Beiträge von Cnaeus Decimus Casca

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    Quix nickte, nachdem der Kunde der Einnahme eines Zitronenwassers zugestimmt hatte. Gleiches tat auch Ulcus, nachdem diesem eine Vertrauensbezeugung entgegen gebracht wurde. “Ich heiße Quix, junger Herr!“, kam es auch dann sogleich dienstbeflissen. “Also möchtest du eine Frisur aus Lutetia oder doch lieber die, die auch der Kaiser trägt?“, wollte er dann noch wissen. Immerhin hatte er ja gleich zwei Vorschläge gemacht. “Du darfst dich aber nicht wundern. Ulcus redet nie sehr viel. Manchmal könnte man meinen, er hat überhaupt keine Zunge, nicht wahr Ulcus?“ Ein bestätigendes Brummen folgte, während der besagte Hüne nun die Seife im Wasser auflöste und nach einem buschigen Borstenpinsel griff. “Dabei ist ein guter Service wichtig. Er zeigt sich vor allem in Zugewandtheit und Freundlichkeit und darüber hinaus sollte einem immer bewusst sein, dass der Kunde König im Hause ist! Man muss versuchen ihn zu verstehen, ihm stets zuvor zu kommen und vor allem sollte man wissen, dass ein Kunde immer recht hat.“ Etwas Nachdenklichkeit zeichnete sich in Quix Miene ab, ehe die sich wieder aufhellte. “Zumindest wurde uns das so gesagt und ich hoffe, ich habe nichts vergessen!“ Dann seufzte der Sklave leise auf und schnippte mit den Fingern. “Zitronenwasser! Ich bin sofort wieder da!“ Noch ehe er so recht ausgesprochen hatte, hatte Quix auch schon auf dem Absatz kehrt gemacht und war wieder in den hinteren Teil der Tonstrina geeilt. Ulcus rechte Hand unterdessen wanderte unter das Kinn des Kunden, um dieses anzuheben, während die Linke bereits damit begann, die Wangen ordentlich einzuseifen. “Stillhalten!“ knurrte Ulcus zwischen seinen zusammen gepressten Zähnen hindurch. In seine Miene stand pure Konzentration geschrieben.

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    “Gut!“ Ulcus nickte bedeutungsschwanger und wischte sich die Klinge seines Messers noch einmal an der Tunika ab, ehe er seinen Blick über seine Schulter wendete und “QUIX! WASSER! SEIFE!“ brüllte. Dann wendete er sich wieder dem jungen Römer zu und taxierte dessen Haupt abschätzig mit zusammen gekniffenen Augen. Unterdessen rumorte es in der hinteren Abteilung der Tonstrina. “Bin gleich da!“ tönte eine junge Stimme und während Ulcus nun scheinbar bereits mit schief gelegtem Kopf Maß nahm und das Messer durch die Luft gleiten ließ, als würde er die Kundschaft vor einem angedachten Opfer symbolisch entkleiden wollen, stolperte auch schon ein Jugendlicher mit einer Schale Wasser und einem Stück Seife in der Hand herein. “Salve junger Herr! Willkommen in der Tonstrina Hispania! Hat Ulcus schon gefragt, was du dir wünschst?“ Er stellte die Schale auf einem kleinen Tisch unter dem polierten Kupferspiegel ab, der dem Hocker des Kunden gegenüber war und grinste bis über beide Ohren. “Wir haben gerade erst wieder eröffnet und es ist uns eine Freude, dich als neuen Kunden begrüßen zu dürfen. Wir möchten dich auch gerne auf unser Freitagsangebot hinweisen, denn an diesem Tag haben wir länger geöffnet und jede zweite Rasur ist ganz kostenlos. Für den Haarschnitt empfehlen wir in dieser Woche ein leicht angestuftes Haar mit einer kleinen Nackenrasur, denn das ist der letzte Schrei aus dem fernen Lutetia, aber wenn du magst, können wir auch alles gleichmäßig schneiden und ein paar Locken einbringen. Tiberius Aquilius Severus Augustus, unser hochverehrter Kaiser, trägt sein Haar dieser Tage ebenso! Ulcus ist ein wahrer Künstler, du wirst es schon noch mit eigenen Augen sehen, Herr. Er scheidet sanft und mit absoluter Präzision! Wenn du magst, kannst du dich nun entspannen, ein wenig durchatmen und uns voll und ganz vertrauen und wenn es dir gefällt, dann erzähl doch jedem den du trifft, dass es in der Tonstrina Hispania die zarteste Rasur für die härtesten aller Männer gibt.“ Quix gewaltiger Redefluss, der die ganze Zeit weder über einen Punkt, noch über ein Komma verfügte, endete abrupt und er stutzte kurz. “Oh! Und magst du eine Erfrischung? Wir haben heute ein hervorragendes Zitronenwasser!“

    Mit den Händen auf meinen Oberschenkeln, einer gestrafften Haltung und mit reichlich Vorfreude auf das hoffentlich deutlich erkennbare innere Jubeln meines Onkels im Gesicht, harrte ich der Reaktion, die nun auf meine Worte folgen würde. Ja, ich konnte doch ungemein stolz auf mich sein. Die ersten Schritte in die Zukunft, die ersten Aussichten auf ein sich günstig drehendes Rad der Fortuna für mich! Na, was würde er jetzt sagen? Mit lauerndem Blick erfasste ich mein Gegenüber, welches jedoch keineswegs gleich aufsprang und frohlockte. Eher das Gegenteil war der Fall. Ruhig blieb es nachdenklich sitzen und machte Hmmm... Hm? Nur Hm? In der nun entstehenden Redepause, welche sich für mich schier ins Endlose erstrecken wollte, verschob sich meine Mimik wohl hin zu einem leicht verzerrten Ausdruck der irritierten Anspannung. Hm?


    Als Onkel Livianus dann seine Gedanken äußerte, sackte ich ein wenig in mich zusammen. Gewiss, Flavius Gracchus war eine gute Wahl, doch es war mir gar nicht so recht bewusst gewesen, um welch schillernde Figur im Gesamtgefüge es sich dabei handelte. Ich lauschte und bemerkte unter den Worten, dass meine Träume ein wenig dahin knickten wie trockenes Schilf. Gewiss hätte Flavius Gracchus wohl unter der Bürde eines Consulats andere Sorgen als den Cultus. Und ich? Ich hatte natürlich wie immer keine Ahnung gehabt, mir natürlich wie immer keine weiteren Gedanken gemacht und mit niemandem über irgendwelche Szenarien gesprochen. “Nein, darüber wir nicht geredet!“, gab ich dann auch kleinmütig zur Kenntnis. “Aber… er ist doch noch immer Pontifex!“ Potentieller Kaiser oder Consul hin oder her. “Und er hat mir wirklich nichts gesagt… nicht dass er seine Pläne mit mir besprechen müsste, doch ich bin mir ziemlich sicher, dass er es doch erwähnt hätte, wenn er nicht gedenken würde mich im kommenden Jahr weiter als Schüler an seiner Seite zu haben.“

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    Klimpernde Münzen fanden in die ausgestreckte Pranke des Sklaven Ulcus, der seine Hand sogleich vor die Augen führte, um das Geld zu beäugen. “Gut! Reicht!“ Dann deutete er zur Tür, um dem frisch rasierten Kunden zu bedeuten, dass sie für heute fertig waren. Unterdessen hatte sich der Neuankömmling bereits auf dem zweiten Hocker nieder gelassen. Ulcus verstaute die Münzen in einem kleinen Geldbeutel an seinem Gürtel und grunzte noch einmal. “Rasur oder schneiden?“ Die Klinge des Rasiermessers deutete zunächst ins Gesicht des Kunden, dann in Richtung Haupthaar. “Kann auch beides!“ Der Sklave schniefte laut und wischte sich zunächst mit dem Handrücken, doch zunehmend auch mit dem Unterarm unter der triefenden Nase entlang. “Also! Was willst du?“ Erwartungsvoll rollte sich nun das Augenmerk des Hünen auf den jungen Römer, während der Arm wieder nieder sank.

    “Das hier wird dich sicherlich freuen!“, drang Muckels frohlockende Stimme an mein Ohr, während ich an meinem Schreibtisch brütete und zum dritten Mal die hübsche Summe prüfte, die mich die Renovierung der Tonstrina gekostet hatte. Nelia war zwar sparsam gewesen, aber ein großes Loch hatte es doch in meinen Geldbeutel gerissen. Wenn nicht bald die Kundschaft in den Laden strömte und ihre Haare bei mir ließ, dann sähe es in naher Zukunft ziemlich schlecht um mich bestellt aus. Und in dieser Rechnung war das Sägewerk noch nicht einmal mit drin! Nun hob ich aber meinen Blick und schaute meinem Sklaven entgegen, der ein Schriftstück in der Hand hielt und damit herum wedelte.


    “Sag', dass es die Lösung für alle meine Probleme ist!“, stellte ich müde in den Raum und fuhr mir mit den Fingern kreisend über meine Schläfen, als Muckel näher trat und mir den Brief vor die Nase hielt.
    “Du hast Probleme?“ Muckel hob fragend eine Augenbraue und linste ein wenig schräg hinunter auf meine Bilanzen, ehe ich dann doch lieber schnell die Tabula zuklappte, damit er nicht erkennen konnte, wie schlimm es wirklich um mich stand.
    “Och, nicht mehr als üblich!“, wiegelte ich ab.
    “So schlecht also?“ Muckel legte eine ernste Miene auf, die jedoch arg gestellt wirkte, ehe er dann doch wieder lachte. “Nun lies das! Das freut dich!“
    “Was ist das?“
    “Ein Brief?“
    “Sehe ich!“, schnappte ich und griff auch sogleich nach dem Schreiben und setzte mein Augenmerk darauf. “Alexandria!“, stellte ich überrascht fest und nestelte so lange daran herum, bis ich obendrein erkennen konnte, dass es von Massa stammte. “Von Massa!“ Perplex schaute ich Muckel entgegen, während ich mich von Überraschung getrieben von meinem Stuhl erhob. “Er hat geschrieben!“
    “Natürlich geschrieben!“, stellte Muckel fest. “Gesungen wird er den Brief nicht haben!“
    Ich ignorierte denn dummen Kommentar meines Sklaven und überflog geradezu hastig die Worte meines Bruders, während sich ein warmes Gefühl in meiner Brust ausbreitete.


    Von Appius Decimus Massa


    Roma
    Casa Decima Mercator


    Cnaeus Decimus Casca



    Salve Brüderchen,


    lange nichts mehr gelesen von einander. Wie hast du dich in Rom eingelebt, was treibst du so. Hast du deine Berufung gefunden oder traust du mich nicht nach Geld zu Fragen und liegst Decimus Livianus auf der Tasche. Hier ist bisher kein Brief von dir eingegangen.
    Das du so wenig von mir liest, hat mit meinem Dienst zu tun. Wir sind, so lange es das Wetter erlaubt, auf See und halten die Piraten klein.
    Die letzte Fahrt, von der ich gestern zurückgekehrt bin, war von der Ausbeute her sehr mager. Die Piraten waren mehr auf das Tyrannisieren der Küstenbewohner aus. Dementsprechend haben sie ihre Lektion von uns bekommen. Ein Dutzend durfte am Kreuz im Tode darüber nachsinnen.
    Zurück in Alexandria bot sich das gleiche Bild wie beim hinaus fahren. Buntes Treiben, Menschen aus aller Herren Länder. Die römische Tunika ist hier auf dem Markt eine unter vielen anderen Bekleidungen. Die exotischsten Waren die du dir nur vorstellen kannst werden angeboten. Auf dem Sklavenmarkt vom stiernackigen Kämpfer bis zur zierlichen Haussklavin, deren Haut bronzen unter der Sonne Alexandria’s schimmert. Glaub mir, die können nicht nur Tanzen.
    Die nächsten Tage werden wie üblich ablaufen. Berichte schreiben, Kontrollen durchführen, Arbeiten verteilen. Am Nachmittag in die Therme und den Tag mit einer gemütlichen Cena, bei mir oder bei Freunden mit den Annehmlichkeiten des Alexandrinischen Überflusses, abschließen.
    Ich merke beim Schreiben, dass mir das griechisch bald flüssiger von der Hand geht als Latein. Die Jahre hier hinterlassen ihre Spuren. Einen Entschluss habe ich vor der letzten Fahrt gefasst. Ich habe beim Praefectus Aegyptii um Entlassung aus dem Dienst bei der classis gebeten. Die Entscheidung über mein Gesuch ist noch offen. Letztendlich wird sie über den weiteren Verlauf meines Lebens entscheiden. Also wirst du zu gegebener Zeit wieder Nachricht von mir erhalten.
    Sollte irgendwann eine Fahrt nach Italia anstehen, werde ich es nicht versäumen und den Decima in Rom einen Besuch abstatten.


    Die Götter mögen dich beschützen.


    P.S. Grüße Faustus von mir. Ich habe ihn nicht vergessen. Er bekommt bald Nachricht von mir.



    Appius Decimus Massa


    Nauarchus
    Classis Augusta Alexandrina



    So lange hatten wir nun schon nichts mehr voneinander gehört und nun ein Brief! Massa war doch eigentlich gar kein Mann der Feder, doch all die Monate des Stillschweigens hatte mich schon manches Mal vermuten lassen, dass er mich vergessen hatte. Aber so wie er schrieb konnte ich mich an die eigene Nase fassen, denn immerhin hatte ich ebenfalls nicht eine einzige Zeile gegönnt. Doch das würde ich um jeden Preis nachholen.
    “Und? Was sagt er?“
    “Dass er auf Piratenjagd war… an tyrannisierten Küsten und dass sie ein Dutzend von ihnen gekreuzigt haben...“
    Nun, da ich mich schon einmal erhoben hatte, begann ich unter meinem Lesen ein wenig im Raum herum zu wandern. “Und er schreibt von Alexandria...dem Sklavenmarkt dort und von seiner Arbeit… und dass er den Praefectus Aegypti um seine Entlassung aus der classis gebeten hat…“
    “Oh… ist das gut?“
    Ich drehte mich zu Muckel herum und zuckte mit den Schultern. Dann wendeten sich meine Blicke wieder auf das Schreiben. “'Sollte irgendwann eine Fahrt nach Italia anstehen, werde ich es nicht versäumen und den Decima in Rom einen Besuch abstatten,'“ zitierte ich die letzten Worte.
    “Na, das ist doch was!“
    “Ja, ist es!“
    Ich stand noch immer da und konnte nicht anders, als den Brief noch einmal zu lesen. Zeile für Zeile, Wort für Wort, während sich ein Lächeln im mein Gesicht stahl. Schließlich wendete ich mich wieder zu meinem Schreibtisch um und drängelte - um mich neuerlich zu setzen – Muckel ein wenig beiseite.
    “Du willst ihm gleich antworten?“
    “Natürlich!“
    Ich griff nach meinem Schreibutensil und musste feststellen, das ich nicht einmal großartig nachdenken musste.



    Ad Appius Decimus Massa
    Nauarchus
    Classis Augusta Alexandrina
    Alexandria


    Von
    Cnaeus Decimus Casca
    Casca Decima Mercator
    Roma



    Salve, mein großer Bruder!


    Oh! Wie ich mich freue von dir zu hören! Du hast recht. Zu lange haben wir uns nicht mehr geschrieben und ich für meinen Teil habe nicht einmal die nachvollziehbare Entschuldigung, dass mich mein Dienst davon abgehalten hätte! Dennoch, lieber Bruder, kann ich dir mitteilen, dass ich auf meinem Lebensweg, der sich nun immer mehr und mehr vor mir entfaltet, sehr eifrig und strebsam gewesen bin. Und auf Iuppiters Stein werde ich dir schwören, dass mich selbst die Furien nicht mehr davon abhalten können zu Ruhm Ehr' der Decima beizutragen, um ihnen dabei zu helfen unseren Namen geradezu in Stein zu meißlen! So wie es Faustus bei seiner feurigen und leidenschaftlichen Rede getan hat, als er vor ganz Rom – das hättest du sehen müssen - wieder zum Praefectus Praetorio ernannt worden ist. Vom Kaiser höchst selbst. Wie ein wegweisendes Mahnmal hat er ausgesehen (also Faustus, aber der Kaiser auch) und ich kann dir sagen, dass nicht nur seine Verlobte Quintilia Valentina voll Stolz einem jeden einzelnen Wort gelauscht hat! Was für eine Rede! Welch eine Wortgewalt! Auch Onkel Livianus, der zeitgleich von seinem Amt zurückgetreten ist, hat sehr gut ausgesehen!


    Schon bald werde ich meinen Weg im Cultus Deorum beschreiten, bei welchem ich schon jetzt die Ehre besitze als Schüler des großen Pontifex Flavius teilzuhaben. Auch in einem Kultverein habe ich mich beworben. Stell dir das vor! Ferner werden du und ich uns auch nicht mehr sorgen müssen, dass ich irgendwem auf der Tasche liege. Meine Betriebe laufen hervorragend und jüngst ist es mir gelungen, meine Tonstrina mitsamt meinen beiden dort ansässigen Sklaven (du weißt schon, die Haarigen!) auf Vordermann zu bringen. Ja, meine Bilanzen sind eine reine Freude, wann immer ich sie vor mir sehe, auch wenn mich die Renovierung nun doch eine hübsche Stange Geld gekostet hat. Meine neue Sklavin Nelia kennst du noch nicht, doch ich kann dir berichten, dass sie schön ist, wie die Nymphe Erato und mir stets als feinsinniges, musengleiches Wesen zur Seite steht. Wenn du sie nur sehen könntest! Oder sprechen hören! Ich kann dir versprechen, du würdest Alexandrias Sklavenmarkt mit allen seinen bronze-häutigen Schönheiten vergessen und auf der Stelle heim kehren!


    Du siehst also, auch wenn es mir nicht vergönnt ist an fernen Gestaden auf die Piratenjagd zu gehen, so ist mein Leben doch angefüllt mit Aktivität! Ich kann dir sagen, du wirst mich kaum wiedererkennen, sollte dich deine Wege in näherer Zukunft zurück nach Rom führen. Rom ist übrigens noch immer die vollgepfropfte Metropole als die du sie kennst. Viel darüber berichten brauche ich dir also nicht und ich wünschte mir, ich könnte nach deinem Schreiben nun Alexandria mit eigenen Augen sehen. Wie du schreibst muss es ja wirklich ja recht exotisch sein und bestimmt auch viel wärmer als Rom dieser Tage. Doch sag, Massa, warum hast du um deine Entlassung aus der Classis gebeten? Du würdest mich Erstaunen sehen, würdest du mir nun gegenüber stehen. Ist dir sie Seefahrt zuwider geworden? Oder gar die Piraten? Doch welche Gründe auch immer es geben mag: Vielleicht treiben dich ja deine Wege zurück nach Rom und zurück zur Familie und gerade das würde bestimmt nicht nur mich sehr freuen. Oh, die Familie! Mutter hat mir geschrieben, dass es ihr ausgezeichnet geht. Du weißt ja, sie ist sehr krank gewesen, doch nun ist sie wieder oben auf und bester Dinge.


    Natürlich werde ich Faustus von dir grüßen, so wie auch jeden anderen, der dich kennt und mir über den Weg läuft, sofern du damit einverstanden bist. Er wird diesen Gruß sehr zu schätzen wissen, denn er trug sich bereits mit der Sorge, ob du von einer Seeschlange verschlungen worden bist, da du dich nicht bei ihm gemeldet hast. Er wird sich sehr über die Nachricht von dir freuen! Es ist schön, dass deine Tage neben deinen Berichten und der allgemeinen Verwaltung auch mit anderen wunderbaren Dingen angereichert sind. Lass uns bei der nächsten Cena einen Becher Wein erheben und im Geiste auf das Gelingen sämtlicher Pläne anstoßen, auch wenn ich dem Wein seit dem letzten Saturnalienfest erst einmal abgeschworen habe. Dabei hast du wirklich etwas verpasst! Ich weiß zwar nicht mehr genau, wer den Rätselwettbewerb gewonnen und zum Rex Bibendi erhoben worden ist, doch ich weiß noch sehr genau, dass es wirklich eine rauschende Feierlichkeit gewesen ist. Doch nun will ich nicht mehr damit fortfahren, bei dir ein etwaiges Heimweh zu schüren, sondern mit den besten Grüßen an dich verbleiben!


    Mögen die Götter dich hüten und ihr Wohlwollen über dir ergießen!


    Dein Cnaeus


    P.S. Es ist mir zwar peinlich, diese Zeilen anzufügen, doch wenn du noch Geld übrig hast und sagen wir einmal etwas davon entbehren könntest, dann wäre ich dir überaus dankbar. Wie gesagt, es läuft alles ganz fantastisch und du musst dich auch nicht sorgen.


    Nachdenklich kratzte ich mich an der Schläfe, während ich meine Worte noch einmal überdachte. Besonders die allerletzten Zeilen gefielen meinem Ego keineswegs. Doch was sollte ich noch ändern? Ich schrieb den Brief noch einmal ab und überreichte ihn Muckel, damit er ihn von dannen tragen konnte.


    [...]

    Wie viele Schreibwütige es doch gab. Muckel reihte sich in die Schlange der Wartenden ein und war letzten Endes froh, als er den Brief aufgeben konnte, um nach Hause zurück zu kehren.





    Ad Appius Decimus Massa
    Nauarchus
    Classis Augusta Alexandrina
    Alexandria
    Aegyptus


    Von
    Cnaeus Decimus Casca
    Casa Decima Mercator
    Roma



    Salve, mein großer Bruder!


    Oh! Wie ich mich freue von dir zu hören! Du hast recht. Zu lange haben wir uns nicht mehr geschrieben und ich für meinen Teil habe nicht einmal die nachvollziehbare Entschuldigung, dass mich mein Dienst davon abgehalten hätte! Dennoch, lieber Bruder, kann ich dir mitteilen, dass ich auf meinem Lebensweg, der sich nun immer mehr und mehr vor mir entfaltet, sehr eifrig und strebsam gewesen bin. Und auf Iuppiters Stein werde ich dir schwören, dass mich selbst die Furien nicht mehr davon abhalten können zu Ruhm Ehr' der Decima beizutragen, um ihnen dabei zu helfen unseren Namen geradezu in Stein zu meißlen! So wie es Faustus bei seiner feurigen und leidenschaftlichen Rede getan hat, als er vor ganz Rom – das hättest du sehen müssen - wieder zum Praefectus Praetorio ernannt worden ist. Vom Kaiser höchst selbst. Wie ein wegweisendes Mahnmal hat er ausgesehen (also Faustus, aber der Kaiser auch) und ich kann dir sagen, dass nicht nur seine Verlobte Quintilia Valentina voll Stolz einem jeden einzelnen Wort gelauscht hat! Was für eine Rede! Welch eine Wortgewalt! Auch Onkel Livianus, der zeitgleich von seinem Amt zurückgetreten ist, hat sehr gut ausgesehen!


    Schon bald werde ich meinen Weg im Cultus Deorum beschreiten, bei welchem ich schon jetzt die Ehre besitze als Schüler des großen Pontifex Flavius teilzuhaben. Auch in einem Kultverein habe ich mich beworben. Stell dir das vor! Ferner werden du und ich uns auch nicht mehr sorgen müssen, dass ich irgendwem auf der Tasche liege. Meine Betriebe laufen hervorragend und jüngst ist es mir gelungen, meine Tonstrina mitsamt meinen beiden dort ansässigen Sklaven (du weißt schon, die Haarigen!) auf Vordermann zu bringen. Ja, meine Bilanzen sind eine reine Freude, wann immer ich sie vor mir sehe, auch wenn mich die Renovierung nun doch eine hübsche Stange Geld gekostet hat. Meine neue Sklavin Nelia kennst du noch nicht, doch ich kann dir berichten, dass sie schön ist, wie die Nymphe Erato und mir stets als feinsinniges, musengleiches Wesen zur Seite steht. Wenn du sie nur sehen könntest! Oder sprechen hören! Ich kann dir versprechen, du würdest Alexandrias Sklavenmarkt mit allen seinen bronze-häutigen Schönheiten vergessen und auf der Stelle heim kehren!


    Du siehst also, auch wenn es mir nicht vergönnt ist an fernen Gestaden auf die Piratenjagd zu gehen, so ist mein Leben doch angefüllt mit Aktivität! Ich kann dir sagen, du wirst mich kaum wiedererkennen, sollte dich deine Wege in näherer Zukunft zurück nach Rom führen. Rom ist übrigens noch immer die vollgepfropfte Metropole als die du sie kennst. Viel darüber berichten brauche ich dir also nicht und ich wünschte mir, ich könnte nach deinem Schreiben nun Alexandria mit eigenen Augen sehen. Wie du schreibst muss es ja wirklich recht exotisch sein und bestimmt auch viel wärmer als Rom dieser Tage. Doch sag, Massa, warum hast du um deine Entlassung aus der Classis gebeten? Du würdest mich in tiefem Erstaunen sehen, würdest du mir nun gegenüber stehen. Ist dir sie Seefahrt zuwider geworden? Oder gar die Piraten? Doch welche Gründe auch immer es geben mag: Vielleicht treiben dich ja deine Wege zurück nach Rom und zurück zur Familie und gerade das würde bestimmt nicht nur mich sehr freuen. Oh, die Familie! Mutter hat mir geschrieben, dass es ihr ausgezeichnet geht. Du weißt ja, sie ist sehr krank gewesen, doch nun ist sie wieder oben auf und bester Dinge.


    Natürlich werde ich Faustus von dir grüßen, so wie auch jeden anderen, der dich kennt und mir über den Weg läuft, sofern du damit einverstanden bist. Er wird diesen Gruß sehr zu schätzen wissen, denn er trug sich bereits mit der Sorge, ob du von einer Seeschlange verschlungen worden bist, da du dich nicht bei ihm gemeldet hast. Er wird sich sehr über die Nachricht von dir freuen! Es ist schön, dass deine Tage neben deinen Berichten und der allgemeinen Verwaltung auch mit anderen wunderbaren Dingen angereichert sind. Lass uns bei der nächsten Cena einen Becher Wein erheben und im Geiste auf das Gelingen sämtlicher Pläne anstoßen, auch wenn ich dem Wein seit dem letzten Saturnalienfest erst einmal abgeschworen habe. Dabei hast du wirklich etwas verpasst! Ich weiß zwar nicht mehr genau, wer den Rätselwettbewerb gewonnen und zum Rex Bibendi erhoben worden ist, doch ich weiß noch sehr genau, dass es wirklich eine rauschende Feierlichkeit gewesen ist. Doch nun will ich nicht mehr damit fortfahren, bei dir ein etwaiges Heimweh zu schüren, sondern mit den besten Grüßen an dich verbleiben!


    Mögen die Götter dich hüten und ihr Wohlwollen über dir ergießen!


    Dein


    [Blockierte Grafik: http://i1196.photobucket.com/albums/aa401/TotalesChaos/IR/CnaeusDecimusCasca.png]


    P.S. Es ist mir zwar peinlich, diese Zeilen anzufügen, doch wenn du noch Geld übrig hast und sagen wir einmal etwas davon entbehren könntest, dann wäre ich dir überaus dankbar. Wie gesagt, es läuft alles ganz fantastisch und du musst dich auch nicht sorgen.



    Sim-Off:

    Bitte auf die Wertkarte der Gens Decima

    [Blockierte Grafik: http://i1344.photobucket.com/albums/p656/Gefion3000/for%20others/Ulcus_zpsxxm073wz.jpg]| Ulcus


    Kundschaft? Der Hüne hob seinen Kopf und sah dem jungen Mann entgegen, der in die Tonstrina gekommen war, die nunmehr in frischem Glanz erstrahlte. Doch noch hatte er einen Herrn mittleren Alters auf einem der Hocker sitzen, der gerade seine frisch rasierte Wange betastete. Ja! Ulcus kannte sich mir Haaren aus, auch wenn man es ihm nicht zutrauen würde.


    “Reinkommen!“, grunzte er, nickte auf einen weiteren Hocker und fixierte den neuen Kunden mit stechenden Habichtsblicken. “Der geht gleich!“ Mit einer noch immer rasiermesserbewährten Hand zeigte er auf den frisch Enthaarten, der sich nun daran machte in seinem Geldbeutel nach einigen Münzen zu fischen.

    Lange hatte Muckel nicht suchen müssen. Mit dem Brief fest in der Hand und einem fatalistischen Seufzen auf den Lippen schritt er auf das Gebäude der Societas Claudiana et Iuliana zu und übergab dem Schicksal seinen weiteren Verlauf.



    Ad
    Societas Claudiana et Iuliana
    Roma



    Von
    Cnaeus Decimus Casca
    Casa Decima Mercator
    Roma


    Verehrter Senator M. Iulius Dives


    Dieses Schreiben betrifft deine Person als Magister der Societas Claudiana et Iuliana, von welcher mir zu Ohren gekommen ist, dass sie für neue Mitglieder stets offen ist. Sollte dies zutreffen, so würde ich, als rechtschaffender Bürger, gerne in diesem Verein meine mir innewohnende Kaisertreue und meine Verbundenheit mit den vergangenen Taten der großen Lenker aller Geschicke des Imperiums zum Ausdruck bringen wollen. Gerne stelle ich dafür meine Tatkraft und Einsatzfreude zur Verfügung. Sofern es mir gestattet ist, möchte ich dich also bitten mir zu gewähren, zu einem Sodalis zu werden. Nenne mir zu diesem Unterfangen nur Ort und Stunde und ich werde selbstredend erscheinen, um die Ernsthaftigkeit meines Anliegens in persona zum Ausdruck zu bringen.


    Hochachtungsvoll und mit der Bitte um den Segen der Götter für dich,



    “Klingt doch gut, ich weiß gar nicht was du hast!“


    Muckel ließ den Brief ein wenig sinken und grinste mir entgegen.


    “Vielleicht hat es ihn nicht um, aber immerhin....“


    Er gab mir das Schriftstück zurück, welches ich soeben an Senator Iulius Dives verfasst hatte und zuckte mit den Schultern. Ich saß noch immer am Tisch, hielt meinen Stilus in der Hand und war mir überhaupt nicht sicher. Ich war mir noch nicht einmal sicher, ob ich überhaupt einem Kultverein beitreten wollte, doch so oft ich es auch gedanklich hin und her wendete, ich musste einfach ein wenig Einsatzfreude an den Tag legen und es würde sich gewiss auch hübsch machen, wenn ich diese unter einer harten Faktenlage einer Mitgliedschaft auch untermauern konnte. Mein Augenmerk rollte sich neuerlich zum Brief hin und ich schürzte ein wenig die Lippen. Vielleicht waren meine Worte doch ein wenig zu feurig gewählt, aber im Grunde genommen konnte man niemals zu dick auftragen und ich wollte schon den Eindruck erwecken, das mein Wunsch keineswegs undringlich und dünn war. Abwägen neigte ich mein Haupt hin und her.


    “Nun denn…. So soll es also sein!“


    [...]

    Ja, was war, wenn ich 'mein Kind' sagte? Ich hatte aufgehorcht, doch eine wirkliche Antwort auf diese meine stille Frage blieb sie mir wohl schuldig. Dafür überraschte sie mich mit einer Idee, die mich wohl zum Bade führen würde, sollte ich ihr zustimmen. Doch war mir gerade wirklich nach einem Bad? Im Grunde genommen war mir nach nichts und allein der Gedanke daran aufzustehen, zu essen, zu baden und einen Spaziergang zu unternehmen überforderte mich bereits zu dieser Stunde. Noch immer lehnte mein Kopf an dem warmen Arm meiner Sklavin und ich genoss diese zarte Nähe ein wenig. Sie war aufbauend und wohltuend und an diesem höchst unvollkommenen Tag schon fast etwas, was ich nun dringend brauchte. Mein Muckel war so ungnädig mit mir gewesen und er hatte mir – trotzdem er sehr hilfreich war – kaum etwas liebevolles Mitgefühl geschenkt. Meine Gedanken wanderten nun wieder hin zu meiner Tonstrina, die wohl nun erhaben erstrahlte und gänzlich bereit war ihre Kunden in neuem Glanz zu empfangen. Dank Nelias Einsatz.
    “Sie wartet also auf mich?“, fragte ich müde hauchend nach. Ein schweres Seufzen folgte meinen Worten und ich hob meine Blicke dem Gesicht meiner Sklavin entgegen. Wieder bemühte ich mich um ein Lächeln. “Dann werden wir morgen dort hin gehen und du wirst mir alles zeigen. Ich denke heute ist kein besonders guter Tag für Unternehmungen. Schau! Allein bei der Vorstellung dieses Zimmer zu verlassen wird mit flau und elend zu Mute.“ Natürlich wusste ich sehr genau, dass meine Worte mehr als nur enttäuschend für Nelia sein mussten, doch ich litt noch zu sehr unter den Nachwehen des doch allzu arg rauschenden Festes. Mein Kopf war schwer, meinem Leib war unwohl und ich konnte nicht dafür garantieren, dass sich mein Magen nicht doch noch einmal dazu entschloss, sich einfach von innen nach außen zu stülpen. Geradezu entschuldigend tastete ich nun nach Nelias Hand und drückte sie zart, während mein Daumen über ihren Handrücken streichelte. “Wie geht es Ulcus und Quix?“, wollte ich dann wissen. “Sehen sie immer noch aus wie haarige Bergziegen?“ Allein der Gedanke an meine beiden Sklaven erfüllt mich mit Grausen und bestimmt wäre es ratsam, sie früher oder später durch ein wenig stattlichere Erscheinungen zu ersetzten. Fürs erste aber würde ich mich wohl mit ihnen zufrieden geben müssen.

    Na also, warum nicht gleich so. Ich lächelte noch ein bisschen, nachdem ich es endlich geschafft hatte meinen Begehr zu formulieren. Und noch immer kam ich nicht umhin festzustellen, dass ich mich ein wenig fühlte wie früher vor unserem Hauslehrer, wenn dieser meine Handschrift kritisiert hatte und mich zum zehnten Mal einen unsinnigen Text abschreiben ließ. Ich folgte dem Deut meines Onkels auf einen Stühle mit meinen Blicken und setzte mich auch sogleich in Bewegung, um mich vielleicht etwas umständlich nieder zu lassen. Mit einem etwas zu gerade gestrafftem Rücken und fahrig-nervösen Fingern, die unaufhaltsam damit begannen am Saum meiner Tunika herum zu nesteln, räusperte ich mich und lächelte Livianus wieder entgegen.


    “Nun ja….,“ Wo sollte ich beginnen? “Wie du vielleicht schon in der letzten Zeit… die ja eine recht lange war, bemerkt hast, habe ich mich immer ein bisschen schwer getan mit der Wahl der Richtung in welche ich meine Schritte zu lenken gedachte. Und nun, verehrter Onkel, ist es endlich so weit und ich kann dir von meinen ersten Erfolgen berichten.“ Ich atmete noch einmal durch und mir wurde noch einmal bewusst, dass ich auf keinen Fall wollte, dass mein Onkel mich für ein schwarzes Schaf hielt, das außer dem Grasen auf den fetten Pfründen der Familie nichts von sich zu bringen im Stande war. “Ich hatte ein Gespräch mit Serapio geführt und dieser gab mir auch ein Schreiben an den Pontifex Flavius Gracchus mit, in welchem er mich ihm… quasi anempfohlen hat. Ich bin auch gleich bei dessen Salutatio gewesen und er hat sich bereit erklärt, mich als Schüler im Cultus Deorum… quasi über seine Schulter blicken zu lassen, damit ich eines Tages… eines hoffentlich sehr nahen Tages, dort ein Fortkommen für mich finden kann.“ Etwas Stolz schwang unüberhörbar in meiner Stimme mit. “Ich werde also in den Cultus Deorum eintreten und hoffe sehr, dass ich an dieser Stelle die Decima… so würdevoll es mir möglich vertreten werde.“ Ich nickte bedeutungsschwer und warf Livianus einen freudvoll lauernden Blick entgegen, der unbedingt auch die stumme Frage: 'Was sagst du nun?“ enthielt.

    Hier zu stehen und schon innerhalb der nächsten Minuten zu einem Spion des Pontifex zu werden war schon eine aufregende Sache und in der Tat konnte ich bereits spüren, wie mein Herz in der Brust klopfte. Dennoch! Ich war wild entschlossen diese Aufgabe zu meistern und die Erwartungen, die nun an mich herangetragen worden waren zur Gänze zu befriedigen. Ich schenkte Muckel einen Seitenblick und eine flüchtige Geste mit der Hand, als Zeichen dafür, dass auch er an Ort und Stelle verweilen sollte. “Jawohl!“, quittierte ich dann den Entschluss des Pontifex und deutete zum Gebäude hinüber. “Ich werde mich nun auf den Weg machen!“ Schnell lächelte ich noch einmal nickend, um meinem Vorhaben Nachdruck zu verleihen und wendete mich dem kleinen Tempel entgegen, auf welchen ich dann auch sogleich zu schritt. Immerhin galt es nun keine Zeit zu verlieren. Zeit in welcher sich das mit innewohnende kleine Pflänzchen der Nervosität noch zu einem Baum auswachsen würde. Auf meinem Weg passierte ich einige Schlenderer, andere Opferwillige und ein älteres Mütterlein, welches gerade sich selbst einige Worte zu murmelte und einen leeren Weidenkorb in den Händen hielt. Insgesamt machte sie einen sehr unzufriedenen Eindruck, was bestimmt an ihrem Erlebnis im Tempelinneren lag. Nun direkt vor der Türe stehend schaute ich mich noch einmal um, doch der Flavier schien bereits sein Vorhaben umgesetzt zu haben und war nicht mehr zu entdecken. Nur mein Muckel stand noch wie angewurzelt an da und hielt mich mit seinen Blicken fixiert. Während ich ihn anschaute zuckte er mit den Schultern und ich konnte nicht anders, als es ihm nachzutun. Dann schöpfte ich tief Atem in meine Lungen, straffte meine Haltung und betrat unter meinem defizitären Knie noch immer leicht hinkend die Cella, aus der mir auch sogleich der unverwechselbare weihrauchgeschwängerte Brodem entgegen schlug, der einem Tempel immer innewohnte. Der Raum, in welchem Mercurius an diesem Ort seine Bleibe hatte war wirklich nicht sonderlich groß und kurz erfasste ich das Kultbild, vor dessen kleinem Altar ein Tempeldiener gerade dabei war einige Gaben abzuräumen. Dieser schlaksige, junge Mann war sicherlich nicht der Adituus Tantasius Crixus, doch steuerte nun auf ihn zu, um ihn nach dem Aufenthaltsort desselben zu fragen.


    “Salve!“ wurde ich auch sogleich begrüßt. “Du willst opfern?“
    “Nun ja,“, erklärte ich und nickte schließlich. “Doch zunächst wollte ich mich erkundigen, ob denn der Adituus des Tempels für mich zu sprechen wäre, denn ich habe eine Frage bezüglich eines… gewissen Procederes… welches… den Festtag des Mercurius betrifft und da ich dabei keine Fehler machen wollte, wäre es gut, wenn mir Tantasius Crixus ein wenig Gewissheit… in Bezug auf diese Sache… sagen wir… verleihen würde….“
    “Klar! Der ist da!“, wurde mir von dem jungen Mann entgegen gebracht. “Ich gehe ihn holen!“
    “Wunderbar!“, gab ich mit einem mühsamen Strahlen im Gesicht von mir, während ich noch einmal nach Atem schöpfte. “Ich werde genau hier warten!“, erklärte ich, indem ich auf den Boden vor mir deutete.
    Der junge Mann schaute mir fragend entgegen, ehe seine Blicke über das Standbild des Mercurius glitten. “Vielleicht wartest du doch besser da drüben!“
    Auch schaute noch einmal an der jugendlichen Gestalt des Gottes empor, der in strahlender Unbekümmerheit und mit seinem Caduceus in der Hand auf mich hinunter blickte. Wahrscheinlich wäre es wirklich besser den Standort zu wechseln.
    “Gut.. gut...“ Unter einem Nicken trollte ich mich nach 'da drüben' und legte mir im Geiste noch einmal die Worte zurecht, welche ich dem Tempelvorsteher entgegen zu bringen gedachte. Der Bedienstete unterdessen huschte hinfort und entschwand meinem Blick.

    Ob es wirklich so schön war mich zu sehen, musste ich wohl bezweifeln, denn vor meinem geistigen Auge entstand ein Selbstbildnis von mir, welches einem nassen Lappen nicht ganz unähnlich war. Dennoch lächelte ich ein wenig gequält auf die Worte meiner Sklavin hin. Zwar konnte ich mir nicht vorstellen, dass ein Essigtüchlein mir Linderung verschaffen konnte, aber die Hoffnung wurde bekanntlich ja zuletzt zu Grabe getragen. “Oh ja… die Tonstrina!“, gab ich ein wenig müde von mir, als sie erwähnte, dass sie dort gewesen war und ich blickte ihrer Hand entgegen, die sich nun so vertraut auf meine Schulter setzte. Muckel würde sich bestimmt darüber freuen, sich gleich noch einmal auf den Weg machen zu dürfen, doch was sollte ich mir darüber Gedanken machen? Überhaupt waren Gedanken zu dieser Stunde eine schmerzhafte Angelegenheit, die ich wohl in der Tat verschieben sollte bis noch ein wenig mehr geruht hatte. Ich hob meine Rechte und legte sie vorsichtig, ja, fast scheu auf die meiner Sklavin und blinzelte ihr ein wenig behäbig entgegen. “Ich danke dir, mein Kind!“, erklärte ich beinahe altväterlich und seufzte dann schwer. “Vielleicht sollte ich wirklich noch ein wenig liegen, doch ich dachte mir, die frische Luft am Fenster würde meine Lebensgeister ein wenig erfrischen.“ Ein neuerliches Lächeln zierte meine Lippen, ehe ich nun doch dem Drang nachgab mein Haupt gegen die Schulter der Sklavin zu legen. “Dieser Tage würde ich untergehen, wenn ich dich nicht an meiner Seite wüsste.“ Tatsächlich war es so, dass Nelia sich in mein Leben geschlichen hatte. Still und leise und wie auf Samtpfoten. In denen bekanntermaßen ja auch einige scharfe Krallen verborgen liegen konnten. “Was macht meine Tonstrina?“, fragte ich nun aus eben jenen Grund. Ich wollte sie durch meine niedergedrückte Lebenslage nicht verstimmen, denn immerhin hatte sie sich für mein Geschäft mächtig in Arbeit stürzen müssen.

    Weit nach vorne geneigt und mit langem Hals beobachtete ich alles was vor sich ging und lauschte den feurigen und wohl auch treffenden Reden. Mein Blick allerdings hatte sich letzten Endes fest auf Serapio geheftet. Welch ein martialisch-würdiger Auftritt! Auch ich konnte nun nicht umhin unter seinen Worten, die wohl zu diesem Zeitpunkt noch nicht ihr Ende gefunden hatten eifrig zu klatschen, ehe mein Augenmerk freudig strahlend zu Quintilia Valentina hinüber glitt. Sie musste doch geradezu überquellen vor Stolz und Glück! Würde mich – in ferner Zukunft – eine etwaige Verlobte auch jemals so sehen? Nein. Die Wahrscheinlichkeit war verschwindend gering und gehörte wohl in das Reich der Träume, in welchem ich mich ja so gut auskannte. Meine Mundwinkel verspannten sich etwas unter diesem Gedanken und ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf das Geschehen auf dem Marsfeld vor mir, wobei ich nun noch ein wenig verbissener klatschte als noch zuvor.

    Erleichtert nahm ich das Nicken des Flaviers zur Kenntnis und musste feststellen, dass mein Lächeln darunter sogar noch eine Spur breiter wurde. Anscheinend war es doch keine so dumme Idee, wenn diese schon als 'vortreffliche Strategie' tituliert wurde. Mein Blick schwenkte sodann hinüber zu Renius, doch auch dieser schien meinen Vorschlag als sinnvoll einzuschätzen, auch wenn ihm sonderbarer Weise nun ein wenig Hektik ins Gesicht geschrieben stand. “Nun denn!“, entkam es mir, während ich nun von meinem wunderbaren spontanen Plan noch innerlich bewegt einmal auf den Fußballen auf und ab wippte und ein weiteres “Wohl an!“ nicht verkneifen konnten. Dann schaute ich zum Tempeleingang hinüber, hinter dessen Pforte der Adituus Tantasius höchst ahnungslos sich aufhielt. “Soll ich noch irgendetwas beachten?“, fragte ich noch einmal, obwohl ich mich nunmehr schon in Bereitschaft befand zum Ort des zukünftigen Geschehens hinüber zu schreiten. “Ich nehme an, dass ihr hier warten werdet?“

    Vor dem Fenster angekommen ließ ich mich ächzend auf einen Scherenstuhl sinken und schaute noch einmal zu meinem jungen Verwandten hinüber, der sich nun daran machte, sich zu verabschieden. Ja, natürlich konnte er mich alleine lassen. Ich nickte ihm zum Abschied noch einmal zu, seufzte hart und tief und versuchte mit halbwegs erhobenem Haupt ein wenig von der frischen Luft zu erschnüffeln, die sich durch das Fenster hindurch so wunderbar bemerkbar machte.
    “Ich bin dann mal Brot holen!“, erklärte mir mein Sklave, der mich noch einmal prüfen betrachtete und den Eimer neben mir auf dem Boden platzierte. Wahrscheinlich nur zu Sicherheit. “Mit ein bisschen Öl und ein paar Oliven?“ Muckel nickte und folgte dann Scipios Beispiel und ging durch die Tür hinaus. Allein. Ich war allein. Ich atmete noch einmal tief durch, brachte meine Ellenbogen auf den Tisch vor mir und stützte mit den Händen meinen Kopf. Nie wieder Faustianer! Ich schwor es mir ein weiteres Mal. Das dumpfe Brüten hinter der Stirn wollte kaum nachlassen, während ich mich meinen ureigenen Betrachtungen hingab. Dabei bemerkte ich kaum, dass jemand das Zimmer betrat und hob wahrscheinlich recht spät den Kopf, als ich neuerlich angesprochen wurde. Nelia! Ein Lächeln trat mir auf die Lippen, doch es verzerrte sich ein wenig unter dem neuerlichen Stechen in meiner Stirn. Endlich war sie wieder da, war neben mir und schaute mich an. “Bona Dea!“, erklärte ich gequält. Nachwehen traf es ganz gut! “Ich habe Schmerzen!“ Etwas kläglich schaute ich nun zu ihrem Gesicht empor. “Es fühlt sich so an, als würde mir ein ganzer Tempel aus dem Schädel wachsen!“ Zu meiner Überraschung musste ich mir nun eingestehen, dass mein trübes Haupt am liebten ihrem weichen Leib entgegen geschmiegt hätte, damit sie es bergen und streicheln konnte. Doch ich unterdrückte dieses flüchtige Begehren und lächelte weiterhin tapfer. “Wo warst du den ganzen Tag?“, wollte ich stattdessen wissen.