Beiträge von Titus Matinius Pacatus

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    Der Magister Vici: "Definiere Architekt? Ein Baumeister? Oder ein Mann, der in der vitruvianischen Kunst geschult ist?"


    Komische Antwort... Hier in Mogontiacum schienen merkwürdige Menschen zu leben. Pacatus war zwar durch die Begegnung mit dem - immerhin recht wortgewandten - Troglodyten schon leicht abgehärtet, aber dieser Magister Vici da hatte doch etwas Rätselhaftes an sich. Einen Architekten definieren? Wie, beim Hades, sollte das gehen?


    "Äh, ... nochmals Danke für Deinen Tip. Ich frag dann doch lieber jemand anderen. Vale, Magister, valete".


    Er nahm Kurs auf die Curia. Komische Reisegruppe.

    Auf dem Rückweg zur Curia sah Pacatus den Magister Vici mit seinem Gefolge auf dem Forum herumstehen. Er dachte sich, dass es vielleicht ganz gut wäre, sich bei dem für den guten Tip zu bedanken.


    "Ah, salve Magister Vici! Salvete. Schön, dass ich Dich treffe. Dein guter Rat hat mir richtig geholfen, ich habe gleich eine Stelle als Scriba beim Aedil bekommen. Für den guten Tip bedanke ich mich sehr bei Dir, Petronius Crispus. Ich soll im Officium III Abfangjäger spielen, Edikte für den Aedil schreiben und die öffentlichen Gebäude auf Bauschäden überprüfen. Ach, da fällt mir ein, kennst Du vielleicht einen Architekten hier in Mogontiacum?"

    Cicero? Der Typ hatte ja ziemlich viel geschrieben. Dass man sein Latein Jahrhunderte später sehr schätzen würde, konnte von den jetzt Lebenden ja keiner ahnen. Cicero vermutlich auch nicht. Und jetzt meinte der Troglodyt, dass Pacatus nicht so sprechen würde wie Cicero. Darauf war Pacatus bisher noch nicht gekommen. Sieh da, man musste ausgerechnet bis nach Germanien reisen, um solches zu erfahren. Pacatus grinste belustigt.


    "Hat denn Cicero schon mal mit Dir gesprochen? Mit mir jedenfalls nicht. Wir kennen doch bloß das, was er geschrieben hat. Weiss der Geier, was für einen lausigen Dialekt aus dem hintersten Latium der vielleicht gesprochen hat".


    Inzwischen war der Troglodyt fündig geworden. Er hielt eine Tabula in der Hand, die einen riesigen Schatten auf die Höhlenwand warf. "Ah, Du hast was gefunden? Ja, ich möchte wissen, ob da ein Architekt mitgemacht hat und welche Art von Bauschäden die damals aufgenommen haben".

    Der Archivar erhob sich und ging an ein Regal. Jetzt sah Pacatus, dass der Mann ein unscheinbares Kerlchen war, das so aussah als hätte sich sein Äußeres über lange Jahre an die höhlenartige Umgebung seines Arbeitsplatzes angeglichen. Wenn er an einer der Wände dieses Raumes vorbei ging, war er kaum zu erkennen. Die absolut perfekte Tarnung. Das wäre was für die Legio, aber leider kämpfte die ja nicht unterirdisch. Pacatus beschloss, den Mann 'Troglodyt' zu nennen. Natürlich nur für seinen eigenen Gebrauch. Der Troglodyt konnte auch sprechen und hatte gefragt, von wann der gesuchte Bericht sei.


    "Tut mir leid, ich weiss nicht, von wann ein solcher Bericht sein könnte. Aber man wird ja wohl nicht jedes Jahr eine Überprüfung der öffentlichen Gebäude machen. Schau mal in die Liste von vor drei Jahren und dann in die von vor fünf Jahren".


    Während der Troglodyt in den Papyri und Tabulae wühlte, sagte Pacatus: "Nee, ich bin nicht von hier, ich bin aus Roma, Aber dort sprechen sie Latein und keinen Dialekt".

    Nachdem er sich in der Basilica einen, übrigens ausgezeichneten, Eintopf einverleibt hatte, ging Pacatus eigentlich aus reiner Neugier runter zu dem Archivar. Je tiefer er in den Keller hinabstieg, desto feuchter wurde es. Mit den Händen konnte er die Feuchtigkeit am Mauerwerk fühlen. Ob das für die Archivalien bekömmlich war?


    Und es wurde dunkler. "Zum Hades mit meiner Doofheit", fluchte er leise, "warum hab ich nicht eine von diesen blöden Öllampen mitgenommen?" Er stolperte tastend einen Gang entlang, bis er einen Lichtschimmer sah, der aus einer offenen Tür kam. Hier war es noch feuchter. An der Tür angekommen, sah er drin in dem Raum einen Typ, der an einem Schreibpult werkelte, auf dem er sechs oder sieben Öllampen drapiert hatte. Erst meinte Pacatus, dass dem Kerl auch irgendeine Flüssigkeit von der Nase tropfte. Aber das war eine Täuschung, die ihm die feuchten Wände ins Hirn geblasen hatten. Er klopfte an der offen stehenden Tür und trat ein.


    "Salve, Pacarius Narcissus, ich bin Matinius Pacatus, der neue Scriba des Aedilen. Ich habe den Auftrag, die öffentlichen Gebäude in der Stadt nach Bauschäden zu überprüfen. Weißt Du, ob sowas schon mal gemacht wurde und ob es da vielleicht einen Bericht dazu gibt?"

    Pacatus nahm die Schüssel und machte sich auf den Weg. "Ich geh jetzt erstmal in die Basilica zum Futtern. Dann kann ich ja mal den Archivar besuchen. Bis dann".


    Während er durch die Korridore der Curia ging, beäugte er jeden Riss im Putz und jeden abgebröckelten Stein und fragte sich, ob man diese Macken als Bauschäden einstufen könnte. Bald war er sich im Klaren darüber, dass er doch besser noch mal den Aedil anzapfen sollte. Das Ding war komplizierter als er gedacht hatte. Er würde dem Aedil vorschlagen, dass er sich von einem Architekten nur einweisen lassen würde. Es wäre ja blöd, wenn der Architekt auf der ganzen Besichtigungstour mitlaufen müsste, denn dann könnte der es ja auch alleine machen. Als er aus der Curia ins Freie hinaustrat, begann er sich dann auf den Eintopf zu konzentrieren.

    "Na, dann gib mal die Schüssel her", sagte Pacatus. Er hatte jetzt Hunger und sagte sich, dass es an der Zeit wäre, etwas zu Essen zu erbeuten. Dabei konnte er sich mal probehalber die Basilika ansehen und feststellen, ob ihm Bauschäden auffallen würden. Das mit dem Architekten erschien ihm jedoch zunächst mal etwas dubios.


    "Kannst du mir einen Architekten nennen? Ich weiß aber nicht, ob der das umsonst machen würde. Zahlt die Civitas denn etwas dafür, dass ein Architekt die Gebäude überprüft?"

    Sie holten das Gepäck und das Maultier von der Silva Nigra ab und brachten alles in die Casa Matinia. Das Maultier kam in das Höfchen. Für den Winter konnte man da ja einen kleinen Stall aus Holz bauen, damit das gute Tier, das ja von Roma bis hierher den Krempel getragen hatte, auch weiterhin seine Dienste leisten konnte.


    Pacatus schaute sich noch mal die kleine Küche an und meinte zu Struthas: "Wenn Du Dich eingerichtet hast, nimm Dir mal den Herd vor und besorg Lebensmittel und Brennholz. Und Heu für das Muli. Ich muss jetzt in die Curia".

    Nun gut. Eine Liste konnte er sich ja auch selber machen, sagte sich Pacatus und nahm das freie Schreibpult in Beschlag. "Apollo Mogon, Magna Mater, Augustalium, Capitolium, Basilica, Curia, Thermen, Theater. Hab ich".


    Er legte die Tabula mit der angefangenen Liste beiseite. Ergänzen konnte er ja immer noch. "Ja, die soll ich alle überprüfen. Der Aedil hat zwar nicht gesagt, wie, aber ich denke, ich achte mal auf abgeblätterte Farben, abgeplatzten Putz, Risse, Feuchtigkeit und schief stehende Mauern. Du musst mir vielleicht gelegentlich erklären, wo die Dinger stehen, weil ich Mogontiacum noch nicht so gut kenne. Ich könnte schon mal mit dem Theater anfangen. Da weiß ich, wo das ist, weil ich dran vorbeigekommen bin".


    Er betrachtete die Liste noch mal. "Bei den Tempeln kann man ja nicht ohne weiteres überall rein, da müsste ich erst mal mit dem Pontifex reden. Wo find ich den?"


    Dann fiel sein Blick auf die leergegessene Schüssel von Boduus. "War der Eintopf gut? Und wo kriegt man so was?"

    Pacatus hatte seinen Sklaven Struthas schon etwas in der Stadt herumgeschickt. Er sollte das Pflaster hier kennenlernen und auch nach einem Domizil Ausschau halten, denn die Unterkunft in der Herberge Silva Nigra schlug langsam auf seine sowieso schon leicht kränkelnde Kasse.


    Struthas war irgendwann mal fündig geworden und zwar im Vicus Navaliorum. Dort, ein paar Schritte vom Rhenus entfernt, hatte er eine Bude ausgemacht, die leer stand. Vorher hatte da ein Seiler gehaust und sein Geschäft betrieben. Zwei Kammern, eine rudimentäre Küche, ein Ladenraum, eine Werkstatt und, zwischen Haus und Stadtmauer, ein Höfchen. Der Mietzins passte zu dem schmalen Einkommen eines Stadtschreibers und die Hütte bot immerhin die Möglichkeit, da später mal einen Laden aufzumachen.


    Diese Hütte sollte nun also die Casa Matinia in Mogontiacum werden! Bei den Brustwarzen von Vesta, der alte Matinius Agrippa würde die Augen sperrangelweit aufreißen, dachte sich Pacatus.


    "Gut, nehmen das Dings", sagte er zu Struthas.

    Pacatus ging zurück in das Officium III. Jetzt wollte er das Nötige regeln, um sich an seinem neuen Arbeitsplatz einzurichten und hoffte, dass er mit dem Kollegen dort einigermaßen klarkommen würde.


    "Stell dir vor, Boduus, der Aedil hat mich doch tatsächlich eingestellt". Er lächelte. "Jetzt müssen wir beide miteinander auskommen. Habt Ihr hier noch ein freies Schreibpult, wo ich arbeiten kann? Der Aedil sagt, ich soll Dir beim Abwimmeln von Besuchern helfen und dann noch bei den öffentlichen Gebäuden überprüfen, ob sie bald einstürzen könnten oder eventuell noch ein Weilchen stehenbleiben. Gibt es hier eine Liste der öffentlichen Gebäude?"

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    Die junge Frau: " Was machst du hier? Bist du Händler und gehst im Frühjahr wieder zurück? Laufen die Geschäfte gut?"


    Pacatus zuckte etwas zusammen. Da hatte er eine richtige Germanin vor sich. 'Und die laufen hier so einfach rum', schoss es ihm durch den Kopf. Aber eigentlich hätte er sich das auch gleich denken können, war man hier doch in der germanischen Provinz. Und dann die Fragerei. In Roma machte man das nicht so direkt. Wenn man etwas aus irgendwem rauskriegen wollte, schlich man sich auf verschlungenen Wegen an sein Opfer heran, fragte erst mal dies und das, bevor man die Hauptsache vorsichtig anbohrte.


    "Ich habe gerade eine Stelle als Schreiber in der Curia angenommen. Vielleicht mach ich später auch mal einen Laden auf. Nein. ich gehe nicht zurück nach Roma. Hier ist es besser, frische Luft gibt's hier. Weißt Du, Roma stinkt entsetzlich. Wirklich, Roma ist eine stinkende Jauchegrube. Und seit wir diesen neuen Kaiser haben, stinkt es noch mehr".

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    Der Aedil: "Und dabei kannst du sie auch gleich ein bisschen überprüfen, genau. Ich bin für den baulichen Zustand der Bauten zuständig, also dass die Tempel nicht einkrachen oder die Basilica oder das Theater. Allerdings bin ich kein großer Architekt - da müssten wir eventuell Hilfe dazuholen."


    "Gut, dann lass ich mir von Boduus eine Liste der öffentlichen Bauten geben. Finden werd ich sie dann so oder so. Vale".


    Pacatus hoffte, dass Boduus genügend Ortskenntnis hatte. Im Übrigen konnte es ja auch nicht allzuviel sein. Tempel, Theater, Curia, Basilica, Lagerhäuser, das übliche Bauprogramm einer Stadt. Ach so, die Wasserversorgung. Aber dafür waren die Aquarii zuständig. Pacatus nahm sich vor, die Burschen einfach zu fragen.

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    Die junge Frau: " Du kommst aus Rom? Du hast die Legion gesehen? "


    Pacatus war ein bißchen verwundert darüber, dass die Frau jetzt einen solchen Eifer an den Tag legte, etwas über Roma und über die Legio zu erfahren.


    "Also Alwina ist Dein Name? Klingt etwas fremd in meinen Ohren. Ich heiße Titus Matinius Pacatus. Ja, ich komme aus Roma, wo ich bisher gelebt habe. Die Legio II habe ich in den Alpes gesehen, wie sie sich abgemüht hat, über die Berge zu kommen. Sie war uns sogar im Weg. Oder eigentlich waren wir ihr im Weg, denn sie haben uns gleich von der Straße gescheucht. Tagelang mussten wir warten, bis der Zug an uns vorbei war. Dann konnten wir weiter, aber nicht lange und wir begegneten weiteren Einheiten und wurden wieder von der Straße gescheucht. Na ja, so haben wir Zeit gehabt, uns die Legio anzusehen. Das war Ende September, es wurde langsam kalt und auf den Bergen hatte es schon geschneit. Sie sind sozusagen auf den letzten Drücker noch hinübergekommen".

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    Könntest du diese Tabula mitnehmen? Zur II. Legion? Sie ist in Italia."


    Die Sache in der Curia hatte ihn einige Zeit gekostet. Pacatus musste jetzt zusehen, dass er für heute noch ein Dach über den Kopf bekam. Als er sich den Weg über das Getümmel des Forums bahnte, fiel ihm noch ein, dass Struthas in der Basilica auf ihn wartete. Dort versuchte er ihn zu finden und wäre dabei fast über die Waren eines Pelzhändlers gestolpert. Daneben stand eine Frau, die dem Händler einen Brief mitgab.


    "An die Legio II? Ja, denen bin ich begegnet. Ich komme aus Roma und bin gerade erst über die Alpes hierher gekommen, junge Frau. Auf der Passhöhe kamen sie mir entgegen. Wir mussten lange warten, bis wir die Straße wieder benutzen durften. Sie waren auf dem Weg nach Coma. Von dort aus sind sie wahrscheinlich nach Mediolanum oder Verona weitergezogen".


    Er wandte sich an den Händler: "Wenn Du es geschafft hast, über die Alpes zu kommen, dann wird man Dir dort sicher sagen können, wohin die Legio II gezogen ist. Gib dann den Brief einem Händler, der dorthin geht".

    Natürlich kannte sich Pacatus in Mogontiacum nicht aus. Bisher hatte er nur die Straße vom Stadttor zur Stadtmitte, das Forum, die Basilica und die Curia zu Gesicht bekommen. Er würde sich etwas umtun müssen.


    "Nein, ich kenne Mogontiacum kaum. Aber das lässt sich ja ändern. Schließlich ist Mogontiacum nur halb so groß wie Roma", witzelte er mit einem schiefen Lächeln.


    "Was wird denn an den öffentlichen Gebäuden überprüft?", wollte er dann noch wissen.

    Pacatus ließ sich einen Papyrus, ein Tintenfass und eine Feder geben, rieb sich an der Nase und meinte: "Ich gehe davon aus, dass Dumnorix ein Barvermögen von 800 HS und Waren im Wert von 700 HS auf Lager hat. Und dass sein voriger Verstoß auch gegen die Lex Mercatoris war. Weiter nehme ich an, dass es sich um einen leichen Verstoß handelt. Dann wären 150 Sesterzen fällig".
    Er kritzelte ein kleines Weilchen und reichte dann dem Aedil sein Ergebnis.



    EDICTUM AEDILIS CIVITATIS MOGONTIACENSIS


    (Datum)


    Gegen den Bäcker Dumnorix wird wegen Verstoßes gegen §3, Absatz 5 der Lex Mercatus eine Strafe in Höhe von 150 Sesterzen verhängt. Das Strafmaß ergibt sich aus §8, Absatz 1 und 3 der Lex Mercatoris. Die Strafe ist innerhalb von zwölf Tagen an die Staatskasse II zu entrichten.


    Innerhalb der oben genannten Frist kann gegen dieses Edikt Einspruch erhoben werden. Der Einspruch ist an die amtierenden Duumviri zu richten. In diesem Fall wird die Strafzahlung bis zur Entscheidung der Duumviri ausgesetzt.


    Ist der Schuldige nicht in der Lage, die Geldstrafe zu entrichten, wird eine Haftstrafe von zwei Wochen verhängt.


    (Unterschrift)