne und Zypressen angebracht. Lepidus machte sich, während er Albina in ihr lebloses Gesicht sah, große Vorwürfe. Seit seiner Rückkehr nach Rom hatte er sie nicht ein einziges Mal besucht. Es war ja noch Zeit, es war ja noch Zeit, sagte er sich stets und nun war keine Zeit mehr da. Er war mehr mit sich selbst beschäftigt, als dass er sich um seine schwangere Cousine viel gekümmert hätte. Hin und wieder suchte der Blick des Tiberiers den Purgitier, der sich gleichsam über eine Tochter freuen konnte, doch diese Freude konnte Lepidus nur schwerlich teilen. Ein neues Leben begann, wo ein anderes aufhörte. Das war schön, doch es war nichts, was seine Trauer gemindert hätte.

    "Nun, es gibt viel zu tun im Dienste der Götter", war seine recht einfache Antwort. Er freute sich aber sehr, dass sich jemand nach seiner Arbeit als Aedituus erkundigte. "Über zu wenig Arbeit kann ich mich im Grunde nicht beklagen, nur manchmal wünschte ich mir natürlich verantwortungsvollere Aufgaben zu übernehmen." Dies konnte er ruhig zugeben. Ein Mann seines Standes auf dem Posten eines Aedituus war schließlich eher eine Seltenheit, auch wenn er natürlich Stolz war im bedeutungsvollsten aller Tempel seinen Dienst zu vollführen. "Ich hoffe, dass meine Arbeit irgendwann Aufmerksamkeit erregt. Am schönsten wäre es zum Pontifex Minor ernannt zu werden, aber bis dahin mag wohl noch etwas Zeit vergehen. Als ich das Vergnügen hatte mit einem Vertreter des Collegium Pontificium über meine Ernennung zum Aedituus zu sprechen, spürte ich, nunja, einige Vorbehalte gegenüber meinem Namen..." Ja, die Last, die Durus Tat ihm aufbürdete erwies sich immer wieder als ein Hindernis, auch wenn der Tiberier spürte, dass es in letzter Zeit doch etwas weniger geworden ist. Er wurde nicht mehr ganz so häufig damit konfrontiert, wie noch zu früheren Zeiten.

    Zur Verbesserung der Grammatik im vorherigen Puinkt gab Lepidus mit einem Nicken seinen Segen und stieg erst danach wieder, ganz ohne einen Aufstand zu proben, in das nächste Thema ein. "Die Änderung in iulisch-claudische Dynastie halte ich natürlich auch aus historischen Gründen für sinnvoll, des Weiteren kenne ich eigentlich auch niemanden der claudisch-iulische Dynastie sagen würde..." Es klang auch nicht halb so gut... "Sicher hatte der Verfasser dabei im Auge, dass der Name der Societas eben den der Claudier zuerst nennt und es deshalb konsequent war auch in dieser Reihenfolge die Satzung fortzuschreiben, was mich natürlich dazu bringt zu fragen: Gab es irgendeinen Grund den Kultverein mit den Claudiern an erster Stelle zu benennen?" Vielleicht gab es dafür ja irgendeine logische Herleitung. Immerhin war Lepidus auch noch nicht so lange in der Societas, um die Vereinsgeschichte so im Detail zu kennen, er hoffte dabei auf Auskunft von Tasius.


    Zu den großen Mitgliedern, tja, was gab es da für Alternativen? "Die Formulierung mag ungünstig sein, weil keine klaren Grenzen gezogen werden können, das ist wohl wahr, aber dieses Problem haben wir wohl mit jedem Wort, welches wir statt "große" einsetzten könnten. Ob die Diva Augusta nun dazugehört ließe sich kaum durch die Satzung bestimmen. Das Wegelassen des "große" würde uns aber auch in keine gute Lage bringen." Das führte der Tiberier nicht weiter aus, aber es war wohl verständlich, dass nicht jedes Mitglied der iulisch-claudischen Dynastie verehrungswürdig war. "Soweit ich weiß, besitzt die Societas eine Ruhmeshalle." Eine die durch entsprechende Spenden etwas asugebaut werden sollte, nach des Tiberiers Meinung. "Wäre es nicht sinnvoll zu sagen: Ein großes Mitglied der Dynastie ist dasjenige, welches von den Mitgliedern dazu ernannt wird und Einzug in die Ruhmeshalle erhält? Dies ist zwar jetzt nichts, was in die Satzung gehört, aber es bietet wenigstens eine Art Richtlinie für uns selbst, wer denn zu den 'großen' Mitgliedern gehört." Nun war sich der Tiberier aber gänzlich im Unklaren, ob er den Kern dessen, was Tasius ansprechen wollte überhaupt getroffen hatte.

    Lepidus hatte in Wahrheit überhaupt keine Ahnung, ob es sich bei den angebotenen Waren nun um qualitativ hochwertige oder schlechtere handelte. Aber er hatte sich angewöhnt auf Märkten immer schlecht über das Angebotene zu sprechen, denn sobald man anfing für eine Sache zu schwärmen, konnte der Händler kaum noch den Preis herunterdrücken, aber selbst das war eigentlich nicht der Grund, der an erster Stelle stand: In Wahrheit machte es einfach wahnsinnig Spaß und für den Tiberier, der sich nun doch überaus selten auf Märkten zeigte, erst recht. "Wie ich sehe, hast du ein geschultes Auge für so etwas", kommentierte Lepidus nachdem er das ganze Schauspiel mit ansehen konnte.


    "Es kommt natürlich immer darauf an, was du suchst." entgegnete Tiberius auf die Frage. "aber ich bin wahrlich nicht der Erfahrenste auf den Märkten." Ja, an Erfahrung hatten seine Sklaven wohl deutlich mehr. "Aber diesem Händler konnte man ansehen, dass er ein schlechter war. Der Mann war viel zu schlank, sein hohler verschlagener Blick verriet nichts Gutes. Achte auf die Dicken Händler. Wohlgenährt kümmern sie sich nicht mehr um das ganz große Geschäft und feilschen nicht um jede Sesterze, die sie dir abluchsen können." Ja, hatte Caesar schon nicht schon gesagt: "Lasst wohlbeleibte Männer um mich sein"? Nun gut, wahrscheinlich hat er es nicht gesagt, dem größten aller Römer wurden doch allzu gern Wörter in den Mund gelegt. Abgesehen davon, dass die 'Theorie' des Lepidus doch etwas seltsam anmutete und er den Händler gerade gut genug betrachtet hatte, um seine Proportionen festzustellen. Wahrscheinlich hätte er die Geschichte genau anders herum erzählt, wenn der Händler dick gewesen wäre.


    "Lass uns doch ein paar Meter gemeinsam über den Markt gehen, vielleicht entdecken wir ja noch einen guten Stand", lud der Tiberier sein Gegenüber ein und rief kurz darauf seine Sklaven heran, die die beiden nun flankierten. "Mein Name ist übrigens Lucius Tiberius Lepidus, darf ich auch deinen Namen erfahren? Achja, und du sagst, du müsstest dich in Rom erst wieder zurecht finden? Wo kommst du denn her?" Lepidus war schon gespannt mit wem er es zu tun hatte.

    Ein müdes Gähnen entwich dem Tiberier ganz sicher, denn das Gebrabel des Sklaven war schließlich mehr als langweilig. "Es ging um negative Konsequenzen.", sprach er nur trocken, denn die positiven Aspekte blieben ja vorhanden und wurden bereits erwähnt. "Leider konntest du mir auch jetzt immer noch keine nennen. Die rechtlich exponierte Stellung wird durch die Reihenfolge nicht aufgelöst.", stichelte er dann gleich weiter. Als wenn irgendein Hahn danach krähen würde, wenn der Magister nicht zuerst genannt wurde, dachte sich der Tiberier nur. Nein, das war wirklich zu ermüdend. Lepidus war dieser Punkt ja im Grunde ohnehin egal, er wollte eben nur nicht, dass sich der Iulier von einem Sklaven herumkommandieren ließ und seinen an sich legitimen Vorschlag wegwirft, nur aufgrund der überaus zweifelhaften Kompetenz eines Sklaven in diesem Punkt. Aber er überließ Crassus in dieser Angelegenheit ganz das Feld. Der Tiberier hatte wahrlich keine große Lust mit Tasius rumzustreiten. Entspannt lehnte er sich zurück und ein Gähnen folgte dem nächsten.

    "Hmm...", ließ der Tiberier nun überaus wenig aussagekräftig verlauten. Jetzt auch noch das Durchexerzieren juristischer Feinheiten. Auch wenn der Tiberier sich ja selbst mal in den Kopf gesetzt hatte, Advocatus zu werden, schien ihm diese Diskussion doch etwas zu langweilig. "Ob die Definition nun davor oder danach stattfindet, ändert glaube ich relativ wenig, so lange eben jene in der Satzung vorhanden ist. Ich sehe hier jedenfalls keinerlei großen Konsequenzen, die der Austausch der beiden Punkte bringen würde. Vielleicht kannst du noch einmal erläutern, Tasius, was genau der große Nachteil daran wäre. Ich bin von dem, was du bisher gesagt hast, nicht überzeugt, dass ein Belassen der Punkte wie sie sind, unbedingt notwendig erscheint. Bitte trage das noch einmal genauer vor, ansonsten wird dies vorerst so gemacht, wie Iulius und ich dies befürworten und wir können zum nächsten Themenfeld übergehen." Die Idee auch eine kultische Regelung zu besprechen, fand der Tiberier eigentlich nicht übel, aber wohl nichts mehr für den heutigen Tage. "Ich denke wir werden heute erst einmal den Entwurf einer neuen Satzung fertigstellen. Über ein kultisches Reglement sollten wir uns an einem anderen Gedanken machen. Unsere jetzige Aufgabe scheint uns doch bisher anspruchsvoll genug, möchte ich meinen."

    Auch der größte Felsen schien sich irgendwann einmal zu bewegen, so die Lehre der jetzigen Gesprächswendung. Denn immerhin machte der Iulier nun einen Vorschlag, der dem des Lepidus etwas entgegenkam. Über diese Bewegung freute er sich natürlich, auch wenn er seinen eigenen Vorschlag selbstredend für den besseren hielt. "Nun, der jetzige Vorschlag löst zwar nicht alles, was ich an Problemen genannt habe, des Weiteren weiß ich nicht, ob die jetzige Regelung tatsächlich die Vorrechte der Iulier und Claudier angemessen unterstreicht." Nun kam er ganz von der anderen Seite, nicht ohne ein gewisses Augenzwinkern. "Bei meinem Vorschlag wäre den den Iuliern und Claudiern in jedem Fall einer der Posten sicher, dabei nicht berücksichtigend, dass niemand aus den Gentes zur Verfügung steht, da ihr ja zuvor einen solchen Fall für recht hypothetisch hieltet und auch darauf hingewiesen wurde, dass der Posten des Magisters nicht von einem Mitglied der Societas bekleidet werden muss, etc." Also hatte Lepidus bei seinem Vorschlag schon gewisse Einsicht in die Argumente seiner Gesprächspartner gezeigt. "Aber ich bin natürlich froh, dass ihr diese Problematik ebenfalls seht. Sehe ich das nun richtig, dass also rein theoretisch sowohl der Posten des Magisters, als auch seines Stellvertreters nicht aus den beiden Gentes stammen müssen für den Fall, dass es keinen Claudier oder Iulier gibt, der sich zur Wahl stellen möchten? Seid ihr damit zufrieden oder wäre euch der andere Vorschlag nicht doch genehmer, wo in jedem Fall ein Gensmitglied der Claudier oder Iulier gefunden werden muss?", gab Lepidus noch einmal zu bedenken, obwohl sein Vorschlag natürlich immer noch den Vorteil hatte, dass jederzeit gegen einen Claudier oder Iulier kandidiert werden konnte. Die Konkurrenz mochte diesen Gens-Mitgliedern sicher nicht unbedingt schmecken. "Ich persönlich wäre nun mit beiden Vorschlägen einverstanden. Wenn ihr also den letzteren bevorzugt, so findet dies auch meine Zustimmung." Inzwischen hatte der Tiberier auch genug auf diesem Punkt herumgeritten und dafür, dass sich am Anfang überhaupt keine Änderung abzeichnete, konnte er auch diese geringe Öffnung in der Satzung als Erfolg zum Wohle der Societas verbuchen. Und wer wusste schon, ob die Satzung nicht eines Tages wieder geändert werden würde? Dann hätten die Nicht-Claudier und Nicht-Iulier schon ein Bein in der Tür und womöglich wäre eine Reform der Satzung, die ohne Einschränkungen für jegliches Gens-Mitglied auskommt deutlich leichter durchzusetzen. Doch für heute würde dies erst einmal genug sein.


    "Wenn dieses Thema nun erledigt ist, so können wir gern weiter fortfahren." Lepidus hatte der Diskussion um das Vertauschen der Punkte immer nur mit einem Ohr zugehört. Zu Leidenschaftlich hatte er sich mit dem vorherigen Thema beschäftigt, aber traute der Meinung eines Iuliers mehr als der Meinung eines Sklaven, so dass er lieber die Position des Crassus unterstützte. "Ich bin ebenfalls der Meinung, dass die Punkte ausgetauscht werden können. Verständigungsprobleme sehe ich hier eher wenige gegeben, sogar eher eine Verbesserung, da das Wichtigste einer Societas selbstverständlich die Mitglieder sind und demzufolge auch zuerst genannt werden sollten.", so seine kurze prägnante Antwort. Schließlich gewichteten sogar Rechtswissenschaftler die Priorität eines Absatzes danach, wann er genannt wurde. Eigentlich ziemlich absurd, aber wenn es keinen anderen Maßstäbe gab, warum dann nicht diesen? Schließlich geht man ja irgendwie davon aus, dass sich der Schreiber eines Satzung oder eines Gesetzes etwas dabei gedacht hat.

    "Da sind wir uns also durchaus einig und ich freue mich auch, dass du das so siehst.", sagte der Tiberier in Anbetracht der letzten Worte des Purgitiers. Immerhin sollte es ja auch Senatoren geben, die sich auf ihrer Senatorenwürde nur zu gerne ausruhten und denen es im Grunde egal war, ob sie der Kaiser nun ignorierte oder nicht. "Das Los ist ja auch vielmehr eine nette Gedankenspielerei", wie er sogleich unumwunden zugeben musste. So langsam gingen dem Tiberier auch die Argumente aus und alles was er sonst noch hätte sagen können, würde wohl nur noch dogmatisch klingen, weshalb er das Thema wohl langsam abhaken musste. Überhaupt war er überrascht wie tief sie noch in diese Diskussion eingestiegen waren; über so hochpolitische Themen konnte Lepidus lange nicht mehr mit jemandem sprechen, weshalb er sich wohl auch leicht darin verlor und die Debatte sehr genoss. "Auch wenn ich es für eine interessante Idee halte, so bin ich doch Realist genug, dass wir derartiges wohl niemals erleben werden. Schließlich besitzen wir auch noch andere Methoden, den Willen der Götter festzustellen." Das brachte den Tiberier ja gleich noch auf etwas weiteres, was er dem Purgitier nahelegen würde. "Ach, und wo ich gerade von den Göttern spreche. Als Aedituus des capitolinischen Tempels, möchte ich dich natürlich noch einmal recht herzlich einladen, jener heiligen Stätte einen Besuch abzustatten. Gerade in diesen Zeiten ist der Beistand der göttlichen Trias um so mehr zu erbitten. Falls du also zufällig vorhast, ein Opfer an Iuppiter, Iuno oder Minerva zu vollführen, so melde dich ruhig bei mir. Derzeit ist zwar sehr viel Betrieb - wie dies in Krisenzeiten immer der Fall ist. Aber ich hätte natürlich die Möglichkeit dich zu einem gewünschten Zeitpunkt opfern zu lassen." Ja, wenn es um so etwas ging, lohnte es sich wohl einen Aedituus zu kennen, besonders vom edelsten aller Tempel schlechthin. "Aber dies nur als Angebot, auf das du zurückkommen kannst oder nicht."

    Auch Lepidus wagte sich mal wieder ein wenig auf den Markt und hatte die Absicht ein paar Besorgungen für das Capitol zu machen. Schon seit er als Aedituus angestellt war, bemühte er sich das Innere des Tempels zu verschönern. Für Iuno war es immer recht wichtig ein paar frische Blumen da zu haben und dann war ja auch noch vor kurzem diese hübsche Amphore zu Bruch gegangen, die am besten so schnell wie möglich ersetzt wurde. Naja, seine Sklaven ließ er dann natürlich doch die meiste Arbeit machen, Handeln gehörte eben nicht zu den Sachen, die sich für einen Patrizier wirklich ziemten, so hatte Lepidus lediglich Spaß den Händlern ihre Unzulänglichkeiten vorzuwerfen. Nun gut, eigentlich auch kein sehr angemessenes Verhalten das Patriziers, aber was sollte es schon. Den Spaß musste man ihm einfach gönnen.


    Da stand er nun mit einem seiner Sklaven vor den Waren, die ihm alle ungenügend erschienen und konnte nur Ausrufen: "Alles Plunder, das taugt doch rein gar nichts." Gleich neben ihm stand ein junger Mann, dem er auch gleich sagte, dass er hier im Grund falsch ist: "Kauf hier bloß nichts, die hauen dich hier nur übers Ohr!" Grimmig schaute der Händler drein, aber er hörte so etwas wohl jeden Tag, so schüttelte er einfach nur den Kopf, während er sich anderen Kunden zuwandte.