Beiträge von Lucius Tiberius Lepidus

    Und wieder klopfte es an der Tür der Casa Octavia. Lepidus fragte sich bereits, was dieser Victor, den er sprechen wollte, für eine Art Römer war. Macer hätte ihn sicherlich keinen schlechten Mann empfohlen. Gespannt wartete der Tiberier bis ihm die Tür geöffnet wurde, wobei er die vielen Besuche, die er in letzter Zeit zu machen hatte, schon langsam wieder leid war...

    "Überaus bescheiden," entgegnete der Tiberier als der Senator meinte, er wäre nicht in der Position. "So sei es." Lepidus erhob sich ebenfalls von seinem Platz. Die vielen Informationen, die auf ihn eingeprasselt waren, musste er erst einmal verarbeiten. "Dann wünsche ich dir noch einen angenehmen Abend, Senator. Und selbstverständlich, dies wird nicht unsere letzte Begegnung gewesen sein.", sprach der Tiberier verheißungsvoll und verabschiedete sich vom Mann seiner Cousine.


    Zweifellos ein sehr interessantes Gespräch, konstatierte der Tiberier letztlich. Über die Lage in Rom schien er nun deutlich besser informiert, gleichsam gemahnte ihn dies zur Vorsicht. Nun hatte er immerhin ein paar Ansätze, wie er weiter vorgehen könnte. Er fragte sich, wann sich die beiden wohl wieder begegnen werden und ob der Senator dies ernst meinte, dass er den Weg von Lepidus verfolgen würde. Wahrscheinlich müsste der Tiberier aufpassen mit welchen Personen er sprach, damit der Purgitier nicht noch auf Umwegen schlechtes über ihn zu hören bekam. Schon gegenüber dessen Kollegen im Senat, Octavius Victor, musste er sich wohl strengstens benehmen. Aber das musste er ja wohl ohnehin, wenn er da irgendetwas erreichen wollte. Trotz aller schwierigen Gedanken verließ Lepidus die Casa mit einem guten Gefühl.

    Lepidus erwiderte das Nicken des Proximus und beantwortete anschließend die Frage des Dives. Seine Antwort würde aber wohl zweifellos beide interessieren. "Ich war vor kurzem im Vereinshaus der Societas Claudiana et Iuliana." Eine kleine Kunstpause folgte. "Dort führte ich ein nettes Gespräch mit dem Ianitor Evax und da ich Interesse an der Societas habe, empfahl er mir dich und deinen Onkel als Ansprechpartner." Die Verwandtschaftsverhältnisse hatten sich zum Glück gleich durch das kleine Begrüßungsgespräch der Iulii geklärt, so dass der Tiberier bereits im Bilde war. "Daher kenne ich jedenfalls deinen Namen.", wandte er sich an Dives. "Und um über die Societas, bzw. meine mögliche Mitgliedschaft in der selbigen zu sprechen, kam ich hierher.", wandte er seinen Blick nun auf Proximus. Der Tiberier sah sich die beiden genau an, während er die Gründe seines Erscheines darlegte. Er hoffte, dass man ihm erst einmal einen Sitzplatz und etwas Wein anbieten würde. Bei den Göttern, war seine Kehle schon wieder trocken...

    Auch der Tiberier ließ sich bei der Einweihung des Tempels zu ehren der großartigen Fortuna in den Gärten des Lucullus blicken. Es konnte nie schaden der Göttin des Glücks seine Ehrerbietung zu erweisen. Das wusste wohl auch der neue Präfekt der Cohortes Praetoriae und konnte sich gleichsam beim Volk ein wenig beliebt machen. Bedauerlich, dass dies ein relativ offenes Fest war und somit sicherlich auch sehr viel Gesindel zu sehen sein würde.


    Lepidus konnte sich irgendwie nicht so recht mit diesem ganzen überflüssigen Blumenschmuck anfreunden. "Blumen! Überall Blumen! Bis einem schlecht wurde...", redete er vor sich hin, wie es gern seine Art war. Gut, dass es wenigstens auch genug Landwein gab und der Rest des Erbes vom großen Licinius Lucullus, Bezwinger des Königreichs Pontos, konnte sich immerhin auch sehen lassen. Hübsche Baumalleen und grüne Wiesen ergaben ein prächtiges Ambiente. Das Schöne an Rom war, dass es überall etwas zu holen gab und nie langweilig wurde. Bei all den Terminen, die der Tiberier in letzter Zeit hatte, hätte er sich gern mal wieder einen Tag voller Müßiggang gewünscht, denn auch hier würden sicherlich wieder einige interessante Gesichter aufkreuzen, die seine Aufmerksamkeit verdienten.

    Dass die Götter aber auch immer positive Signale geben. Ob die Rebellen ebenfalls solche guten Zeichen erhielten? Wenn, dann hätten die Götter zweifellos Humor.


    "Das einzig schöne an dieser Rede war wohl das Ross auf dem sie gehalten wurde, oder was meinst du?", witzelte der Tiberier in Richtung des Iulius Italicus, nachdem er die Worte des neuen Praefectus Praetorio vernommen hatte. Aber gut, es war eben ein Soldat, welche Art von Sprachästhetik konnte man da wohl schon erwarten? "Hoffentlich werden die Schaukämpfe ein wenig interessanter." Die Worte von Italicus vor der Rede des Decimers hatte Lepidus wohlwollend zu Kenntnis genommen. Nach Misenum wollte der Mann also, naja, keine wirkliche Alternative für den Tiberier, wollt er doch lieber in Rom weilen.

    Kaum war etwas Zeit vergangen als auch schon der nächste durch den Eingang marschierte. Lepidus betrachtete den großen Blondschopf, der in etwa in des Tiberiers Alter sein musste und hörte sich dessen Vorstellung an. "Ah, Iulius Dives? Ich habe deinen bereits an anderer Stelle vernommen, doch wurde mir gesagt du seist in Ostia." Welch Überraschung, dass der Tiberier nun auf beide empfohlenen Iulier treffen würde. "Gegen Gesellschaft habe ich selbstverständlich nichts." Doch da schritt wohl auch schon der erwartete Proximus in den Raum, den er wohl gleich begrüßen musste.

    "Davon ist auszugehen", bestätigte der Tiberier. "Sag doch Albina, sie solle sich bei mir melden, sobald es ihre Umstände erlauben. Vor allem, wenn das neue Familienmitglied endlich unter uns ist, würde ich mich sehr freuen euch alle gemeinsam zu sehen." Ob der Senator schon aufgeregt war in Anbetracht seiner kommenden Vaterschaft? Ob ihn die Götter wohl mit einem Mädchen oder einen Jungen beschenken werden? "Senator Purgitius Macer...", wählte er den Titel, Gensnamen und das Cognomen, um eine enge Bindung zwischen den beiden verbal zu symbolisieren. "...mich plagt so langsam die Müdigkeit. Vielleicht hast du mir zum Schluss noch einige Worte mit auf den Weg zu geben? Ansonsten werde ich wohl bald aufbrechen müssen und in die heimische Villa zurückkehren, zumal dort sicherlich noch einiges zu erledigen ist." Der Tiberier dachte dabei natürlich an die kürzliche Durchsuchung der CU, bisher war noch nicht alles so hergerichtet, wie Lepidus es wünschte und er musste den Sklaven noch viele Anweisungen erteilen.

    Im Atrium angekommen, sah sich der Tiberier ein wenig um. Schien alles recht nett zu sein. Mal sehen, was die aufstrebenden Iulier wohl noch zu bieten hätten, dachte er sich und wartete auf den gewünschten Proximus. Hoffentlich hatte Evax nicht vergessen diesem von Lepidus baldigen Besuch zu berichten...

    "Mich mit einem Klienten des Vesculariers gut zu stellen, könnte meinem Ansehen womöglich alles andere als schaden.", sprach der Tiberier seinen Gedanken laut aus. "Ich denke ich werde Octavius Victor bei Gelegenheit aufsuchen. Darf ich ihm deine Empfehlungen ausrichten?" Aber ob dem Octavier überhaupt einfallen würde derzeit einen Tiberier bei sich einkehren zu lassen? Zumindest sollte es einen Versuch wert sein und wenigstens war es eine kleine Perspektive. "Vielen Dank im Übrigen bereits jetzt für die Beantwortung meiner zahlreichen Fragen und dass du dich überhaupt mit mir auseinandersetzt." Aus heiterem Himmel ein kleines Dankeschön von Lepidus, was seiner Art eher weniger entsprach, gleichsam stellte er sogar noch etwas in Aussicht: "Sollte ich im Gegenzug jemals etwas für dich tun können, so zögere nicht dich bei mir zu melden. In der Villa Tiberia sollte mich ab sofort jeder Brief erreichen."

    "Ausgezeichnet." Lepidus war es natürlich lieber, dass gleich jemand aus der Societas, jemanden, den der Iulier schon kannte, sich an ihn wandte. Er hätte dann gleich vom Eindruck des Tiberiers berichten können, was natürlich von seinem eigenen Scriba so nicht möglich gewesen wäre.


    Den Becher gab er dem Sklaven in die Hand. Nicht, dass noch Missverständnisse entstehen würden. Es kam aber durchaus schon vor, dass Lepidus in einem zerstreuten Zustand, Gegenstände in seiner Villa von einem Ort zum anderen trug, und sich dessen erst spät bewusst wurde, dass er doch tatsächlich noch etwas in der Hand hatte. Meist waren das sehr lustige Situationen. Obwohl er es sonst eigentlich nicht als nötig empfand besondere Höflichkeitsfloskeln gegenüber einem Ianitor an den Tag zu legen, richtete er dennoch einige Worte des Abschieds an ihn, während er auf die Tür zuschritt. "Vale bene, wir werden uns sicherlich noch häufiger hier begegnen, wenn meine Mitgliedschaft offiziell ist. Mögen unsere zukünftigen Unterhaltungen durchgehend so anregend sein... zumindest wie der zweite Teil unseres Gesprächs."

    Wie gut, dass die Casa auf dem Esquilin gelegen ist. Die Villa Tiberia ist am Westhang des Esquilin. Das ersparte Lepidus womöglich einiges an Zeit. Mit Iulius Proximus konnte er dann wohl auch gleich einen Amtsträger kennenlernen, womit sich das Gespräch mit ihm wohl doppelt lohnen könnte. Und Iulius Dives? Zu ihm hatte Evax überhaupt nichts weiter gesagt und dann war er auch noch in Ostia. Wenig Bedeutung und 30 Kilometer Entfernung sprachen eindeutig gegen Dives, nur um mit ihm über die Societas zu sprechen, dachte sich der Tiberier.


    "Ich denke ich werde der Casa Iulii bei Gelegenheit einen Besuch abstatten. Wahrscheinlich werde ich erst in den nächsten Tagen dazu kommen, Iulius Proxmus aufzusuchen. Es wäre hilfreich, wenn du ihm mein absehbares Erscheinen in einem Brief ankündigen würdest und ihm von mir berichtest, nur damit er schon einigermaßen Bescheid weiß, wenn ich bei ihm ankomme." Er ließ einen skeptischen Blick auf den Sklaven fallen. "Das heißt natürlich nur, wenn du überhaupt schreiben kannst." Nach allem, über was sie sich bisher unterhalten hatten, musste dieser Ianitor wahrscheinlich lesen und schreiben können, doch dem Tiberier gefiel es das in Zweifel zu ziehen, was den Sklaven sicherlich erneut verunsichern würde.


    Evax selbst hatte das Gespräch nicht mehr aufgenommen. Würde Lepidus es noch tun? Er könnte jetzt sicherlich noch stundenlang über den Verein, über die einzelnen Kaiser, ihre Kinder und ihre Frauen sprechen, doch eigentlich hatte er doch längst, was er wollte uns mir den Mitgliedern würde er sicherlich noch etliche solcher Gespräche führen, weshalb es im Grundes sinnlos war noch weiter mit dem Sklaven zu verkehren. Da entsprach es natürlich ganz dem Charakter, dass Lepidus aufstand und zu erkennen gab, sich nun hinaus geleiten zu lassen.

    "Nun, ich möchte selbstverständlich nur dort anfangen, wo ich auch gebraucht werde. Aus reiner Sympathie musst du mich nicht einstellen." Ja, was war ihm eigentlich lieber? Wenn er bei jemandem anheuerte, der treu zum Vescularier steht, müsste er sich komplett mit der neuen Ordnung arrangieren, aber diese Art von Opportunismus war ihm natürlich nicht fremd. Oder doch lieber bei einem kritischen Vertreter? Kommt wohl immer darauf an, auf wen man in der jetzigen Zeit wettete. Da Macer es gar nicht mehr nötig hielt, seine weitergehende Frage zu beantworten, dachte Lepidus, dass er wohl inzwischen des Gespräches überdrüssig wäre. Wer wollte es ihm auch verübeln, da Lepidus ja nun nicht unbedingt der umgänglichste Charakter war? Nun, er würde wohl demnächst zum Ende kommen. Eigentlich hatte er ihm nur einen wirklichen Name gesagt, wenn man von denjenigen absieht, die sich wohl in letzter Zeit etwas zurückgezogen hatten, also versuchte er zumindest etwas über die politische Gesinnung des Octaviers herauszufinden, damit er eine Entscheidung treffen konnte. "Dieser Octavius Victor... würdest du ihn eher zum Lager der Kritiker oder der Anhänger des Vesculariers zählen?"

    "Der Verein sollte einen solchen Mann nach Möglichkeit fördern." , antwortete der Tiberier noch auf die ersten Ausführungen, ohne das weiter vertiefen zu wollen. Der Ianitor ritt ihm auch allgemein zu sehr auf das Wort "Geheimnis" herum, aber da war Lepidus wohl selbst schuld, er hätte sich auch deutlich besser ausdrücken können. Nach der kleinen Geschichte, freute er sich aber überaus, da Evax doch noch eine kleine Geschichte erzählte, wie es Lepidus vorschwebte: "Welch großartiger Satz!"


    Geringschätzung gegenüber den Ptolemäern, die mit ihrem Angebot doch tatsächlich in gewisser Weise suggerierten, ihre Herrscher befänden sich auf einer Stufe mit dem großen Alexander, konnten von einem Augustus auch nicht anders quittiert werden. Diese Art Geringschätzung (oder sollte man besser sagen richtiges Bewusstsein für das Wichtige und Unwichtige?) mochte Lepidus zutiefst. "In der Tat, diese Geschichte war mir noch nicht bekannt. Eine gute Wahl.", lobte er den Sklaven ausnahmsweise. "Wenn du mich fragst", begann Lepidus nun offen über Augustus zu plaudern "dann ist eines der ganz großen Verdienste, neben den vielen, die es zweifellos gab, dass er Rom wieder zur Sittlichkeit verholfen hat. Seine neuen Gesetze, die Unzucht und Ehebruch endlich stärker unter Strafe stellten, waren eine große Errungenschaft. Haha, und dass er selbst bei seiner eigenen Tochter nicht Halt machte, als diese sich ungebührlich verhielt, ist ein Zeichen wahrer herrschaftlicher Konsequenz." Eine Tochter, trotz Teil der iulisch-claudische Dynastie, die hier wohl eher nicht zur Kenntnis genommen wird. "Wahrlich, der pater patriae verdient noch bis in alle Ewigkeit unsere höchste Ehrerbietung." Ja, hatte es nicht schon in der Aeneis geheißen, dass Caesar Augustus das goldene Zeitalter bringen und das Reich bis zu den Sternenbildern hinaus erweitern würde? Nun gut, in Zeiten des nahenden Bürgerkrieges konnte man wahrlich skeptisch sein, ob das goldene Zeitalter nicht in weite Ferne gerückt ist.


    Aufgrund dieser anfangs etwas schwerfälligen, später aber etwas besseren Unterhaltung, hätte Lepidus doch fast wieder das Wichtigste vergessen: "Sag, bevor wir uns in Worten verlieren: Ist es möglich, dass du in absehbarer Zeit ein Treffen mit einem Mitglied der Societas arrangieren kannst? Eventuell jemand, der mit dem kranken Magister sprechen und der mir dann womöglich 'vom Krankenbett' aus die Mitgliedschaft zuzusichern vermag?"

    Die Factio wurde nach diesen Ausführungen nicht unbedingt attraktiv für den jungen Tiberier. Natürlich konnte man durch diese Arbeit bei entsprechenden Factio-Kollegen an Sympathien gewinnen, aber allein die Konkurrenz zu anderen Factios könnte sich als Problem herausstellen. Vielleicht wäre es ratsam sich zu informieren, in welcher Factio die derzeit interessantesten Charaktere Mitglied sind, auf diese Weise könnte sich der Tiberier sicher bei der ein oder anderen wichtigen Person beliebt machen. Er entschloss sich dies im Hinterkopf zu behalten.


    "Ein politisch unverfänglicher? Gibt es denn derzeit so viele davon?", sprach Lepidus halb im Scherz. Die Aussicht ein Privatsekretär zu werden, machte ihn zwar nicht gerade euphorisch, aber es konnte wohl auch nicht schaden, sich möglicherweise bei einem einigermaßen einflussreichen Senator Lorbeeren dazuzuverdienen und auf diese Weise neue Türen aufzustoßen. "Ich nehme an, du selbst hast derzeit keine Verwendung für einen Privatsekretär? Vielleicht kannst du mich ja auch bei dem ein oder anderen deiner sicher zahlreichen Freunde empfehlen. Mein Dank wär dir sicherlich gewiss.", führte der Tiberer aus und beendete die bitte mit einem unwiderstehlichen und nicht minder schleimigen Lächeln. "Wo ich auch gerade bei dir bin, so interessiert mich natürlich auch, was der Mann meiner Cousine für Pläne verfolgt. Wirst du unter dem Vescularier vielleicht noch einen Posten übernehmen? Vielleicht auch noch einmal ein Konsulat anstreben?" Das Interesse war des Tiberiers am weiteren Weg des Purgitiers war äußerst hoch, wurde er doch in der Acta als der Mann beschrieben, "der im Reich schon so gut wie alles geschafft hat". Was fing man wohl noch mit sich an, wenn man schon alles gesehen und erreicht hatte. Würde ihn die Arbeit im Senat befriedigen, das Privatleben vielleicht? Und das bei einem Mann, der aufgrund seines Lebensweges doch im höchsten Maße ehrgeizig sein musste?