Victors Gänsehaut erreichte inzwischen seinen Steiß.
Als sein Onkel nun seine feierliche Ernennung mit leichten Anklängen an die Familientradition hielt hatte er Mühe sich den Eid zu merken.
Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf und bemerkte nebenbei, daß er seinen Onkel um eine halbe Haupteslänge überragte, was ihn dazu bewegte wieder ein wenig einzuschrumpfen...selbstverständlich mit der nötigen Haltung.
IURANT AUTEM MILITES OMNIA SE STRENUE FACTUROS QUAE PRAECEPERIT IMPERATOR CAESAR AUGUSTUS, NUMQUAM DESERTUROS MILITIAM NEC MORTEM RECUSATUROS PRO ROMANA REPUBLICA. Starker Tobak, dachte er beklommen als er dem Sinn der Formel gewahr wurde. Warum nur hatte er gerade das Gefühl er hätte seine Seele dem Hades geweiht?
Ein wenig absent,...voller Gedanken kam er der Aufforderung nach sich zu setzen und wartete was ihm noch so offeriert wurde.
Beiläufig sah er Taira nach wie sie loszog um die Speisen zu holen. Er nickte mehrmals, als Menecrates seine Fragen zunächst ad acta legte um ihm wichtigeres zu besprechen.
Ich hoffe du verzeihst mir meine Impertinenz Onkel,...aber,...Cornelius Palma?...was macht ihn zur richtigen Wahl,...warum hast du dich nicht selber... tief einatmend unterließ er die Vollendung des Satzes. Der Purpur war bereits vier Mal in Händen der Claudier,...wer also war geeigneter als ...ein Claudier mit den Legionen Germanias im Rücken?
Entschuldige Onkel, du wirst deine Gründe gehabt haben,...genau wie du Gründe hast mich zum Tribunus zu ernennen,...ich,...ähem,...ich bin kein Krieger Onkel,...ein militärischer Rang für einen Zivilisten,...dein Vertrauen ist groß,...ich danke dir.
Taira deckte ein. Sie schien sich in ihrer Rolle als Leibsklavin recht gut eingefunden zu haben. Er nickte ihr zum Dank leicht zu.
Die Speisen rochen anders als das was er lange Zeit gegessen hatte. Doch wenn das Essen die Qualität des Vinum hatte und daran bestand nicht der geringste Zweifel, würde es ein Gaumenschmaus werden.
Der Zweite,...?! Wer war wohl der Erste dem sein Onkel in dieser Angelegenheit sein Vertrauen geschenkt hatte?!
Natürlich Onkel,...sei unbesorgt! Er wertete das folgende als hochsensibel und nur für seine Ohren bestimmt. Sein Blick glitt kurz zur Türe,...zu Taira...besaß sie auch das Vertrauen des Menecrates?
Beiträge von Lucius Claudius Victor
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Victor empfand Freude über den plötzlichen Sinneswandel seines Onkels und überwand den Impuls ihm beim Aufstehen behilflich zu sein...und so stand er nur da und hing seinen Gedanken nach.
Die kleine Taira kam wie ein guter Geist und in Handumdrehen stand wieder der Claudius Menecrates vor ihm den er kannte.
Was wollte er? Einen Tribun aus ihm machen?
Was bezweckte er damit,...Victor machte keine Ochsentour?!
Taira zog sich zurück und Victor sah seinen Onkel einen Sekundenbruchteil irritiert an. Irgendetwas in ihm dröhnte wie ein Cornicen. Er wußte er hatte seinen Platz gefunden und sein Onkel gab ihm das Rüstzeug dazu. Er richtete sich auf und nahm wieder seine Haltung ein...bereit zu tun was möglich und was nötig war. Für das Haus der Claudier. -
Offenbar hatte irgendetwas Menecrates von Victors Aussagen verstimmt. Vielleicht hatte er die Wortgeplänkel vergessen und war von den Ereignissen in derart Beschlag genommen, daß er alles, was ihm nicht sofort zusagte ablehnend betrachtete. Doch Victor war sich sicher, das würde sich wieder geben.
Er trank nichts, hielt den Becher nur fest und hörte seinem Onkel genau zu. Er wußte aus Erfahrung, daß Menecrates sehr genau wußte wovon er gesprochen hatte.
Als er sich abwertend über seine nähere Umgebung äußerste grinste Victor verhalten. Er wußte wie schwer es war einem Menecrates zu entsprechen.
Insgesamt hatte er den Eindruck die Situation sei recht verfahren, doch bestärkte ihn das nur in seinem Entschluß.
Onkel, ich selber habe den Wert echter Freundschaft kennen und schätzen gelernt. Ich weiß, daß in schwierigen Zeiten es gerade diese Verbindungen sind, die einem Menschen helfen den Anforderungen zu begegnen und Probleme zu meistern...ohne wahre Freunde ist man ein armer Mann.
Er dachte an Agrippa, der in diesem Moment höchstwahrscheinlich in Morpheus Armen lag, er dachte an die germanischen Freunde, an die Toten. Er dachte an die beiden Offiziere der Ala die ihn und die anderen gerettet hatten.
...ich habe gelernt, daß man für seine Überzeugung aber auch für seine Freunde bereit sein kann und muss das eigene Wohl hintenan zu stellen. Ich habe erlebt, daß es Menschen gibt die bereit sind Hab und Gut zu teilen obwohl sie selber nichts besitzen,...ich habe erlebt, daß Menschen ihr Leben geben um anderen Menschen die in Not geraten sind zu schützen.
Lächelnd sah er seinen Onkel an und meinte,
Wer wäre ich, wenn ich geringer handeln würde als jene?
Auf die Frage hin was er sich als Unterstützung zutraue überlegte er kurz.
Schreibdienste sind ideal für Agrippa, für mich sind sie zu...trocken.Logistik ist mir geläufig, allerdings in einem Maße, welches nicht an die Versorgung einer Legion heranreicht.
Kurierdienste? Was meinst du... für Nachrichten die du der Legionsreiterei nicht anvertrauen möchtest?
...Berater? Worin kann ich dich beraten Onkel?
Er sah sich um.
Du bist Herius Claudius Menecrates,...hätte es in unserer Linie nicht zwei absolute Versager gegeben, wärst du vielleicht jetzt selber Imperator.
Er stand auf und hob den Pokal zum Prosit. Sein Gesichtsausdruck war ernst und seine Haltung eben jene die man einem alten Patriziergeschlecht voraussetzte.
Verfüge über mich Onkel,...ich werde mein Bestes geben um dich auf deinem Weg treu und ehrenvoll zu geleiten...den Menschen um uns herum vorleben, was es bedeutet ein Claudier zu sein...was es bedeutet Römer zu sein!
Fast war es ihm als liefe ihm ein Schauer über den Rücken als er seinen Pokal ansetzte und den Salut besiegelte. -
Lucius sah den offenbar völlig überanstrengten Menecrates zu wie er sich in Position legte, blickte an sich herunter und entgegnete lächelnd,
...ja, danke Onkel,...alles Bestens...
Naja, es genügte den Umständen, doch was wollte man erwarten in der tiefsten Provinz.
Auf die Bitte seines Onkels hin nahm er auf einer der Clinen gegenüber Platz.
Er bevorzugte eine sitzende Stellung, weil er im Liegen immer so schläfrig wurde. Trotz seines inzwischen makellosen Äußeren war er noch immer müde und abgespannt. Auf die Frage nach der Mahlzeit entgegnete er, ...ich habe mich an dem frischen Obst im Cubicullum gelabt,...ich hätte nicht gedacht hier im Nordosten des Imperiums derart frische und wohlschmeckende Früchte vorzufinden.
Was zutraf, der Apfel hatte eine erfrischende Säure, die probierte Birne einen samtig süßen Geschmack. Im Grunde war es blabla,...jedoch stellte es den Beginn der Konversation dar, er wollte nicht sofort mit der Türe ins Haus fallen. Was nichts daran ändert, daß ich sehr gerne mit dir zu Abend speisen würde...deine Gesellschaft tut mir nach den Erlebnissen der vergangenen Wochen wohl, Onkel.
Victor war stets sparsam aber ehrlich mit seinen Gefühlsbekundungen, von daher dürfte es seinem Onkel noch vertraut sein damit konfrontiert zu werden und es nicht als Schwätzerei abzutun.
Wir waren in Antiochia, als wir hörten wie Cornelius Palma sich von den Legionen zum Kaiser ausrufen ließ...und von dort aus reisten wir hierher,...nach Germania.
Er faltete die Hände und starrte auf die adrigen Handrücken und Finger. Nichts verweichlichtes war mehr an ihm, er war in den letzten sechs Jahren zum Mann gereift, nicht nur innerlich.
...in Sarmizegetusa, sahen wir dann die ersten Proskriptionslisten,...Verwandte habe ich keine gesehen oder auch nur von ihnen gehört...ich war in Sorge um dich, als ich hörte du seiest hier Legionslegat.
Er blickte den alten Mann vor ihm an.
...eine Sorge die nicht ganz unbegründet war wie es scheint,...du bist nicht wieder zu erkennen Onkel!
Sorgenvoll betrachtete er das Gesicht, welches nachwievor Strenge aber auch Güte ausstrahlte. Ich dachte mir, wenn du auf solch einer Liste stehst ist es sinnlos nach Roma zurück zu kehren,...sicherlich wären unsere Besitztümer konfisziert,...ich wollte direkt zu dir um dir meine Hilfe anzubieten, wobei auch immer ich dir zu helfen vermag... Insgeheim fragte er sich wie er seinem Onkel überhaupt helfen konnte,...wahrscheinlich war er es der Hilfe brauchte,...immerhin stand er auch unter dem Bann der über die Claudier gesprochen worden war. -
Victor war auf seinem Erkundungsgang am Triclinum angelangt und mußte Thaira wohl gerade verpaßt haben...
Was er erblickte war sein Onkel Menecrates, was er sah war eine fast schon körperlich Anspannung desselben.
Sicherlich plagten ihn Sorgen manigfaltigster Art, denn er war nicht nur verantwortlich für eine Legion, er stand auch noch auf der Prspkriptionsliste eines Usurpators.
Victor rang das Bedürfnis nieder sich aus dem Staub zu machen und seinen Onkel in Ruhe zu lassen. Kurz räuspernd um auf sich aufmerksam zu machen betrat er das Triclinum und stellte sich seitlich von Menecrates Cline.
Ich grüße dich Onkel,...darf ich dir Gesellschaft leisten,...oder möchtest du lieber alleine bleiben?
Die offensichtlichen Sorgen hatten sich in Form von Falten ins Gesicht seines Onkels gefressen, er war in den letzten 6 Jahren seit ihrem Abschied voneinander stark gealtert. Victor war ein wenig unsicher, wenn auch fest entschlossen, ob er mit seiner kleinen Reisegeschichte und seinen Anekdoten den Pater familias aufheitern konnte. -
VIctor hörte genau zu und entgegnete,
Nun, ob es eine Ehre für dich ist lasse ich zunächst einmal dahin gestellt,...ich bin Lucius Claudius Victor,...Neffe des Claudius Menecrates und Gast,...in dieser... er sah sich fast schon amüsiert um Casa...
Die klar definierten Ziele des offensichtlich selbstbewußten jungen Puniers hatten sicherlich etwas für sich.
Dennoch fragte sich Victor warum Menecrates ihm den Vorzug gab. ...selbstverständlich ist es sinnvoll und wohl durchdacht, der kleinen Thaira hier zunächst die Grundbegriffe des Haushalts näher zu bringen,...schließlich ist zu diesem Zwecke geholt worden,...alles übrige wird sicherlich die Zeit bringen,...Thaira hier scheint mehr zu verbergen als sie vorgibt zu sein,...sie hat zweifellos Potential...ich denke in nicht allzu ferner Zukunft guter Hamilkar aus Malet wird sie Andere anweisen und unterrichten,...
Lächelnd erhob er sich und nickte Thaira und dann Hamilkar zu. Dann einstweilen,...übertreibt es nicht,...bedenke...copia ciborum subilitas impeditur...
Eine nette Analogie...im Weggehen hielt er inne und sah den Punier an. Dessen Selbstverständis und dessen Befriedigung beinhaltete sicherlich mehr als die bloße Vermittlung von Primärlatein. Victor hingegen sah das Eigentum seines Onkels in seiner Unversehrtheit gefährdet und hatte die kleine Griechin zudem recht gern.
...achja,...Hamilkar,...ich weiß nicht ob du es weißt,...aber es geht die Rede im Hause über Thaira,... sie sei die Tochter und Gehilfin eines Arztes,...von der schönen Insel Kos,...wo übrigens verurteilten Sittenstrolchen nachwievor von Ärzten und dessen Gehilfen das Gemächt schnell und endgültig entfernt wird,...auf Wunsch dürfen sie die Prozedur überleben,...meistens ist der Wunsch absent...wer will schon den Rest seines Lebens aus einem Strohhalm urinieren?
Das war ein wenig übertrieben, zugegeben und fast schon theatralisch sah er seine Leisten an, schüttelte bedauernd den Kopf um dann mit folgenden Worten leise vor sich hinpfeifend davon zu schlendern. Das schlimmste an den Frauen von Kos ist jedoch ihre Neigung zur Blutrache bei ...also Hamilkar von Malet,...mach deine Sache gut! ...und gib´Acht auf dich! Was wiederum eher auf die Frauen von Corsica und Sicillia zutraf, jedoch er glaubte Hamilkars Gelüste hatten einen kleinen, aber entscheidenden Dämpfer bekommen -
Thairas offenkundige Hilflosigkeit ließ darauf schließen, daß bisher offenbar nicht allzuviel geleistet worden ist. Victor setzte sich zu den beiden und meinte,
Sag´,...Hamilkar,...das klingt punisch,...wo kommst du her und was prädesteniert dich zum Sprachunterricht?
Er lehnte sich nach hinten legte seine Hände ineinander und rieb mit dem Zeigefinger ein, zweimal über seinen geschlossenen Mund.
Der Habitus des Hamilkar passte in der Tat eher zu einem Sklavenhändler oder Korsaren. Vielleicht tat ihm Victor ja auch Unrecht, aber in seinen Augen und aus seiner Erfahrung heraus waren Hauslehrer stets gebildete, meist ältere Männer, zudem meistens Griechen.
Daß ein Punier, wofür Name und Optik sprach diese Aufgabe übernahm war in einem konservativem Haushalt wie dem seines Onkels Menecrates bestenfalls unmöglich.
Interessiert sah er Hamilkar an. Was hatte Menecrates dazu bewogen diesen Mann für die Spracherweiterung seines Eigentums auszuwählen?
Er musste genial sein, denn in seiner Nähe duldete Menecrates nur bestens ausgebildetes Personal. War er einer jener intellektuellen Elite die auf Klischees pfiff und allein durch ihren Geist brillierte? -
Victor entging Thairas Erleichterung keineswegs und während er noch gedanklich mit der Bestrafung Agrippas sympatisierte stieß ihm die Antwort reichlich seltsam auf. Mit ehrlicher Entrüstung und seiner normalen Stimmlage fragte er auf griechisch, während er den Lehrer betrachtete wie einen seltenen Schmetterling auf einer silbernen Nadel.
Hamilkar?!...er soll dich in Latein unterrichten?!
Für den Bruchteil einer Sekunde kam er sich hochgenommen vor. Der Kerl dort hatte alle Attribute eines Seeräubers und wenn es auch nur Klischees waren die hier bedient wurden, wie ein Lehrer kam ihm dieser Hamikar nicht vor. Er trat ein wenig näher, sein Blick strafte alle offensichtliche Attribute seines weichgespülten State of the Art Habitus Lügen.
Hmm,...welche Lektio habt ihr denn zwischen?
Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen daß Menecrates seiner Sklavin einen solch seltsamen Lateinlehrer vorsetzte. -
Victor ging auf seinem Erkundungsgang durch die Villa bald hierhin, bald dorthin. Die geliehene Tunica hatte er inzwischen gegen eine standesgemäß andere getauscht, die nicht unmittelbar den Ruch von Mitbringsel aus dem Badehaus hatte. Erfrischt und genial frisiert, allein um die Wunde an der linken Seite seines Kopfes zu verdecken blieb er vor den beiden stehen.
Nun,...was geht denn hier vor sich? Er bemühte sich den perfekten Patriziersohn zu simulieren, denn die sechs Jahre unter freiem Himmel hatten einen Großteil der Erziehung zunichte gemacht.
Deshalb kam seine Optik und seine Frage ein wenig schmalzig,...ja schon fast weibisch rüber.
Räuspernd rief er sich selbst zur Ordnung nicht allzu sehr und vor allem nicht allzu dick aufzutragen. Patriziersöhne waren nicht zwangsläufig schwul.
Er würde Agrippa nachher noch in den Hintern treten und seinen ach so kompetenten Ratschläge über das Verhalten der oberen 10.000 ein wenig auf den Grund gehen.
Andererseits war es ihm schnurzegal was dieser recht finstere Bursche von ihm dachte. Nur die Art und Weise wie er Thaira ansah und ihre devote Haltung einem anderen als menecrates gegenüber tangierten ihn dennoch. -
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Da Agrippa anscheinend noch auf sich warten ließ setzte sich Victor an den geräumigen Schreibtisch. Auf der polierten Granitplatte schüttete er langsam den Inhalt seines Beutels aus. Allerleui sorgsam verpackte Säckchen fiel übereinander auf den Tisch. Zu jedem dieser Säckchen hatte er eine spezielle Beziehung. Enthielt ein Beutel die Larenfigürchen, ein anderer einige Klumpen Weihrauch. In einem Beutel hatte er in versiegelten Glasphiolen die Erde eines jeden von ihm bereisten Landes. Wenn sie auch auf den ersten Blick wenig voneinder unterschied so wußte er doch die Eigenarten der verschiedenen Erden zu deuten. Ein Beutel enthielt insgesamt 8 Haarlocken in den unterschiedlichsten Farben. Jede Haarlocke war ihm seinerzeit beim Abschied geschenkt worden und mit jeder einzelnen verband ihn eine ganze Menge.
Lächelnd liebkoste er eine Haarlocke besonders,...sie war kohlrabenschwarz, fast schon blauschwarz. Ihre Trägerin hieß Jasmina und sie war eine Bauchtänzerin in Urchoe in Mesopotamien. Sie war zwar ein paar Jähren älter als Victor, jedoch besaß sie einen enormen Lebenswillen...
Lächelnd kamen ihm ein paar Szenen mit ihr vor Augen...
Da klopfte es an der Türe.
Ähem,...ja,...herein!
Die Türe wurde aufgestoßen und Agrippa kam in den Raum.
Bevor er Victor mit einer Kaskade aus Selbstmitleid und verdeckten Vorwürfen überschütten konnte hob Victor seinen Zeigefinger und bewegte ihn, ohne die Hand zu bewegen ein paarmal von Rechts nach Links.
Agrippa, alter Freund,...frater in missio,...was du willst, aber sage jetzt nichts was mich bereuen ließe dir die Freiheit geschenkt zu haben!
Victor war im Moment nicht in Stimmung irgendwelche Wortgefechte abzuhalten oder ermüdenden Monologen zu lauschen.
Suche mal einen Sklaven,...ich möchte mich mit meinem Onkel unterhalten,...von mir aus die Thaira,,...die scheint ja recht pfiffig zu sein... -
Vor dem Cubicullum angekommen betrat er den lichten Raum und bewunderte die zweckmäßige, aber sehr edle Ausstattung des Raumes. Mit einer eleganten bewegung beförderte er seinen Beutel aufs Lectus und trat an den Tisch beim Fenster. Auf einer silbernen Schale lag frisches Obst.
Er nahm sich einen Apfel und biss hinein, während er aus dem Fenster sah.
Auf Taira´s Frage hin drehte er sich um, schluckte herunter und entgegnete,
Nein,...ich brauche nichts,...danke,...und einen Sklaven brauche ich auch nicht,...Agrippa geht mir zur Hand.
Er nickte lächelnd und wandte sich wieder dem Fenster zu.
Wann sie wohl den Praefectus verbrennen würden? Er wollte unbedingt dabei sein...das war er ihm schuldig. -
Victor betrat den in schummriges Licht getauchten Raum. Die Luft roch seltsam. Eine Mischung aus Muff, Weihrauch und verbrannten Kräutern lag in der Luft. Die Fackel an der Wand war aus.
Er legte seinen Beutel auf den Boden und ging zum verhüllten Fenster. Das Sonnenlicht erhellte den Raum ein wenig zu sehr, so daß er das Fenster wieder teilweise verhüllte. Gerdae so, daß er den Altar erkennen konnte.
Dort standen Figuren, weitaus größer als die seinen in seinem Beutel. Naja, dachte er bei sich, sie gehören ja auch einem großen Mann.
Vor dem Altar lag ein Feuerstein und Kienspäne. Er entzündete einen Kienspan und mit ihm drei Öllampen rund um den Altar und legte den Rest in die Weihrauchschale. Dann kramte er seine kleinen Figuren aus dem Beutel und legte ein paar kleine Klumpen harzigen Weihrauchs in das kleine Feuer.
Nach einer Weile deckte er die Schale mit einer Glocke ab und der Weihrauch entsrömte langsam durch die Löcher im Deckel, welche in einem offenbar speziellen Muster rund um die Glocke gestanzt waren.
Er kniete auf einem Knie vor seinen Figuren nieder und rief seine Ahnen und seiner Lieblingsgottheit Minerva...deren Figur eine Eule der Weisheit war.
Er hatte sie selbst geschnitzt aus einem Stück Elfenbein.
Minerva,...Göttin der Weisheit, Ihr, meine Vorfahren und Väter....ich danke euch für euren Schutz welchen ihr mir in eurer Güte zugestanden habt. Ich danke euch für Agrippa, der sich mir als wahrer Freund erwiesen hat und den Mut ihm die Freiheit zu geben.
Er verbeugte sich dreimal vor der Eule und dreimal vor den Figuren der Laren. Insgeheim hoffte er, daß nicht Caligula oder Nero dabei waren, denn trotz der Damnatio memoriae hatte er manchmal das Gefühl sie würden zwischen den Laren ihr Unwesen treiben.
Er schüttelte unwillig den Kopf und sandte den beiden einen Bannspruch,...für alle Fälle. -
Victor griff nach seinem Umhängebeutel und nickte Agrippa kurz zu, Lass dir später zeigen wo ich wohne,...
Agrippa hob bestätigend die hand, was er umgehend bereute. Morrigan hatte die Nähte an seiner Hastawunde ziemlich stramm gesetzt.
Mit einem verzerrtem Grinsen nickte er dem davongehenden Claudier nach.
Taira schritt vor ihm her und auf dem Weg zu seinem Cubicullum kamen sie an einem Raum vorbei der sich bei näherem Hinsehen als Hausaltar auswies. Victor beschloß nachher hier noch einmal vorbei zu kommen. -
Es tat gut was sie mit seinen Wunden machte. Er war sicher es würde sich nicht entzünden. Irgendetwas an ihren Handlungen hatte schon fast sakralen Charakter.
Er betrachtete die Tunika und stellte fest, daß es aus dem selben Stoff war wie die Kleidung die sie damals im tiefen Osten getragen hatten. Es fehlöten lediglich die Drachen- und Blumenmuster.
Victor konnte sich vorstellen wie teuer diese Kleidung war und schlüpfte schnell hinein und in die Sandalen.
Ähem,...nein, nein,...die Sachen kannst du verbrennen, uns,...äh,...mir liegt nichts an den Sachen,...verbrenn sie,...bitte!
Es war so etwas wie ein Abschluß. Wenn die Sachen im Feuer vergingen, vergingen vielleicht auch die bösen Träume die ihn jede nacht heimsuchten.
Ihm war klar, daß dies Unsinn war und sicher nicht in bezug zu der Kleidung stand, aber irgendwo musste er anfangen tabula rasa zu machen.
Er strich über die kühlende Seide und sah Agrippa an, der sich von Morrigan verarzten ließ. Er lächelte ihm zu und wandte sich dann an Taira.
Zeigst du mir nun mein Cubicullum?
Er wollte der Beisetzung seines Retters beiwohnen und sich vorher ein paar Stunden hinlegen. -
Victor hob beide Hände und nahm Taira das Handtuch ab. Er hatte seit Wochen keinen Kontakt zu Frauen gehabt und er fürchtete um seine Contenance wenn die junge Sklavin in überall abtrocknen würde.
Was hälst du davon, wenn du mir den Rücken abtrocknest,...ein wenig Salbe auf die Wunden gibst und mir dann eine frische Tunica bringst.
Lächelnd begann er an den hochsensiblen Stellen mit der Abtrocknung.
...und was mein Einschlafen angeht,...so reicht es mir vollkommen, wenn mich jemand zu meinem Cubicullum begleitet,...ich bin ein großer Junge, Taira,...Mama braucht mich nicht mehr ins Bett zu bringen...
Er zwinkerte ihr verschmitzt zu. Keine Ahnung was sein Onkel Menecrates hier so zelebrierte,...jedoch war er alt und bedurfte sich der einen oder anderen helfenden Hand. Victor für seinen Teil war es nicht, er war nur kaputt,...müde...und der ganzen Umsorgerei, die sicherlich gut gemeint war langsam ein klein wenig überdrüssig. -
Gleich mehrere Eindrücke ließen seine Intuition fragwürdig werden. Offenbar war war ihm der Name Morrigan so fremd, daß er annahm er gehöre zu einem Mann. Es gefiel ihm den Schalck in Thairas Augen zu sehen. Lächelnd nahm er es zur Kenntnis. Er empfand fast als Schade als sie ihren Blick abwandte und sich weiterin der Kopfwunde widmete. Morrigan war also der Maior domus hier, interessant und gut zu wissen.
Er brummte mit halbgeschlossenen Augen nur seine Kenntnisnahme und erwartete einen Schmerz den er unweigerlich mit dem Ablösen des Verbandes nahezu körperlich rechnete. Der Schmerz blieb aus. Stattdessen beschäftigte er sich mit der Tatsache, daß er nun eine seitliche Glatze tragen würde. Er beschloss die langen Haare noch eine Weile zu behalten um diesen Umstand zu kaschieren. Das macht nichts,...mach´es nur ordentlich.
Dann kam doch ein Schmerz, ein leichtes Ziehen als sie die Wunde säuberte.Mit Posca,...also verdünntem Essig. Kurz überlegte er ihr in die Parade zu fahren,...jedoch wirkte ihre bisherige Arbeit so als wüßte sie was sie tat. Narben?...nun, wir Römer haben im Grunde nichts gegen Narben,...sie sind sehr hilfreich wenn wir unsere Geschichten später etwas ausschmücken wollen. Diese Narbe würde bald wieder von Haaren bedeckt sein. Als sie fertig war und nach der Rückenwunde fragte erhob er sich und wandte ihr wortlos den Rücken zu.
Sein Vertrauen in ihre Heilkünste war im Moment vollkommen.
Keine Seife in die offenen Stellen,...nun,...das dürfte etwas schwierig werden,...ich denke du wirst die Wunden wohl nachbehandeln müssen.
Mit ein wenig Mühe erhob er sich, legte das Tuch auf die Bank und stieg ins Wasser. Ein wohliges Gefühl durchströhmte ihn. Nach einer Phase der Entspannung machte er sich daran mit einem Schwamm den Schmutz aus seinem Gesicht zu entfernen.
Er arbeitete sich langsam vor und wechselte dabei öfter die Position um nicht im verschmutzten Wasser zu sitzen. Was bei der Größe der Wanne kein Problem war.
Immer wieder zuckte er leicht zusammen wenn er mit dem Schwamm an die Schnittwunden kam. Jedoch wollte er nicht, das die junge Sklavin ihn für ein Weichei hielt und so trug er stoische Gelassenheit und eine offensichtliche Unempfindlichkeit gegen Schmerzen zur Schau.
Endlich war er fertig und entstieg dem Wasser. Ein Blick auf die Oberfläche ließ ihn den Kopf schütteln. ...ich denke der gute Agrippa braucht neues Wasser,...das hier sieht fast so aus wie das Moor welches wir vor ein paar Tagen passiert haben,...wenn es auch nicht annähernd so stinkt.
Er nahm sich ein frisches Tuch und begann sich abzutrocknen, immer schön vorsichtig an den Wunden. dann meinte er,
...so,...ein wenig Nachbehandeln und dann geht´s in die Kiste,...ich bin ehrlich gesagt todmüde! -
Victor hatte sich überlegt sich ganz in die Hände der jungen Sklavin zu begeben. Sie wirkt auf ihn so als hätte sie schon öfter Wunden gesehen.
Auf ihre Frage hin meinte er,
...oh,...ich denke, es wäre das Beste, wenn du mir den Verband hier auf der Bank löst,...ich möchte dich nur bitten mir vorher ein Tuch zu geben, ..sonst wird es mir untenherum zu kalt...
Inzwischen war Agrippa fertig mit seiner Entkleidung. Mit einer Mischung aus Abscheu, Entsetzen und absoluter Neugier betrachtete er den durchgebluteten Verband an seiner Seite. Der Hieb mit dem Speer hatte ihm eine tiefe Wunde über der untersten Rippe eingebracht. Nach dem Kampf hatte man ihm den letzten Rest seiner Essigration auf die Wunde geschüttet, weshalb auch seine Feminalia etwas nach Salmiak rochen.
Mit dem Zeigefinger tippte er bald hierhin bald dorthin. Was er spürte war ein leichtes Ziehen. Vielleicht hatte die Prozedur ja genügt um Wundfieber abzuhalten. Mit einem Seufzen nahm er wieder auf der Bank platz und betrachtete völlig in sich gekehrt sein Gemächt.
Es ist doch immer wieder seltsam, daß er so klein und schrumpelig wird in diesen schwülwarmen Baderäumen...
Victor blies ein wenig die Backen auf sah Thalis an und hoffte, daß ihre Lateinkenntnisse mit dieser Feststellung überfordert waren.
Möglichst beiläufig entgegnete er, Naja,...dann solltest du diese Räume meiden, wenn dein Ego dermaßen verunsichert wird. und zu Thalis auf griechisch.
Auf geht´s,...löse mir den Verband,...und wasch´mir die Wunden ordentlich mit Essigwasser aus,...danach will ich für den Rest des Tages in´s Wasser,...Agrippa kann sich ja der Masseur vornehmen,...dieser Morrigan...
Er fragte sich gleichzeitig ob die Kombination des Badezusatzes seiner Wundheilung entgegenkam. -
Victor betrachtete Agrippa der sich ächzend auf eine Bank niederließ und legte seinen Beutel ab. Wie das ganze Haus war auch das Balneum in römischem Stil eingerichtet. Es dominierte Marmor und Gold.
Wer ist denn Morrigan,...der Wundarzt?
fragte er, während er ohne Scham sich seiner Feminalia und seiner Tunica entledigte. Langsam und mit geschlossenen Augen ließ er seinen Kopf ein paarmal im Atlas kreisen, sah dann an sich hinab und meinte,
...die Sachen kannst du verbrennen,...und ich glaube dein Masseur konn sich auf eine längere Enthaarung einstellen.
In der Tat war sein Oberkörper voller schwarzer Locken von denen ein fast schon moschusartiger Duft aufstieg.
Er erinnerte ihn ein wenig an den Geruch der Weiber in den Grenzdörfern, nur wußte er daß dieser von Talk kam, mit dem sie sich einschmierten. Ein Schaudern überzog seinen Körper, es wurde allerhöchste Zeit. Langsam begann er seinen Verband abzunehmen, dummerweise klebte er an seiner Wunde über dem Ohr fest. Verflixt,...na, das soll der Wundarzt machen... Er wickelte den verband wieder halbwegs fest um den Kopf und betrachtete seine anderen Verletzungen. -
Victor lächelte müde und er folgte der Sklavin. Sie durchquerten das halbe Haus und einmal mehr kam es Victor so vor als wandele er durch eine Villa in Italia. Nichts hier ließ darauf schließen, daß sie in einer Provinz waren, deren Hauptlandschaftsmerkmal Wälder, Moore und übellaunige Bewohner waren. Wobei die übellaunigkeit kein Alleinstellungsmerkmal der germanen war, offenbar löste die Gegenwart von Römern dies in allen Provinzen aus, besonders an den Grenzen.
Nach einem Fußmarsch von gefühlten 20 Minuten kamen sie an und Victor folgte der Bitte einzutreten. Er hörte beiläufig den Mischmasch welche die Sklavin der überforderten Wache mitteilte und wunderte sich, daß eine Haussklavin seines Onkels kein Latein beherrschte,...ihre war äußerst lückenhaft und er nahm sich vor ihr das eine oder andere beizubringen.
Ein neuer Name fiel Morrigan.
Die Türe zum Bad stand einladend offen.