Wie erwartet konnte man die Reaktion des Tribunus nicht unbedingt als glücklich bezeichnen, was für den Iunius absolut verständlich war. Er war wohl kaum persönlich davon betroffen - wenn auch nicht ganz so weit davon entfernt, wie der Tribunus möglicherweise dachte - und selbst er empfand die Situation alles andere als berauschend.
"Ein syrischer Händler wurde an seinem Stand durch mehrere Dolchstiche getötet. Dem Mörder ging es jedoch nicht um Waren, Geld oder dergleichen. Der hat sich nämlich gleich darauf noch an Ort und Stelle selbst mit dem Dolch ein Ende bereitet. Um sicherzugehen, dass hinter dem Mord dennoch nicht mehr steckt, wurden einige Leute befragt. Mehr als nur einmal wurde dabei erwähnt, dass dieser Händler Gerüchte über deine Tochter, Iulia Torquata, verbreitet haben soll, Tribunus. Sie hat sich angeblich nachts mit einem Soldaten getroffen. Der Tiro war ebenfalls an den Untersuchungen beteiligt und hat bei den Befragungen gute Arbeit geleistet. Auch er ist dabei auf dieses Gerede gestoßen", erklärte er und versuchte dabei, nicht allzu ausschweifend zu werden, und vor allem nicht anzudeuten, dass der Tribunus selbst den Mord angeordnet haben könnte – mit mäßigem Erfolg, wie ihm schien.
"Ich gehe natürlich in keiner Weise davon aus, dass der Tod dieses Mannes von dir gewollt war… vielleicht versucht jemand damit, dir oder deiner Familie zu schaden", fügte er deshalb ernst hinzu um seine Position klarzustellen. Das leuchtete ihm im Moment noch am ehesten ein. Eine angehende Vestalin, die nachts in Roms Straßen rumhurte, war dem Ruf einer eigentlich angesehenen Gens mit Sicherheit nicht zuträglich. Vielleicht sorgte jemand bewusst dafür, dass derartige Unwahrheiten im Volk verbreitet wurden.
Noch fragte er sich, ob er die Bekanntschaft, die er zu Torquata pflegte, offenlegen sollte, falls der Iulius aus irgendeinem Grund nicht ohnehin schon davon wusste. Andererseits glaubte er, dass er auch so schon genug in die Sache mit hineingezogen wurde. Vielleicht kam irgendwann ein passenderer Zeitpunkt als jetzt, wo er gerade erwähnt hatte, dass Torquata sich scheinbar mit irgendwelchen Soldaten vergnügte. Dann könnte sich der Tribunus ja fast schon selbst zusammenreimen, woher die Gerüchte kamen, selbst wenn das mit ihm und Torquata rein gar nichts mit dem Gerüchten gemein hatte, die unter den Leuten die Runde machten.
Beiträge von Aulus Iunius Avianus
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Avianus nickte dem Cornicularius zu und winkte den Germanicus hinter sich her. Der machte nicht unbedingt einen begeisterten Eindruck. Dabei konnte es sicher nicht schaden, wenn der Tiro die Principia mal von innen sah. Avianus wurde den Gedanken nicht los, dass der Germanicus sich eigentlich gar nicht darüber freute, ständig überallhin mitgeschleppt zu werden. Vielleicht sollte er sich dann etwas weniger gut anstellen. Ein schmales Lächeln zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, welches wieder verblasste, sobald er vom Vorzimmer ins Officium trat.
"Salve, Tribunus Iulius Dives", grüßte Avianus salutierend den Tribun, der an seinem Schreibtisch saß, um sich und Antias im Anschluss routinemäßig vorzustellen: "Optio Iunius Avianus, mein Begleiter ist der Tiro Germanicus Antias, Cohors XII Centuria III." Vielleicht erinnerte sich der Tribunus sogar noch an ihn, und wenn nicht, dann wusste er es jetzt vermutlich wieder, vor kurzem erst hatte er nämlich seinen Zwischenbericht zu den Nachforschungen in Trans Tiberim im Officium abgegeben.
Dann, nachdem er Namen und Einheit genannt hatte, machte er eine kleine Pause, und wartete, bis ihm der Tribunus seine volle Aufmerksamkeit schenkte. Die Situation war doch ein wenig unangenehm, aber da musste er jetzt wohl oder übel durch.
"Es geht um einige Besorgnis erregende Gerüchte über dich und deine Familie, auf welche wir während der Untersuchung eines Mordes gestoßen sind." -
"Ist das alles Tiro?", fragte er mehr rhetorisch. Als Urbaner würde er die Hasta tagtäglich in der Hand halten, und mehr als zwei Sätze zum vollkommen offensichtlichen fielen ihm nicht ein? Daran musste sich etwas ändern. Und Avianus konnte nicht anders als fast schon ein wenig enttäuscht zu sein, im Wissen des Germanicus doch noch eine Lücke gefunden zu haben, obwohl ihm ein anderer Tiro vielleicht gar nichts dazu hätte sagen können. Es war eben noch kein Soldat vom Himmel gefallen.
Schließlich wandte er sich kurzerhand an den nächsten.
"Weißt du etwas konkreteres über die Waffe in deiner Hand, Tiro Raecius?", fragte er Fimbria, der den Iunier nach seinem Ausrutscher beim Ziehen seines Schwertes zwar inzwischen davon überzeugt hatte, dass er doch kein Hohlkopf war, von welchem Avianus dennoch seltener etwas zu hören bekam. Ansonsten würde er eben selbst sein Wissen zum Besten geben müssen. -
Während der Untersuchung eines Mordes, der mitten in den Straßen Roms und am helllichten Tag stattgefunden hatte, war den Avianus so einiges seltsam vorgekommen. Der Mörder hatte nicht nur den Händler kurzerhand abgestochen sondern auch sich selbst und außerdem waren sie mehrfach auf ein Gerücht gestoßen, das die Familie des Tribunus in den Mord verstrickte. Oder zumindest verstricken könnte, wenn denn etwas dran war an dem Gerede der Leute.
Und um das herauszufinden, hatte er beschlossen, den Tribunus selbst danach zu fragen. Er konnte sich nur schwer vorstellen, dass sein Vorgesetzter tatsächtlich etwas mit dem Mord zu tun hatte, und wenn er damit richtig lag, hatte Iulius Dives mit Sicherheit ebenfalls sein Interesse daran, dass die Angelegenheit aufgeklärt wurde. Und wenn er sich irrte, würde er es vermutlich ebenfalls bald herausfinden. Vor allem interessierte den Iunius aber, wie es um Torquata stand, denn vollkommen egal, ob die Gerüchte der Wahrheit entsprachen, zweifellos gefährdeten sie ihre Aufnahme bei den Vestalinnen.
Also stand er nun vor dem Officium des Tribunus, nicht alleine, sondern mit Anhang. Den Germanicus hatte er ebenfalls mitgebracht, denn es hatte sich nicht regelmäßig nur herausgestellt, dass der Tiro recht gut zu gebrauchen war, der Kerl hatte während der Untersuchungen auch so einiges mitbekommen. Bevor der Iunius das Officium betrat, warf er noch einmal einen Blick über die Schulter zu Antias. Lange Erklärungen hingegen hielt er für unnötig. Zwar kam es nicht täglich vor, dass ein Tiro ins Officium des Tribunus marschierte, aber mit Sicherheit wusste der Germanicus wie man sich halbwegs passabel anstellte, denn dass der Soldat kein Idiot war, wusste er ja bereits.
Dann als er eintrat, stellte er sich dem Scriba sogleich vor:
"Salve, Optio Aulus Iunius Avianus, ich muss den Tribunus wegen einer dringenden Angelegenheit sprechen. Der Tiro Titus Germanicus Antias begleitet mich." -
Während dieser Übungseinheit würde wieder etwas Neues auf die Tirones zukommen, und die bereitliegenden Hastae verrieten auch schon, was. Doch zuvor war das routinemäßige Aufwärmen an der Reihe: Ein paar Runden laufen, einige Liegestütze und weitere Übungen, damit früh morgens ein wenig Leben in die Truppe kam. Erst dann bekamen die Tirones den Befehl, sich die neuen Übungswaffen zu nehmen, und der Befehl "In aciem venite!" schallte über den Platz.
Davon, dass die Männer zumindest wussten, was das für eine Waffe war, die sie da in der Hand hielten, war auszugehen, doch das Wissen, dass das Ding Hasta hieß, war Avianus natürlich nicht genug. Deshalb machte er wie gewohnt erst einen Abstecher in die Theorie:
"Tiro Germanicus Antias, was weißt du über die Hasta?!", fragte er geradewegs den Liebling des Tribunus, von dem allerdings auch er zugeben musste, dass er sich schon mehrfach als nützlich erwiesen hatte. -
Schlussendlich war dem Iunier der Bericht doch leichter gefallen, als er erst erwartet hatte: Er hatte einfach jegliche unangenehme Details ausgelassen. Ebenfalls fand das negative Auffallen des Miles Cluvius Sulca im Bericht keine Erwähnung. Seiner Meinung nach war die Angelegenheit nach dem Gespräch in den Unterkünften bereits zu genüge geklärt und bedurfte keiner weiteren Maßnahmen mehr, abgesehen davon dass die Bestrafung inkompetent handelnder Milites ohnehin dem Optio oder Centurio oblag.
ZWISCHENBERICHT ZUR UNTERSUCHUNG DER CHRISTIANERSEKTE IN TRANS TIBERIM
Am ANTE DIEM III ID SEP DCCCLXIV A.U.C. (11.9.2014/111 n.Chr.) wurden wie angeordnet in Trans Tiberim Untersuchungen zur Situation der aggressiv für sich werbenden Christianersekte begonnen.
Folgende Milites waren an den Untersuchungen beteiligt:
Faustus Villius Carbo (NSC)
Lucius Gallonius Cocles (NSC)
Gaius Proculeius Maso (NSC)
Spurius Cluvius Sulca (NSC)
Caius Rubrius Pennus (NSC)Desweiteren die Tirones
Titus Germanicus Antias
Sextus Peducaeus Hispo (NSC)Im Zuge der Untersuchungen wurden sowohl die Wirtin der Taberna "Zum silbernen Stern" als auch Mitglieder der Sekte befragt. Ebenfalls sahen wir uns zur Festnahme eines den Cohortes Urbanae gegenüber ausgesprochen feindlichen und bewaffneten Christianers gezwungen, welcher gemeinsam mit einem weiteren Sektenmitglied unter anderem der Wirtin ohne klar ersichtlichen Grund zur Flucht verhelfen wollte.
Im Hinblick auf die offensichtlich weiterhin bestehende Feindseligkeit und Aggressivität einiger Christianer kann davon ausgegangen werden, dass diese Sekte nach wie vor eine Gefahr für die Ruhe und Ordnung Roms darstellt.
Nach Abschluss des Verhörs dieses bis auf weiteres im Carcer der Cohortes Urbanae verbleibenden Christianers wird ein vollständiger Bericht zu den in Erfahrung gebrachten Informationen vorliegen.
Abschließend sollte noch erwähnt werden, dass sich der Miles C. Rubrius Pennus und der Tiro T. Germanicus Antias als besonders verlässlich erwiesen haben. Insbesondere der Geistesgegenwart des letzteren ist die problemlose Festnahme des zuvor erwähnten streitsüchtigen Christianers zu verdanken und aufgrund seiner Fähigkeit würde er sich in jedem Fall für weitere Einsätze jenseits der Grundausbildung anbieten.
A. Iunius Avianus
Cohors XII Centuria III -
Ein wenig beneidete er die Soldaten, für die der Tag damit zu Ende war, als sie seine Unterkunft verließen. Die meisten der Milites und Tirones würden jetzt die Beine hochlegen, sich eine Mahlzeit gönnen und brauchten sich keine Gedanken mehr über das Geschehene zu machen – von dem Cluvius mal abgesehen. Er hingegen, als er einen Blick nach draußen warf, stellte fest, dass es bereits reichlich spät war, und mit seiner Arbeit hatte es sich noch lange nicht erledigt. Denn er hatte noch das fragliche Vergnügen, dieses heillose Durcheinander eines Einsatzes in einem Bericht zusammenzufassen, der ihn bestenfalls nicht als vollkommen unfähigen Amateur dastehen ließ und dennoch einigermaßen der Wahrheit entsprechen sollte. Und mit einem Besuch bei Sibel hatte es sich bis dahin wahrscheinlich ebenfalls erledigt, einmal mehr hatte er ihr also haltlose Versprechungen gemacht. Vermutlich würde er es nie lernen, dachte er, während er Schreibutensilien zur Hand nahm und eine ganze Weile erst einmal gar nichts schrieb, weil er nicht wusste wie und wo er anfangen sollte.
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Paullus Ovidius Mento"Was brüllst du mich so an, Tiro?!", entgegnete der alte Optio zunächst mindestens so laut, wie der abacus geantwortet hatte. Der kleine hatte wohl wirklich etwas auf dem Kasten. Jetzt wusste Mento wenigstens, wen er fragen musste, wenn er keine Lust hatte sich das blöde Geschwafel anzuhören, welches er von den anderen mit Sicherheit als Antwort aufgetischt bekäme.
"Ihr habt euren Kameraden gehört! Wenn ihr versagt, geht unser schönes Roma vor die Hunde!!! Und so wie ihr jetzt ausseht, werdet ihr versagen, aber dafür bin ich ja da!" Sein Blick fiel auf den Centurio. Den hatte er ja schon wieder vollkommen vergessen! "... und der Centurio!!!"
Da hatte er ja eine perfekte Überleitung geschafft... denn die Fragerei ging ihm langsam auf den Sack, dafür konnte sich ja wer anders Zeit nehmen. Jetzt wo die Tirones nach den paar Runden Laufen schonmal aufgewärmt waren, wollte er die Gelegenheit lieber nutzen und die Tirones noch etwas mehr für ihre Figur tun lassen.
"Ich will 40 Liegestütze sehen! Und merkt euch: Jede einzelne bringt euch näher an das Ziel, keine nutzlosen Flaschen mehr zu sein!", ordnete der Ovidius an, und bereitete sich darauf vor, die nächsten Minuten nichts tun zu müssen. Es sei denn, einer kam nicht mehr hoch, dann würde er persönlich helfen... wenn es ihm denn auffiel. -
Der alte Priester machte ihnen tatsächlich Vorschriften. Sowas sah man auch nicht jeden Tag. Erst bedachte Avianus den Mann mit skeptischem Blick, stellte dann allerdings fest, dass eine Ansammlung haarloser Greise wohl kaum eine Gefahr für sie darstellen würde, und außerdem, dass sie diejenigen waren, die um Hilfe baten. Dennoch etwas widerstrebend winkte er zwei seiner Milites heran, um einem von ihnen schließlich Gladius und Scutum zu reichen. Den Pugio hingegen behielt er am Gürtel. Inzwischen war er lange genug Soldat, um sich völlig unbewaffnet unwohl zu fühlen.
"Ihr habt den Mann gehört", sagte er zu den restlichen verbliebenen, Antias, Hispo und Sulca, damit sie es ihm gleich taten, und die beiden anderen voll beladen zurück zum Tor marschieren konnten.
Nur kurz darauf trat ein weiterer Priester auf sie zu, und Avianus stellte gleich darauf fest, dass Gerede zwischen den Leuten in der Tempelanlage schnell die Runde machte, und bei diesem zweiten Priester wenigstens die Chance bestand, dass er ihnen helfen konnte, wenn sie sich schon an die Vorschriften halten mussten, die sein Vorgänger ihnen gemacht hatte.
"Er hat mögliches Beweismaterial von einer Leiche gestohlen, eine Tabula", bekam der Priester sogleich als Antwort zurück. "Weißt du, ob er sich noch hier aufhält?" -
"Ja", gab Avianus ihr lediglich eine knappe Antwort und blickte sie ratlos an. Dass sie vor seinen Augen, noch während er gesprochen hatte, vollends zu weinen begonnen hatte und ihn nun tränenüberströmt nach dem offensichtlichen fragte, ließ ihn etwas hilflos zurück. Nahm seine Geschichte sie wirklich so sehr mit? Er wünschte sich noch im selben Augenblick, er hätte gar nicht erst angefangen davon zu reden. All das sollte doch hinter ihnen liegen.
Wortlos legte sie am Ende wieder den Kopf an seine Brust, und er wusste sich nicht anders zu helfen, als ebenfalls schweigend den Saum der Decke ein wenig über sie zu ziehen und die Arme um sie zu legen. Kein Wort verlor er mehr über seine Suche nach ihr oder was sonst noch geschehen war. Nicht weil es nichts mehr zu erzählen gab, sondern weil er nicht wusste wie, ohne dass sie erneut zu weinen beginnen würde. Vielleicht brauchte sie einfach nur etwas mehr Zeit. Und auch die Sache mit dem Domitius ließ er ruhen, sein anfänglicher Zorn legte sich, obwohl es in seinem Kopf weiterarbeitete. Es ging dabei nicht ausschließlich um sie. Unter anderem, aber nicht nur. Er glaubte, mehr als nur einen Grund zu haben, der rechtfertigen würde, sich den Mann vorzunehmen. Etwa dass er offenbar nicht verstand, dass die Cohortes Urbanae dazu da waren, die Leute zu schützen, und nicht dazu im Grunde unschuldige junge Frauen dazu zu zwingen mit ihrem Körper für ihre Freiheit zu bezahlen. Manche mochten ihre Arbeit nicht so ernst nehmen, wie er es tat, aber irgendwo musste es für jeden Grenzen geben. Und er hatte ihn belogen. Sie alle hatten ihn belogen.
Er blickte zu Sibel hinab, um herauszufinden, ob noch immer Tränen ihre Augen verließen, wischte ihr eine alte weg, suchte nach beruhigenden Worten, doch beließ es dabei."Was denkst du, wie lange ich bleiben kann ohne dass jemand blöde Fragen stellt?", fragte er nach einer ganzen Weile, die er nur stumm nachdenkend an ihrer Seite verbracht hatte. Er würde noch länger bleiben, wenn sie es wollte. Und wie er sie kannte, würde sie ihn wohl kaum für die Nacht bezahlen lassen. Doch dass sie womöglich in Schwierigkeiten geriet, weil sie nach Stunden mit einem Mann in ihren Zimmer kein As verdient hatte, war das letzte, was er wollte.
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Als sie erwähnte, wie ihr einer der Soldaten ein Angebot gemacht hatte, hörte Avianus ihre restlichen Worte kaum noch. Nein, Ahenobarbus hatte ihm bei weitem nicht alles erzählt, und die Wahrheit erst recht nicht. Denn selbstverständlich vertraute er Sibels Version um einiges mehr. Sie hatte ihm das Angebot gemacht? Einen feuchten Dreck hatte sie. Und er wollte nur ein wenig Spaß haben? Schwachsinn! Und als wäre all das nicht genug, hatte er noch den Helfer geheuchelt. Dieses notgeile Arschloch… er würde den Kerl zerreißen, wenn er ihm jemals wieder begegnete.
Sibel bekam ein verächtliches Schnauben zu hören. Er setzte sich ein wenig auf, obwohl er sich bereits Mühe gab ruhig zu bleiben.
"Dieser Kerl… weißt du noch seinen Namen? Domitius Ahenobarbus? Ein gewöhnlicher Soldat? Groß? Kräftig? Dunkle Haare?", fragte er schließlich, während sich sein Blick in die gegenüberliegende Wand bohrte, und kannte die Antwort doch bereits. Sein Kiefer spannte sich merklich an. "Ich werde diesen Scheißkerl auseinandernehmen …"
Sein Blick senkte sich wieder und völlig unverhofft sah er Tränen in Sibels Augen schimmern. Erst ein wenig hilflos, ermahnte er sich dann, wieder einen Gang zurückzuschalten. Sie brauchte ihn dringender, der Domitius konnte warten. Noch immer verkrampft, ließ er sich wieder etwas in die Kissen sinken, zog sie näher zu sich und strich ihr über die Haare. Um sich selbst abzulenken, begann nun auch er zu erzählen:
"Ich habe nach dir gesucht. Zuerst in der Taberna. Dort hat mir die Wirtin davon berichtet, wie die Urbaner Christianer verhaftet haben und dass sie dich und Rachel seitdem nicht mehr gesehen hat. Deshalb habe ich diesen Miles befragt. Er sagte, unter den Gefangenen wären auch zwei Lupae gewesen. Eine wollte sich freikaufen, meinte er, aber beide seien im Carcer gelandet. Erst hat er gesagt er würde mir helfen, aber dann habe ich nichts mehr von ihm gehört. Also bin ich allein dorthin gegangen, aber im Carcer habe ich nur erfahren, du wärest tot. Dieser Optio, er hat vor meinen Augen Asche in einer Zelle verstreut… deine Asche… und deinen Namen gerufen. Er hat dich beschimpft und zu den anderen Gefangenen gesagt, ihnen würde dasselbe passieren, wenn sie sich gegen die Cohortes Urbanae stellten… und dann habe ich aufgegeben", erklärte er mit belegter Stimme und schob die Augenbrauen zusammen. Vorerst erzählte er nicht weiter, davon wie er sich im Anschluss hinter den Baracken wie ein kleines Kind aufgeführt und später nichts mehr mit sich anzufangen gewusst hatte, und wie seine Beförderung ihm wenigstens ein gewisses Maß an Ablenkung verschafft hatte. Wahrscheinlich musste er auch gar nicht davon erzählen, damit sie verstand, wie er sich in jener Zeit gefühlt hatte. Sie kannte ihn gut genug. -
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Paullus Ovidius MentoSo amüsant es auch sein konnte, die frischen Tirones zusammenzustauchen, am liebsten sah der alte Optio ihnen noch immer dabei zu, wie sie sich plagten, während er bequem stehen durfte. Davon, seine Stimmbänder zu strapazieren, sah er dennoch nicht ab, denn nach den ersten Runden schleppte sich so mancher bereits abgekämpft über den Platz.
"Stellt euch mal nicht so an! Habt ihr etwa noch nie eure Füße benutzt?!", so und auf ähnliche Weise feuerte er die neuen Rekruten vermutlich wenig motivierend dazu an, von ihren restlichen Energiereserven Gebrauch zu machen.
Zufrieden beobachtete Mento schließlich wie auch der letzte seine zehnte Runde beendete und sich zu seinen mindestens genauso verschwitzen Kameraden gesellte.
"Was glaubt ihr weshalb ihr euch hier so abrackert?! Wozu sind wir Urbaniciani da?! Was sind unsere Aufgaben?!"
Sein Blick glitt über die Reihe der Tirones… und fand den abacus. Der besserwisserische Frischling von vorhin. Mal sehen, ob der tatsächlich so schlau war. "DU DA!!! TIRO ABACUS! Kannst du mir auch darauf eine Antwort geben?!" -
"Alle, die nichts mit dieser Sache zu tun haben, sollen raus", wies er in einem Tonfall, der klar machte, dass er keinen Spaß mehr verstand, an, und dachte dabei unter anderem an den verbliebenen Christianer, der noch den Wirt stützte, abgesehen von dem war ohnehin praktisch niemand mehr da. Aber wer an Christianern die Befragung verfolgte, würde später mit Sicherheit durch halb Rom rennen, und den Rest der Sektenmitglieder warnen. Etwas, das der Iunier nicht auch noch gebrauchen konnte.
Er wartete ab, bis sich die Frauen an den Tisch gesetzt hatten. Einige Atemzüge lang gönnte er sich noch eine Pause, um seinem Ärger ein wenig Zeit zu geben, sich ausreichend zu legen. Währenddessen galt sein Blick Mirjam und suchte nach irgendeiner Spur davon, ob sie sich daran erinnerte, wer er war. Gleichzeitig dachte er darüber nach, wie er wohl vorgehen sollte. Am besten nicht so als wäre er ihr Feind.
"Wie ihr vielleicht mitbekommen habt, bin ich Optio der Cohortes Urbanae... und der Rest hier sind meine Leute. Ich weiß von der Razzia vor einiger Zeit, aber wir sind nicht da, um irgendjemanden mitzunehmen. Wer es nicht darauf anlegt, hat nichts zu befürchten", begann Avianus in der Hoffnung, die Frauen etwas zu beruhigen. "Ihr habt versucht zu fliehen… wenn ihr aber von jetzt an mit uns zusammenarbeitet, werde ich darüber hinwegsehen, und ihr braucht euch keine Sorgen zu machen."
Schließlich setzte er sich den Frauen gegenüber an den Tisch und lehnte sich zurück.
"Ich bin im Grunde hier, um den Mist aufzuräumen, den andere produziert haben. Von der letzten Aktion der Urbaner, die hier stattgefunden hat, gibt es weder offiziellen Berichte noch hat sie auf den Befehl eines Vorgesetzten hin stattgefunden, und ich soll herausfinden, wie es hier seitdem aussieht. Also erzählt einfach… gehört ihr beide zu den Christianern? Wie viele wurden damals mitgenommen? Wie war eure Situation danach?" Die beiden waren merklich verängstigt, also entschied er sich, das Gespräch ruhig anzugehen. Zugegeben, ein wenig blöd kam er sich schon dabei vor, als Urbaner den Freund zu mimen. Aber wenn es funktionierte, würden die beiden mit Sicherheit mehr erzählen als bei gröberen Strategien… und wenn nicht, konnte er letztere noch immer anwenden. Auch wenn er hoffte, dass es nicht dazu kam. -
Nachgedacht hatte er also auch schon? Tja, vor der Nachtschicht würde ihn das trotzdem nicht retten. Dennoch stellte Avianus zufrieden fest, dass von Sulca keine Widerworte kamen.
"Dann haben wir das also geklärt", hakte er die Sache ab und ging zu einem anderen Thema über:
"Und was eure Streitereien betrifft… wenn ihr in euren Baracken sitzt, kann ich die ich nur schwer verhindern, aber im Dienst will ich davon nichts sehen, kapiert? Ihr werdet zusammenarbeiten, ihr werdet einander schützen und ihr werdet euch zwangsläufig aufeinander verlassen müssen. Wenn ihr zu solch einem Mindestmaß an Professionalität nicht in der Lage seid, habt ihr bei den Cohortes Urbanae nichts verloren." Er hatte keine Ahnung wie weitreichend die Differenzen zwischen den drei Soldaten waren, aber soviel wollte er zumindest klarstellen. Ein letztes Mal musterte er die Männer eindringlich und richtete sich schlussendlich noch einmal an den Cluvier. "Und als erfahrener Soldat weißt bestimmt auch du, dass weder an diesem Gespräch noch an deiner Strafe die beiden Tirones die Schuld tragen. Für ersteres bist du verantwortlich, letzteres war meine Entscheidung." Von den meisten Soldaten wurde es ja nicht gerade gut aufgenommen, von Kameraden verpetzt zu werden. Avianus hoffte dem mit seinem kleinen Apell an den Cluvier ein wenig entgegengewirkt zu haben.
"Falls es von eurer Seite keine Fragen mehr gibt, könnt ihr wegtreten", beendete er das Gespräch. "Tiro Germanicus, melde dich im Anschluss im Lazarett und lass dir die Hand sauber verbinden. Ich will niemanden wegen schlecht verarzteter Schrammen aussetzen sehen." -
Vor seinem inneren Auge setzten sich nach und nach die Teile zusammen, während sie weitersprach. Die Wirtin hatte trotz ihres wirren Zustands die Wahrheit gesagt. Sibel ... sie war mit einem Gast in ihr Zimmer verschwunden. Sie war eine Lupa, hatte er sich schon damals ins Gedächtnis gerufen. Nichts rührte sich auch jetzt in seiner Miene, obwohl er noch nie glücklich damit gewesen war, wie sie ihr Geld verdiente, vielleicht, tief in sich, hasste er es sogar, weil die Hoffnung es könnte sich daran jemals etwas ändern, inzwischen auf ein absolutes Minimum geschrumpft war. Aber sie trug keine Schuld daran und er konnte ihr nicht helfen. Anfangs hatte er sich ständig den Kopf darüber zerbrochen, wie er sie möglicherweise aus ihrer Lage befreien könnte, in letzter Zeit jedoch war das wichtigste, dass sie überhaupt am Leben war.
Er schluckte also jegliche Gefühle, die sich bei dem Gedanken wie sie ihren Körper verkaufte in ihm regen wollten, wortlos hinunter. Nicht dass sie es tat, war das Problem, sondern dass sie es tun musste.
Was ihn sehr viel mehr störte war, wie ahnungslos und naiv sie sich den Christianern bei ihrer Versammlung angeschlossen hatte, wie sie sich von den Worten des Predigers hatte beeinflussen lassen. Pass' auf dich auf, gib Acht, hatte er ihr immer wieder gesagt, doch am Ende umsonst.
"Genau das ist es, was sie wollen, Sibel. Sie scharen die Leute um sich, mit leeren Versprechungen und Geschichten über ihren Gott, damit sie sich ihnen anschließen, und sorgen am Ende nur für Unruhe im Volk", sprach er bitter, und wollte es dabei bewusst vermeiden, sie direkt zu beschuldigen, obwohl ein Ansatz von Ärger in ihm aufkeimte. Auch den versuchte er ihr zuliebe hinunterzuwürgen. Sie war schon immer viel zu leicht zu überzeugen gewesen, von jedem beeinflussbar. Silanus hatte sie dazu gebracht, ihm nicht die ganze Wahrheit zu verraten, bevor der Iunier sich dann in einen Kampf eingelassen hatte, den er genauso gut hätte verlieren können. Er selbst hatte sie ständig davon überzeugt, alles wäre in Ordnung, sie wäre sicher und er könnte ihr helfen, obwohl sogar er sich dessen nicht sicher gewesen war. Und Sibel lernte nicht dazu. Diese Christianer hatten leichtes Spiel gehabt.
Wieder brach sie ab, doch nach allem was er an Informationen zusammengekratzt hatte, ahnte er bereits wie ihre Geschichte weitergehen würde. Sie haben alle verhaftet, hallte die Stimme der Wirtin. Eine blöde Hure, die sich ihre Freiheit erkaufen wollte… , rief er sich Ahenobarbus' Worte wieder ins Gedächtnis, und sie hatte sich angelegt mit den Urbanern. Sein Magen krampfte sich auf einen Schlag zusammen.
"Sie haben dich mitgenommen …", presste er hervor und tief gruben sich Falten in seine Stirn. "Warum?" -
Ach, also nur vom subjektiven Standpunkt der Rekruten aus gesehen… und die hatten also keine Ahnung? Verdammt nochmal, er wollte einfach nur wissen, was geschehen war, und irgendwen musste er schließlich fragen. Und so langsam ging Avianus das besserwisserische Gehabe des Cluviers auf den Keks. Also eigentlich bin ich gar nicht verschwunden, blablabla, und die Tirones können eine solch komplexe Situation nicht beurteilen, blablabla… , hallte es in seinem Kopf. Warum erklärte Sulca dann nicht einfach, was an der Darstellung der Tirones nicht stimmte? Ansonsten musste er einfach annehmen, dass sie der Wahrheit entsprach.
"Dann ist es ja gut, dass ich diese komplexe Situation beurteile… und zu sagen hast du dazu also auch nichts mehr?", erhob er leicht genervt wieder das Wort. "Ich werde davon absehen, dich von den Ermittlungen gegen diese Christianer auszuschließen, allerdings sind dir Fehler unterlaufen, die ich nicht einfach ignorieren kann, Miles Cluvius." – Die Großzügigkeit des Optios hatte der Miles vor allem der Tatsache zu verdanken, dass er die zwei Frauen wieder eingefangen hatte. Diese waren zwar allein durch dessen Verschulden entkommen, aber da wollte Avianus mal nicht so kleinlich sein.
"Denkst du ein paar zusätzliche Nächte ohne Ausgang als Wache vor den Stadttoren werden dir helfen, über das Geschehene und deine Fehler nachzudenken?", fragte er und blickte den Miles abwartend an. Wenn er nicht doch noch ein verdammt gutes Argument vorbrachte, weshalb er gar keine Strafe verdiente, stimmte Sulca besser zu. Ansonsten wäre nämlich noch jemand für den Latrinendienst zu gebrauchen. -
Ihre Hand griff nach seiner, und er umschloss ihre, als sie sie fand. Ihr entging nicht, dass das Vergangene ihn noch immer beschäftigte. Doch sie hatte ihm bereits verziehen... auch die Dinge, die er hätte anders machen können? Sie würden sehen. Ein Kuss, ein Lächeln und tröstende Worte schenkte sie ihm – nicht umsonst.
"Mhm", stimmte Avianus ihr als Antwort dennoch eher halbherzig zu und beließ es dabei. Er hasste es, Dinge nicht kontrollieren zu können und sich einfach seinem Schicksal ergeben zu müssen, und dass Sibel den Preis dafür bezahlt hatte, machte es kein Stück besser. Doch er wusste, dass sie Recht hatte. Es war nicht seine Entscheidung gewesen, nach Germania zu reiten, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, brachte ihn ebenfalls nicht weiter, und jetzt war sie da, und würde es auch in den nächsten Stunden sein. Der Gedanke daran ließ ihn wieder Glück verspüren, gemeinsam mit dem Gefühl, wie sie sich an ihn schmiegte. Wie sie nun eng beieinander lagen, konnte er nicht anders, als sich zurückversetzt zu fühlen in jene Zeit, bevor alles Unglück mit seiner Abreise seinen Lauf genommen hatte.
Ruhig atmend lauschte er ihrer Stimme, als sie zu erzählen begann, bis er hörte wie ihre Entspannung langsam in Nervosität umschlug. Wieder richtete sich sein Blick auf sie und registrierte auch dort ihr Unbehagen.
"Sibel… Was ist los?", fragte er mit besorgtem Unterton, drückte leicht ihre Hand und hätte sie gerne noch näher an sich gezogen, wäre es denn möglich gewesen. Er wusste, auch an ihr waren die letzten Monate nicht ereignislos vorbeigezogen, wahrscheinlich war es ihr noch sehr viel schlechter ergangen, als ihm, denn im Grunde war ihm – außer sie zu verlieren – gar nichts passiert.
"Du brauchst dir keine Sorgen mehr zu machen", sagte er dann, obwohl er keine Ahnung hatte, ob seine Worte der Wahrheit entsprachen. Er hoffte es einfach. Die um sie geschlungene Hand strich dabei beruhigend über ihre Haut. -
Wie der Tiro nun leicht hilflos aus der Wäsche schaute, belustigte Avianus doch ein wenig. Zwischen angestrengten Atemzügen bekam er eine schlichte Gegenfrage gestellt. Natürlich ahnte Hispo worauf er hinaus wollte, er hatte nichts anderes erwartet.
"Da du es scheinbar weißt, warum tust du dann nichts dagegen?", meinte er daraufhin. "Teile dir deine Kräfte ein und konzentrier dich nicht nur auf den Angriff, sondern auch auf deine Verteidigung. Ein toter Soldat ist nicht nur nutzlos gegen den Feind, sondern eine Lücke in der Angriffslinie auch gefährlich für seine Kameraden." – Und niemand wollte die eigenen Kameraden auf dem Gewissen haben. Derartige Apelle verfehlten ihre Wirkung nur selten, denn am Ende war die eigene Einheit für jeden wie ein Haufen Brüder. Er machte wieder einen Schritt zurück, damit die zwei Tirones fortfahren konnten, ein paar Mal beobachtete er noch wie Antias und Hispo sich abwechselten und ging dann weiter."Genug", rief er nach vielen weiteren Wecheln, sodass es den Tirones wie eine Ewigkeit vorgekommen sein musste, schickte die Rekruten wieder zu ihren alten Freunden auf der anderen Seite des Exerzierplatzes: Nach den Übungen zu zweit durften sich die Tirones wie am Vortag noch eine ganze Weile vor die Pfähle stellen – dieses Mal ohne Unterbrechung –, damit auch wirklich jeder lahme Arme hatte, bis sich der Vormittag dem Ende zuneigte.
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"Ich werde sehen, was sich machen lässt", entgegnete er lächelnd und verabschiedete sich ebenfalls von seinem Verwandten, bevor er das Officium verließ. "Vale, Silanus. Es hat mich gefreut." Vielleicht würde er der wirklich wieder einmal in der Casa blicken lassen, sein letzter Besuch war lange her... vielleicht ließ sich in nächster Zeit was einrichten.
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Wie er es liebte, dieses Gefühl des Rausches, das seinen Kopf völlig leer fegte, und ihn nichts mehr fühlen und wahrnehmen ließ, als ihre Wärme, ihre Berührungen, ihre weiche Haut und das leise Wispern ihrer Stimme. Ihre Beine öffneten sich, wie eine stumme Einladung, welcher er ohne einen Augenblick des Nachdenkens folgte. Ihre Körper suchten einander, zwischen zärtlichen Berührungen und sanften Küssen, gleichzeitig immer ungehaltener und freier. Sie ließ ihn entfesseln, was sich in ihm angestaut hatte und er wollte dasselbe für sie tun, ihr zu der selben Extase verhelfen, die sie ihm darbot.
Sein Kopf war in die Kissen gesunken und sein Blick ruhte noch immer auf ihr, als er sie an seiner Seite hielt. Viel zu lange waren sie sich nicht mehr so nahe gewesen, viel zu lange, um jetzt einzuschlafen. Was von diesem Tag noch übrig war, wollte er vollends auskosten. Ein Abend würde nicht reichen um nachzuholen, was sie an gemeinsamer Zeit versäumt hatten, doch es war ein Anfang. Seine Augen musterten ihre Züge, versuchten herauszufinden, was sie wohl dachte, wie sie fühlte und ob sie in diesem Augenblick ebenso zufrieden war wie er. Ein Lächeln umspielte seine Lippen. Ich liebe dich, wollte er sagen, was er ihr schon so viele Male zuvor gesagt hatte, und jetzt war er sich dabei wieder so sicher wie lange nicht mehr. Doch sie wusste es bestimmt.
"Ich wünschte, ich wäre nie fortgegangen", sagte er dann leise, das Lächeln, zwar etwas verblasst, war nicht vollkommen verschwunden.