Avianus glaubte bereits, die Sache hätte sich erledigt, doch die Begegnung mit der Sklavin wurde immer noch schräger. Sie übergab ihm zusätzlich zu dem Schreiben noch eine Kette. Einen kurzen Augenblick lang, sah er nur verwirrt auf das goldene Schmuckstück hinab, bis er sich ein mehr oder weniger geistreiches "Aha..." abrang.
Ach ja, entgegennehmen sollte er es, das Ding. Warum auch immer. Nach wie vor etwas unschlüssig griff er nach der Kette und ließ sie, wie zuvor den Brief, unter seinem Mantel verschwinden. Dann wollte er sich bereits in die Castra begeben, denn nach dem Marsch durch die halbe Stadt und dem ewigen Herumstehen vor der Porta tropfte ihm das Regenwasser bereits von der Nase, allerdings stand die Serva ja immer noch da.
"Äh... warum nicht... du kannst gehen", befreite er sie also von ihrer Pflicht und wandte sich wieder der Porta zu. Zwar zeichnete sich in seinen Zügen noch immer ein breites Lächeln ab, aber langsam keimten Zweifel auf. Das war doch nicht normal, nicht einmal für die Tiberia. Wollte sie ihn in irgendetwas verwickeln? War da Gift an dem Brief? Oder an der Kette? Auf jeden Fall war was faul... es musste etwas faul daran sein... oder? Leicht den Kopf schüttelnd durchschritt er das Tor und warf schließlich einen flüchtigen Blick über die Schulter zurück zu seinen Soldaten.
"Na los, sehen wir zu, dass wir ins Trockene kommen."
Beiträge von Aulus Iunius Avianus
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"Das hört man gerne. Reisewagen und Karren werden nur Nachts in die Stadt gelassen, alles andere darf durch", erklärte Briso die Angelegenheit so, dass auch das verzogenste Patriziermädchen es verstehen würde.
"Ach Briso...", seufzte Sparsus, während das engelsgleiche Mädchen aus dem Reisewagen stieg.
"Was denn jetzt... ?", brummte Briso daraufhin verständnislos.
"Schon klar warum du keine abkriegst..."
Als Antwort klopfte Briso seinem Kollegen mit der flachen Hand gegen den Hinterkopf, sodass sich Sparsus erst einmal den Cassis wieder zurechtschieben musste.
"Ja, viel Spaß noch", bemerkte Briso noch gespielt freundlich in Richtung der ganz offensichtlich gut betuchten jungen Dame, und winkte inzwischen mal die nächsten zum Tor. -
Sparsus, der sich zuvor noch bei seinem Kameraden über den Reisewagen beschwert hatte, schien beinahe wieder versöhnt, als der liebliche Klang der Stimme aus dem Reisewagen in seine Ohren drang, sodass sich der schroffe Briso beim Anblick seines dahinschmelzenden Mitsoldaten gezwungen sah, erneut das Wort zu ergreifen.
"Das war's, hier geht's nicht weiter. Entweder ihr besorgt euch 'ne Sänfte oder ihr wartet bis Sonnenuntergang", wiederholte Briso seine Ansage nicht weniger dreist, allerdings vollkommen wahrheitsgemäß. Hier war Endstation für den Wagen.
"Aber Briso ...", begann Sparsus verträumt.
"Sag' mal spinnst du?"
Sparsus zuckte ratlos mit den Schultern, während Briso ärgerlich das Gesicht verzog.
"Lenkt den Wagen solange irgendwo zur Seite, damit's hier weitergehen kann." -
"Mensch, Briso, schau dir das mal an. Die lernen's wohl nie, oder?", sagte einer der Milites am Tor zu seinem Kollegen und seufzte deutlich hörbar. Ständig kamen diese protzigen Wagen an - meist inklusive mindestens so protziger Insassen - und glaubten, für sie würden am Stadttor andere Regeln gelten als für den Rest der Welt. Zunächst hatte er noch gehofft, der Wagen würde wie so manch einer vor ihm irgendwo am Straßenrand stehen bleiben und ein kleiner Botenjunge würde herabspringen, um in die Stadt zu laufen und eine Sänfte zu holen, doch je näher der Wagen kam, desto mehr verflüchtigte sich seine Hoffnung.
Miles Briso hingegen, in seiner Natur weniger zurückhaltend als sein Kollege, teilte seine Gedanken weder seinem Kameraden mit, noch behielt er sie für sich, sondern rief ohne große Umschweife dem Kerl auf dem Reisewagen, als dieser auf das Tor zurollte, direkt entgegen: "Keine Karren und Reisewagen vor Sonnenuntergang! Hier geht's nicht weiter, Leute!" -
Von Seneca hatte auch er nichts mehr gehört, seit dieser nach Mantua abgereist war, deshalb schüttelte er zunächst nur leicht den Kopf. Er hatte zwar auch schon daran gedacht, einmal einen Brief auf die Reise zu schicken, war aber stets zu dem Schluss gekommen, dass er selbst im Grunde nichts zu berichten hatte, denn seit ihrem Gespräch in der Habitatio hatte sich - mal abgesehen vom kürzlichen Eintreffen der Augusta - nicht besonders viel getan.
"Leider nein, seit seiner Versetzung hatten wir keinen Kontakt mehr. Allerdings bin ich mir sicher, dass er seine Sache gut macht, und wäre etwas vorgefallen, hätten wir bestimmt davon gehört", erklärte Avianus seinem Vetter schließlich. "Solltest du ihm dennoch schreiben, kannst du ihm gerne Grüße von mir ausrichten und ihm sagen, dass seine alte Einheit noch lebt." -
Das Bild das sich dem Optio bot, hatte er alles andere als erwartet. Er hatte sehr wohl damit gerechnet, dass ein Großteil reagieren würde, allerdings nicht damit, dass die halbe Truppe jetzt im Grunde tot wäre. In Deckung, hatte er gesagt, nicht Werft euch zu Boden.
Er scheiterte bei dem Versuch, sich ein müdes Lächeln abzuringen, denn seine Belustigung hatte sich recht schnell wieder gelegt, und musterte nun die Reaktionen der Tirones: Einer hatte sich wie ein kleines Kind auf dem Boden liegend unter seinem Scutum verkrochen. Marullus oder Tutor? Avianus hatte keine Ahnung, die beiden sahen für ihn so ziemlich gleich aus. Der andere hatte seltsamerweise Schutz hinter seinem Pfahl gesucht, während der Germanicus aus irgendeinem sich ihm nicht erschließenden Grund bäuchlings auf seinem Schild gelandet war. So mancher hatte schlichtweg vollkommen überrumpelt den Blick entsetzt gen Himmel gerichtet und mindestens genauso viele hatten sich nicht weniger betreten in seine Richtung gewandt. Was sich da gerade eben vor seinen Augen abspielte, war eine reine Katastrophe. Die einzigen die das hypothetische Szenario eines Pfeilangriffs vermutlich überlebt hätten, wären wohl mit etwas Glück der irritiert herumtänzelnde Hispo, der hinter seinem Scutum kauernde Fimbria und mit noch einem ganzen Brocken Glück mehr vielleicht noch Marullus (oder Tutor?) gewesen.
Und da fragte er sich natürlich in erster Linie: Warum?
"Surgite!", forderte er alle liegenden und kauernden zum Aufstehen auf und schlug mit dem Stab drohend auf die Scuta, während er zwischen den Tirones durchging. "Muss ich euch etwa öfter anbrüllen, dass ihr euch im Ernstfall nicht gleich vor Angst anscheißt?! Oder weshalb werft ihr alle sonst euren Verstand über Bord?", stellte er Fragen in die Runde, auf die er ohnehin keine Antwort erwartete, und blickte etwas unschlüssig von Tiro zu Tiro, weil er gar nicht wusste, wo er mit seinen Erklärungen beginnen sollte. "Eine Testudo bietet sich nicht immer an, und ist, wenn der Beschuss nicht von oben herab erfolgt, auch nicht zwingend notwendig. Aber verdammt nochmal zieht den Kopf ein und nutzt euer Scutum, das Ding ist notfalls groß genug um euren ganzen Körper zu schützen. Also reißt euch zusammen und pisst euch nicht die Tunicae an!"
Einen tiefen Atemzug später wartete er erst die Wirkung seiner Worte ab und gab schließlich den Befehl: "Weitermachen." -
Ähnlich wie während den Einheiten, in welchen er die Tirones Ringkämpfe hatte austragen lassen, schritt Avianus von Tiro zu Tiro, verbesserte hier und da, und beobachtete ein wenig, um einzuschätzen, wie gut die Truppe in der Ausbildung vorankam. Doch das endlose tock... tock.... tock... schläferte ihn nach und nach ein. Während der Ringkämpfe war wenigstens etwas los gewesen. Und hier war er dazu verdammt den Rekruten beim Malträtieren der Holzpfähle zuzuschauen, selbst wenn er immer weniger zu bemängeln fand. Natürlich gehörte stumpfes Üben und Wiederholen der Bewegungsabläufe genauso dazu, aber irgendeine Möglichkeit gab es bestimmt, es zumindest für ihn etwas unterhaltsamer zu gestalten.
Und dann kam ihm eine Idee, zunächst kaum merklich vor sich hin grinsend, stellte er sich hinter den Tirones auf und brüllte den Männern schließlich in den Rücken:
"SAGITTAE!!! IN DECKUNG!"
Er konnte nicht leugnen, den Befehl in erster Linie zu seiner eigenen Unterhaltung über den Platz gedonnert zu haben. Doch die Soldaten mussten sich an derartige Befehle ohnehin gewöhnen. Nicht nachdenken, nicht blöd gucken, sondern einfach unter den Schild, dachte er sich. -
Erledigt
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Mit einem Nicken bestätigte Avianus die Antworten der Tirones. Ohne Frage gefiel es ihm, wie seine kleine Truppe inzwischen bei der Sache war, und würde es so weitergehen, wären am Ende sicher ein paar richtig gute Leute dabei. Nun, und Raecius Fimbria war eben Raecius Fimbria, aber selbst mit dem würde er fertigwerden. An Selbstsicherheit mangelte es dem Iunius im Augenblick jedenfalls nicht.
"Scuta deorsum… sursum!", rief er erneut und noch einige Male ging es so weiter, bis schließlich ein letztes scuta deorsum erschallte. "Gut, da vorne liegt für euch Übungsausrüstung bereit. Tauscht eure Waffen und jeder stellt sich zu einem der Pfähle da drüben!" Mit dem Stab deutete er über den Platz hinüber zu den Holzpfählen, an welchen schon unzählige Tirones vor ihnen mit dem Gladius geübt hatten, genauso wie er selbst damals bei seiner Grundausbildung.
"Achtet auf eure Deckung, nutzt das Scutum wie ihr es gerade geübt habt, lasst euren Gladius hervorschnellen, ziehlt auf Kopf- und Halshöhe!", gab er noch kurze Anweisungen, lange Erklärungen waren vorerst überflüssig, er würde sich einfach mal ansehen, wie die einzelnen Männer sich anstellten. -
Verdammt nochmal, der Tiro war ja fast noch lauter als er. Der Raecier verblüffte ihn damit heute schon zum zweiten Mal, vor allem als dann nach der recht kurzen, lauten und nicht gerade brauchbaren Antwort erst mal nichts mehr kam. Abwartend blickte Avianus den Kerl an, der mit seiner Grübelei nur dafür sorgte, dass seine Kameraden ihre Schilde noch etwas länger halten mussten. Er unterdrückte ein Seufzen und erinnerte sich abermals daran, dass der Mann genau dafür da war. Damit er lernte, und nicht weil er bereits ein erfahrener, alles-könnender Soldat war. Und am Ende kam doch noch eine passable Antwort.
"Richtig, vor allem beim Vorrücken auf feindliche Stellungen ist die Testudo deshalb von großer Bedeutung. Scuta deorsum*!", schallte es über den Platz, als er den Tirones einen kurzen Augenblick gab, die Schilde abzustellen. "Scuta sursum!", hieß es jedoch gleich darauf. Im Grunde hatte er die Tirones ihre Scuta lediglich aus dem Grund absetzten lassen, um zu sehen, ob dieses Mal alle von selbst in eine akzeptable Haltung fanden.
Dennoch war ihm bei der Anwort des Tiros ein kleiner Fehler aufgefallen, oder zumindest eine Lücke. Schließlich waren nicht alle Wurfspieße grob geschnitzte Holzspeere, und das Pilum erwieß sich als außerordentlich hilfreich gegen feindliche Schilde.
"Doch du sagtest gegen Speerwerfer. Wer kann mir allerdings sagen was passiert, wenn Pila auf Scuta treffen?", stellte er erneut eine Frage in die Runde.Sim-Off: * Schilde ab
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Beide Soldaten standen wieder auf ihren Posten und warteten darauf, dass sich der Karren wieder in Bewegung setzte.
"Kommt drauf an, was du gewohnt bist... und wen du kennst", meinte der erste. Ja, so wie der junge Kerl der nach nicht halb so vielen Dienstjahren, wie er sie auf dem Buckel hatte, erst letztens in den Mannschaftsrängen gelandet war, dachte er leicht ärgerlich.
"Man hat's warm, ein Dach über dem Kopf, was zu essen und verdient dazu noch was. Und wenn du weiter nach oben kommst, wird's noch ein ganzes Stück besser", beantwortete er am Ende die Frage des jungen Mannes. Der war sich wohl zu fein für sowas. Er selbst dagegen hatte sich gar nie groß die Frage gestellt, ob es sich lohnte, denn die große Auswahl an Berufen hatte er nie gehabt. Auch ohne lange Überlegungen anzustellen war er damals zu dem Schluss gekommen, dass die Cohortes Urbanae bei seinen begrenzten Möglichkeiten noch der beste Weg waren. -
Erneut ging er die Reihe ab, zerrte an den Schilden und korrigierte die Haltung der Tirones, wo er nicht zufrieden war - im Grunde bei jedem. Unterdessen fiel ihm auf, dass ein paar übereifrige sich bereits daran versuchten eine Schildwand zu bilden. Das Ergebnis war zum einen nicht besonders zufriedenstellend, zum anderen hatte er den Befehl dazu noch gar nicht gegeben.
"Um eine geschlossene Reihe kümmert ihr euch erst, wenn ich den Befehl scuta premite gebe. Seht erst einmal zu, dass ihr eure Scuta richtig haltet!" Und außerdem mussten sie das nicht unerhebliche Gewicht gewohnt werden, das sie beim Großteil ihrer zukünftigen Einsätze mit sich herumschleppen würden. "Unerlaubtes Absetzen des Schildes bedeutet 20 Liegestütze für alle."
Man konnte von Kollektivstrafen halten was man wollte, wenn allerdings im Ernstfall in der Formation nur ein einziger versagte, sein Scutum richtig zu benutzen, konnte es für mehr als nur den einen richtig gefährlich werden.
"Tirones, euer Kamerad hat die Testudo-Formation erwähnt. Wozu wird sie eingesetzt?", fragte er, während er die Rekruten noch immer die Schilde halten ließ. -
Avianus sagte erst einmal gar nichts mehr, sondern beobachtete lediglich wie der Tiro allmählich begriff, zog abwartend die Brauen in die Höhe, als dieser es doch noch schaffte, seinen Gladius wegzustecken und zwang sich schließlich ein dünnes Lächeln auf die Lippen, als er es mit nicht allzu diskreter Hilfestellung des Germanicus doch noch zustandebrachte, die gestellte Aufgabe zu bewältigen.
"Du wirst das üben, von mir aus bis du Blasen an den Fingern hast. Alles klar?", sagte er und seine Worte hörten sich dabei eher wie ein Ratschlag als ein Befehl an. "Das gilt übrigens auch für alle anderen! Ich will nicht, dass irgendein Soldat abgestochen wird, weil er nicht fähig war sein Schwert zu ziehen."
Er ließ seinen eigenen Gladius zurück in die Schwertscheide gleiten und trat wieder zurück. Zeit für die Scuta, denn die waren fast noch wichtiger.
"Scuta sursum*! Nehmt die Grundstellung ein! Linke Schulter und linkes Knie stützen das Scutum!"Sim-Off: * Schilde heben.
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Da konnte seine Laune noch so schlecht sein, als der Mann ihn als Optio grüßte, lachte der Miles zunächst lautstark. "Junge, wär' ich Optio, hätte ich wen anders für die Nachtschicht eingeteilt", klärte er den Mann dann auf, als das Lachen wieder verstummt und das Grinsen verschwunden war. Ja verdammt, wer würde sich schon selbst für schlaflose Nächte vor den Stadttoren einteilen, vor allem wenn er die Möglichkeit hatte, sich einfach einen aus 80 anderen Soldaten dafür auszusuchen? - Was ihn schlussendlich nur zu einem Gedanken brachte: Er wollte endlich eine Beförderung.
Der zweite war inzwischen fertig damit, den Karren zu kontrollieren, führte noch ein kurzes Gespräch mit dem Bauern und nickte schließlich dem ersten Miles zu.
"Dann viel Spaß beim neu anfangen", sagte dieser gleichgültig zu dem jungen Kerl auf dem Karren und ließ selbigen passieren.Sim-Off: Ich hab mich hier eines NSCs bedient, sorry wenn das nicht ganz klar war
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Paullus Ovidius MentoDie Antwort des Tiros fiel deutlich detaillierter aus, als er es ürsprünglich erwartet hatte und brachte den alten Optio dazu, ihn nach den anfänglichen Fehlern der Rekruten zumindest ein wenig zu versöhnen. Allerdings nur mit dem einen, der die Fragen überkorrekt beantwortet hatte, denn zumindest der schien unter seinem Cassis nicht vollkommen hohl zu sein.
"Gut zu wissen, dass wir einen abacus in der Truppe haben!", bekam der Tiro dennoch nicht wenig freundlich zu hören. Für irgendwelche, nach Mentos Meinung sowieso völlig unnötige Nettigkeiten war es schlichtweg noch zu früh. "Aber euch schlafen ja noch die Beine ein bei der Fragerei! 10 Runden laufen! Bewegung!"
Auffordernd wedelte er mit dem Optiostab herum, eine Drohung für all jene, die der Meinung waren, sich nicht beeilen zu müssen. -
Zumindest war keinem das Schwert auf die Füße gefallen, allerdings musste Avianus feststellen, dass es unter seinen Tirones ganz andere Problemfälle gab. Ein wenig verblüfft darüber, wie jemand das Schwert mit einer solchen Selbstsicherheit falsch herum ziehen konnte, während alle Kameraden um einen herum sich damit abmühten, es richtig zu machen, ohne den eigenen Fehler zu bemerken, und noch dazu nachdem er es korrekt vorgezeigt hatte. Vielleicht sollten sie bei der Tauglichkeitsprüfung in Zukunft auch einen Intelligenztest machen. Und irgendwie hatte er das Gefühl, er sollte eigentlich ein ganzes Stück mehr verärgert sein und dem Tiro den Stab auf den Cassis hämmern lassen, dafür dass er ihm offensichtlich keine Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Natürlich war er verärgert, aber noch überwiegten Verwunderung und die Faszination dafür, dass jemand tatsächlich so blöd sein konnte. Mit einem Stirnrunzeln ging er auf Fimbria zu.
"Da du den Dreh ja schon raus hast …" … zumindest dem Gesichtsausdruck des Tiros nach zu urteilen … "Wie würdest du deinen Gladius jetzt benutzen?" Mit ehrlicher Neugier wartete er die Antwort ab. Außerdem wollte er dem Rekruten damit die Chance geben, seinen Fehler selbst zu bemerken. -
Nebel war immer noch besser als der Regen, den er in letzter Zeit viel zu oft hatte ertragen müssen, dachte sich einer der Milites am Tor. Auch wenn er genauso für einen klammen Mantel sorgte, wenigstens stand er mit den Caligae nicht in tiefen Pfützen. Er versuchte ein Gähnen zu unterdrücken und scheiterte kläglich, während einer seiner Kameraden den nächsten Wagen durchwinkte. Bald würden sich die Stadttore für die unzähligen Karren der Händler und Reisenden schließen, die tagtäglich die Urbs Aeterna erreichten... und seine Schicht hätte endlich ein Ende. Aber noch galt es, seine Arbeit zu erledigen.
"Salve", grüßte er die nächsten Neuankömmlinge gelangweilt und deutete auf den Karren. "Was wollt ihr in der Stadt? Was habt ihr da so dabei?" Der Soldat gab sich nach einer halben Nacht vor dem Tor keine große Mühe mehr, sich in korrektem Ton auszudrücken. Außerdem hatte er meistens sowieso nur Bauern und Händler vor der Nase, die nicht minder übellaunig waren. Wozu also die Mühe?
Und obwohl er seine Fragen eben erst gestellt hatte, besah sich sein Kamerad bereits die Ware auf dem Karren. -
Vor dem Tiro, der sich zu Wort gemeldet hatte, blieb er stehen. Ach, der Germanicus. "Zum Reden reicht die Puste, was?", meinte Avianus trocken, aber keineswegs boshaft, und in Gesprächslautstärke. Ein leichtes Lächeln stahl sich dabei auf seine Lippen.
"Ganz recht, Tiro Germanicus Antias", bestätigte er dann wieder für alle deutlich hörbar, trat etwas von der Reihe zurück und richtete sich wieder an alle Rekruten. "Ihr habt euren Kameraden gehört. Der Gladius dient vor allem Stichwaffe, wird rechts getragen und mit der rechten Hand gezogen, denn mit Scutum und in engen Formationen fehlt ganz einfach der Platz um das Schwert gut von der linken Seite ziehen zu können. Aber mit etwas Geschick und Übung werdet ihr euch bald daran gewöhnt haben."
Zur Veranschaulichung wechselte er den Optiostab in die linke Hand und zog mit einer flüssigen Bewegung das Schwert aus der Scheide. Soviel zur Theorie.
"Also gut: Gladios stringite!*"
Gespannt beobachtete er seine Rekruten. Mit etwas Glück hatte sich der ein oder andere schon daran versucht, doch er hatte die Männer nicht zum Spaß in einer einzelnen Reihe antreten lassen. Für den Fall, dass irgendeinem Genie das Schwert ausrutschte, war es besser, wenn niemand vor jenem Tiro stand, um die Klinge am Ende im Rücken stecken zu haben.Sim-Off: * Schwerter ziehen
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Mit einem dünnen Lächeln musste Avianus feststellen, dass es unter den Tirones noch immer welche gab, die bereits nach drei Runden etwas außer Puste waren. Einerseits verleitete es ihn zu einem breiten Grinsen, dass ein so kurzer bei manchen bereits für Schnaufen sorgte, andererseits bedeutete es für ihn, dass er mit den Tirones noch lange nicht fertig war. Was aber wiederum auch sein gutes haben konnte.
Jedenfalls hatte er nur drei Runden angeordnet, damit danach noch alle fit für die restlichen Übungen waren. Daran würde er noch arbeiten müssen, beziehungsweise würde er seine Leute einfach vor und nach den Einheiten noch ein wenig mehr Laufen lassen. Vorerst war jedoch etwas anderes an der Reihe.
"Tirones, in aciem venite! State!", rief er über den Platz und wartete ab, bis sich die Männer aufgestellt hatten. "Wie ihr sicherlich wisst sind eure wichtigsten Waffen der Gladius und das Scutum...", setzte er fort, während er mit dem Optiostab die Reihe abging und perfektionierte. "Und es wird langsam Zeit, dass ihr lernt, mit ihnen umzugehen. Doch zuvor: Wer kann mir noch etwas zu beidem sagen?"
Er musterte die Männer mit einem Blick, der soviel bedeutete wie: Freiwillige vor. -
Der Germanicus hatte sich in der Zwischenzeit tatsächlich wieder zusammengerissen und verlor keine Zeit, ihn über die Wahrheit aufzuklären. Wirklich verwundert war er über die Lüge des Mannes zwar nicht und er hatte bereits vermutet, dass der Kerl mehr wusste als er preisgab, aber man wollte schließlich nicht einfach nur irgendwelche Vermutungen anstellen, wenn man Zeugen zur Hand hatte.
"Wie überraschend", kommentierte der Iunius mit Blick auf den Südländer sarkastisch. "Du verstehst sicher, dass wir deinen Freund wohl oder übel mitnehmen werden müssen, aber du kannst aus der Sache immer noch raus, wenn du zeigst, dass du bereit bist, mit uns zusammenzuarbeiten." Avianus beugte sich ein Stück zu dem Peregrinus hinunter und musterte den Mann eindringlich. Dem hingegen war kein Wort mehr über die Lippen gekommen, seit Antias seine Lüge aufgedeckt hatte, und auch jetzt blieb er weiterhin stumm.
"Wo sind sie hin? Eine der Frauen ist sicher Mirjam, oder? Wer ist die zweite?", fragte Avianus ungerührt, bekam jedoch als Antwort weiterhin nur Schweigen.
"Überleg's dir." Der würde schon noch reden, und falls nicht hatten sie immer noch seinen Kollegen. Er richtete sich wieder auf und wandte sich mit mäßiger Begeisterung an seinen Tiro. Nach wie vor lief nichts nach Plan, und er fühlte sich als befehlshabender Optio gewissermaßen dafür verantwortlich, doch seine Soldaten schienen ihm bei seiner Aufgabe alles andere als eine große Hilfe zu sein. Und das obwohl er eigentlich der Meinung war, eine halbwegs brauchbare Truppe zusammengestellt zu haben.
"Was meinst du mit Miles Cluvius dürfte die Verfolgung aufgenommen haben? Hat er oder hat er nicht?" Mit einem dürfte konnte er schließlich wenig anfangen. Sollte er sich etwa einfach eines von beidem aussuchen? Kurz ermahnte er sich in Gedanken, Ruhe zu bewahren. Dennoch, wenn sie hier darauf warteten, dass der Cluvier zurückkehrte, und dieser hatte keine brauchbaren Informationen, wären die beiden Frauen bereits über alle Berge und mit ihrem einzigen wirklichen Anhaltspunkt hätte es sich erledigt... es sei denn, Sibel wusste noch etwas.
Unterdessen kam Carbo duch den Durchgang zurückgetrottet, ohne Kameraden im Schlepptau und nicht bei bester Laune, und hinderte den Optio daran, mit seinen Gedanken abzuschweifen.
"Optio Iunius, ich weiß nicht wo die anderen beiden sind, aber vorne auf der Straße sind sie nicht", gab er wenig hilfreich die Erkenntnis zum Besten, welche er in den letzten Minuten in der Gasse beim Anstarren der passierenden Leute erlangt hatte. Auch Carbos Meldung war ganz und gar nicht, was Avianus zu hören gehofft hatte. Jeder machte irgendetwas und niemand gab irgendwem Bescheid. Er wollte noch gar nicht daran denken, was er für den Tribunus in den Bericht für schreiben würde.