Beiträge von Lucius Tiberius Lepidus

    Bisher schien das Spektakel perfekt. Die Prätorianer leisteten sich bei der Inszenierung und ihrem Aufmarsch auf dem Marsfeld keinen Fehler. Nun, man hätte wohl auch jeden Soldaten, der sich Elite schimpfte und dann in einem solchen Moment versagte, gleich den Löwen zum Fraß vorwerfen können. Aber glücklicherweise schienen sie ihre Arbeit alle ausgezeichnet zu machen. Lediglich diese kreischenden Frauen um Lepidus herum nervten ihn. Unerträglich. Als die Soldaten dann aber ansetzten alle gleichzeitig und mit solcher Simmgewalt den Imperator zu grüßen, hatte auch Lepidus sofort ein wenig Gänsehaut und genoss die Zeremonie.


    Gleichzeitig nahm ein Lächeln auf seinem Gesicht Platz. Schade für den Vescularier, dass er nicht mehr von diesen Männern hatte. Sie allein werden wohl nicht reichen, um ihn zu schützen, wenn seine Legionen erst einmal geschlagen sind. Wer weiß, wie oft er derlei noch miterleben wird. Ha, und wie schade es erst für den neuen Praefectus Praetorio ist. Gerade noch die Spitze der Karriereleiter erklommen, kann er seinem Kaiser vielleicht schon bald im Elysium Gesellschaft leisten. Möge die Geschichte ausreichen Ironie bereit halten. Lepidus lachte laut auf bei diesem Gedanken. "Wohl dem Kaiser, der heute noch unbekümmert Paraden abnehmen kann.", sprach er einfach so und völlig ungefragt mit einem höchst ironischen Unterton zur Person neben ihm.

    Lepidus nickte zustimmend als Macer sprach, es wäre nicht einfach, wenn man gerade frisch in der Stadt wäre. Immerhin schien er seine Situation nachvollziehen zu können, wie er auch schon in seinen vorherigen Worten bewiesen hatte. "Ich war in der Tat hier in Rom, bevor ich nach Griechenland aufbrach, allerdings ist dies fünf Jahre her und in diesem Abschnitt scheint sich hier nicht wenig gewandelt zu haben. Abgesehen davon, dass man sich wohl nur schwer an diese große Stadt gewöhnt, wenn man sie seit langer Zeit nicht mehr betreten hat.", gab Lepidus zur Antwort. Der Senator müsste ihm wohl immerhin nicht mehr erklären, wo er was zu finden hätte, soweit war ihm Rom bekannt.

    "Ach, wie nutzlos", dachte sich der Tiberier. Dass er bereits jetzt genervt war, konnte er kaum verbergen. Dieser Purgitier hatte leicht reden, er besaß ja bereits alles und brauchte sich wohl selbst in diesen schwierigen Zeiten keine Sorgen um sein Wohl zu machen, während Lepidus seinen derzeitigen Status als höchst unwürdig empfand. Der Tiberier, der bis zum Himmel naiv zu sein schien, erhoffte sich allzu leicht einen Weg aus der Krise, stattdessen wollte ihn Macer wohl auch noch zur Passivität verdammen. Der einzige Grund warum sich Lepidus nicht leichtfertig und unangebracht echauffierte, war wohl, dass er sich in Erinnerung rief, dass er es hier nun einmal mit einem Senator zu tun hatte. Er musste sich zusammenreißen, um nicht allzu fordernd zu erscheinen, was dem Tiberier aber durchaus schwer fiel. Den arroganten Unterton bekam er allerdings nur sehr selten aus seinen Sätzen heraus. "Ich werde noch ein langes Leben haben, da sei dir gewiss." Lepidus ließ sich noch etwas verdünnten Wein einschenken, er ließ den Becher kreisen, während er sprach. "Mag es für dich auch befremdlich scheinen, ich kenne den Platz, der mir zusteht. Heute sind es Träume und als solche will ich sie auch verstanden wissen. Ha, ich bin nicht größenwahnsinnig, guter Senator. Ich werde derart nicht auf offener Straße verkünden, das wäre ja noch schöner. Nein, dass ich nicht von heute auf Morgen bekommen werde, was ich begehre oder gar verdiene, das ist mir bewusst, manchmal auch schmerzlich bewusst. Ich will mich mit den neuen Verhältnissen arrangieren soweit es geht, doch ich brauche Hilfe, denn ich Überblicke Rom noch nicht. Dafür bin ich noch nicht lange genug in dieser Stadt. Ich fühle mich eingeschnürt und gefangen. Dennoch will ich zeigen, dass ich mehr zu bieten habe, als ein bisschen Bildung aus Griechenland." Was das genau war, wussten aber wahrscheinlich nur die Götter.

    "Interessant", dachte sich der Tiberier. Eine solch ausweichende Antwort hätte er bei aller Unklarheit in der heutigen politischen Lage dann doch nicht vorherzusehen gewagt. Nicht nur, dass er die Antwort sehr allgemein und unpräzise fand, nein, er musste sogar konstatieren, dass sie nur ansatzweise etwas mit seiner Frage zu tun hatte. Aber womöglich war dies das cleverste, was der Senator tun konnte. Ein Mann in seiner Stellung musste vorsichtig sein, da war es doch immer noch die sicherste Variante nur scheinbar auf eine unangenehme Frage zu antworten. Lepidus brachte dies tatsächlich ein wenig zum Lächeln. "Du magst wohl recht haben, ein Urteil sollte man besser nie zu früh fällen." Es war vielleicht an der Zeit ein wenig offener zu sprechen. "Senator, du bist der Ehemann meiner Cousine, einer Frau, die einer Familie angehört, die in letzter Zeit viel zu leiden hatte und dieses Leid ist wohl unverkennbar und unmittelbar mit der derzeitigen politischen Situation verknüpft, nur deshalb stelle ich dir solche Fragen." Lepidus neigte seinen Kopf bedeutungsvoll ein klein wenig zur Seite. "Wo sind die edlen Männer meiner Familie, wenn nicht Tod oder verschwunden? Es stellt sich doch die einfache Frage: Was tun? Ich sprach davon den Ruf meines edlen Geschlechts wiederherzustellen und ich will dies unter den gegebenen Umständen vollbringen. Nun frage ich mich, was ist das kostbarste, was ein Mann wie ich in einer solchen Situation begehren kann? Zumindest auf diese Frage gibt es wohl eine einfach Antwort. Nein, natürlich keine Sesterzen, sondern Rat! So wende ich mich jetzt an dich, einen weisen Mann mit einem reichen Schatz an Erfahrung, der den meinigen weit übertrifft, einem Mann, der schon viele verantwortungsvolle Positionen einnahm, ein ehemaliger Consul, und nicht zuletzt der Mann meiner lieben Cousine... mein guter Verwandter. So versetze dich in meine Lage und ich frage dich: Was würdest du tun, wenn du an meiner Stelle wärst? Was würdest du tun, wenn heute der Grundstein gelegt werden müsste, dass eine Familie, wie die meinige, die eben noch tief gefallen, schon bald wieder die Stufen der Anerkennung hoch hinaus erklimmen kann, um erneut durch Besitz von Ruhm und Macht geehrt werden kann? Wer sonst, wenn nicht du, könnte darüber etwas sagen." Bei den Göttern, er hörte sich so gern reden. Ein bisschen Schmeichelei, ein bisschen Appellation an die entfernte Verwandtschaft, eine wunderbare empathische Mixtur aus Worthülsen. Man konnte in Zweifel ziehen, ob der Senator mit dieser Art Reden etwas anfangen konnte, dennoch konnte der naive Lepidus wohl nur hoffen, dass der Purgitier ihm etwas Gehaltvolles sagen konnte. Lepidus hielt seine eigene (und von ihm auch am meisten geliebte) patrizische Person einfach viel zu wertvoll, als dass er sie ewig untätig in einer Villa hätte verrotten lassen wollen.

    Paraderüstungen, blankgeputzt und glänzend, darin eingepackt die wohl besten Männer Roms, die in ihnen marschierten - das musste ein Römerherz höher schlagen lassen. In der Tat, heute waren viele Bürger auf den Straßen, der Durst nach Sensation und etwas fürs Auge war nicht zu verachten. So strömten sie in Massen herbei und maßen die marschierenden Soldaten mit ihren Blicken. Es würde wohl ein großartiger Tag für den neuen Praefectus Praetorio werden, auf den Lepidus nach wie vor gespannt war. Bereits auf dem Weg zur Parade gestaltete sich der Gang durch das Volk nicht gerade einfach. Lepidus war froh seine Sklaven zu haben, die ihm hin und wieder den besten Weg weisen konnten und ihn des Öfteren abschirmten. Es war überaus laut, fast war Lepidus schon wieder genervt von dem Lärm und des stetigen Jubels. Gespannt war er allerdings auf den Appell, der am Marsfeld stattfinden würde, was gepaart war mit einer dezenten Aufregung, die er verspürte. Den Vescularier hatte er bisher noch nie gesehen, wer weiß, was das Angesicht des neuen Imperators in dem Tiberier auslösen würde...


    Daneben beschloss er den Tag einfach zu genießen und das Spektakel auf sich wirken zu lassen. Besonders auf die Schaukämpfe freute er sich in höchstem Maße. Was sie wohl einstudiert hatten? Sein vergnügungssüchtiges Auge hatte ohnehin schon lange nicht mehr das Innere einer Arena gesehen oder ein aufregendes Wagenrennen begutachtet, da kam dieses Ereignis gerade recht. Lepidus fand ein hübsches Plätzchen, von dem aus er die Prätorianer gut im Blick hatte, wenn sie auf das Marsfeld ziehen würden. Schade nur, dass er wieder dieses Kratzen in seinem Hals spürte. Er räusperte sich mehrfach in sehr unangenehmem Ton und begann mitunter zu husten. "Verdammtes Rom", dachte er sich. In Achaia hatte er nie solche Probleme...

    Lepidus kratzte sich ebenfalls am Kinn. Es war für ihn nicht unüblich die Gesten und Mimiken seines Gegenübers zu spiegeln. "In der Tat, so mancher scheint die Flucht ergriffen zu haben. Umso schöner, dass ihr noch hier seid. Dies bedeutet wohl, dass du dem neuen Imperator in höchstem Maße wohlgesonnen bist?" Wahrscheinlich musste der Senator solche Fragen in letzter Zeit häufiger beantworten. Lepidus wollte bewusst nicht offen fragen, auf welcher Seite er nun steht oder was er denn nun im Detail von Vescularius hält. Überhaupt war es wohl klar, dass man in diesen Zeiten nicht allzu offen reden konnte. Wer wusste denn schon auf welchem Wege Informationen an den Kaiser dringen konnten und einem dann den Boden unter den Füßen wegzogen? Dennoch würde ein entsprechender Hinweis bestimmen, in welche Richtung Lepidus versuchen würde das Gespräch zu lenken. Dies hatte er sich inzwischen gut überlegt. Seine Finger tippelten immer wieder an seinen Becher, offenbar wartete Lepidus ungeduldig auf seinen Einsatz, für den die Voraussetzungen noch geschaffen werden mussten.

    Wohl wahr, seine Cousine war sicherlich zu schwach, um dies alles zu verarbeiten und darüber hinwegzugehen. Dennoch hätte Lepidus dies unnachgiebig von ihr verlangt. Ihr erstes Aufeinandertreffen nach so langer Zeit stellte er sich recht interessant vor, doch gerade in ihrer Schwangerschaft war selbst Lepidus bereit sie so weit es geht zu schonen. "Ehrlich gesagt, ich stand nur mit Albina in Korrespondenz. Die Tiberier haben sich ohnehin in alle Winde verstreut." Ganz abgesehen von der Tatsache, dass Lepidus noch nie das beliebteste Familienmitglied war. Ich dachte eventuell noch auf Durus Adoptivsohn, Aulus Tiberius Ahala, zu treffen, vielleicht weißt du ja etwas über ihn? Mir selbst fehlt bedauerlicherweise jede Spur von ihm." Lepidus dachte kurz nach. "Möglich, dass er aus Angst geflohen ist." Er nahm einen großen Schluck Wein aus seinem Becher, der ihm wohlig den Rachen hinunterlief. "Es scheint als hätten mir die Götter eine schwere Aufgabe zugewiesen. Den einmal zerstörten Ruf wieder aufzubauen wird zweifellos nicht einfach. Ich werde wohl nach jeder Hand greifen, die mir ausgestreckt wird."

    Ein leerer Blick und ein Nippen vom wohlverdünnten Wein war alles, was Lepidus nach der Antwort des Senators vorerst als Reaktion vorzubringen hatte. Macer sprach offen aus, worauf die vielen Anzeichen hindeuteten. Es war wohl die wahrscheinlichste Antwort, dass Durus ein Verschwörer war. Doch warum sollte er sich tatsächlich auf so etwas einlassen? Warum dies alles riskieren und den Ruf seiner ganzen Familie beschädigen? Lepidus hielt das alles für eine unmögliche Situation, unfassbar, dass so etwas tatsächlich passieren konnte. "Also doch...", sprach er irgendwann aus. "Wenn es tatsächlich stimmt, dann weine ich ihm keine Träne nach!" Fragt sich, ob Lepidus auch andernfalls jemals für ihn eine Träne vergossen hätte. Es war aber ohnehin nicht mehr die Zeit für Emotionen, nachdem er nun schon einige Monate von dieser Welt geschieden ist. "Wir tragen zwar denselben Namen, doch ich werde niemals einen Verräter ehren... und ich hoffe Albina wird auch keinen Gedanken mehr an ihn verschwenden!" Vielleicht klang dies zu radikal in den Ohren des Senators. Für einen Moment war sich Lepidus nicht sicher, ob er sich so offen äußern sollte, doch welche Reaktion wäre in Anbetracht dieser Lage wohl eine vernünftige gewesen? Lepidus brauste ein klein wenig auf. "Ich bin nur froh, dass niemand in Sippenhaft genommen wurde! Dennoch fühle ich mich befleckt! Mir scheint, dass all meine Pläne für die Zukunft in weite Ferne gerückt sind!" Lepidus fühlte sich tatsächlich unheimlich eingeschränkt in seiner Bewegungsfreiheit und seiner Freiheit zu sprechen. Immer, wenn er sich irgendwo vorstellte und der Name Tiberius vernommen wurde, was würden die Leute dann denken? Vielleicht: "Ah, ein Verwandter des Kaisermörders!" Er hatte Angst davor gemieden zu werden, diese sozialen Unannehmlichkeiten, ob nun wirklich präsent oder nur von Lepidus erdacht, waren die pure Qual für ihn und vor allem ein Tiefschlag für sein teils recht aufgeblasenes Ego. Insgeheim hoffte er allerdings, dass sich der Senator für seine früheren Pläne interessieren würde, die er in ach so weite Ferne gerückt sah.

    Auch Lepidus hörte der Ankündigung des stark untersetzten Ausrufers zu, der mit kräftiger Stimme die Neuigkeiten verkündete. Mit etwas Skepsis schaute der Tiberier drein als sämtliche Worte gesprochen wurden. "Schade, dass der Grund für den Abschied des Terentius Cyprianus nicht genannt wurde..." , sprach Lepidus vor sich hin und blickte in die umher stehenden Gesichter, die dafür wohl ebenfalls keine Erklärung hatten. In den Gedanken des Tiberiers sammelten sich vielerlei Fragen, nach deren Antwort er wohl noch suchen müsste. Der Praefectus Praetorio wird doch wohl nicht einfach so ohne Grund von seinen Aufgaben zurücktreten? Wie alt war er eigentlich nochmal? Ob es da Zwietracht zwischen Kaiser und dem Praefectus gab? Vielleicht stand der Terentier ja nicht vollends hinter seinem Imperator und wurde zum Abschied genötigt?


    Lepidus verharrte noch eine Weile am Fleck, die Hand am Kinn in nachdenklicher Pose. Der Zeremonie auf dem Forum würde er wohl beiwohnen. Besonders die Neugier auf den Nachfolger ließ ihn das Ereignis mit Spannung erwarten.

    "Oh, vielen Dank, wie überaus zuvorkommend, Senator. Einen Wein würde ich natürlich nicht abschlagen", kommentierte Lepidus das Angebot des Trankes. "So ist es. Kurz nachdem ich die toga virilis anlegen durfte, setzte ich meine Ausbildung in Achaia fort. Der Briefkontakt zu meiner Familie war mir immer sehr wichtig" Mehr oder weniger. "Zuletzt schrieb ich mit meiner lieben Cousine, Albina. Sie setzte mich von den Geschehnissen in Kenntnis...in erster Linie über...Durus." Lepidus senkte den Kopf theatralisch nach unten, um ihn dann langsam wieder zu erheben. Er sprach nun etwas leiser. "Meine Ausbildung ist beendet, gleichsam trieb mich der Wille hierher, mehr zu erfahren und herauszufinden, wie schlimm es alles tatsächlich ist..." Lepidus schwieg und überlegte, wie genau er denn nun Macer eine bestimmte Frage stellen konnte, die ihm wichtig erschien. Er blickte erst an die Decke, neigte seinen Kopf, wandte sich dann aber wieder sogleich den Augen des Senators zu. Lepidus machte ein trauriges Gesicht. "Senator, ich weiß nur, was in der Acta steht, ich habe die spärlichen Informationen aus Albinas Briefen und ich hörte allerhand Gerüchte, doch das alles lässt mich nach wie vor im Unklaren. So sag mir, du musst Durus gekannt haben, ihr beide wart Senatoren. Weshalb musste er wirklich sterben? Sag...war er wirklich ein...Verräter?" Es war eine brisante Frage, das wusste Lepidus und es schien ihm auch irgendwie gewagt diese Frage zu stellen, doch er brauchte langsam Klarheit; bisher konnte er noch mit niemandem über all das reden und irgendwann musste doch mal jemand ganz offen mit ihm sprechen. Er hoffte, dass ihm der Senator irgendetwas erzählen könnte, was ihn einen kleinen Schritt weiterbrachte. Gleichzeitig musste Lepdius wohl damit rechnen, dass Macer eine solch schwierige Angelegenheit wohl nur im Vertrauen bereden würde und schließlich kannte er Lepidus nicht, auch wenn er ein Verwandter von Durus und seiner Frau war. Lepidus hatte einfach kaum eine Vorstellung, was ihn erwarten würde, umso spannender wurde es für ihn.

    Nachdem der Senator etwas entgegnet hatte, räusperte sich Lepidus unüberhörbar. Sein Hals kratzte. Wurde jemandem im Haus eines Senators etwa kein Wein angeboten? Lepidus hustete noch ein wenig, um die Trockenheit seiner Kehle zu bekräftigen. Selbst nach einem Getränk fragen wollte er selbstverständlich nicht. Dann bemühte er sich die Frage des Purgitiers zu beantworten. "Verzeih, wenn meine Worte etwas zu sehr ausschweiften. In Anbetracht der Umstände bin ich doch hin und wieder noch etwas aufgelöst. Doch, zu deiner Frage: Ich komme aus Achaia, aus Korinth um genau zu sein, ich verbrachte dort die letzten fünf Jahre. Ein Hübscher Flecken Erde, das kann ich dir wohl sagen, warst du je dort?" Lepidus unterbrach kurz für ein erneutes Räuspern. "In der Tat, vollkommen unnötig. Scheint wohl, als stünde die Villa Tiberia unter besonderer Beobachtung..."

    "Hochschwanger... natürlich." Lepidus bemühte sich nicht allzu überrascht zu klingen, doch irgendwie war er es. Diese Tatsache schien für ihn irgendwie in sehr trüber Erinnerung zu liegen. Hatte sie das in einem ihrer Briefe erwähnt? Wo Lepidus so darüber nachdachte, da fiel es ihm wohl wieder ein. Doch die Information schien gegenüber allem anderen für ihn so dermaßen unwichtig gewesen zu sein, dass er sie nicht einmal richtig wahrgenommen hatte. In jedem Fall wollte er sich vor ihrem Gemahl nicht bloßstellen und tat sein Möglichstes, um seine Geistesabwesenheit in diesem Fall und womöglich auch seine Kälte nicht hervortreten zu lassen. Freude für seine Cousine empfand er im Grunde nicht, er wusste nur, was zu sagen in einem solchen Falle angebracht war. "Übrigens auch noch meine herzlichen Glückwunsch für den kommenden Nachwuchs, Senator." Im Grunde kam es Lepidus ganz recht, dass Albina sich schonen musste, im Moment war ihr Mann wohl nicht der schlechteste Ansprechpartner für ihn. "Dann wollen wir die Gute mal nicht stören. Ich freue mich aber, dass du wiederum ein wenig von deiner Zeit für mich opfern kannst. Das kommt mir sehr gelegen."


    Lepidus beugte sich etwas vor, stützte seine Ellenbogen auf den Beinen ab und legte die Stirn in Falten. Dabei sah er Macer direkt in die Augen. Er begann einfach drauf los zu sprechen. "Vielleicht wird es dich wundern, wenn ich dir sage, dass ich vor kurzem zurück nach Rom gekommen bin... zurück nach Rom, wo man doch hört, dass diese Stadt von so vielen edlen Geschlechtern verlassen wurde... ich weiß, es ist ein Witz. Ich kam zurück, als ich von den schrecklichen Ereignissen hörte, die sich in meiner Familie ereignet haben - nur mit vorgehaltener Hand kann man wirklich darüber sprechen - und seit ich hier bin, scheint die Welt, die ich einst als Kind noch kennenlernen durfte, in Trümmern zu liegen. Hier hat sich alles auf den Kopf gestellt. Als ich in die Villa Tiberia einkehren wollte, lief ich beispielsweise direkt den Cohortes Urbanae in die Arme. Sie durchwühlten und durchsuchten das ganze Haus. Sie traten sogar die Tür ein, kannst du dir das vorstellen? Kannst du dir vorstellen, Zeuge eines solchen Ereignisses in deinem eigenen Haus zu werden? Klingt es nicht barbarisch?" Lepidus schloss vorerst mit seinen durchaus emotionalen Worten, wobei es sich nicht klar herausstellte, was ihn eigentlich tatsächlich berührte. Die Tragik in der Gens Tiberia oder die Sorge, um die schöne Villa?

    Von der Haustür an wurde Lepidus durch die Casa geleitet und fand den Weg direkt zum Senator persönlich, der ihn im Tablinum empfangen konnte. Mehrmals blickte sich Lepidus um und betrachtete die Räumlichkeiten des Purgitiers. Als er Macer das erste Mal sah, fiel ihm sofort seine große, aber auch etwas magere Gestalt auf, etwas zu mager für Lepidus Geschmack. Erstaunlich, dass ein Mann von seinem Rang nicht dicker war, dachte er sich, noch während er von Macer freundlich begrüßt wurde. Lepidus hatte wohl Glück, dass er ihn so spontan empfangen durfte, war doch die Zeit eines Senators nicht unbegrenzt. Aber womöglich trug sein Name nicht unwesentlich zum Interesse des ehemaligen Consuls bei, immerhin waren sie irgendwie Familie, wenn es auch sehr entfernte Zweige waren, die sie miteinander verbanden.


    "Salve, Purgitius.", gab der Tiberier in gleicher Form zurück und nahm die Einladung zu einer Sitzgelegenheit dankend an. Für einen Moment legte Lepidus die Stirn in Falten, blickte sich erneut um, erst links, dann rechts, bevor er zu sprechen begann. Sein Verhalten konnte als Unsicherheit gedeutet werden, rührte aber wohl eher von einer gewissen Skepsis und dem Bemühen sein Gegenüber gleich vom ersten Augenblick an richtig einschätzen zu können. "Mein Kompliment für dieses nette Anwesen, schon von draußen gefiel mir deine Casa. Ich denke Albina genießt hier an deiner Seite ein vortreffliches Leben, nicht wahr?" Lepidus lächelte mühsam, ein paar nette Worte über die wohlhabende Wohnsituation würden wohl jedem eitlen Charakter schmeicheln. Für den gewählten Einstieg hätte sich der Tiberier wohl am liebsten selbst auf die Schulter geklopft. "Du kannst dir sicherlich denken, dass ich unter anderem ihretwegen hier bin, wie geht es ihr?"

    Immerhin, ein paar flinke Untergebene waren nie zu verachten. Lepidus nahm dies positiv zur Kenntnis und schilderte dem Ianitor sein Anliegen. "Ich bin Lucius Tiberius Lepidus, ein Verwandter deiner Herrin, Tiberia Albina, die ich gern besuchen würde. Sollte sie derzeit nicht zu empfangen sein, so würde ich mich ebenso über ein Gespräch mit ihrem Gemahl, Senator Purgitius Macer, freuen." Lepidus sah den Türhüter ungeduldig an.

    "Ich werde so kooperativ sein, wie es mir möglich erscheint...", sprach Lepidus, aber eher mit einem ironischen Unterton, wobei man wohl nicht zweifelsfrei unterscheiden konnte, ob er es nun wirklich ernst meinen würde oder nicht. Immerhin beantwortete er die Fragen des Centurios, die ihn jedoch sichtlich nervten, vor allem, weil er nun dem nächsten noch einmal dasselbe erzählen durfte. "Ich lebte seit meinem 16. Lebensjahr in Achaia, fünf Jahre ist das jetzt her, die meiste Zeit davon war ich in Korinth." Bei der Beantwortung der Frage nach den Geschehnissen der letzten Monate stockte Lepidus ein wenig. Sollte er alles sagen, was er wusste oder sich vielleicht ganz einfach dumm stellen? Die Frage wäre nur, ob man ihm das dann auch abkaufen würde. Er versuchte eine traurige Miene aufzusetzen, damit der Centurio möglicherweise denkt, er zögere vor Trauer um Durus mit der Antwort und nicht, weil er sich berechnend eine Antwort zurecht legen wolllte. Nun, er musste wohl irgendeinen Mittelweg finden: "Die Nachricht vom Freitod meines Cousins dritten Grades erreichte auch mich, ebenso ein gewisser Verdacht, der auf ihm lastete... Ich bin immer noch in tiefer Trauer. Ansonsten gibt es doch nur unbedeutende Gerüchte." Der letzte Satz triefte geradezu vor gespielter Naivität, doch warum sollte Lepidus auch aussprechen, was ohnehin jeder wusste. Das letzte, was er wollte, war sich mit seinem verstorbenen entfernten Verwandten auf eine Stufe stellen zu lassen, um damit selbst in den Abgrund gezogen zu werden. Lepidus würde alle Werte seiner Familie verleugnen, nur um seinen Status irgendwie zu retten.


    Als der Centurio auch noch seine Post las, war Lepidus innerlich wieder völlig zerrissen. Was er sich nicht alles bieten lassen und zähneknirschend hinnehmen musste. Als der Brief an ihn weitergereicht wurde, überflog er ihn kurz und beobachtete weiter das Treiben der Stadtwachen.


    EDIT: Ich habe den letzten Teil, wo ich mich an den Boten wandte wieder gelöscht. Das hab ich irgendwie falsch gelesen, ich dachte der Bote wäre jetzt ebenfalls im Atrium.

    Lepdius freute sich innerlich, der Frage so gut ausgewichen zu sein. So umging er es in der Diskussion seine eigenen rhetorischen Schwächen offenbaren zu müssen. Ja, Lepidus Charakter hatte schon so manches Defizit. Über die Christen wusste er allerdings nur wenig. Informationen, die er für nicht wichtig hielt, blendete er ohnehin völlig stur aus. "Ich erwarte dein Schreiben, Flavus, mögen sich unsere Wege bald wieder kreuzen."


    Zurück im apoditerium, stand bereits ein Sklave, der die Wertsachen und die Kleidung von Lepidus über die ganze Zeit bewachte. Lepidus begann sich anzuziehen und freute sich bereits wieder in die Villa Tiberia zurückzukehren. Auf dem Weg ließ er den Thermenbesuch noch einmal Revue passieren. Dieser Flavus schien in jedem Fall sehr aufgeweckt. Es missfiel ihm ein wenig, dass er Plebejer war und Politiker sein wollte, aber heutzutage war das (leider) nichts Ungewöhnliches mehr. Dennoch hatte der Mann wohl Potenzial, was Lepidus zweifellos anerkennen musste. In jedem Fall würde er ihn im Auge behalten und warten, was die Zukunft bringt.

    Hmm... ich hoffe mein Beitrag klang nicht allzu aggressiv?! Nun, ich denke unsere Meinungen hat jetzt jeder mit verfolgen können; die Argumente sind ausgetauscht. Ich lasse dir das inhaltlich letzte Wort in diesem Dialog und ziehe mich zurück.


    Nicht, dass ich mich ausversehen noch "dreckiger" mache. :)