Der Tag war gekommen, an dem ich mich vor allen Senatoren zur Schau stellen musste. Getrieben wie Gladiator, der den Löwen in einer Arena zum Fraß vorgeworfen wurde.
Sie würden meine Wortwahl, meine Intention und meine politischen Ambitionen auf dem Prüfstand stellen. Sodass ich sehr bedacht war und versuchte möglichst präzise zu formulieren. Keine Worthülsen zu verwenden und den sogenannten roten Faden nicht zu verlieren sowie den Inhalt auf das wesentliche zu reduzieren. Ob mir dies gelingen würde, dass stand jedoch auf einem ganz anderen Papyrus.
Ich wurde aufgerufen. Ich ballte meine Hände zu Fäusten und sagte zu mir selbst: Du schaffst es. Stand auf und sprach mit deutlicher, lauter Stimme zu den Senatoren.
"Patres Conscripti!
Einige von euch werden mich kennen. Euch anderen. Ich bin Manius Octavius Gracchus, Sohn von Senator Gaius Octavius Victor und Großneffe vom ehemaligen Censor Cicero Octavius Anton. Es freut mich, dass ich nun vor euch sprechen darf, um meine Kandidatur als Vigintivir für die Straßenreinigung begründen zu dürfen. Um euch die Wahl zu nehmen, mich nicht wählen zu wollen."
Ich machte eine kurze Pause. Sah mich um und konnte erkennen, wie einige Senatoren begannen zu tuscheln. War dies ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? Nicht daran denken, Manius. Weiter geht es.
"Seit meiner Jugend durfte ich meinen Vater auf seinem langjährigen Dienst für das römische Volk als Curator Viarum in Roma sowie quer durch Italia begleiten. Ich konnte dadurch Erfahrungen sammeln, die mich auf die mir vorliegenden Aufgaben behilflich sein werden wie über die Beschaffenheit, die richtige Verwendung der jeweiligen Materialien und das Verhältnis zwischen Kiesel, Steinsplitter, Lehm und und ... . Ich kenne den Unterschied zwischen den Straßen innerhalb und außerhalb Roma. Wenn gewünscht, lasse ich euch gerne daran teilhaben."
Es war ein wenig Fett aufgetragen, denn das genaue Mischverhältnis zwischen den verschiedenen Baumaterialien kannte ich nicht wirklich, sondern nur im Etwa. Ich hoffte also, dass niemand Interesse an den fachlichen Ausführungen hatte.
"Ich habe vermehrt wahrgenommen, dass unter anderem der Tiber an Wasserqualität verliert. Gründe hierfür sind die Einleitungen von Gerbstoffen, die Entledigung unserer sowie die Einlassung von Unrat. Jedoch gibt es bisher keine wirkliche Handhabe. Allein die Vernunft an den Menschenverstand genügt nicht aus. Wir müssen Regeln schaffen, um die unsachgemäße Verunreinigung unter Strafe zu stellen. Nicht wie bisher durch Gutdünken mit nicht definierten Gebühren gleich Null. Nein, ein Gesetz muss her. Ich werde das Gesetz ausarbeiten und euch vorlegen. Weiter werde ich die Bürger durch eine Informationskampagne aufklären. Jeder Bewohner dieser Stadt, sollte ein Interesse haben, ohne Dreck und Gestank leben zu müssen."
Die Idee mit dem Tiber hatte ich von einem Zwischenruf bei meiner Kandidatur Rede auf dem Forum Romanum erhalten. Danke, dem Unbekannten!
"Roma mag zwar Legionen standhalten, doch versinkt es in einer Kloake." Verdeutliche ich bildsprachlich und überspitzt. Eine visuelle Veranschaulichung sagte oftmals mehr aus als reine Worte.
"Werte Senatoren, ihr mögt vielleicht Zweifel haben. Ja, vielleicht. Dennoch möchte ich mich mit dieser Aufgabe messen. Ich werde mich für das römische Volk einsetzen. Meine Erfahrungen einbringen.
Natürlich kann es sein, dass ich in meiner Aufgabe einen Fehler offenbare. Doch wer von euch geschah das nicht? Fehler machen ist menschlich! Machen uns diese Erfahrungen nicht umso stärker?
Geschätzte Senatoren, gibt mir eure Stimmen und ihr werdet einen motivierten und leidenschaftlichen Vigintivir erleben."
Es war getan. Erleichtert, aber auch nervös, ob meine Ausführungen für eine Mehrheit reichen würden? Setzte ich mich wieder.