Beiträge von Aemilia Caenis

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    AZAR


    Ha! Er hatte ihn fast. Die Seitenblicke auf den verstummten Römer sind Azar sofort aufgefallen. Er wurde nervös... Jetzt musste Azar nur mitspielen.


    "Weder dich noch deine Ware will ich beleidigen. Aber 1100 Sesterzen? Meine junge Herrin hat zwar viel Schönheit und Klugheit zu bieten, doch wenn ich ihr sage, dass ich 1100 Sesterzen für ihren neuen Sklaven ausgegeben habe, wird sie keine Gnade walten lassen. Jetzt bist du an der Reihe, mir Mitleid zu zeigen und ich werde dir auch einen Schritt entgegen kommen. 850 Sesterzen. Schlag ein und du bist ihn los- mich los- und hast Gewinn gemacht. Sag mir nicht, dass du ihn für mehr als 800 eingekauft hast. Du weißt, wie viel er wert ist- ich weiß es. Also lassen wir den Tam-Tam außenherum.", sagte der dunkelhäutige Sklave und hielt dem Händler eine Hand hin. Er ging gar nicht davon aus, dass er einschlagen würde, aber er könnte ihn damit vielleicht noch ein bisschen weiter nach unten treiben. Azar beschloss, maximal 1000 Sesterzen für den Sklaven auszugeben. Und kein bisschen mehr.


    Azar konnte reden, wenn er wollte, auch in vortrefflichem Latein. Er selbst war einmal für viele Tausend gekauft worden. Nicht nur wegen seinem exotischen Aussehen- auch auf Grund seiner guten Ausbildung.

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    AZAR


    Na, wenn das nicht ein gehöriger Sturz des Preises war. Von 2500 hatte sich der Händler aber leicht auf erschwingliche 1500 herunterhandeln lassen... Jetzt war es Zeit, in das Spiel einzusteigen.


    "Ich muss dem Herren hier Recht geben. Beste Qualität sieht anders aus. Narcissus ist er nicht. Aber auch 1500 ist zu viel. Ich erhöhe das Gebot auf 600 Sesterzen."


    Er verschränkte die Arme und streckte seinen Rücken durch, so dass er fast einen Kopf größer war als der römische Bürger neben sich. Nicht, dass er ihn einschüchtern wollte- nein, manchmal genoss Azar einfach, von solcher Körpergröße zu sein, wenn er schon in so niedrigem Rang in der Gesellschaft lebte.

    Ah, dann befand sie sich gerade mit Crassus in Petilias Cubiculum. Und das würde sie für sie räumen? Caenis blickte überrascht zu Prima und wollte ihr gerade einen dankenden Blick zuwerfen, als sie den Ausdruck in Primas Augen sah und verwirrt in die Runde fragte. "Warum sollte sie es denn räumen? Der Herr Petilius möchte doch, dass ich bei ihr unterkomme und nicht, dass ich sie von hier verdränge. Wo soll sie denn dann unterkommen?"


    Schließlich hatte Crassus nur von ihr gesprochen und nicht erwähnt, dass er auch vorhatte, in dem Cubiculum bei Caenis zu bleiben. Wenn sie das gewusst hätte, hätte sie jedoch anders als Crassus dagegen protestiert- so etwas gehörte sich nicht. Sie war nicht verheiratet und eine junge Frau, da hatte der Petilius schon ganz recht! Es gehörte sich nicht, die Geschlechter zu mischen.


    Als der junge Iulier ihr beim Aufsetzen half und ihr über Wange und Stirn strich, durchzog ein sehr angenehmes Kribbeln ihren ganzen Körper. Sie blickte verliebt in seine Augen und verlor sich ganz darin. Er würde ihr alles holen lassen... Dabei brauchte er nur noch ein wenig bei ihr bleiben. Sie nickte einfach nur leicht auf seine vielen Fragen und sagte, "Mir ist ein wenig schwummrig. Aber ansonsten geht es mir gut. Ich weiß gar nicht, warum ich überhaupt... Vielleicht habe ich zu wenig getrunken...", meinte sie nachdenklich und hätte sich am Liebsten in seine Arme geworfen, als er sie besorgt und glücklich anblickte. "Nein, du brauchst wirklich nichts für mich holen. Ich danke dir, Crassus. Ich würde auch gerne wieder aufstehen und zurück zu den anderen- es macht sicher keinen guten Eindruck auf Petilius, dass wir hier sitzen-", sagte sie lächelnd zu ihm, auch wenn sie noch nicht ganz von ihrem Vorschlag überzeugt war. Als ein stechender Blick aus der Richtung der Petilia auf sie fiel, bekam sie jedoch wieder Kraft und wollte ihre Beine über die Kante der Liege schieben, um so bald wie möglich aufzustehen. Irgendwas in ihr sagte Caenis, dass sie besser daran tat, so schnell wie möglich aus der Casa Petilia zu verschwinden. Was leider nicht möglich war, erinnerte sie sich... Aber aus dem Cubiculum zu fliehen war sicherlich ein Anfang.

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    AZAR


    2500 Sesterzen! Was für eine lächerlich hohe Summe. Dafür konnte man locker drei Sklaven kaufen, die seinen Bildungsstand und seine Gesundheit besaßen.
    Auch wenn er nicht laut lachte, wie der Römer, musste er doch schmunzeln und beobachtete das Geschehen. Je nachdem, wie der Sklavenhändler mit sich handeln ließ und der Römer sein Gebot anhob, wollte er mitbieten. Doch musste sich Azar eingestehen, dass der Römer wahrscheinlich mehr Sesterzen erübrigen konnte als die junge Aemilia Azar überhaupt mitgegeben hatte.

    Sim-Off:

    Kein Problem, ich kann mir vorstellen, wie es aussehen würde :)


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    AZAR


    Der Ägypter ließ sich nicht anmerken, dass er mehr als positiv überrascht war. Das gehörte zum Verhandeln dazu. Doch tatsächlich war dieser Sklave ein Prachtstück. Der Händler würde einen guten Preis dafür verlangen.


    "Sehr gut.", lobte Azar mit einem Nicken und nahm die Wachstafel in genauere Beobachtung. Er hatte nicht nur schnell, sondern auch sehr ordentlich geschrieben.


    "Ich will ihn kaufen. Wie viel willst du für ihn?", sagte Azar knapp und nahm mit dem Verkäufer direkten Blickkontakt auf. Er sah ernst aus, fast emotionslos, kalt. Er wartete ab auf die Antwort des Händlers und machte sich bereit, eine viel zu hohe Summe zu hören.


    Als dann ein römischer Herr an den Händler trat, machte Azar ihm Platz, schließlich war er nur ein Sklave und damit untergeordnet. Er ließ den Römer reden und beobachtete den Händler. Er würde im zweifelsfall einfach höher bieten als der Römer, dachte er sich.

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    AZAR


    Azar hatte den Ausführungen des Händlers gelauscht und währenddessen versucht Augenkontakt mit Mardonius aufzunehmen. Je mehr der Händler sagte, desto mehr war die Entscheidung gefallen, dass es genau dieser Sklave für die Aemilia werden sollte. Doch noch war er nicht zufrieden mit den Antworten. Er holte eine schon sehr lädierte Wachstafel heraus und einen Griffel, zerstrich eine kleine Notiz, die er schon länger im Kopf hatte und hielt Wachstafel und Griffel dem Sklaven hin. "Dein Name. Alter. Herkunft. Latein- und Griechisch. Und Rechnung: Sieben Fische, Vierzehn Münzen. Du hast nur zehn Münzen."


    Er wartete ab und beobachtete genau, was der Sklave Mardonius jetzt machen würde und genau wie er es machen würde. Wenn er wirklich lesen, schreiben und rechnen konnte, und dabei nicht dumm und verzweifelt, sondern fleißig aussah, würde er versuchen, mit dem Händler ins Geschäft zu kommen.

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    AZAR


    Es war noch nicht so lange her, da hatte der Sklave Azar an der porta der Casa Aemilia, seines Herrenhauses, gesessen und sich gewünscht, der Dominus oder seine Cousine würden einen weiteren Sklaven kaufen. Es war einfach notwendig. Das Haus brauchte dringend noch eine gute Arbeitskraft, gerade jetzt in dieser von Unruhen geprägten Zeit. Es war wohl die ganzen letzten Jahre ausreichend gewesen, zwei tüchtige Sklaven für die nur frequentiert genutzte Casa zu besitzen, doch jetzt, wo die junge Aemilia aus Ägypten hergezogen war und der Dominus sicher bald wieder in Roma sein würde, da gab es einfach keinen anderen Weg!


    Wie passend, dass die Aemilia kurz nach den Überfällen wie traumatisiert zurück in die Casa Aemilia zog und Azar den Auftrag gab, sich auf dem Sklavenmarkt nach einem Sklaven für sie umzuschauen. Sie selbst wollte noch nicht wieder vor die Tür, doch für den großen und dunkelhäutigen Ägypter drohte wenig Gefahr eines Überfalls.


    Sie hatte ihm einen Beutel mit 2000 Sesterzen mit auf den Weg gegeben, eine große Summe Geld, die er allerdings max. zur Hälfte für den Sklaven ausgeben wollte. Sie hatte- wohl verwöhnt von dem Anblick iulischer Sklaven- erschrocken auf die alten Tuniken der beiden Sklaven gestarrt und Azar schließlich gebeten, er solle doch gleich für sich selbst, Rhamphias und den neuen Sklaven Kleidung dazu kaufen.
    Dass er so einen schäbigen Eindruck auf die Herrin machte, war Azar gar nicht bewusst gewesen. Gut, er hatte nicht damit gerechnet, dass Caenis früher als der Dominus zurück kommen würde, doch empfand er sich sehr wohl als ansehnlich und sauber...


    Über den Mercatus schlendernd betrachtete Azar die ausgestellte Ware und erkannte in vielen Blicken der Sklaven die Ungewissheit und Unsicherheit, die er nur allzu gut aus seiner Jugend kannte. Es war so lange her, dass er selbst oben auf dem Podium stand und für das Höchstgebot verkauft wurde. Er war zum Glück in gute Hände gekommen, die ihm viel Verantwortung übertrugen. Schließlich war er der Maiordomus der Casa Aemilia.


    Ein weiteres Gefühl, was allgegenwärtig in der Luft hing, war die Angst. Er konnte in der Ausstrahlung so vieler junger Männer und Frauen die Angst riechen. Er wollte aber keinen ängstlichen Sklaven kaufen. Er hatte auch keine Angst gehabt. Unsicherheit, ja, aber keine Angst. Azar wusste genau, was er wollte. Einen aufrecht stehenden, hoffnungsvollen, aufgeweckten jungen Burschen, groß gebaut, kräftig. Und er sollte was im Hirn haben. Da er von der Herrin gekauft wurde, würde Azar natürlich auch noch auf weitere Äußerlichkeiten achten...


    Während er unauffällig zwischen Schaulustigen und anderen Käufern lief, fiel ihn an der Seite ein ausgestellter Sklave auf. Er ging näher, jedoch noch nicht zu nah um als potentieller Käufer auffällig zu werden. Jung, groß, gut gebaut- und der Ausdruck in den Augen, wie sich der Bursche umsah, das gefiel ihm. Er strahlte eine gewisse Selbstsicherheit aus.


    Na, dann wollen wir mal mehr von der Ware sehen, dachte sich der aemilische Sklave und ging auf den Verkäufer zu. "Du. Der da.", dabei deutete er kurz auf den Jungen, "Gefällt."
    Mehr musste nicht sagen, damit der Händler von sich aus seine Ware anpries, um den möglichen Käufer zu einem Käufer zu machen, war sich Azar sicher und wartete ab.

    Die Pflastersteine, auf die sie ihre schnellen Schritte setzte, kamen wie aus dem Nichts. Sie schossen von unten heran, reihten sich vor ihr auf und verfielen nach ihrem Tritt in Asche, die in die endlose Leere unter ihr rieselte.
    Caenis zwang ihren Blick von unten und raffte die Stofflagen ihrer bleichen Tunika höher, um schneller laufen zu können. "Nicht nach unten schauen. Nicht stehenbleiben", raunte es von irgendwoher, sie war sich nicht sicher, ob das vielleicht auch ihre eigene Stimme war, schließlich konnte sie sich nicht daran erinnern, diese Wörter ausgesprochen zu haben.
    Hinter ihr, über ihr, unter ihr- zu allen Seiten!- die absolute Dunkelheit. Es schießen ihr Tränen ins Gesicht. Wohin sollte sie laufen? Warum kam sie nicht an? Wo führte dieser Weg hin? Hatte er überhaupt eine Destination?
    "Caenis!", flüsterte eine tiefe Stimme und urplötzlich schien die Zeit stillzustehen. Ihre Schritte waren eingefroren, die Pflastersteine unter ihr bewegten sich nicht mehr und die Asche des hintersten Steins schwebte regungslos in der Luft. Das Echo ihres Namens hallte immer intensiver werdend um sie herum und zog an ihr. Wer war die Stimme? Er rief- sie! Das war ihr Name! Es war- die Stimme von Crassus! Sie wollte zu ihm, die Quelle seines Rufes sollte ihr neues Ziel werden! Doch wo war Crassus? Sie flüsterte in die Stille hinein seinen Namen, wie als eine Antwort, "Crassus...? Bist du das?", doch kaum hatte sie seinen Namen ausgesprochen, verwandelten sich die Steine unter ihr in reißendes Wasser und sie fiel hindurch.


    "Crassus...? Bist du das?", flüsterte Caenis, und als ihr der nasse Lappen auf die Stirn gelegt wurde, zuckte sie zusammen und öffnete panisch die Augen. Ein überraschter Seufzer entkam ihr, als sie direkt neben sich das besorgte und... so liebevoll blickende!... Gesicht von Crassus erkannte. Er hatte sie aus der Dunkelheit geholt. Er hatte ihren Namen gerufen. Doch wo waren sie beide? Mit müden Augen sah sie sich in dem Raum um, in den sie offensichtlich hingetragen wurde, schließlich konnte sie sich nicht mehr daran erinnern, selbstständig hingekommen zu sein.
    Es war ein Cubiculum- doch nicht ihres bei den Iuliern. Wie dumm von ihr, natürlich nicht ihres, sie waren doch zu den Petiliern hinüber gegangen, korrigierte sie sich selbst. Sie blickte umher und erkannte noch eine Gestalt, die sich von Crassus ab und ihr zuwandte. Es war die Tochter des Petilius- Prima. Sie redete davon, dass etwas geheim bleiben sollte... Doch was? Eine Absprache unter... uns... vieren? Was bedeutete das? "Was soll geheim bleiben, Crassus? Wovon redet sie?" fragte Caenis leise und versuchte sich aufzusetzen, was ihr geschwächter Körper mit einem Stich in die Schläfen quittierte.

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    AZAR


    Es wurde ruhig. Bei Isis, es wurde ruhig. Der Pulk war weiter gezogen, hatte die Nebenstraße, in der sich die Casa Aemilia befand, und damit sein Zuhause, größtenteils zu ihren Gunsten (und dem Verhängnis der an der Hauptstraße gelegenen Häuser) verschont.


    Er war panisch geworden, als das laute Gebrüll der Massen den Berg hochrollte, hatte wild Wertgegenstände in unauffällige Nischen gebracht und mit Rhamphias Fenster verriegelt und Türen mit Schränken zugestellt. Sie hatten beide, bedingt durch die Abwesenheit des Dominus und der jungen Aemilia, zusammen die temporäre Leitung der Casa übernommen und damit die Verantwortung über ihr Wohlergehen. Wie würde der Herr Aemilius ärgerlich werden, wenn er von dem Feldzug in sein Domizil kommen würde und alles verwüstet oder gar komplett zerstört und ausgeraubt sei!
    Die letzten horae hatten die beiden Sklaven also mit Stäben bewaffnet auf der Innenseite der porta gekauert und unruhig die Straße beobachtet, aber es schien nichts zu kommen. Ab und an verirrten sich ein halbes Dutzend oder etwas mehr in den Hof, drehten aber - Isis sei Dank! - recht zeitig wieder um, um sich den restlichen Massen auf den Hauptstraßen anzuschließen.


    Als es endlich ruhig wurde am Mons Esquilinus, wenn auch verstörend ruhiger als es normal zu dieser Stunde sein müsste, atmete Azar laut aus und merkte, wie eine große Last von seinen Schultern zu fallen schien. Er sah zu Rhamphias hinüber, der den großen Stecken an die Wand lehnte und anschließend grinsend in Azars Richtung nickte. Sie hatten es geschafft. Oder viel mehr- sie hatten Glück gehabt. Unmengen an Fortunas Segen. Doch was war mit der jungen Aemilia? Sie war vor ein paar Monden in der Casa Iulia untergekommen, weil der Dominus Angst hatte, sie würde während seinem Feldzug nur vereinsamen. Er hatte sie selbst in die Casa Iulia begleitet- sie lag viel näher an der Hauptverkehrsader als die Casa Aemilia! Ein Kribbeln setzte sich in seiner Brust fest. Es konnte- es durfte der jungen Herrin nichts passiert sein! Sie war zwar sehr still gewesen, aber immer nett zu ihm und noch dazu sehr hübsch anzusehen! Er nahm sich vor, ein doppeltes Maß an Trankopfern für Isis und Fortuna zu opfern und überließ Rhamphias die erste Wachschicht am Fenster neben der porta.


    Am hauseigenen Schrein angekommen dankte er Isis und Fortuna mit einem Weinopfer, bat sie um ihren Segen und Schutz für den Dominus, die Aemilia und, wenn es denn nicht zu viel verlangt sei, auch für Rhamphias und sich selbst. Der ägyptische Sklave legte etwas Weihrauch in eine Kohleschale, um den Laren des Hauses und dem Genius zu danken, die er für ihr Glück verantwortlich machte.
    Jetzt wollte er sich aber unbedingt hinlegen- Er musste ausgeruht sein, wenn es doch noch zu einem Überfall kommen sollte und wenn nicht spätestens wieder hellwach, wenn er selbst die nächste Wachschicht übernehmen musste.
    Kurz bevor ihm die Augen zufielen dachte er daran, bei der Rückkehr des Dominus um einen weiteren Sklaven zu bitten. Bei der Größe der Casa und der Gefahr durch Unruhen schien es ihm nur sinnvoll und angebracht- doch im Endeffekt lag alles in den Händen des Dominus, dachte er.
    Er konnte ja nicht ahnen, dass die junge Aemilia nur ein paar Tage später einen eigenen Sklaven erstehen würde, der durchaus auch seinem Kommando unterlegen sollte, schließlich war er derzeit der Maiordomus des Hauses.

    "Nicht mitbekommen? Natürlich habe ich es mitbekommen. Wie hätte ich es denn nicht mitbekommen können.", meinte sie ernst und wollte sich gerade über seine Zustimmung freuen, als es ihr die Sprache verschlug. War das gerade eine Art Verbot? Er würde es nicht zulassen... War sie zu weit gegangen? Es war wohl doch eine dumme Idee gewesen, ihn zu fragen. Sie blickte ihm unsicher in die Augen. Er... sah sie fragend an. Plötzlich spürte Caenis eine Kälte um sich... Crassus hatte recht, es wäre töricht, in den nächsten Stunden, vielleicht sogar Tagen vor die Tür zu gehen. Und zudem, sie hatte nicht die Kraft, ihm zu widersprechen.


    "Es tut mir leid, dass ich dich wegen eines unbedachten Vorschlages aus einer Konversation gerissen habe, Crassus. Natürlich ist es für mich in Ordnung, in der Casa Petilia zu bleiben, wenn du es wünschst."


    Sie senkte ihren Blick und spürte, wie es ihr etwas schwindelig wurde... Hilfesuchend legte sie eine Hand an die Säule neben sich und lehnte sich an. "Verzeih... Es... war wohl zu viel für mich die letzten Stunden. Ich würde mich gerne... ausruhen.", sagte sie leise und mit geschlossenen Augen. Sollte das etwa ein Nervenzusammenbruch sein? Jetzt? Sie hatte sich so etwas immer anders vorgestellt...


    Dann wurde es ihr schwarz vor Augen und ihre Knie gaben nach.

    Bevor sie einen Blick auf die Tochter des Petiliers geworfen hatte war Caenis sich noch unsicher gewesen, ob es wirklich das Richtige sei, Crassus auf einen Einzug in die Casa Aemilia anzusprechen, doch nach dem arroganten "Salvete" dieser hochnäsigen Person kam es für Caenis absolut nicht mehr in Frage, auch nur eine Nacht mehr als nötig in dieser Casa zu bleiben. Mit ihr in einem Zimmer? Mit ... der?


    Umso mehr war es eine Wohltat, mit Crassus zusammen in das Perystilium zu gehen und so dem fiesen Blick der Petilia zu entgehen.
    Sie atmete auf und rückte ihre Worte im Kopf zurecht, bevor sie ihn leise ansprach. Es musste ja nicht jeder mitbekommen. Erst recht nicht die Tochter des Petiliers, die sicherlich bereits die Ohren spitzte.


    "Die Gastfreundlichkeit des Petilius in allen Ehren, aber meinst du nicht, es würde die Casa Petilia und damit den ehrwürdigen Petilius zu sehr strapazieren, volle zwei Familien und Gäste bei sich aufzunehmen?"
    Die Aemilia legte eine Kunstpause ein, die nicht zur Beantwortung dienen sollte, sondern lediglich die folgende Aussage unterstützen sollte.
    "Ich war jetzt einige Zeit ein Gast in der Casa Iulia, wurde so gastfreundlich aufgenommen und hatte eine wundervolle Zeit-", und habe dich kennengelernt, dachte sie sich, "ich glaube, jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, ebenfalls Gastfreundlichkeit anzubieten. Die Casa Aemilia liegt wie die Casa Petilia an einer ruhigen Seitenstraße und wird sicherlich nicht allzusehr verwüstet worden sein, wenn überhaupt. Zudem ist sie derzeit bis auf wenige Sklaven unbewohnt... Ich würde gerne einen iulischen Sklaven nachschauen lassen, wie es um die Casa steht, sie befindet sich nicht weit südöstlich von hier am Berg, und wenn sie verschont geblieben ist, sind einige Zimmer frei... Mein Cousin ist noch mit den Cohortes Urbanae unterwegs wie du weißt. Er würde sicherlich zustimmen...", aufgeregt hielt sie inne und spielte mit einer losen Haarsträhne, die sich während der Flucht aus ihrer Frisur geschlichen hatte. Jetzt hatte sie alles gesagt- aber was meinte Crassus dazu?
    "Was meinst du? Petilius hat ja anscheinend ausreichende Räume, nur für uns zwei müssten Notdürfte errichtet werden..."- flüsterte sie unsicher und hoffte so sehr auf Zustimmung.

    So wie es der Hausherr ausgesprochen hatte, schien er etwas für die Philosophie übrig zu haben, auch wenn er sich direkt danach zu seiner Familie zurückzog. Sich mit einem zufriedenen Lächeln schmückend betrachtete sie Crassus neben ihr. Er sah Sophus hinterher, aber seine Augen waren etwas glasig, so als würden sich seine Gedanken um etwas viel weiter entferntes drehen. So gerne würde sie wissen, worum-
    Er nahm einen tiefen Schluck seines Weines und richtete seine Blicke auf sie. Es lief ihr warm und kalt den Rücken herunter. Er hatte trotz der Anspannung und Verantwortung einen so liebevollen Ausdruck in seinem Gesicht, wenn er mit ihr sprach.
    Die nächsten Horae vergingen wie im Flug, als wären es nur weitere Augenblicke gewesen, in denen sie ihn offen anschauen und mit ihm reden konnte. Zeit für ihn hatte. Und auch er für sie- erst als der Maiordomus mit den Wachen zurückkam und ihn ansprach, löste sich seine Aufmerksamkeit von ihr.


    Interessiert lauschte sie den weiteren Gesprächen, ohne das Wissen zu besitzen, wie sie sich an dem Gespräch beteiligen sollte. Es war weder ihr Haus, noch ihre Gens- sie war nur Gast, genauso wie sie hier in diesem Hause ein Gast geworden war.
    Als Sophus anmerkte, dass sie während der Unbewohnbarkeit der Casa Iulia eingeladen waren, in der Casa Petilia unterzukommen, kribbelte es ihr unangenehm im Nacken. Zwei volle Familien in einer Casa? Auch wenn sie wirklich groß erschien, konnte sie sich nicht ganz vorstellen, wo und wie die Unterbringung stattfinden sollte. Vielleicht... Wäre es einfacher, sie würde doch wieder in die leere Casa Aemilia zurückgehen und dort auf ihren Cousin warten?
    Oder konnte sie- durfte sie... In seinem Namen dort Gäste aufnehmen? Oder wäre das zu viel verlangt?
    Aber schließlich... hatte ihr Cousin doch gesagt, "Deine Unterbringung bei den Iuliern ist nur vorübergehend, solange ich mit den Cohortes Urbanae unterwegs bin. Du kannst allerdings jederzeit nach deinem Ermessen zurück."


    Nach ihrem Ermessen. Vielleicht... konnte sie auch nur Crassus mitnehmen? Sollte sie ihm das Angebot unterbreiten? Er würde sicherlich wissen, was am Besten in dieser Situation war.


    Sie wartete noch die Antwort des Sophus auf Crassus Danksagung ab und erhob dann selbst die Stimme. "Iulius Crassus, ist es bitte möglich, kurz unter vier Augen mit dir zu reden?"

    Oh, schon wieder diese Frage. Was möchtest du mit deinem Leben anstellen? Was planst du mit deinem Leben? Was sind deine nächsten Pläne? Planen. In die weite Ferne sehen, sich in der Zukunft in einem idealen Bild wiedererkennen- ob als angesehene Priesterin, Besitzerin eines Ladens, in einer Bibliothek Bücher studierend- ja, das wollten sie alle wissen. Doch... Musste sie das wirklich? Sich ein Bild erschaffen von sich selbst, irgendwo in der fernen Zukunft in einem Gebiet, das sie selbst noch nicht kannte? Schließlich würde es doch wahrscheinlich eh anders kommen, sie würde ihre Karrierepläne für ihre Kinder über Bord werfen müssen oder ihr Mann könnte es ihr verbieten. Oder, was ihr nach dem heutigen Tag näher ins Bewusstsein gerufen wurde: Es könnte auch alles morgen vorbei sein. Und dann?


    Ach, dachte sie sich- genug des Philosophierens... Petilius wollte nett sein und womöglich interessierte es ihn überhaupt nicht, was sie werden wollte. Also sollte sie ebenfalls nett sein und ihm so ehrlich wie sie es nur konnte antworten.


    "Ich möchte mich näher mit der Philosophie beschäftigen.", und um das offizielle, von ihrem Vater diktierte Ziel auch zu nennen, aber mittlerweile sehr wohl erst an zweiter Stelle: "Natürlich ist mein erstes Ziel verheiratet zu werden und meinem Ehemann Kinder zu schenken."

    In ihrem Becher befand sich, wie bei dem Dominus Petilius, eine Mischung des Weines mit Wasser. Sie hatte noch nie etwas anderes getrunken und sah deshalb sehr überrascht zu Crassus, wusste aber nicht (wie der Petilier), dass es schon an eine Beleidigung grenzte.


    Den folgenden Gesprächen über Weinimport etc. folgte sie eher halbherzig und ging lieber ein paar Schritte im Atrium herum, um die Inneneinrichtung auf sich wirken zu lassen. Der Garten hatte schon von Eleganz und einem Stil gezeugt, das Atrium übertraf ihren ersten Eindruck jedoch fast noch.


    Sich die Worte der Bewunderung noch im Mund zurechtlegend setzte sie sich auf eine Kline und nippte an ihrer Erfrischung.

    Als der Dominus eine Erfrischung anbot merkte Caenis erst, wie unglaublich trocken und ausgedörrt ihre Kehle war. Sie stimmte dankbar zu und auch wenn sie nicht von sich behaupten konnte, eine Weinkennerin zu sein, merkte sie doch, dass es Petilius bei der Erwähnung um Anerkennung ging und ließ sich darauf ein. "Aus Narbonensis? Das klingt wirklich wunderbar!"


    Als Crassus sie vorstellte neigte Caenis lächelnd den Kopf und schüttelte den Kopf bei der Frage nach ihrer beider Verwandtschaft. "Nein, weder das eine noch das andere. Nur... Bekannte, seit ich vor ein paar Wochen als Gast in die Casa Iulia aufgenommen wurde."


    Warum pochte Petilius so auf eine besondere Beziehung? Caenis sah zu Crassus, der mittlerweile wieder einen Schritt von ihr stand und ihre Hand losgelassen hatte. Lag das nur an dieser Hand oder... sah man noch mehr?
    Leicht errötend wandte Caenis den Blick von Crassus ab und nahm den Becher Wein entgegen, den der Sklave namens Syrius mittlerweile herbeigebracht hatte. Sie nahm einen tiefen Schluck- und genoss. "Der Wein ist wirklich vorzüglich, Petilius!", staunte sie- ohne es spielen zu müssen.

    Die Hand von Crassus wie einen Rettungsanker umklammert hetzte Caenis in den Hortus der Nachbarn. Sie hatte das Tor, das beide Anwesen voneinander trennte auf ihren Spaziergängen zwar wahrgenommen, aber niemals wäre ihr in den Sinn gekommen, dass es einmal ihre Rettung bedeuten sollte.


    Der ältere Herr, der sie im Hortus erwartete, schien der Hausherr zu sein- er strahlte etwas aus, dass Caenis an ihren eigenen Großvater erinnerte. Ihre steife Haltung löste sich etwas, als er mit einem gastfreundlichen Lächeln auf sie zukam, und als er seine Hand zwischen ihre Schuterblätter legte, lockerte sich ihre verkrampfte Brust in einen langen Ausatmer.


    "Ja, ich würde sehr gerne ins Innere gehen... Ich danke Euch sehr für Eure Gastfreundschaft, Petilius!"


    Sie lächelte den älteren Mann dankbar an und merkte gar nicht, dass sie Crassus' Hand noch gar nicht losgelassen hatte. Es fühlte sich so passend an- wie eine Art Verlängerung ihrer selbst.

    Caenis war die ganze Zeit über nicht von der Seite des Iuliers gewichen und hielt weiter seine Hand, als er dem bulligen Sklaven Befehle zur Verteidigung entgegen rief.


    Die nur kleine Entfernung zwischen ihnen und dem Pöbel erschien ihr unwirklich. Nur gut ein dutzend Schritte trennte sie von aggressiven, aufgewühlten, gewaltbereiten Männermassen, die sie leiden sehen wollten, tot sehen wollten- die dafür alles bereit waren zu tun.


    Sie bekam bei dem Gedanken eine Gänsehaut und zog eindringlich an Crassus Hand in Richtung Hortus, als er innehielt und tief Luft holte. Kurz danach drehte auch er sich in die richtige Richtung und lief so schnell los, dass Caenis kaum Schritt mit ihm halten konnte. Hastig raffte sie die Stofflagen vorne etwas hoch und wurde augenblicklich schneller.

    Die lauten Worte aus dem Munde von Crassus weckten Caenis aus ihrer Starre und so rannte mit ihm an ihrer Seite in die Richtung des Atriums.
    Sie kamen an vielen offen gelassenen Zimmern vorbei, deren Bewohner bereits geflüchtet waren und auch an ihrem eigenen, in das sie nicht mal einen kurzen Blick werfen konnte, so schnell wie sie daran vorbei hasteten. Gut, sie hatte schließlich das Wichtigste bereits eingesammelt und trug es in ihrer Tasche an der Seite, also hielt sie dort nichts mehr.


    Eine Biegung weiter und wenige Schritte vom Atrium entfernt standen Tsuniro und Alexander beieinander und der Sklave winkte sie weiter. Was sollte das? Wollten sie nicht gemeinsam fliehen? Und warum starrte Tsuniro den Sklaven so aufgebracht an?


    Den Weg zum Atrium folgend kamen sie schließlich beide bei Wonga an.

    Nickend faltete die junge Aemilia ihre Hände in ihrem Schoß zusammen. Er hatte ja recht. Nur was würde sie für einen Beruf ergreifen wollen? Schreiben- ja, sie schrieb gerne. Bildung... Ja, sie las gerne. Und ihrer jüngeren Schwester hatte sie einige Male etwas vorgelesen. Religion? Der Glaube war ihr sehr wichtig, aber ob er für mehr reichte? Eher nicht...


    Diese eher ernste und für sie bedrückende Stimmung baute in dem Kopf der jungen Frau Kopfschmerzen auf. Wie spät war es denn wohl? Irgendwie war die Zeit so schnell vergangen, dass Caenis ihre ansteigende Müdigkeit verdrängt hatte.


    Sie streckte ihren Rücken durch und richtete das Wort an den Iulier neben sich, ohne ihm direkt in die Augen zu schauen. Irgendetwas in ihr sagte, dass sie sich doch nur in seinem Blick verlieren würde-
    "Crassus, verzeih' mir bitte, dass ich unser Gespräch vorzeitig beende, aber es ist doch schon recht spät geworden und - ich würde mich gerne zur Ruhe legen, um für den morgigen Tag gut ausgeruht zu sein..."


    Jetzt, wo es gesagt war, suchte sie mit einem scheuen Lächeln seinen Blick.