Helena war schweigsam geworden und noch unsicherer, was die Standesunterschiede anging. Alles was Claudia ihr einst hatte eintrichtern wollen, war vollkommen verloren gegangen. Und ängstlich war sie ebenfalls. Hinter jeder Ecke und jedem unbekannten Blick vermutete sie einen weiteren Täter, der sie vielleicht hassen könnte. Und so kam es, dass Helena nun ganz die sittsame Frau war und bei Callidus eingehakt ging. Für gewöhnlich hatte sie den angus clavus mit stolzer Haltung und freundlichem Lächeln getragen, nun blickte sie eher verängstigt und unsicher drein.
Dies alles hatte dazu geführt, dass sie den Rat ihrer Familie und auch von Metellus ohne große Widerreden angenommen hatte - sich eine Leibwache zu besorgen, wenn dies auch nur ein einzelner Sklave war. Umso erstaunter war sie, als Callidus sie auf eine recht muskulöse Sklavin hinwies. Seine Worte waren im krassen Gegensatz zu ihren Gedanken. Sie empfände es mehr als angenehm, wenn sie keine männliche Begleitung bei sich hatte. Zum Einen war dies für sie selbst sicherer, denn sie zeigte derzeit gewissen Männern gegenüber Skepsis. Zum Anderen würde es sittsamer erscheinen.
Sie blieb stehen und hielt den Blick auf die Sklavin gerichtet. Ob Callidus tatsächlich aufstöhnte oder dies nur eine Einbildung war, die ob der Kenntnis seiner Meinung zustande gekommen sein könnte, war ihr nicht ganz klar. "Ich finde eher, dass sie..." begann Helena und wandte den Blick zu Callidus. ".. eine recht starke Persönlichkeit ist. Selbst wenn sie, wie du sagst, ein Mannsweib ist... Es kann doch sein dass gerade deshalb eine große Loyalität ihren Charakter beherrscht." Dass sie ihr sehr gefiel, sagte sie besser noch nicht. Ansonsten käme dann der nächste laute Ausbruch seitens ihres Bruders. Aber das Interesse war geweckt und da würde auch eine seiner zynisch - theatralischen Äußerungen nichts dran ändern können.