Ad
Aulus Iunius Seneca
Domus Iunia
Mogontiacum, Germania superior
Aulus Avianus Senecae suo s.p.d.
Nicht nur die Ahnen schauen breit grinsend auf mich herab, alter Freund, selbst die Götter scheinen es zu tun. Ich kann mich nicht erinnern, je in meinem Leben so viel Glück auf einem Haufen gesehen zu haben.
Es ist beruhigend zu hören, dass oben im Norden alle wohlauf sind. Der Gedanke, dass ein Wiedersehen vermutlich noch ein ganzes Stück in der Zukunft liegt, stimmt mich zwar ein wenig wehmütig, denn natürlich würde ich mich von eurem Glück nur zu gerne selbst überzeugen, aber über deine Briefe freue ich mich natürlich trotzdem jedes Mal wie blöd!
Ich kann dich beruhigen, vom fett werden bin ich weit entfernt, schon allein deswegen, weil mir schlicht und ergreifend die Zeit zum Essen fehlt. Ich habe inzwischen ein paar eigene Betriebe auf die Beine gestellt, die römischen Iunii haben noch mehr Zuwachs bekommen, dann ist da noch meine Frau, der kleine Lucius bekommt jedem Abend vor dem Einschlafen Besuch von mir – Ja, lach du nur! Ich merke selbst, wie ich zu der Sorte Kerl werde, über die ich mich früher immer lustig gemacht habe – und für den Rest des Tages bin ich Tribunus. Keine Sorge, wie immer übertreibe ich ein wenig. Es geht mir blendend. Trotzdem habe ich manchmal mehr um die Ohren, als mir lieb ist.
Der erneute Zuwachs also. Kann man das Zuwachs nennen? Die waren ja eigentlich schon vorher da, nur eben nicht in Rom. Jedenfalls hat es noch mehr Iunii in unsere Domus gezogen. Diadematas kleine Geschwister sind aus Baiae zu uns gereist um in Rom eine gute Ausbildung zu genießen. Schade das Diademata die beiden nicht begleitet hat. Sie schuldet mir noch einen gemeinsamen Besuch beim Circus.
Und dann ist noch mein Neffe Agricola aus der Versenkung wieder aufgetaucht, in der er vor locker 13 Jahren verschwunden ist. Hab ich dir je von ihm erzählt? Ich weiß es nicht mehr. Etwas schwierig ist er, was wohl seinem Alter zuzuschreiben ist, sonst aber ist er ein ganz passabler Junge.
Du solltest definitiv Rom wieder einen Besuch abstatten, sonst kennst du hier in der Domus bald kein Schwein mehr!
Von Lucius und meinen allabendlichen Besuche habe ich ja bereits geschrieben. Es geht ihm nach wie vor ausgesprochen gut. Er hat vor nicht allzu langer Zeit das Grinsen als neue Freizeitbeschäftigung für sich entdeckt, strahlt inzwischen alles und jeden an und bringt damit jedes noch nicht tote Herz zum Schmelzen, und wenn er nicht strahlt oder schreit dann quakt und quietscht er fröhlich vor sich hin. Rede ich zu viel über ihn? Muss daran liegen, dass der Kleine derzeit der Mittelpunkt unseres Lebens ist. Sibel verzichtet auf eine Amme und kümmert sich buchstäblich Tag und Nacht um ihn. Du kannst dir also sicherlich auch vorstellen, wie die Nächte derzeit aussehen. Kleiner Tipp: Kurz. Und da ich nicht dauerhaft in ein anderes Zimmer will, muss ich mich wohl oder übel damit abfinden.
Da kommt mir bei dem Thema gerade noch eine andere Frage: Weißt du bereits, was ihr mit Silana machen werdet? Ich weiß, im Grunde geht es mich nichts an und ich habe auch keine konkrete Idee, wie du das regeln könntest, aber möchtest du wirklich, dass sie ohne deinen Namen und als vaterloses Kind aufwächst? Irgendwann wird sie Fragen stellen, was willst du ihr dann sagen? Ich weiß, es ist vielleicht nicht das beste, sowas über Brief zu bereden, aber ich wollte es zumindest mal ansprechen.
Und ansonsten? In Rom gibt es auch ein paar Neuerungen, Veränderungen im Stab der Cohortes Praetoriae und Urbanae. Aber bestimmt ist das bereits zu dir durchgedrungen. Es ist ja nicht seit eben erst davon die Rede und als Praefectus ist man zweifellos gut informiert. Ansonsten tut sich überraschend wenig, was mich nicht einmal stört. Ich habe derzeit mehr um die Ohren als mir lieb ist.
Wenigstens ist der Frühling schon da, ein wahrer Segen, da hast du Recht.
Setz dich für mich auch hin und wieder vor ein warmes Feuer, wir wollen ja nicht, dass dir die Finger abfallen. Die brauchst du schließlich, um mir zu antworten. Ich werde derweil hier in Rom für Ordnung sorgen, in der Domus in der Urbs, wo auch immer.
Cura ut valeas.
Avianus
PS: Kannst mir meine Freude nicht einfach lassen, was? Aber wenn's dich glücklich macht, salutier ich dann auch dreimal, werter Praefectus.