Die Fahrt verlief angenehmer, als Romana es von der Reise nach Rom in Erinnerung trug. Das Gefährt war ähnlich bequem, dem von Crispus bereit gestellten und der Kutscher offenbar sehr geschickt im Umgang mit den Gäulen. Das Holpern dämpften die beiden großen Wagenräder, sodass das im Inneren nur ein sanftes Schaukeln beim Durchfahren von Schlaglöchern ankam. Die Braunhaarige lehnte in den Polstern und beobachtete, durch einen Spalt der zugezogenen Vorhänge, die vorüberziehende Gegend. Hin und wieder durchdrang ein leises Seufzen die Stille, dem das wortlose Kreuzen der Blicke zwischen den beiden Frauen folgte.
Von der Grauhaarigen ging die Ruhe aus, die ihrem Schützling abhanden gekommen war und die sie mit den Versuchen, deren Hand zu Halten ihr vermitteln wollte. Während Nuha erneut nach deren Fingern griff, um sie zu wärmen, fühlten sie sich doch seit geraumer Zeit wie ein Eisblock an, blieb der Reisewagen plötzlich stehen. Da, entgegen der letzten Reise, dieses Mal der Diener als Begleitung mit ihnen fuhr, sahen die Beiden nur kurz zum Wagenschlag und widmeten sich dann wieder ihren Gedanken.
Die Ältere wusste, Gaius würde sie am Tor anmelden und die Jünger, dass ihre Sklavin die Fäden in der Hand hielt, die ihr zurzeit entglitten waren.
Seit dem Brief von Massa beschritt Romana Wege in ihrem Inneren, die sie vorher weder kannte noch gegangen war. Stand an Kreuzungen und musste sich entscheiden, stand vor verschlossen Türen, die nur sie allein öffnen konnte. Gefühle breiteten sich aus und durchzogen Gegenden ihres Körpers, die sie vorher nur durch Berührungen bei Massagen und Waschungen kannte. Es stiegen Düfte in ihr Näschen, die sie gefangen hielten und ihren Herzschlag vervielfältigten. Es durchzog sie Kribbeln mit wohliger Wärme und dann wiederum Frösteln mit Gänsehaut, wann immer sie die letzten Worte des Centurio erneut las. Versuche, es zu ergründen, gingen ins Leere und scheiterten an dem Unbekannten. Obwohl in ihr die Sehnsucht zu keimen begann, die Neugier vorhanden war, blieb dieses sachte dumpfe Gefühl in ihrer Magengrube, was sie mit Angst verband.
Der leichte Druck ihrer Finger, das zurückhaltende Lächeln auf dem faltigem Lippenpaar, vermittelten ihr einen Augenblick der Ruhe. Sie sah der Alten wenige Wimpernschläge lang, tief in ihre müde wirkendes Gesicht und deutete dann mit dem Blick nach Draußen. Es scheint Verzögerungen zu geben.