Er hatte sich nicht geirrt, das Schreiben der Buchstaben hatte sie in ihre Vergangenheit zurückversetzt, weit zurück nach Lykia in ihre Kindheit. Dass sie dabei nicht freudestrahlend neben ihm saß, war kein Wunder. So ganz wollte er ihr deshalb auch nicht glauben, als sie ihm sagte, dass alles in Ordnung war, denn besonders glücklich sah sie nicht aus. Und dabei waren sie doch genau deshalb hier: Avianus wollte ihr eine Freude machen, indem er den Abend mit ihr verbrachte anstatt im Officium zu arbeiten, indem er ihr diesen Wunsch erfüllte, den sie so lange Zeit gehegt hatte, Lesen und Schreiben zu lernen. Er erwiderte ihr Lächeln schließlich dünn und ließ sie weitermachen, doch dieses Lächeln verblasste, als sie damit begann, die Buchstaben erneut durchzugehen, und ihn daran erinnerte, wie schwer ihre Vergangenheit noch immer auf ihr lastete. Beroe lag hinter ihr, ebenso ihre captivitas. Keinen Gedanken sollte sie mehr daran verschwenden. Und weinen sollte sie heute erst recht nicht.
Er legte einen Arm um sie und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Er dachte daran zurück, wie er sich vorgenommen hatte, ihr von nun an öfter zu sagen, wie schön und wertvoll sie für ihn war, was er in der Vergangenheit viel zu oft vernachlässigt hatte. Wenn sie sich in diesem Leben willkommen, geliebt und geschätzt fühlte, vielleicht würde es ihr dann leichter fallen, ihr altes loszulassen, damit abzuschließen, was ihr früher passiert war. Wenn es jemanden gab, der ihr dieses Gefühl geben konnte, dann vermutlich er.
"Amandissima, bellissima, carissima, dulcissima, egregia maxime, fidelissima …", zählte er selbst nur auf, zwang sich zu einem leichten, aufmunternden Lächeln und gab ihr einen sanften Kuss auf die Lippen, um so die Tränen, die ihr bereits glänzend in den Augen standen, hoffentlich wieder zum Versiegen zu bringen."Möchtest du eine Pause machen?", fragte er dann und wartete ab, ob sie fortsetzen oder sich lieber erst etwas Zeit nehmen wollte um sich zu beruhigen.
Beiträge von Aulus Iunius Avianus
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Kaum hatte er sie gepackt, begann sie nach ihm zu treten und traf ihn dabei mehr als einmal an Knien und Schienbeinen. Ausweichen konnte er den Tritten in der gegenwärtigen Situation natürlich nicht, also biss er die Zähne zusammen, sein Griff wurde noch fester und er wollte sie bereits gegen eine der Wände drücken, zu seinem Glück schaltete sie sich durch ihre Gegenwehr jedoch selbst aus. Den Augenblick, als Sarah ihr Gleichgewicht verlor, nutzte er und drückte sie mit aller Kraft zu Boden. Was musste sie auch versuchen, sich gegen ihn zur Wehr zu setzen. Dass ihre Chancen dabei schlecht standen, hätte sie wissen müssen. Und was hatte er ihr denn versprochen? Doch nur, dass er jene Christianer einsperren würde, die eine Gefahr darstellten und den Rest in Frieden lassen würde. Wenn jeder ihrer Sekte eine Gefahr darstellte, war das wohl kaum seine Schuld. Und selbst wenn es anders wäre … was war schon ein Versprechen gegen seinen Eid? Manchmal musste man eben Opfer bringen um das richtige zu tun. Erst jetzt sah er wieder auf und in das Gesicht seines Miles, der den Kopf durch die Tür steckte.
"Du wirst mit helfen sie in den Carcer zu bringen", befahl er dem Peducaeus und wandte sich gleich wieder an die Christianerin, die vor ihm auf den Dielen lag. "Ich werde dich wieder auf die Füße stellen und wenn du nochmal nach mir trittst, werde ich dich verschnüren wie ein Paket, klar?", gab er Sarah zu verstehen. Er ging davon aus, dass sie verstand und zerrte sie an den Armen wieder auf die Beine, was sicher alles andere als angenehm war, womöglich sogar schmerzhaft, aber das Risiko sie loszulassen wollte er nicht eingehen. Hispo bedeutete er richtung Carcer voranzugehen, irgendwer musste ihm schließlich unterwegs die Türen öffnen, und wenn sie sich erneut wehrte, wären sie nun zwei Urbaner gegen ein Mädchen. -
Sein zweiter Becher war noch nicht einmal ganz leer, und Seneca schüttete bereits nach. Avianus schmunzelte nur und ließ seinen Vetter machen.
"Schon irgendwie … und dabei dachte ich, ich wäre derjenige, der viel zu erzählen hat", stimmte er Seneca nachdenklich zu und trank erneut. Als wären innerhalb weniger Tage Jahre an ihm vorbeigezogen, fühlte es sich an. Zuvor hatte er nur von irgendeiner Romanze gewusst, und plötzlich stand sein Cousin und einer seiner engsten Freunde kurz davor um die Hand einer Frau anzuhalten, an welche er nie im Leben gedacht hätte, und war noch dazu Vater. Und es brachte ihn dazu, über sein eigenes Leben nachzudenken und darüber, wie seine Zukunft wohl aussah. Abseits seiner Beziehung mit Sibel hatte er bisher nicht einen Gedanken an Familienplanung verschwendet. Vermutlich würde er einfach für immer der etwas seltsame Onkel all seiner Nichten und Neffen sein, der sich nur mit Weibern herumtrieb, die er nie haben könnte … Lupae und Sklavinnen, Vestalinnen und Patrizierinnen – selbst wenn er die beiden Letzteren nur zu seinen Bekanntschaften zählte. Denn er konnte sich absolut nicht vorstellen, in absehbarer Zeit zu heiraten und war sich nicht einmal sicher, ob er das überhaupt wollte.
"Weißt du, so kenn ich dich gar nicht, Seneca. Ich glaube ich werde sie fast kennenlernen müssen", meinte er dann lächelnd, denn Seneca hatte ganz offensichtlich einen Narren an seiner Tochter gefressen, "Und ich weiß das hört sich jetzt blöd an, denn ich wüsste beim besten Willen nicht, was ich tun könnte, aber falls ich dir doch irgendwie helfen kann, lass es mich wissen. Noch blöder käme ich mir nämlich vor, es dir nicht einmal anzubieten. Aber als Offizier der Cohortes Urbanae habe ich vielleicht doch ein paar Möglichkeiten, dummen Schwätzern das Leben schwer zu machen", endete er mit einem kleinen Scherz. -
Natürlich hielt er sie nicht davon ab, selbst den Stilus in die Hand zu nehmen und sich am Schreiben der Buchstaben zu versuchen. Genau dafür waren sie ja hier. Avianus sah ihr leicht verwundert dabei zu, wie sie mühelos die Zeichen ins Wachs ritzte. Er war ja erst davon ausgegangen, dass sie noch nie einen Buchstaben geschrieben hatte.
"Du hattest schonmal Unterricht im Lesen und Schreiben?", fragte er, weil er sich aus ihrer etwas seltsamen Aussage keinen anderen Reim machen konnte. Darüber hatte er noch gar nie nachgedacht und außerdem kannte er ja noch lange nicht jede Einzelheit ihrer Vergangenheit. Das hier hörte er heute jedenfalls zum ersten Mal.
"Alles in Ordnung?" Er war nicht sicher, wie leicht oder schwer es ihr inzwischen fiel, sich an ihre Vergangenheit zurückzuerinnern, doch sie wirkte nicht beunruhigt oder aufgewühlt, einzig und allein, dass sie ein wenig zerstreut schien, das sah er deutlich. Vielleicht sollte er einfach weitermachen, um sie abzulenken ... bei den Göttern, wenn er nur wüsste, was sie gerade dachte.
"Du kannst ja versuchen das Alphabet laut zu wiederholen …", schlug er vor und dachte gleichzeitig über einen Weg nach, wie sie die Buchstaben auch allein lernen könnte, wenn er tagsüber im Dienst war. Mit Symbolen, die sie für bestimmte Wörter in das Wachs ritzte vielleicht? A wie Aulus, B wie basium, C wie carissima, … Ja das könnte funktionieren. Mit anderen Begriffen vielleicht, die sich leichter umsetzen ließen, aber ganz blöd war es nicht. -
Nickend hörte er zu. Mit fünf Männern fing es an, und am Ende hatten sie eine ganze Schar Bewaffneter am Hals. Er hatte damals in der Taberna also Recht gehabt. Von dieser Sekte kam nichts Gutes, nur Zwietracht und Hass, und gleichzeitig wunderten sich deren Mitglieder dennoch, weshalb ihnen Misstrauen entgegengebracht wurde. Wie hatte er auch nur einen Moment daran zweifeln können, wo es doch so klar auf der Hand lag?
Er hatte eine Entscheidung zu treffen, darüber, was für alle Beteiligten das Beste war. Und zweifellos war es doch das Beste, keinen derer übrig zu lassen, die bedrohten, was zu schützen seine Pflicht war. Nicht nur fünf würden sie sich holen. Alle. Sie würden diese Gruppe ausradieren, die seit Jahren nur für Ärger sorgte, die ihm mit ihren unerlaubten Missionierungen beinahe Sibel genommen hätten, die beinahe einen seiner besten Soldaten abgestochen hätten und die jetzt Widerstand leisten wollten. Es war genug.
Wortlos erhob er sich gemeinsam mit Sarah, nickte erneut und ging noch mit ihr gemeinsam Richtung Tür, packte aber kurz davor ihren Arm.
"Nein …", sagte er, "Du gehst nirgendwo hin." Und während er sprach griff er nach ihrem zweiten Arm drehte ihr beide hinter den Rücken und trat gegen die Tür. "Miles Peducaeus Hispo! Veni!", rief er nach dem Miles, dem er zuvor befohlen hatte, vor der Tür zu warten. -
Das glaubte Avianus ihm gerne, dass es so nicht geplant gewesen war. Tja, da war sie trotzdem, auch da gab er Seneca Recht. Du hättest besser aufpassen müssen, wollte er dennoch sagen, käme sich aber etwas seltsam vor, als jüngerer von beiden seinen Cousin und noch dazu ehemaligen Centurio zurechtzuweisen. Und vermutlich wusste Seneca das selbst. Und wer wäre er, ihm Vorwürfe zu machen? Bei all den gemeinsamen Nächten mit Sibel wäre es ja keine Überraschung gewesen, wenn auch sie irgendwann einmal schwanger geworden wäre. Sollte er sich Sorgen um sein bestes Stück machen? Er driftete mal wieder ab …
Ach, Wein. Der half immer, dachte er, machte einen erneuten Versuch, etwas zu trinken, und scheiterte dieses Mal nicht. Ein wenig nachdenklich stellte er den Becher ab.
"Ich wünsche dir wirklich, dass ihr das hinkriegt ...", erklärte er seine Gedanken. Er sah ja, dass Seneca damit beschäftigt war, seine Fehler, die sich von seinen eigenen gar nicht so sehr unterschieden, geradezubügeln. "... Und vertraue darauf, dass ihr beide die Situation so geradebiegt, dass am Ende jeder halbwegs gut aus der Sache rauskommt. Ich mache mir lediglich Sorgen ... verständlicherweise, nehme ich an. Wenn du die Decima tatsächlich heiratest, werden vielleicht ein paar Leute mehr deinen Namen kennen, das wirst du nicht verhindern können. Und wenn das Mädchen am Ende zur Iunia wird, werden womöglich Fragen auftauchen", gab er schließlich zu bedenken, "Aber gut ... wie alt ist sie denn schon?" -
Achso... ich dachte, dafür wärst jetzt du zuständig...
Erledigt. -
Avianus wollte sich gerade noch etwas mehr Wein die Kehle hinunterschütten und verschluckte sich dabei fast, als Seneca antwortete. Hastig stellte er den Becher wieder ab, blickte Seneca über den Tisch hinweg überrascht an und hüstelte dabei leicht, wegen der paar Tropfen, die sich in seine Luftröhre verirrt hatten. Machte er Witze, oder meinte er das tatsächlich ernst? Eine uneheliche Tochter. Mit der Decima …? Ein verdammt schlechter Witz wäre das. Noch einmal räusperte er sich und bekam endlich wieder normal Luft.
"Silana …", wiederholte Avianus den Namen, weil ihm gerade keine geeigneten Worte einfielen, denn so langsam drang die Erkenntnis zu ihm durch, dass Seneca sich keinen Scherz erlaubt hatte. Abgesehen davon, wie sollte er überhaupt darauf reagieren? Zumindest hatte er ihm von sich aus davon erzählt, was er Seneca hoch anrechnete, selbst wenn er natürlich keine Ahnung hatte, wie lange er es ihm zuvor bereits verschwiegen hatte. Sicherlich war es auch kein Thema, über welches sein Cousin leichtfertig mit jedem sprach. Lautstark ließ Avianus die Luft aus seinen Lungen entweichen und lehnte sich wieder zurück.
"Das ist … ein starkes Stück …", meinte er erst nur fuhr sich mit der Hand durch die Haare nach hinten in den Nacken, wo er sich ausgiebig kratzte. Nein, er machte kein Theater. Zumindest vorerst nicht. Denn erstens saßen sie in einer Taberna und zweitens wollte er erst wissen, wie Seneca sich das vorstellte …
"Seneca, was willst du mit einer Tochter? Ich meine … wie willst du den Leuten das erklären?" -
"Also, bei sowas flunkere ich doch nie …", kommentierte Avianus bloß grinsend ihre letzte Frage, aß zu Ende und wischte den Rest der Soße noch mit Brotstücken auf. Er war sich inzwischen nie sicher, ob sie ihn mit solchen Fragen nicht doch auf den Arm nehmen wollte. Welchen Grund hatte er denn, es nicht zu tun? Die Papiere und Tabulae, die heute auf seinem Schreibtisch lagen, liefen ihm so schnell nicht davon und konnten auch den einen oder anderen Tag warten. Liebend gern würde er also auch den Rest des Abends mit ihr verbringen.
"Also gut, setz dich her", sagte er, als sie ihre Tabula hervorgeholt hatte, und schob die beiden Stühle näher zusammen, damit sie beide einen guten Blick in die Tabula und auf den Brief hätten. Er hatte beschlossen mit ihr am Tisch sitzen zu bleiben, selbst wenn das Bett oder eine Kline vielleicht bequemer wäre, doch konzentrieren ließ es sich gerade am Tisch um einiges besser. Darüber, wie er beginnen sollte hatte er sich ebenfalls schon länger Gedanken gemacht. Dass seine Arbeit zum Teil daraus bestand, Leuten neues beizubringen, war dabei definitiv eine Hilfe, selbst wenn er für gewöhnlich jungen Männern zeigte, wie Schwert und Schild gehalten wurden, ihnen verschiedene Formationen erklärte und ihnen beibrachte Feinde, wirksam auszuschalten. Denn zumindest eines wusste er daher: Man begann ausnahmslos immer bei den Grundlagen. Bevor er sich mit ihr also den Brief genauer ansah, wollte er ihr erst noch ein paar Dinge erklären, nachdem sie sich zu ihm gesetzt hatte.
"Wir benutzen doch, wenn wir sprechen, verschiedene Laute, oder? Was wir beim Schreiben machen, ist, dass wir die Wörter einfach in diese einzelnen Laute zerlegen. Sagen wir mal … Sibel … ein S, dann I, ein B, ein E, und zum Schluss L, … oder Aulus ... A, U, L, noch einmal U und S. Und für jeden dieser Laute haben wir ein eigenes Zeichen. Buchstaben eben. Und wenn du liest, musst du dich im Prinzip nur daran erinnern, welcher Laut zu welchem Buchstaben gehört und dann diese wieder aneinanderreihen."
Er nahm die Tabula zur Hand und schrieb auf einer der beiden Seiten in einer Liste alle Buchstaben des Alphabets auf:
"A, B, C, D, E, F, G, H, I, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, V, X, Y und Z", sagte er dabei, "Keine Sorge, du wirst sie dir mit der Zeit merken ... Soweit alles klar?" -
Avianus fragte sich, ob es überhaupt eine gute Idee gewesen war, Seneca danach zu fragen. Der war bestimmt nicht die beste Wahl, wenn es um eine Beurteilung seiner ungewöhnlichen Liebesbeziehung ging. Genau das war es andererseits, was er an seinem Vetter in letzter Zeit zu schätzen gelernt hatte.
Nun entfaltete auch der Wein langsam seine Wirkung, insofern dass Avianus sich ein wenig lockerer zurücklehnte. Ja, zwei gegen zwei klang wirklich nicht schlecht. "Dann hätten wir zumindest das geklärt", schloss er beruhigt. Selbst wenn sie nur scherzten, zeigte es doch, wer hier wem zur Seite stand. Er ahnte, wenn er sich bei dem Zoff zwischen Axilla und Seneca auf dessen Seite stellte und gleichzeitig noch seine eigene Geschichte beichtete, wäre sein Verhältnis zu seiner Cousine bald auch nicht mehr viel besser. Und wie es mit Silanus aussähe, würde sich zeigen. Wer allerdings hielt zu ihm, und würde es wohl auch in Zukunft tun? Wer war ihm immer ein Freund gewesen und hatte ihn stets unterstützt? Da brauchte er kein zweites Mal darüber nachzudenken, was er tun würde. Er biss von seinem Brot ab, nahm sich ein Stück Käse und blickte kauend zu Seneca, der nach seiner letzten Bemerkung etwas nachdenklich geworden war.
"Das nehme ich doch an, immerhin willst du sie heiraten", kommentierte er anschließend und lachte kurz auf. Und ruhig konnte Seneca vermutlich auch noch im Ruhestand werden. Allerdings hatte sein Cousin ihn mit seiner anfänglichen Heimlichtuerei neugierig gemacht. "Was weiß ich denn nicht?" -
Sobald er konnte, hatte er sich auf den Weg in die Casa Iunia gemacht. Sibel hatte er vorsichtshalber in der Castra gelassen, immerhin wusste er nicht worum es ging und wollte ein Drama wie beim letzten Mal lieber vermeiden. Natürlich war er verdammt neugierig, weswegen Seneca ihn sprechen wollte, was auch immer es war, vermutlich war es wichtig, ansonsten hätte er auch einfach einen Brief schicken können. Zügig trat er durchs Vestibulum ins Atrium und erblickte dort seinen Cousin.
"Salve, Seneca. Schön dich zu sehen", grüßte er ihn sogleich. Obwohl ihr letztes Treffen so lange noch gar nicht her war, freute er sich dennoch, seinen Vetter wiederzusehen, doch die Nervosität die dieser ausstrahlte, ließ ihn innehalten, als er auf seinen Verwandten zuging.
"Alles in Ordnung?", fragte er überflüssigerweise. Wann war Seneca jemals nervös? Um eine Kleinigkeit konnte es sich nicht handeln, die ihn beschäftigte, sodass Avianus nicht mehr sicher war, ob er sich weiterhin freuen sollte oder es einen Grund zur Besorgnis gab. -
Der Decimus kam gleich zur Sache, aber Avianus sollte es reicht sein, sie hatten schließlich alle genug zu tun. Er lockerte seine Haltung ein wenig und hörte aufmerksam zu, was der Tribunus zu sagen hatte.
"Nun, Tribunus, da wären einerseits ein paar Milites, die ich vorschlagen würde… Caius Rubrius Pennus, Titus Axius Mamurra, Decimus Carpinatius Voranus und Appius Vinicius Vindex wären ein paar von ihnen. Allesamt loyale und erfahrene Soldaten. Ich kann dir gerne eine Liste zukommen lassen mit genauen Einschätzungen meiner Leute …", antwortete er zunächst.
Und dann gab es da schließlich noch wen. Einen kurzen Augenblick lang hatte er mit dem Gedanken gespielt, den Namen des Germanicus unter den Tisch fallen zu lassen. Immerhin machte ihm der Mann als ausgezeichneter Optio die Arbeit um einiges leichter. Gleichzeitig wäre es aber eine Schande und nichts anderes als egoistisch, jemanden, der eine Karriere bei den Praetorianern vor sich haben könnte, aus purer Bequemlichkeit zurückzuhalten. So eine Chance für die Garde vorgeschlagen zu werden, bot sich ja nicht jeden Tag. Außerdem konnte er den Germanicer ganz gut leiden, er gönnte es ihm also, diese Chance zu erhalten.
"Andererseits wäre da noch mein Optio Titus Germanicus Antias. Vielleicht erinnerst du dich an ihn. Er hat mich damals bei unserer Begegnung im Theater begleitet. Er ist ein ausgezeichneter Ermittler und ein ebenso guter Soldat, macht seine Arbeit stets pflichtbewusst und wäre für die Praetorianer sicher eine Bereicherung", endete er seine Ausführungen. -
"Mit Wein, ja, und ihnen noch mehr Wein und Fleisch versprochen, wenn sie brav durchhalten", antwortete Avianus knapp. Und sein Versprechen hatte er dann auch eingelöst. Manchmal fragte er sich schon, ob er zu gutherzig mit seinen Leuten umsprang. Sicherlich schmiss nicht jeder Centurio eine Feier für seine Leute und spendierte dabei Wein und Weiber.
Seneca konnte wohl gar nicht anders, als jedes Mal wenn sie beisammen saßen, wieder auf Sibel zu sprechen zu kommen, ob direkt oder indirekt. Avianus nahm's gelassen und schenkte seinem Cousin nur einmal mehr schiefes Lächeln.
"Ist es wirklich so schlimm? Ehrlich gesagt, ich hab da irgendwie kein Gefühl mehr dafür", fragte er zurück. Dass er sich mit Huren herumtrieb war ja erstmal nicht so wild, dass er sich allerdings in sie verliebte, sie kaufte und anschließend noch in seiner Habitatio unterbrachte, da würde vermutlich das Verständnis seiner Verwandten enden. Für ihn hingegen war es mittlerweile zur Normalität geworden, mit Sibel Zeit zu verbringen, in seinen Augen war sie ja weder wirklich Lupa noch Sklavin jemals gewesen. Das Problem war schlicht, dass sie es für alle anderen sehr wohl war.
"Ich bin ja eher dafür, dass du vorgehst, immerhin hab ich wegen dir eh schon schlechtere Karten. Nachdem du schon nicht nach ihrer Pfeife tanzt, ruhen ihre Hoffnungen umso mehr auf mir, und jetzt komm ich mit einer Sklavin daher. Oder wir stellen uns dem Ärger einfach gemeinsam." Geteiltes Leid war schließlich halbes Leid, sagte man ja so schön. Obwohl das Ergebnis bei doppeltem Ärger ohnehin wieder dasselbe war. Bitter lächelnd schenkte er sich und dabei auch gleich Seneca Wein nach.
"Aber wir reden viel zu viel von mir ... was hast du für die Zukunft geplant? Wirst du dann plötzlich zum ruhigen Familienvater?" Für Avianus war die Vorstellung leicht ungewohnt, wenn er auch nicht daran zweifelte, dass Seneca es irgendwie auf die Reihe kriegen würde. Aber er kannte seinen Cousin größtenteils als Soldat und hatte ihn auch im Kampf gesehen. Andererseits wusste er, wie auch er selbst sich meist ganz anders verhielt, wenn er Sibel bei sich hatte. -
So lief das also, dachte er belustigt, als Sibel sich auf sein kleines Spielchen einließ. Avianus nahm den gefüllten Teller entgegen und stellte endlich fest, dass nicht nur er bei bester Laune war, sondern nun auch Sibel fröhlich grinste. Genau so hatte er sich jeden Tag vorgestellt, als er mit ihr die Villa des Helvetiers verlassen hatte, ganz so einwandfrei war es seitdem nicht immer verlaufen, aber den heutigen Tag wollte er sich davon ganz bestimmt nich vermiesen lassen.
"Willst du mir unterstellen, ich würde dir irgendeinen Blödsinn erzählen?", fragte er amüsiert, riss sich ein Stück Fladenbrot ab und schob es sich gemeinsam mit dem ersten Stück Fisch in den Mund. Zweifellos hatten sich die Decimer damals eine gute Köchin durch die Lappen gehen lassen, fand er. Über den einen oder anderen anfänglichen Ausrutscher sah er getrost hinweg. Er riss sich zusammen, den Fisch nicht einfach hinunterzuschlingen, obwohl er inzwischen hungrig war wie ein Bär, sondern versuchte, das Essen zu genießen, und außerdem brauchte er dann nicht mit leerem Teller dazusitzen, während Sibel noch aß.
"An dir ist eine Köchin verloren gegangen, Sibel", hatte er gleich ein Lob parat, nachdem er geschluckt hatte, und griff dann das vorhergehende Thema wieder auf: "Nun gut, ich hatte ja auch nicht vor, dir den Brief einfach nur vorzulesen … Ich nehm mir den restlichen Abend frei, du packst nachher deine hübsche Tabula aus, damit du dir Notizen machen kannst, und wir sehen mal, was daraus wird."
Damit hatte er ihr also sein Vorhaben offen dargelegt - wobei sie inzwischen sicherlich schon von allein darauf gekommen war-, aß weiter und blickte sie dabei über den Tisch hinweg abwartend und gleichzeitig lächelnd an - nicht weil er auf ihre Reaktion gespannt war, denn er war sich sicher, dass sie sich freuen würde. Vielmehr wollte er nicht verpassen, wie ihr Lächeln noch etwas breiter werden würde. -
Ahnte sie nichts oder tat sie nur so? Mit forschendem Blick, gleichzeitig noch immer lächelnd, ging er um den Tisch herum und warf einen kurzen Blick auf das frisch gebackene Brot und in den Kessel, aus dem ihm der Duft von Gewürzen entgegenströmte, die er sonst immer nur von Daheim in Misenum, aus Garküchen oder von Cenae in der Casa Iunia kannte, Seit er Soldat war, gab er sich meist mit dem nötigsten zufrieden, und wer Puls aufwändig zu würzen versuchte, hatte sowieso einen Knacks. Aber das hier war weder ein halbherzig und mit Zutaten, die man eben gerade zur Hand hatte, fabrizierter Eintopf noch war es schnöder Puls. Einmal mehr durfte er sich also über frisch gekochtes leckeres Abendessen freuen.
Nachdem er Sibels Werk flüchtig begutachtet hatte, trat er von hinten an sie heran und beugte sich zu ihr hinab. Er schob den Stoff ihrer Tunika etwas beiseite und gab seiner so ahnungslos wirkenden Geliebten neckisch einen Kuss auf die Schulter. "Hmhm …", gluckste er ihr dabei fröhlich ins Ohr bevor er zu einer Antwort ansetzte, sah aber davon ab, sie weiter derart abzulenken. Nicht dass sie sich am Ende noch in ihre Finger schnitt.
"Weißt du, erst habe ich mich gefragt, was ich wohl dafür kriege, wenn ich mir nachher mit dir ansehe, was sie uns so schreibt", während er sprach ließ er wieder von ihr ab, setzte sich an den Tisch und präsentierte die Tabula. "Aber wenn das Essen nur halb so gut schmeckt wie es riecht und aussieht, sind wir mehr als quitt. Was hältst du davon?" -
Avianus griff eben falls nach einem Stück Brot und schob sich eine Olive in den Mund.
"Die Begeisterung hält sich in Grenzen, aber wenigstens der Kaiser nahm's angeblich gelassen." Da konnte man sich dann natürlich auch seinen Teil denken. Wer bei den beiden wohl die Hosen anhatte? Dazu, den neuen Kaiser laut als Pantoffelheld zu betiteln, ließ er sich mal lieber nicht hinreißen. Ein amüsanter Gedanke war es dennoch.
"Ich weiß was du meinst, obwohl ich die Garde sicherlich nicht in ihrer besten Zeit erlebt habe …" Wenn er an die öffentlichen Auftritte in geschwärzter Paraderüstung zurückdachte wurde auch er regelmäßig etwas sentimental. "Aber ehrlich gesagt, ich glaube, dass mir der etwas ruhigere Alltag bei den Cohortes Urbanae gut tut." Verdammt, hörte er sich gerade alt an. Als wäre er kurz vor dem Ruhestand. Aber er musste sich eingestehen, er hatte privat schon genug Stress. Zwar hatte er auch bei den Cohortes Urbanae genug zu tun, aber bei der Garde wäre der Druck sicherlich nicht weniger, eher noch größer.
Er biss von seinem Brot ab und trank erneut einen Schluck. Tja, in Rom war so einiges passiert, sodass er gar nicht richtig wusste, wo er anfangen sollte. Da war das riesen Theater um den Tod des Corneliers gewesen, Senatoren die gegeneinander hetzten, derweil rannten irgendwo in Trans Tiberim verrückte Christianer herum, Decimus Serapio tauchte plötzlich wieder auf, und zu guter Letzt war da noch Sibel, die sich gerade erst im Balneum hatte ertränken wollen.
"Vieles, verdammt vieles. Du willst gar nicht wissen, wie's hier zuging, als der Cornelier plötzlich tot war. Weil der ein derart schwammiges Testament aufgesetzt hat, dass jeder glaubte, es würden wieder Unruhen ausbrechen, hat der Praefectus Urbi kurzerhand die Stadttore schließen lassen und die Wachen dort und noch dazu die Patrouillen verstärkt. Freie Abende konnten wir natürlich vergessen und als wäre das alles nicht genug, mussten wir befürchten, dass sich die Senatoren gegenseitig an die Kragen gehen und derselbe Mist wie beim letzten Kaiserwechsel nochmal von vorne losgeht. Ich sag's dir, da die Männer halbwegs bei Laune zu halten war echt nicht leicht", erzählte er. Als man Boten zu den Einheiten außerhalb Roms geschickt hatte war das wichtigste ja bereits beschlossen gewesen. Am Ende hatte sich alles als halb so wild herausgestellt, aber bis dahin hatte man sich geistig natürlich auf das Schlimmste vorbereitet.
"Auch bei der Garde hat sich einiges getan … unser alter Praefectus Decimus Serapio sitzt seit einer Weile wieder im Stab, zwar nur als Tribunus, aber immerhin. Ich deute es als ein gutes Zeichen. Nur von Axilla und Silanus hör' ich zurzeit nicht viel, und auch bei meinen wenigen Besuchen in der Casa bin ich ihnen nicht über den Weg gelaufen. Silanus ist immer noch in der Kanzlei tätig, soviel kann ich dir sagen, und Axilla? Naja, vielleicht ist es sogar besser, ihr nicht ständig zu begegnen, sonst merkt sie vielleicht noch was wegen Sibel. Wenn sie es irgendwann erfahren muss, will ich es ihr lieber persönlich erklären." Als er geendet hatte, leerte er schließlich den ersten Becher. Der Wein war nicht nur gut, der wurde sogar immer besser. Wie vermutlich jeder andere auch. -
Wie jeden Tag nach Dienstschluss - den man als Centurio ja ohnehin nicht hatte - hatte Avianus sich erst in die Lagerthermen begeben, war dort Staub und Schweiß losgeworden und anschließend, zurück in seiner Habitatio, in sein Arbeitszimmer getreten. Normalerweise würde er sich jetzt mit Briefen, Berichten und Befehlen beschäftigen. Heute würde er dort allerdings nicht diversen Papierkram abarbeiten, sondern griff nur nach der Tabula, die man kürzlich für ihn abgegeben hatte, und stapfte lächelnd durch den Vorraum, während er dort schon am Geruch der Luft zu erraten versuchte, ob bereits gekocht wurde. Seit Sibel in seiner Habitatio lebte, hatte sich einiges verändert. Früher war es zwar nicht direkt dreckig gewesen, aber genug Zeit, jeden Tag den Sand zusammenzukehren, den er vom Exerzierplatz und aus den Straßen in seine Unterkunft trug, hatte er natürlich nicht gehabt, und es fiel ihm auf, dass auch der Staub der sich langsam auf Regale, Kästen und Beistelltische legte, öfter weggewischt wurde. Und wenn er nach einem anstrengenden Arbeitstag nicht dafür sorgen musste, sich irgendeinen Eintopf zusammenzurühren, wurde er erneut daran erinnert, welch ein Glück er hatte, dass sie nun bei ihm war.
Mit einem Lächeln im Gesicht und der Tabula in der Hand trat er also in den Wohnbereich. Schon als er die Wachstafel zum ersten Mal in die Hand genommen hatte, war sein Blick gleich auf den Namen am Ende der Nachricht gefallen und nur einen Augenblick später, nachdem er sie überflogen hatte, hatte er bereits gewusst, was er heute damit machen würde: Sibel eine kleine Freude bereiten. Oder vielleicht auch eine große.
"Sibel, hast du eigentlich mal was neues von Morrigan gehört?", wollte er sich mit einem Grinsen, welches ihn vermutlich ohnehin bereits verriet, einen kleinen Scherz erlauben. -
Viel zu selten machte er ihr solche Komplimente, dachte er nur, als er ein Stück weiter zum Kopfende des Bettes rutschte, um sich dort anzulehnen. Wie oft hatte er ihr etwa gesagt, wie wunderschön sie war? Einmal? Zweimal? Es war fast schon ein wenig peinlich. Denn gedacht hatte er es doch jedes Mal, wenn er sie getroffen hatte. Und noch dazu wusste er, das auch ein kleines Kompliment manchmal viel wert war, nur hatte er zwischen all den Sorgen und Schwierigkeiten, die sich ihnen ständig in den Weg stellten, viel zu wenig darauf geachtet. Manche Dinge musste auch er erst noch lernen, so schien es.
Er sah, wie Ihre Hand unter der Decke hervorwanderte, als sie nun stumm dalag. Ahnend, dass das gemeinsame Gespräch ihr den letzten Rest ihrer Kräfte, an denen der heutige Tag schon so sehr gezehrt hatte, geraubt hatte, griff er nach der Hand und umschloss sie mit seiner. Mit der anderen Hand strich er ihr zärtlich durch die Haare. Vielleicht wäre es besser gewesen, ihr Ruhe zu gönnen und keine Diskussion zu starten, doch zumindest hatten sie sich ausgesprochen. Besser jetzt als gar nie, redete er sich ein. Dennoch betrachtete er Sibel nachdenklich, etwa weil er sich fragte, ob ihre heutige Unterhaltung mehr Früchte tragen würde als jene davor.
Langsam fiel auch von ihm die Anspannung ab, während er darauf wartete, dass es schließlich an der Tür klopfte und er dann, wenn er dem Medicus Platz machen musste, gezwungen war sich vom Bett zurückzuziehen. -
Avianus blieb gar nichts anderes übrig als ebenfalls zu lachen. Die Vorstellung, dass Seneca ihn über die Schulter werfen und zur Casa tragen würde, war zu komisch.
"Verdammt langweilig", antwortete Avianus auf die vermutlich eher rhetorische Frage und stieß mit seinem Cousin an. Tja, die Frauen. Fluch und Segen zugleich waren sie wohl. Noch immer lächelnd, trank er ein paar Schlucke und setzte den Becher wieder ab, nur um über Senecas Worte anschließend leicht verwundert die Brauen zu verziehen und zu lachen, als er sie revidierte.
"Gut, ich dachte schon, du willst mich zwingen nur zu nippen", meinte er lachend und kam dann auf den Kaiser zu sprechen:
"Tatsächlich noch gar nicht", antwortete Avianus etwas verwundert über seine eigene Antwort, "Soweit ich weiß hat sich der Aquilier erst einmal öffentlich dem Volk gezeigt, direkt nach den Wahlen. Seitdem scheint er mehr mit administrativen Aufgaben beschäftigt zu sein, davon gehe ich jedenfalls aus. Sicherlich werden wir mehr von unserem Kaiser sehen, wenn der erste Schwall an Arbeit vorbei ist." Hoffte er jedenfalls. Im Moment war er aber schon über Donativa und freie Abende froh. Das hielt sowohl seine Leute als auch ihn selbst vorerst bei Laune und zeigte, dass der neue Kaiser sie im Gegensatz zum Cornelier nicht vergessen hatte.
"Seine Familie soll allerdings ein wenig … unkonventionell sein. Man sagt seine Frau sei nach der Wahl auf einem Pferd übers Forum geritten. Nachdem Palma und dessen Familie sich als ausgesprochen farblos herausgestellt hat, könnte ich mir aber schlimmeres vorstellen." -
Seneca hätte also auch so eine ausgezeichnete Wahl getroffen, was die Taverne betraf. Breit grinsend folgte er seinem Verwandten, den er ein wenig auf die Schippe genommen hatte, zum Tisch und setzte sich.
Er hätte Seneca ebenso eingeladen, wenn der jedoch darauf bestand und außerdem bereits bestellte, war Widerstand ohnehin zwecklos, hatte er das Gefühl. Allerdings machte er sich keine Sorgen, irgendwann die Chance zu bekommen sich zu revanchieren, und die würde er dann sicherlich nutzen. Mit einem gespielt gequälten Lächeln saß er am Tisch, während Seneca der Bedienung seine Bestellung vortrug. Genug Wein hörte sich ja schon mal richtig toll an. Wollte Seneca ihn abfüllen?
"Dann hab ich ja keine andere Wahl. Na wenn du mich nachher auch heimträgst …", scherzte er.
Dass er sich erst letztens zu Ehren des neuen Kaisers gemeinsam mit seiner Centuria hatte voll laufen lassen, schob er dabei einfach mal beiseite. Der eine oder andere Becher würde heute sicher nicht schaden. Solange er nicht zum Alkoholiker wurde, war ja noch alles in Ordnung.
"Vielleicht sollte ich dich mal in Mantua besuchen kommen … wahrscheinlich redest du mir nur ein, dort wäre es so furchtbar fad, damit du mich nicht am Hals hast, während du mit dem Sold, den du als Tribunus scheffelst, ein Fest nach dem anderen feierst."
Unterdessen trug eines der Schankmädchen voll beladen einen Teil der Bestellung herbei: Eine Platte mit den gewünschten Speisen über den einen Arm gelegt, dazu in der Hand die ineinander gestellten Becher und in der anderen Hand den ersten Krug Wein. Nacheinander stellte sie alles auf dem Tisch ab, und schenkte den Wein ein.
Avianus griff nach dem Becher, wollte seinem Vetter bereits zuprosten, hielt dann aber doch inne.
"Du bezahlst ja, wem sollen wir den Wein also widmen ...? Auf uns?", fragte er mit einem breiten Lächeln.