Beiträge von Rediviva Helena

    "Ach, was.. Geht schon, musst dir keine Sorgen machen."


    lächelte ich ihm optimistisch zu, während ich versuchte wieder auf die eigenen Beine zu kommen. Kurz schloss ich die Augen um mich zu sammeln, doch als ich sie wieder öffnete drehte sich alles noch etwas mehr. Ich allerdings bemerkte kaum, dass meine Beine wegzuknicken drohten und ich schüttelte meinen Kopf vor Ärgernis.


    "Ist schon in Odnung, eine ganz gewöhnliche Nebenwirkung."


    zwinkerte ich ihm lächelnd, nervös lächelnd, zu.

    "Gut, dann werde ich es mir ganz fest vornehmen um deine Aussage zu überprüfen. Ich werde die Colonia Agrippina auf jeden Fall besuchen kommen, nur ein Datum kann ich noch nicht festlegen!"


    lächelte ich, während mein Blick für ein Sekündchen verschwamm. Der Wein stieg mir definitiv zu Kopf. Ich suchte kurz nach Halt und stützte mich unbeabsichtigterweise an Numerianuns Brust ab, da ich Angst hatte, Kontrolle zu verlieren. Doch so schlimm wurde es nicht und meine Sicht klärte sich wieder. Etwas bedröppelt sah ich ihn an.


    "Verzeih... ich...

    Ich lauschte, schon beinahe ein wenig verträumt seinen Ausführungen. Und als er geendet hatte stellte ich mir die Frage, ob er die Stadt nicht ein wenig schöner darstellte, als sie eigentlich war.


    "Das hört sich ja wahrlich wunderbar an. Und wie du schon sagtest beinahe unglaublich. Du tischt mir hier auch wirklich nur Wahrheiten auf, oder? Wenn nicht habe ich einen weiteren Grund um die Colonia Agrippina aufzusuchen..."

    Ich sah Gratianus etwas überrascht an - hatte er auch etwas dringendes mit meinem Bruder und meinem Liebsten zu besprechen? Ich wusste nicht warum, aber ich zweifelte doch daran. Mir wäre es lieber gewesen, wenn ich Romanus erst einmal für mich hätte haben können, aber gut, nun war es so.


    "Minerva? Du meinst Minervina. Naja, sie wird sich schon hier irgendwo herumtreiben, immerhin freute sie sich ja schon sehr auf deinen Unterricht.."


    Mehr Platz im Atrium? Ich schüttelte gedanklich den Kopf, ließ mir aber nichts anmerken. Mein Beweggrund war schlicht und ergreifend, dass man keine Gespräche in einem Cubiculum abhielt... Wir gingen los.

    Gemeinsam kamen wir aus dem Cubiculum welches vorübergehend meinem wahren Bruder gehören sollte ins Atrium. Ein offenes Gespräch würde sich vorerst nicht entwickeln können, aber vielleicht war es für das Verhältnis zwischen Metellus und Romanus auch ganz gut.

    Ich gab ein resigniertes Seufzen von mir, er und seine Toga. Erst hörte er mir nicht zu und nun ... Naja, auch egal. Romanus. Heute erst kennen und heute schon lieben gelernt. Ich grinste.


    "Nein, er wartet in einem der leerstehenden Zimmer, denn wir waren eben noch ausreiten und sind mitten in einen Regenguss gekommen. Aber bitte prahle vor ihm nicht allzusehr, denn er hat wirklich nichts... Und das nur meinetwegen."


    fügte ich etwas geknickt hinzu. Dann machten wir uns auf den Weg ins Gästezimmer meines Bruders.

    Gemeinsam mit Marcus kam ich am Gästezimmer an und klopfte kurz, ehe ich den Kopf rasch hineinsteckte und auch Gratianus schon sah. Nanu, wie kam denn das, dass er ihn schon gefunden hatte? Ich lächelte Romanus aufmunternd zu.


    "Ich habe noch jemanden aufgetrieben, wie du ja anscheinend auch!"


    zwinkerte ich.


    "Wollen wir nicht ins Atrium?"

    Ich lehnte meinen Kopf an seine Schulter und musste leicht lächeln. Er hatte Recht. Der Krieg hat mir vieles genommen und doch hatte ich da immer noch Rückhalt, meine familie, meine Freunde, meine Kinder und vor Allem Metellus.


    "Das ändert aber nichts an der Sinnlosigkeit dieser verheerenden Vernichtung."


    murmelte ich und drückte seine Hand leicht. Auch ihn hatte ich noch und mir kam der, zugegebenermaßen gemeine Gedanke, dass ich an ihm noch lange etwas haben würde. Im Krieg konnte ich ihn nicht verlieren.


    "Ich bin froh, dass du da bist. Durch die Legio haben wir einen starken Abstand bekommen, was ich sehr schade finde. Ich bin der Meinung, dass wir das ändern sollten."

    "Ein wenig Zeit werde ich sicher noch brauchen, ehe ich in der Lage bin auch nur einen Fuß auf germanischen Boden zu setzen, aber ich hoffe nicht mehr allzulang. Dann zeigst du mir die Colonia Agrippina, nicht wahr?"


    Die Colonia...


    "Sag einmal, in welcher Richtung genau liegt sie eigentlich von Mogontiacum aus? Ich glaube nördlicher, oder?"

    "Das weiß ich nicht. Er war schon außer Dienst, ehe ich Pontifex Hispania wurde. Er war zu der Zeit sacerdos, als ich noch in Germanien wohnte und ich wéiß nur von ihm, da er auf Listen aufgeführt ist."

    Ich legte meine Hand mitfühlend auf sie Seine und streichelte mit meinem Daumen leicht seine Handoberfläche. Das musste für ihn wahrlich ein großer Schock gewesen sein.


    "Das tut mir leid. Aber du hast Recht, als Ausbilder wäre es vielleicht noch schwerer geworden. Vor Allem wenn ahnungslose und freche Rekruten hinzugeiommen wären, die nicht die geringste Vorstellung von den Leiden eines Krieges haben. Sicher wird es für dich erst einmal eine schwere Umstellung werden, aber... so ist es doch weitaus besser. Was du tun könntest wäre vielleicht privat ausbilden. Söhne reicher Männer die bald in die Legio kommen oder so. Dann könntest du dein Wissen weiterhin anwenden."


    Ich seufzte schwer und in Anbetracht von seinem Unglück, wünschte ich Maximus beinahe dass er sauber gestorben war. Dass etwas nicht stimmte, ging ja klar aus seiner Abwesenheit hervor. Betrübt starrte ich auf den Boden vor mir.

    "Sind reizende Freunde denn nicht Grund genug? Immerhin sind nicht nur Meridius und Commodus, gute Freunde von mir dort, sondern auch du. Zudem kann es nicht schaden ein wenig herumzukommen."


    'Drollig' schoss es mir durch den Kopf und grinsend wandte ich meinen Blick wieder ab. Er schien sich doch tatsächlich durch mich in Verlegenheit bringen zu lassen. Am besten ließ ich mich einsperren oder wandle nur noch zwischen Officium, Tempel und Casa hin und her, ohne andere Örtlichkeiten zu besuchen. Ich drehte mich wieder warmen Lächelns zu ihm, ich mochte ihn doch sehr. Ich musterte sein Gesicht.

    "Doch, hat es. Einst war es Proximus, ein Decima, doch er war schon sehr alt und die Götter beschlossen ihn mit sich zu nehmen. Durch den Tod des Meisters musste dann der Schüler auch nach Italia, wo er letztendlich auch geblieben ist. Damals war ich noch nicht bereit, auszubilden!"


    In meinen Gedanken ging ich die Schicksalsschläge der Provinz durch. Das ist ja furchtbar. Nova beging Selbstmord, Balbillus ist schwer krank, Proximus starb... ich schüttelte mich.

    "Nein, aber in Mogontiacum, dort habe ich bei einem Marspriester meine Ausbildung begonnen und wurde unter ihm auch Sacerdos. Gaius Quintilius Taurinius, falls du ihn kennst? Das war eine schöne Zeit in Germania, wobei es mir klimatisch hier in Tarraco weit besser gefällt."


    Nanu? Was war denn nun los? Er schien ja völlig außer Kontrolle zu geraten. Hm, vielleicht hätte ich anders reagieren sollen. Ich suchte schnell nach etwas, was ich sagen konnte, um ihn wieder auf die Beine zu hohlen. Der Arme.


    "Aber vielleicht führen meine Wege mich ja auch noch in die Colonia Agrippina! Genug Gründe hätte ich ja jetzt."

    Ich sah ihn verwundert an und verstand zuerst nicht, wie er das meinen könnte. So, wie mein erster Gedanke war, konnte es nicht sein. Und doch schob sich diese Möglichkeit in den Vordergrund und errötend wandte ich den Blick wieder ab. Ich grinste verlegen und kam mir beinahe so vor, wie Minervina.


    "Na, dann ist ja gut!"


    Tat ich, als ob ich seine Worte missverstanden hätte. Charmant war er wahrlich. Ich suchte krampfhaft nach einem weiteren Thema, welches man ansprechen könnte, doch meine Gedanken führten immer wieder zu seinen Worten zurück.

    "Was? Nein, Balbillus ist Mitglied einer der - religiös - angesehensten Gentes. Sein Bruder ist einer derjenigen, die dem Cultus Deorum wohl am ergebensten gedient hat und er selbst hat bislang Minerva gedient. Doch durch die Refomierung musste er zu Mercurius wechseln. Ich kann nicht sagen, dass er nicht pflichtbewusst ist. Nur sehr anfällig für Krankheiten."


    Aber es stimmte schon, ein Günstling der Götter schien Amulius wahrlich nicht zu sein.

    "Dann werden wir dafür sorgen, dass Mars die weiterhin wohl gesonnen ist."


    bemerkte ich mit einem Seitenblick, mit welchem ich feststellte, dass er bei fortführenden Worten errötete. Da fragte ich mich doch glatt, warum auf einmal diese Verlegenheit in seine Züge kam. Der Wein machte nicht verlegen.


    "Es scheint als hättest du schon genaue Vorstellungen, wie deine Frau sein soll. Du schaust so verträumt in die Gegend und kaum noch in der Wirklichkeit hier bei mir!"


    zwinkerte ich.

    "Aber nein!"


    ich musste lachen.


    "Der gute Amulius hat viele Mitglieder aus seiner Familie verloren. Seine Tochter Alypia ist gestorben, sein Bruder und seine Frau verschwunden. Seine Nichte verstorben. Da würde jeder irgendwann erkranken. Ich staune, wie gut er bisher durchgehalten hat."


    Ich sah wieder ernst drein. Balbillus tat mir wirklich leid.