Nein, nicht setzen wollte er sich, natürlich! Viel besser! Er wollte mit ihr spazieren gehen! Oh, es war eine fabelhafte Idee. Was wollte sie denn eigentlich noch weiter hier im Atrium sitzen? Was hielt sie hier noch fest?
Ein Blick in seine Augen verriet es ihr. Nichts! Sie richtete sich auf und stützte sich an der Kline ab, um aufzustehen, da streifte sie mit ihrem Arm an etwas... und sah zur Seite. Neben ihr saß - natürlich- Tsuniro! Wie hatte sie diese nur vergessen können.
Bei der Wahl ihrer Worte überlegte sie sich angestrengt, wie es für Crassus normal sein könnte, mit Sklaven umzugehen.
Sie selbst hatte auf dem Gut ihrer Eltern eine Sklavin gehabt, mit der sie fast schwesterlich umgehen konnte. Als sie diese in der Casa Aemilia in Aegyptus zurücklassen musste, war der Abschied sehr schwer gefallen und sie hatte seitdem vermisst, täglich jederzeit jemanden um sich zu haben, dem man uneingeschränkt vertrauen kann und alles erzählen kann, ohne Angst zu haben, dass es bei irgendwem nach außen dringt. Caenis betrachtete Tsuniro und stellte sie sich in genau dieser Rolle vor, schaffte es aber nicht ganz. Sie war schließlich eine Sklavin der Iulier, einer anderen Familie, bei der sie selbst, eine Aemilia, nur zu Gast wohnte. Das gab ihr sogar das Recht, alle ihre Geheimnisse an den Dominus weiterzutragen. So nett sie Tsuniro also fand, sie würde wohl nie ganz offen vor ihr reden dürfen. Sich das im Hinterkopf behaltend und mit einem etwas betrübten Blick sagte sie dann zu der ägyptischen Sklavin:
"Tsuniro- komm bitte morgen nach dem Frühstück zu mir ins Cubiculum hospitale, dann können wir alles vorbereiten. Oder nein- als Belohnung für deine Mühe, komm einfach mit dem Frühstück. Sag, dass ich viel Hunger habe, dann bekommst du den Rest."
Das war das Mindeste, was sie für sie tun konnte. Vielleicht war das sogar schon zu viel. Ach nein, es war ein schöner Tag gewesen und es konnte ein viel schönerer Abend werden! Warum sich also über so etwas Banales den Kopf zerbrechen? Sie war schon immer nett zu Sklaven gewesen, wenn sie ihre Dienste gut verrichteten, also gehörte diese Eigenschaft zu ihr wie ihre blauen Augen es taten und wenn ein Mann sie jemals lieben würde, dann würde er diese Eigenschaft auch lieben- oder lieben lernen. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf drehte sie sich wieder zu dem vor ihr wartenden Römer und stand endgültig auf. Vielleicht wäre ja er- nein, sie wagte nicht, weiterzudenken. Wer ihr Mann werden würde, hatte immer noch nicht sie zu entscheiden, sondern ihr Vater- und ihr Cousin diente diesem sowohl als Berater als auch als Sprachrohr seines Willens. Trotzdem, fand sie bei Iulius Anblick, wäre es eine ansehnliche Option.
"Natürlich gewähre ich dir diese Ehre. Ich freue mich sogar sehr über dein Angebot!", sagte sie aufrichtig und konnte ihre Augen nicht von den seinen lassen... Schließlich hakte sie sich bei ihm unter, wie sie es schon oft bei anderen Frauen gesehen hatte und merkte ein leichtes, angenehmes Kribbeln in ihrem Arm. "Tagsüber habe ich schon einige Bereiche der Casa gesehen. Was schlägst du vor, sieht in der nächtlichen Dunkelheit und vom Mond beschienen noch viel atemberaubender aus, als in der Sonne?", während sie das so sagte, als wäre es ein Teil eines recht neutralen Gespräches, wusste sie doch schon ihre eigene Antwort darauf. Und die setzte sich gerade neben ihr in Bewegung.