"Wie soll das besser sein, wenn alles, was ich mir wünsche, mehr Zeit mit dir ist?", murmelte er kaum hörbar, legte sein Gesicht an ihre Haare, als sie sich an seine Brust schmiegte, und hielt sie weiter im Arm, um sie zu beruhigen und zu trösten. Alles ging viel zu schnell wieder seinem Ende zu. Er hatte nicht einmal die Möglichkeit gehabt, eine ganze Nacht mit ihr zu verbringen, von einem Tag ganz zu schweigen. Die kurzen Stunden am Abend, darunter die wenigen magischen, die sie vor wenigen Tagen erlebt hatten. Nein, etwas, das so jung war, sollte noch ein ganzes Leben vor sich haben.
Irgendwann, sie machte Anstalten sich von ihm zu trennen, musste er seine Umarmung lockern, aber sie versicherte ihm, da zu sein, wenn er morgen wieder in die Gärten zurückkehren würde. Das war ihm Grund genug, sich ein müdes Lächeln abzuringen. Er nahm das Amulett wieder an sich und hängte es sich um.
Doch von nun an rann der Sand unaufhörlich, viel Zeit blieb ihm nicht. Ein Tag. Ein Tag um einzige zu retten, was er außerhalb von Arbeit und Familie hatte. Seine Gedanken rasten bereits, suchten nach Wegen und Worten, um dieses eine Ziel zu erreichen. Aber bisher hatte er viele Dinge für unmöglich gehalten. Er hätte nie gedacht, dass er einmal Prätorianer sein würde. Er hätte nicht gedacht, dass er aus Vicetia wieder rauskommen würde. Und wenn er ehrlich war, hätte er früher absolut niemandem geglaubt, wenn man ihm gesagt hätte, er würde sich prügeln, um eine Lupa zu beschützen, die er noch dazu liebte. Wenn jemand ein Wunder finden konnte, dann wohl er.
"Dann wünsch' mir Glück." Er küsste sie, ein letztes Mal streichelte er ihr über die Haare und ihre Wange, um sich dann für diesen Abend endgültig von ihr zu lösen.
"Hast du sonst alles, was du brauchst? Geld für was zu essen und zu trinken? Irgendwas?", fragte er, bevor er sich für diesen Abend von ihr verabschieden würde.
Beiträge von Aulus Iunius Avianus
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Zu gerne hätte Avianus ihr wieder die Tränen weggewischt wie schon einmal an diesem Abend, doch die sie hielt seine eine Hand fest und mit der anderen hielt er sie. Sie weinte, berührte liebevoll seine Wange, küsste seine Hand und redete gleichzeitig auf ihn ein, sie für immer gehen zu lassen. Und mit jedem Satz, der wie durch tiefes Wasser zu ihm durchdrang, wurde sein Gesicht ein Stück weit blasser. Nichts als ein absurder Traum. Dieser Tag konnte nichts anderes sein. Er hatte den ganzen Tag über dem Abend entgegengefiebert, um sie sehen zu können, und die Gewissheit zu erlangen, dass es ihr gut ging, doch damit hatte er nicht gerechnet. Und egal wie sie es auch ausdrücken oder begründen mochte, es würde stets das Schlimmste sein, was sie ihm jemals antun könnte. Womöglich hatte sie Recht, vielleicht war es das Beste, doch er könnte es sich niemals verzeihen, wenn er nicht alles im Bereich des Möglichen versucht hätte. Er wünschte, er könnte auch jetzt wütend sein, und es ihr entgegenbellen, doch was er auch sagte, verließ seine Kehle stockend und tonlos.
"Ich liebe dich, Sibel… aber das hier ist kein Geschenk, es ist eine Bestrafung. Wäre es ein Geschenk, dann… du würdest das Amulett nicht zurückverlangen." Während er sprach, löste er seine Hand für einen Moment aus ihren, zog aus dem Halsausschnitt seiner Tunika das Amulett hervor und streifte es sich über den Kopf, bevor er sie wieder, das Schmuckstück zwischen den Fingern, in ihre Hände sinken ließ und sie an seine Brust drückte.
"Bitte, Sibel. Ich muss mit Seneca reden… daran komme ich sowieso nicht vorbei. Vielleicht… kann er helfen… irgendwie." Und wie konnte sie das von ihm verlangen. Wie konnte sie erwarten, dass er sie auslieferte, wo es ihr doch immer darum gegangen war: Ihre Freiheit. Und er hatte alles in seiner Macht stehende für ihre Freiheit getan. Doch die Ungewissheit, wie es ihr gehen würde, wenn sie wieder auf der Straße landete und die Vorstellung davon, dass sie wahrscheinlich völlig auf dich alleine gestellt wäre oder sie wieder an jemanden wie Silanus oder Silanus selbst geraten könnte, machte ihm noch sehr viel mehr Angst, als alles andere. Im Grunde wollte er gar keinen Weg akzeptieren, der ihm seine Sibel wegnahm, auch wenn jeder Weg schlussendlich in diese Richtung führen würde, außer es geschah ein Wunder. Doch wenn es irgendwo ein Wunder gab, er wollte es finden.
"Gib' mir diese eine Möglichkeit, eine Lösung zu finden… für dich, wenn schon nicht für uns. Morgen Abend… ich werde hier sein. Gib mir dein Wort, dass du auch da sein wirst", sagte er mit gequältem Blick. -
Zitat
Original von Marcus Decimus Livianus
"Salve." Man hörte sich die kurze Erklärung des Sklaven an, der für den Senator und baldigen Consul sprach. Entsprechend wurde das Schreiben kontrolliert, das der Sklave bei sich trug, und für einwandfrei befunden.
"In Ordnung. Ihr könnt passieren." Damit hatte der Senator die Kontrolle auch schon hinter sich gebracht und würde im Vorbeigehen lediglich noch angemessen von den Wachen gegrüßt werden. -
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Original von Marcus Iulius Dives
"Salve", grüßte die Wache. "Wir müssen noch kurz auf Waffen durchsuchen", sagte der Iunier und überflog das Schreiben, während sein Kollege sich bereits an die Kontrolle machte. Keine Waffen, die Einladung war ebenfalls in Ordnung, für die Wache gab es also nicht mehr zu tun, als den Iulius in das entsprechende Officium zu begleiten.
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"Verflucht, ich… ich weiß es nicht", entgegnete er resigniert. Wie sollte er ihr antworten ohne alles schlimmer zu machen? Nein, er verstand es nicht, hatte sie Silanus ihm gegenüber doch bereits vor langer Zeit verraten, zumindest was seinen Namen betraf. Und auch als sie ihm heute Abend von Silanus erzählt hatte, hatte sie keine Anstalten gemacht, ihm klar zu machen, dass ihr Unterdrücker sein Geld unter anderem damit verdiente, Menschen zu töten. Er schwieg. Wieder. Weil ihm voll und ganz klar war, dass er völlig neben sich stand, und doch wusste er es nicht zu verhindern. Und während er schwieg starrte er auf seine Hand in den ihren.
Er legte ihr die andere Hand an die Schulter und wollte sie zu sich ziehen. Doch ihre Bitte, die ihn wie ein Dolchstoß traf, ließ ihn innehalten und schnürte ihm gleichzeitig die Kehle zu. Natürlich hatte er ihr Amulett, er hatte es stets gehütet seitdem er begonnen hatte, sich mit ihr zu treffen.
"Nein…", kam es von ihm zuerst nur heiser. Dann schüttelte er bestimmt den Kopf. "Nein. Du hast gesagt, du bist nicht vor ihm sicher", sagte er dann fest. "Und wo willst du hin? Was willst du tun?" Er fragte sich tatsächlich, ob er sie nicht irgendwie falsch verstanden hatte, ob sie damit nicht vielleicht etwas vollkommen anderes meinte. Oder hatte er sich alles nur eingebildet? Bedeutete er ihr so wenig, dass sie sich dazu imstande sah, alles mit einer solchen Leichtigkeit zu beenden? Noch immer rang er um Worte, doch außer einem verständnislosen "Warum, Sibel???" brachte er nichts mehr hervor. Stattdessen machte er da weiter, wo sie ihn zuvor derart aus dem Konzept gebracht hatte: Er zog sie ein Stück weit zu sich und hoffte, sie würde sich nicht dagegen wehren. Schadensbegrenzung war jetzt wohl das Stichwort.
"Du kennst mich, vergiss das alles wieder. Heute ist einfach schon zu viel passiert, morgen wird besser, bestimmt." Inwiefern konnte er selbst nicht beantworten. Wahrscheinlich würde niemand versuchen, ihn zu töten. Doch er würde immer noch eine Frau lieben, mit der eine gemeinsame Zukunft schier unmöglich war. Er konnte selbst kaum glauben, mit welch kindlicher Naivität er sich der Illusion hingab, seine Liebe zu Sibel hätte auch nur die geringste Chance. Aber er konnte nicht anders, als sich an den Strohhalm zu klammern, den ihm Seneca hingestreckt hatte. Er war nur Soldat, noch konnte er es sich erlauben, sie zu treffen. Doch war er zu weit gegangen, als er sich für sie in ernsthafte Gefahr begeben hatte? -
"Salve, Consular Aelius", wurde kurz höflich gegrüßt.
Einen kurzen Blick warf die Wache noch auf das Schreiben, in der Hand des Sohnes. Die Einladung war einwandfrei, weshalb sich der Senator nicht länger von den Wachen aufhalten lassen musste, sondern die Erlaubnis bekam zu passieren. "Ihr könnt durch." -
Der Iunier blieb stumm, legte aber bereitwillig den Kopf in den Nacken, während sie sich darum kümmerte, ihm das Blut aus dem Gesicht zu wischen. Er wollte sich gar nicht vorstellen, wie es wäre, jetzt alleine zu sein und selbst wenn er nichts sagte, war er ihr doch dankbar.
Kaum hatte er sich ein wenig entspannt, ließen allerdings ihre Worte die Ruhe, die versucht war, sich in ihm auszubreiten, wiederum vollends zerbröckeln. Er hob seinen Kopf und starrte sie einen Augenblick lang unschlüssig an.
"Warum…" Avianus brach ab, als er sich wiederum seines gereizten Tones bewusst wurde. "Warum hast du nie etwas davon gesagt, Sibel?", begann er erneut bedacht, konnte allerdings nicht verhindern, dass bei seinen Worten wieder ein gewisser Vorwurf durchsickerte, und noch weniger, als er weitersprach, selbst wenn seine Stimme dabei ruhig blieb. Immerhin hatte er erst bemerkt, dass er Silanus unterschätzt hatte, als der Kampf bereits in vollem Gang gewesen war. Sie hatte ihm den Namen des Mannes genannt, sie hatte ihm sogar verraten, wo er ihn finden konnte, doch dass er es allem Anschein nach mit einem sadistischen Auftragsmörder zu tun hatte, hatte sie ihm verschwiegen. "Hätte ich von Anfang an gewusst, wie ich ihn einschätzen muss, hätte ich gleich mein Schwert gezogen. Ich hätte ihn nicht davonkommen lassen. Und was wenn er eine Waffe bei sich gehabt hätte? Er hätte mich mühelos töten können, als ich auf ihn zugegangen bin..." Es ging ihm nicht einmal darum, ob Silanus in Zukunft noch ein Problem darstellen würde, auch nicht darum, dass sie sich mit ihm getroffen hatte, während Silanus ihr gefolgt war. Es ging einzig und allein darum, dass ihre maßlose Angst ihn daran hinderte, sie und sich selbst wirklich schützen zu können.
"War das alles, oder ist da noch mehr, was ich hätte wissen sollen?" Wortlos lehnte er dann wieder den Kopf zurück. Nichts, was er noch hätte sagen können, hätte die Stimmung aufgeheitert. Es fiel ihm schwer, sich gerade jetzt, nach allem, was an diesem Tag passiert war, wieder zu beruhigen und nicht bei jedem noch so kleinen Anlass wieder seinen Groll aufkommen zu lassen. Dennoch, dass er Silanus für sie vertrieben hatte, musste wohl vorerst als Beweis seiner Zuneigung ihr gegenüber genügen, gemeinsam mit der Tatsache, dass er ihr bereits oft genug gesagt hatte, dass er sie liebte. Er konnte ihr doch nicht einmal wirklich böse sein, er könnte nicht einmal sagen, ob dieses Mal sie der Grund für seinen Ärger war, oder er nur wieder eine Folge der jüngsten Ereignisse war und der Nervosität, die sich den ganzen Tag über in ihm angestaut hatte. Er wusste lediglich, dass er Schlaf nötig hatte. -
"Ich hätte ihn einfach gleich töten sollen, oder?", meinte Avianus noch immer leicht gereizt und sichtlich angespannt. "Wenn ich ihn noch einmal sehe, töte ich ihn auf der Stelle."
Es würde ein wenig dauern, bis sich der Adrenalinspiegel in seinem Blut nach der Auseinandersetzung mit Silanus wieder normalisierte. Das war allerdings nicht der einzige Grund dafür, dass sein Ärger noch nicht vollkommen abgeklungen war. Er war verärgert über sich selbst, weil er sich sicher war, dass er anders besser hätte handeln können, weil er trotz allem das Gefühl nicht los wurde, dass er sich selbst überschätzt und Silanus unterschätzt hatte, weil er wusste, dass er wieder irgendeine Ausrede brauchte, um zu erklären, was heute passiert war, und weil er eben nicht wusste, ob er auch versuchen sollte, Seneca diese Ausrede aufzutischen. So wie er jetzt aussah, konnte er allerdings vorerst nirgendwo hin, bereits die Wache vor der Castra würde ihn mit unangenehmen Fragen löchern.
Vor ihnen wurde der künstliche Teich sichtbar, der Ort an dem alles irgendwie erst richtig angefangen hatte, damit dass er seine Gefühle Sibel gegenüber zugelassen und die Probleme, die darauf folgen würden, bewusst ignoriert hatte. Die rechte noch immer schmerzende Hand hielt mehr oder weniger fest Sibels, der Handrücken seiner Linken sorgte dafür, dass seine Nase aufhörte zu bluten. Auf dem Weg durch die Gärten hatte er mehrfach danach getastet, um sicherzugehen, dass sie nicht wieder schief war. Inzwischen war er sich ziemlich sicher, dass sie höchstens angebrochen war und von selbst wieder verheilen würde, alles in allem aber wohl nur ein geringer Trost.
Als sie dem Ufer näher kamen, ließ er langsam Sibels Hand los, ging am Rand des Teichs in die Hocke, wusch sich das Blut von der einen und ließ die andere Hand im angenehm kühlen Wasser hängen.
"Was hat er damit gemeint, als er gesagt hat, er hätte schon weit wichtigere Leute getötet?", fragte er plötzlich und für seine Geliebte wahrscheinlich völlig unerwartet. Fragen. Noch etwas, das ihn verärgerte. Das Gefühl, dass ihm vieles entgangen war, dass sie ihm nicht alles erzählt hatte, was er hätte wissen sollen. Doch seine Stimme war dieses Mal ruhig, denn Sibel seinen Ärger spüren zu lassen, war eigentlich das Letzte, was er wollte. Sie hatte nie von ihm verlangt, etwas gegen Silanus zu unternehmen, es war immer er gewesen, der sie dazu gedrängt hatte, seine Hilfe anzunehmen, wenn sie sie wirklich brauchte. Und natürlich hatte sie ihm den Brief geschickt, aber wie ihm schien nicht mit dem Willen, dass er sie gegen Silanus verteidigte. Nein, was passiert war, hatte er in erster Linie sich selbst zuzuschreiben. Und doch war es irgendwie das einzig richtige gewesen, er hatte nicht länger zusehen können, wie sie unter ihrem Peiniger litt, und er hatte ihr sein Wort gegeben. -
Sein Gedächtnis behielt Recht, aber wie hätte Avianus die beiden auch vergessen können? Und mit dem Glücksspiel war das wohl so eine Sache. Es waren wieder dieselben Frauen, die sogar aus demselben Grund hier waren und zumindest die eine erinnerte sich ebenfalls an ihre letzte Begegnung. Dennoch, er verstand das Drama absolut nicht, das die Patrizierin wieder um die letzte Durchsuchung machte. Auch wenn sein Kamerad damals gegafft hatte, als hätte er seit einer Ewigkeit keine Frau mehr gesehen, war nicht das Geringste passiert. Und selbst wenn Proculus die beiden durchsucht hätte, hätte er es mit Sicherheit nach Vorschrift getan, sie waren schließlich immer noch Prätorianer. Die für ihn etwas überzogene Reaktion der Tiberia kommentierte er deshalb vorerst nur mit einer hochgezogenen Augenbraue.
"Ich kann ihm natürlich gerne schöne Grüße ausrichten, das würde ihn sicher freuen. Er hat an dem Abend nur von euch geredet", scherzte er dann trocken, als sie geendet hatte. Canus war sichtlich versucht zustimmend zu nicken.
"Aber auch wenn es für euch vielleicht nicht danach aussieht, wir haben hier zu tun. Canus, auf was wartest du?"
Canus war auf halbem Weg stehen geblieben, das Gespräch zwischen seinem Kollegen und der Patrizierin hatte seine volle Aufmerksamkeit gefordert und er machte mit seinem breiten Grinsen keinen Hehl daraus, dass er den Wortwechsel als recht amüsant empfand.
"Ich dachte nur, ich lass euch erst noch ein wenig plaudern…", meinte er und machte sich deshalb erstmal daran, die Begleiterin der Tiberia zu durchsuchen. -
Vielleicht war es wirklich besser, noch abzuwarten. Und ohnehin waren es Axillas Kinder, sie wusste wohl am besten, was zu tun war. Da wollte Avianus sich vorerst nicht zu sehr einmischen. Dennoch kam er sich ziemlich nutzlos vor. Er wusste weder wirklichen Rat, noch konnte er etwas anderes für seine Cousine tun. Aber das war bei ihm ja nichts neues, meistens konnte er froh sein, wenn er seine eigene Lage im Griff hatte, was zurzeit immerhin auch nicht vollkommen gegeben war. Obwohl er seine Probleme zumeist sich selbst zuzuschreiben hatte.
"Naja, falls ich dir irgendwie helfen kann, lass es mich wissen", sagte er und schürzte die Lippen. "Ich habe zwar keine Ahnung inwiefern ich bei irgendwas hilfreich wäre, aber ich werde tun was ich kann." Nein, er wusste nicht was er für Axilla tun könnte, aber es zählte wohl vor allem der gute Wille. Er lächelte einen Moment lang schief und lehnte sich dann wieder zurück. Wenn Axilla noch etwas wissen oder ihm einfach weiter Gesellschaft leisten wollte, würde er es begrüßen, ansonsten würde er die angenehme Ruhe, die im Hortus herrschte, noch ein wenig genießen, bevor es für ihn wieder Zeit wäre, sich auf den Weg zu machen. -
"Na toll." Avianus seufzte.
Canus sah sich irritiert um und versuchte wohl herauszufinden, was die Reaktion seines iunischen Kameraden hervorgerufen hatte. "Hä?", kam von ihm dann nur schlicht, denn alles was er sah, waren die beiden Frauen, die auf sie zukamen.
"Siehst du die beiden? Das sind die, von denen Proculus geredet hat...", antwortete Avianus.
"Keine Ahnung von was du redest."
"Die Hübsche und die Fette", zitierte er Proculus.
"Ach ja genau." Canus grinste breit.
"Weißt du was, dieses Mal machen wir es anders", sagte der Iunier noch, dann standen die beiden Frauen auch schon vor ihnen. Er hatte nicht vor, erneut seine Zeit damit zu verschwenden zu erklären, was Vorschrift war und dass man Wachen nicht drohte... auch nicht mit Fächern. Er zog tatsächlich in Betracht, Proculus' Rat zu befolgen.
"Salve, die Damen", grüßte er in halbherzigem Ton. "Eure Namen? Was führt euch her? Canus, durchsuchst du die beiden?" Der andere Soldat trat mit einem süffisanten Lächeln zu der Tiberia und ihrer Begleiterin.
"Anscheinend habe ich euch gefallen, dass ihr ausgerechnet während meiner Schicht wieder hier auftaucht", sagte er immer noch ernst, musste aber schlussendlich doch noch ein Grinsen zurückhalten. -
Beroe, deins ist dran
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Die beiden... etwas schwierigeren Frauen hörte man am Tor bereits tratschen, als von ihnen noch nichts zu sehen war. Zumindest konnte sich die Wache dadurch vor allem psychisch auf das potienziell drohende Unheil vorbereiten. Proculus schien überall hinzustarren, nur nicht auf die Weiber, Avianus blickte sich gar nicht erst um.
"Beehrt uns bald wieder", murmelte Avianus sarkastisch, nachdem die beiden Frauen an den Wachen vorbeigegangen waren, leise genug, damit sie es nicht hören würden,
"Du bist viel zu freundlich und dann tanzen uns die da nur auf der Nase rum. Lass doch mal den Prätorianer raushängen", brummte Proculus, als die beiden bereits verschwunden waren. "Und wenn sie ein Problem damit haben, werden sie schon sehen, wie weit sie damit kommen."
"Vielleicht hast du recht", gab Avianus nachdenklich zurück, vergaß dabei aber natürlich nicht, dass die Probleme mit den beiden Frauen eigentlich genau bei dem Mann neben ihm angefangen hatten. -
Und wie sein Haken gesessen hatte, so sehr, dass sich bei einem zweiten Schlag in seiner Faust ein stechender Schmerz ausbreitete. Sein Kontrahent schlief derweil ebenfalls nicht, sodass der Iunier es für das beste hielt Silanus bei der nächstbesten Gelegenheit von sich zu stoßen. Im nächsten Moment hatte er sich aufgerappelt und seine Hand lag am Griff seines Schwertes. Avianus zweifelte daran, dass Silanus sich davon beeindrucken lassen würde, dennoch hoffte er darauf, auch wenn in ihm alles danach schrie, den Mann auf der Stelle zu töten und ihm die Wut noch immer ins Gesicht geschrieben stand.
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Die Wache war natürlich darüber informiert, wer im Palast erwartet wurde, und hatte deshalb nicht vor, den Senator allzu lange aufzuhalten.
"Trägst du das Einladungsschreiben deines Herrn bei dir?", wurde der Sklave noch gefragt, bevor der Senator mit einem schlichten aber höflichen "Salve, Consular Vinicius" gegrüßt wurde. -
Die Frage des Octaviers verwunderte ihn nicht wirklich, waren die Durchsuchungen zuvor doch Standard gewesen. Er drehte sich dem Senator noch einmal zu.
"Absolut nicht, Senator. Auf Befehl des Imperators wurden Waffenkontrollen bei Senatoren eingestellt, falls du das meinst", antwortete Avianus höflich. -
Einem erst kürzlich bekannt gegebenen Befehl des Imperators persönlich war es zu verdanken, dass die Wache im Falle des vortretenden Senators nicht mehr zu tun hatte, als einen Blick auf das ihr vorgehaltene Schriftstück zu werfen. Avianus stand mit der Meinung, dass der Stand einer Person nichts über ihre Gesinnung aussagte, mit Sicherheit nicht alleine da. Doch wer wäre er, die Entscheidung des Kaisers infrage zu stellen?
"Salve, Senator Octavius." Das Schreiben war in Ordnung, also nickte der Iunier dem Senator zu und ließ in passieren. -
Auch jetzt spürte Avianus, dass sie unglücklich war. Das war sie ja schon die ganze Zeit, bedrückt, nicht besonders redselig und besorgt. Aber konnte er es ihr verdenken? Für ihn lief das Leben wieder einigermaßen geregelt ab, zumindest wenn man die Sache mit Sibel beiseite ließ. Und selbst wenn man das nicht tat, er glaubte zumindest, alles selbst in der Hand zu haben, Axilla dagegen konnte nichts anderes tun, als abzuwarten. Und das schlimmste war, dass er ihr dabei absolut nicht helfen konnte.
"Und nach dem Krieg ist ein Hund sicher auch ein wenig Ablenkung. Ich denke, so schwer wird es schon nicht sein, irgendwo einen herzubekommen", meinte er aufmunternd. Er kannte den jungen zwar nicht, aber auch für ihn hörte es sich nicht schlecht an. "Wie lange denkst du, dauert es, bis es hier sicher für deine Kinder ist? So langsam kehrt ja alles wieder in den Alltag zurück." -
Als Silanus Kopf ihn mitten ins Gesicht traf, zuckte er kurz zusammen, genug, um seinem Gegner die Möglichkeit zu geben, sich zu befreien. Er hob schützend eine Hand um sich behelfsmäßig vor den weiteren Schlägen zu schützen die dann folgten, während sich in seinem Gesicht dumpfer Schmerz ausbreitete. Nicht so heftig, wie bei seiner gebrochenen Nase in Vicetia, und doch so unangenehm bekannt. Er hatte kaum die Chance, richtig zurückzuschlagen.
Erst als es ihm doch noch gelang, eine von Silanus Händen zu packen, hatte er genug Zeit, ihm einen anständigen Haken zu verpassen und seinen Hals zu packen. Ob sich Silanus wohl ähnlich gefühlt hatte, wie er jetzt? Er fühlte sich gut. Und das wiederum brachte ihn dazu, sich schrecklich zu fühlen. In Vicetia war es anders gewesen, kein Groll gegen irgendjemanden auf der anderen Seite des Schlachtfelds hatte ihn in die Schlacht geführt, es waren vor allem Befehle gewesen. Er hatte nur getan, was man ihm gesagt hatte, das hier dagegen war etwas Persönliches.