Beiträge von Gnaeus Marcius Coriolanus

    In der Tat waren beide Geschichten sehr faszinierend. Gerade wollte Coriolan noch eine Nachfrage zu Titus Verwandtschaft mit den Antoniern stellen, als plötzlich der Optio durch die Gänge brüllte. Verdammt, dachte sich der Tiro, es war doch gerade ein so schönes Gespäch. Doch die Einzelheiten mussten nun wohl vertagt werden. Schnell griff Coriolan nach seiner Ausrüstung und murmelte ein bescheidenes: "Na das kann ja heiter werden."

    Decimus Seneca war also der zweite Neue auf der Stube. Coriolan freute sich, dass auch dieser ein wenig Sympathie für den Kaiser aufbringen konnte. Für Coriolan war dagegen die skeptische Haltung des Titus etwas fremd. Musst man denn nicht für irgendetwas Höheres kämpfen? Irgendwo musste man die Motivation doch hernehmen oder war es tatsächlich egal auf welcher Seite man stand, solange man gut bezahlt wurde? Das alles ging dem Coriolan so durch den Kopf, während sich die beiden weiter unterhielten. "Sich von den Göttern leiten zu lassen ist im Grunde immer das beste.", gab er noch abschließend von sich, um auch seine Gottesfürchtigkeit darzulegen.


    Anschließend stellte Titus gleich eine recht persönliche, aber doch irgendwie natürliche Frage. "Nachdem mein Vater bereits sehr früh verstarb und meine gute Mutter nun ebenfalls, gerade als ich das Mannesalter erreicht hatte, stand ich so ziemlich vor dem Nichts. Die Classis bietet mir nun das nötige Kleingeld und Essen, um zu überleben." Ja, aus Begeisterung für den Krieg ist Coriolan sicher nicht in die Classis eingetreten. "Aber ein wichtiges Ziel von mir ist ebenso eines Tages das römische Bürgerrecht zu erlangen, wie es auch mein stolzer Vater einst besaß." Über das römische Recht blieben Coriolan immer wieder Fragen offen. Er fand es jedenfalls bedauerlich, dass er kein römischer Bürger werden konnte, weil seine Mutter eine Peregrine war. Im Herzen fühlte er sich dennoch schon immer ganz als Römer.

    "Hmm... Ostia ist wichtig, das stimmt zweifellos, aber wenn wir hier sind, um die Stadt zu verteidigen, dann ist es eigentlich fast schon zu spät, meinst du nicht? Wenn die feindlichen Legionen erst einmal vor Rom auftauchen, glaube ich nicht, dass es noch viel zu gewinnen gibt." Coriolan war bei weitem kein Fachmann für militärische Unternehmungen, aber den Feind bis an die Mauern Roms kommen zu lassen schien ihm doch relativ problematisch. "Ich weiß auch leider noch nicht, ob wir hier wirklich bleiben werden oder dem Feind nicht doch entgegenziehen, was ja durchaus auch im Bereich des Möglichen liegt." In dem Fall stünde ihnen wohl noch ein längerer Marsch nach Norditalia bevor. "Über die genauen Trennlinien kann ich ebenfalls nicht so viel sagen. Ich weiß nur, dass die Legio I in Italia wohl nicht mehr zum Vescularier steht, wurde sie doch von einem patrizischen Legaten geführt und der gute Salinator hat ja bekanntlich ein Problem mit jenen, oder vielleicht war es auch umgekehrt? Hmm... irgendwie so." Manchmal wünschte sich Coriolan durchaus besser informiert worden zu sein, doch wenn man so ein kleines Licht ist, kann man die großen politsichen Ereignisse manchmal kaum überblicken, geschweige denn verstehen. "Ich weiß nur, dass die Aufständischen den Kaiser gemordet haben und dass wir alles dafür tun müssen seinen Tod zu rächen. Salinator wird uns zum Sieg führen, da bin ich mir ganz sicher, ganz egal wer auf welcher Seite steht!" Hier eröffnete sich natürlich die starke Naivität des noch jungen Coriolan, aber genau dieses einfache idealistische Denken half ihm womöglich über die schweren Zeiten des Krieges hinweg und je weniger man seine eigene Position hinterfragte, desto leichter lebte es sich.

    Coriolan musste ein wenig schmunzeln über die Bezeichnung "idiotischer Bürgerkrieg". Ja, irgendwie war er das auch inzwischen. Hatten die meisten zu Beginn der ganzen Krise wohl noch stetig Angst um ihr Leben und die Zukunft, so wurde diese im Laufe der Zeit durch eine gewisse Überdrüssigkeit ersetzt, denn der Krieg zog sich schon viel zu lange hin. Coriolan jedenfalls bedauerte, dass sich alles so lang hinzog. Er sehnte sich nach den ruhigen und geordneten Zeiten, die hoffentlich bald wieder kommen würden. "Ich habe leider auch keine so wirklich guten Informationen. Das letzte, was ich gehört habe, ist, dass die Anhänger des Palma inzwischen in Norditalia stehen. Schon sehr nah, wenn du mich fragst. Sicher wird es bald zu einer größeren Schlacht kommen..." Coriolan führte die Hand an sein Kinn. "Hmm...aber ob wir daran beteiligt sein werden? Sicher ist die Classis nicht ohne Grund in Ostia stationiert worden und selbst wenn wir in die Schlacht schreiten müssen, so glaube ich nicht, dass wir Neulinge an vorderster Front eingesetzt werden. Das wäre nur zu logisch, oder?" Zumindest hoffte dies Coriolan. Das wäre ja auch reiflich unüberlegt, die am wenigstens ausgebildeten in die erste Reihe zu schicken, die dann von erfahreneren Truppen einfach überrannt werden könnte. Eine gewisse Sorge blieb natürlich immer. "Fakt ist, dass wir wohl härter trainieren müssen als alle anderen, damit wir für den Notfall nicht das Futter für die gegnerischen Schwerter sind..."

    Belustigt schaute Coriolan dem Treiben des neuen Kameraden zu, der doch tatsächlich einen blinden Passagier in seinen Caligae hatte. Wahrlich nicht sehr angenehm, besonders beim Marschieren. Titus Flavus hieß der Mann also, Coriolan würde es sich merken müssen, schließlich verbrachten die beiden wohl noch längere Zeit miteinander. Die Frage, die ihm gestellt wurde, fand er recht interessant. Schließlich war es immer gut zu wissen, bei welchem Vorgesetzte man sich etwas mehr und bei wem man sich besser gar nichts erlauben konnte. Wirklich schlimm fand er bisher allerdings niemanden.


    "Allzu viele Offiziere durfte ich bisher auch noch nicht kennenlernen. Den Centurio Palmidis hast du ja bereits kennengelernt. Der scheucht uns zwar ganz schön rum, aber bisher hat er mir nicht den Eindruck gemacht, als wäre es ein besonders unangenehmer Vorgesetzter. Wie fandest du denn sein Training bisher?" Coriolan musste noch weiter über die schwierigen Offiziere nachdenken, kam aber dann doch nur zu netten Worten. "Ich kann dir auch noch sagen, welcher jedenfalls überhaupt keine Schwierigkeiten macht: Das wäre der Centurio Decimus Massa. Er hat mich auch angeworben, als wir uns in einer Taverne begegneten und mich hier eigentlich recht gut mit allem bekannt gemacht. Mit dem lässt sich in jedem Fall reden."

    Nach dem ersten richtigen Training, musste Coriolan erst einmal seine Füße hochlegen, die vom vielen Laufen ganz Wund geworden waren. In der Tat war er so etwas nicht wirklich gewöhnt. Jedoch wurde es bald wieder etwas lauter in den Unterkünften, als nun auch noch weitere Rekruten in den Unterkünften eingeteilt wurden. An zwei davon konnte er sich noch relativ gut erinnern, denn sie waren während des Trainings die ersten in den Reihen. Da er ja nun schon einen ganzen Tag länger als die beiden hier im Lager war, konnte er sich wohl schon ganz als alter Hase betrachten und bot auch gern Seneca und Flavus seine Hilfe an. "Braucht ihr vielleicht Hilfe? Ich bin Coriolan und immerhin schon seit gestern hier im Lager." Ein leichtes schmunzeln ging über seine Lippen in Anbetracht des letzten Satzes.

    Ein Stein fiel Coriolan vom Herzen, dass er nicht in vorderster Reihe stehen musste. Er bildete sich ein, dass man dabei am meisten auffiel und Fehler machen konnte. Stattdessen stand er relativ mittig in der Reihe, die von Titus Flavus angeführt wurde. Kaum war diese Aufstellung genommen und halbwegs richtig ausgerichtet, ging es auch schon los. Ständig mussten die richtigen Abstände eingehalten werden und wenn man nicht aufpassten, dann saß es. Zwischendurch mangelte es auch Gnaeus deutlich an Konzentration. Irgendwie ging das alles für ihn recht hektisch zu, wahrscheinlich weil er derartiges Training einfach nicht gewohnt war. Da landete auch schließlich ein Schlag auf ihm. Es schmerzte ein wenig, aber dafür war Coriolan dann aber auch besonders darauf bedacht möglichst schnell zu reagieren und die Abstände einzuhalten.


    So ging das nun Stunde um Stunde weiter und bereits nach einer hatte Coriolan merklich starke Schweißtropfen auf dem Gesicht. Nein, konditionell war er wirklich nicht ganz auf der Höhe und mit der schwächelnden Form schwächelte auch wieder die Konzentration, wieder folgte der ein oder andere Schlag. Völlig erleichtert war er dann schließlich auch als nach drei Stunden das erste richtige Training endlich vorüber schien. Zum Glück wars das wohl, da auch wieder einige Neulinge dabei waren, die erst noch ihre Sachen verstauen mussten. Glück für Coriolan, der schon alles fertig bezogen hatte und nun sogleich das Essen fassen konnte.

    Nur kurze Zeit nachdem die Rekruten, die hier bereits stationiert waren, Aufstellung genommen hatten, marschierten auch schon einige weitere Neulinge durch das Tor und stellten sich mit in die Reihe. Zweifellos schien die Rekrutierungsarbeit der Classis in Kriegszeiten zu funktionieren. An Männern sollte es wohl nicht mangeln. Plötzlich erblickte Coriolan auch den freundlichen Offizier Massa, der ihn hier aufgenommen hatte. Gnaeus bemühte sich in dessen Augen gleich noch deutlich strammer zu stehen als zuvor, er sollte schließlich nicht den Eindruck bekommen, dass jemand, den er sozusagen angeworben hatte, hier besonders schlecht aussieht. Aber Massa schaute der Szenerie offenbar nur zu und es wandte sich der Centurio Palmidis an die frischen Soldaten.


    Dieser hatte dann auch gleich die Motivationssprüche schlechthin zu bieten. Besser als ein Legionär? Das mochte sich der junge Coriolan kaum vorstellen, war der Legionär doch für ihn immer der Inbegriff von Stärke und Standhaftigkeit. Gleichsam bedeuteten diese Worte wohl aber auch, dass es hart werden würde, ein erbittertes Training, von dem wohl noch niemand der Tirones wirklich wissen konnte, ob er dem gewachsen war. Marschieren war also als erstes angesetzt. Verständlich, aber Feuerlöschdienst? Unsicher, ob dies zur Standard-Ausbildung eines Marineinfanteristen gehörte, dachte er im Augenblick nur, dass sie, die sie in den Quartieren der Vigiles von Ostia untergebracht waren, wohl auch gleich deren Aufgaben übernehmen mussten. Interessant, dachte sich Coriolan, aber irgendjemand musste es ja auch tun, wenn diese nach Rom abgereist waren.

    Das klirren des Rohres war für alle deutich hörbar und und sehr, sagen wir mal: gewöhnungsbedürftig. In jedem Fall reichte es um die Rekruten aus den Federn zu holen, die daraufhin gleich hektisch nach ihrer Ausrüstung griffen. Was war nochmal was? Wo hatte man dieses und jenes nur hingelegt? In der Masse der Ausrüstung war das manchmal gar nicht so leicht, vor allem, wenn die Neulinge noch nicht die beste Ordnung für ihr Zeug etabliert hatten. Aber immerhin, die einfache Dienstbekleidung war für jeden noch machbar und alles wurde stürmisch angekleidet. Danach tröpfelten die Soldaten aus dem Quartier und sammelten sich so langsam auf dem Hauptplatz.

    Die Wache am Tor war sichtlich überrascht, als sie den offensichtlich hohen Amtsträgern mit seinen Liktoren aufmarschieren sah. Als dieser sich als Duumvir vorstellte, klärte sich auch recht schnell auf, dass es der Wachdienst mit einem edlen Mann zu tun hatte, der entsprechende gut behandelt werden sollte. "Folge mir, Duumvir Iulius" Die Wache tauschte einen kurzen Blick mit seinen Kollegen aus und führte den Duumvir dann sogleich zum Zelt des Praefectus. Dort angekommen, gab er der persönlichen Zeltwache die Nachricht, dass Duumvir Iulius Dives hier sei, was dieser wiederum sofort an den Praefectus persönlich weitergab.

    Die Soldaten der Classis hatten nun Unterschlupf in Ostia gefunden und warteten auf kommende Aufgaben. Es war die erste Nacht des Coriolan, die er nicht in seiner vertrauten Insula, sondern mit seinen neuen Kameraden in einem etwas übelriechenden Quartier verbrachte. Die Spannung empfand er als gewaltig. Würde er das harte Training wohl überstehen? Was würden die kommenden Tage und Wochen überhaupt bringen? Bei einem möglichen Krieg würden die Neulinge wohl nicht an vorderster Front eingesetzt, möglich, dass sie eher logistische Aufgaben wahrnahmen und nicht gerade in einer Schlacht kämpfen würden. Aber dessen konnte sich Coriolan nicht sicher sein, wie überhaupt seine gesamte Zukunft ziemlich ungewiss erschien...

    Beim kleinen Marsch durch die Stadt konnten die jungen Rekruten ihren Blick noch einmal schweifen lassen, aber zum genießen blieb keine Zeite und die Konzentration hatte ohnehin auf dem ganzen schweren Gepäck gelegen, denn am ersten Tag wollte sicherlich kein einziger Neuling schon negativ auffallen. Kommandos gehörten zweifellos noch nicht zu Spezialität dieser kleinen Truppe. Auch Coriolan drehte sich am Anfang noch in die völlig falsche Richtung, korrigierte dies aber so schnell es ging und hoffte es gäbe keinen Ärger. Thederus Palmidis hieß der Mann also, das musste man sich gut einprägen. Mit seinen acht Mann bezog Coriolan seine Stube, die meisten davon waren noch genauso jung wie er selbst. Gerne hätte er mit den Männern schon das ein oder andere Gespräch geführt, doch bei der ganzen Hektik blieb nur Zeit für das Wesentliche, so erfuhr er den Namen dieses und jenes Kameraden, wo er herkam, achja, und auch der Grund, warum sie sich gemeldet hatten, war immer eine nette Information.


    Coriolan freute sich fürs erste seine Unterkunft beziehen zu können und das für den heutigen Tag nichts weiter anstand. Er bemühte sich seine Sachen so gut es geht anzuordnen, danach gab es was zwischen die Zähne und dann endlich das langersehnte Schlafgemach. Es war wirklich ein langer Tag. Was ihn und die Kameraden wohl in den nächsten Tagen erwarten würde? Sicherlich harter Drill, in diesen Zeiten musste man schnell ausgebildet werden. Schließlich stand ein Krieg vor der Tür und dieser würde den Männern alles abverlangen...

    Coriolan blickte sich erstaunt um. Tatsächlich, die Centurien hatten bereits Aufstellung genommen und ein paar andere Rekruten standen ebenfalls daneben. Schnell versuchte er seinen Platz in den Reihen einzunehmen, was gar nicht so leicht war mit dem ganzen Gepäck in der Hand. Da war auch schon der Ausbilder von Coriolan. Schien ja bisher noch ganz nett zu sein, doch noch ehe sich der neue Rekrut versah, mussten sie auch schon los. Bei den Befehlen kamen die jungen Probati etwas in Not, aber sie versuchten es einfach den bereits vorangeschrittenen Soldaten nachzumachen. Zum Glück würden sie jetzt in ein richtiges Lager einrücken, das war sicher um einiges besser als dieses Provisorium hier.

    Auf zur nächsten Station, dachte Coriolan nur, während er weiter an Massas Seite bleib und sich durch das Lager ins Magazin führen ließ. Der Mann diensthabende Optio sah nicht gerade glücklich aus, aber da musste er wohl genauso durch wie Coriolan selbst. Plötzlich wurde die gesamte Ausrüstung vor ihm ausgebreitet mit einer Liste der entsprechenden Sachen. So viel Zeug sollte er schleppen? Aber gut, Coriolan glich die Liste mit den Gegenständen ab und stellte fest, dass tatsächlich alles vorhanden war. Immerhin, bei so viel Zeug, konnte durchaus mal etwas zurückbleiben. Als er fertig war nickte er dem Optio zu und unterschrieb mit seinem Namen, dass alles vollständig sei. Sein Blick ging anschließend zu Massa. "Ganz schön viel Kram, wo soll ich jetzt mit dem ganze Zeug hingehen?" Noch während er die Frage stellte, machte er sich Gedanken, auf welche Weise er die Gegenstände tragen sollte. Er beschloss am besten alles auf den Schild zu packen und dann würde das sicherlich schon irgendwie gehen.

    Gebannt schauten die Teilnehmenden als die Eingeweide der Tiere Stück für Stück ausgenommen und betrachtet wurden. Würde alles in Ordnung sein? Zweifellos wäre es für den Duumvir ein schlechtes Zeichen für seine zukünftige Amtszeit, wenn das Opfer Mängel aufweisen würde. Aber warum sollte Iuppiter das Opfer auch nicht annehmen, wo Dives doch vor kurzem erst erfolgreich inauguriert wurde? Aber die Launen der Götter konnten ja bekanntlich schwanken oder verfolgten einen Plan, dem ein Sterblicher kaum folgen konnte. Doch auch diesmal brauchte sich der Iulier nicht zu fürchten. Alles war reibungslos und es folgte das sicherlich jedes Mal wieder erleichternde Wort "Litatio". Auch Coriolan stimmte munter in den Applaus mit ein.


    Coriolan rieb sich nun die Hände. Bei einem offensichtlich gelungen Opfer, musste das Fleisch sicherlich auch völlig gesund sein und so freute er sich bereits auf die sportulae, die im Anschluss verteilt wurden. Bei den Dienern, die sich um die Verteilung kümmerten, gab es auch eine kleine Rangelei um die besten Plätze, schließlich wusste man ja nicht ob es wirklich für alle reichen würden, denn immerhin hatte sich eine nette Anzahl von Bürgern Ostias eingefunden und die Gier kannte in Zeiten knapper Nahrungsmittel keine Grenze. Coriolan schaffte es leider nicht ganz nach vorne, aber nach einer kurzen Dauer hatte er sogar das Glück dem Duumvir Iulius persönlich gegenüberzustehen und von jenem sein Fleisch zu empfangen. Mit leicht gesenktem Kopf sprach er ehrfürchtig: "Vielen Dank, Iulius Dives, die Bewohner Ostias sind an jenem Tage Stolz auf ihren Duumvir. Möge die Stadt unter deiner Führung blühen und gedeihen!"


    Schade fand Coriolan allerdings, dass er und andere niedriggestellte weniger erhielten als Angehörige des Senatoren- oder Ritterstandes. So richtig wollte ihm nicht einleuchten, warum gerade diejenigen, die sich sicherlich Fleisch in Unmengen auch selbst kaufen konnten, hier noch mehr bekamen als der einfache Mann, der nur selten in diesen Genuss kommen konnte. Wirklich schade, aber das Standesdenken war eben fest verankert und wer viel hatte, der bekam eben immer noch mehr, so traurig das auch für einen einfachen Peregrinen war. Erstaunlich fand Coriolan allerdings, dass es doch noch einige Personen gab, die an den sportulae offensichtlich gar nicht interessiert waren und diesen einfach fernblieben. Natürlich sahen diejenigen wie reichere Bürger aus, offensichtlich schon längst ausreichend gesättigt. Coriolan blieb deshalb auch noch ein wenig am Schauplatz. Vielleicht konnten von den größeren Körben ja überhaupt nicht alle verteilt werden und dann war möglicherweise noch mehr abzugreifen, vielleicht waren die netten Worte, die Coriolan an den Duumvir richtete auch gar nicht allzu nutzlos, obwohl ihm sicherlich viele Leute hier ähnliches übermittelten.

    Nun denn, der Eid war wohl das Tor, durch das er durchgehen musste, um endgültig in der Classis zu sein. Der junge Coriolan atmete noch einmal tief durch, während er dem Offizier folgend das ehrwürdige Heiligtum betrat. Jahrelanger Dienst würde nun folgen, naja, oder nur ein paar wenige Tage, je nachdem, ob man am Leben blieb und sich beim hantieren zur See oder auf Lande nicht allzu dämlich anstellte.


    Wie Massa, so wandte auch Coriolan seinen Blick gen Adler. Als der Offizier die Worte so selbstsicher und verständlich sprach, wurde es Coriolan ganz warm ums Herz. Nein, gerade jetzt hatte er keinen Zweifel mehr, die Classis war seine neue Heimat. So antwortete er auch nicht ohne Stolz: "IDEM ME".

    Liegestütze abgeschlossen und der Papierkram war wohl soweit nun auch abgeschlossen. Hätte Coriolan vielleicht noch erwähnen sollen, dass er auch dem Griechischen mächtig war, weil seine Mutter eine Griechin war? Er sagte erst einmal nichts weiter, da er mit dem bisherigen guten Ablauf sehr zufrieden war und für einen Tiro war es wohl ohnehin nicht wirklich relevant. Er folgte Massa in das Sacellum.

    "Also doch", dachte sich Coriolan. Er würde sich wohl keinen Ruhm auf dem Schlachtfeld verdienen. Einerseits war dies etwas betrüblich, andererseits hatte er damit wohl bessere Chancen diesen Krieg zu überleben als manch anderer. Offensichtlich hatte seine Musterung nun schon aber begonnen. Etwas perplex ging Coriolan sofort auf den Boden und machte seine Liegestütze. 10 waren nicht viel und er war noch jung und dynamisch genug, um diese Übung zu meistern. Das zusätzliche Fragen beantworten, brachte ihn zwar schon etwas aus der Puste, aber zum Glück musste er nur einzelne Stichworte geben, die mit einem Atemzug geäußert waren. "181cm", antwortete er auf die Größe, "75Kg", auf das Gewicht. "Selber keine Krankheiten, Mutter starb an einem nicht näher bekannten Fieber."



    Am Schluss erhielt Coriolan die Tafel mit den Angaben in die Hand:



    Rekrutierungsbericht / Personalakte
    I. Allgemeines Datum: ANTE DIEM III ID OCT DCCCLXII A.U.C. (13.10.2012/109 n.Chr.)


    Name: Gnaeus Coriolanus
    Geburtsdatum: ANTE DIEM IV NON DEC DCCCXLIV A.U.C.
    Geburtsort: Ostia
    Stand beim Eintritt in den Militärdienst: Peregrinus


    Name des Vaters: Gnaeus Marcius Coriolanus
    Name der Mutter: Antigone





    Er las die einzelnen von ihm ergänzten Informationen noch einmal vor und hoffte, dass alles zur Zufriedenheit des Offiziers war.

    Der Duumvir hatte sein Versprechen also wahrgemacht. Unter den vielen Gästen der Opferung fand sich auch Coriolan, der sich natürlich einerseits über das Opferspektakel, andererseits jedoch über die in Aussicht gestellten Gaben noch ein wenig mehr freute. Würde es heute saftiges Fleisch für ihn zu essen geben? Das blieb wohl zu hoffen.


    Coriolan hatte schon lange keiner Opferung mehr beigewohnt, doch der Iulier schien seine Sache wirklich gut zu machen. Ohne Probleme schien er das Gebet zu sprechen, ohne Scheu hantierte er mit dem Opfermesser. Das Gebet war im übrigen kurz und prägnant, dem Anlass wohl angemessen. Ganz besonders genau schaute Coriolan dann hin, als dem ersten Tier die Halsschlagader durchstochen wurde. Ja, irgendwie hatte er sich vor Blut noch nie wirklich gescheut und dies war doch wahrlich ein schöner Anblick für die Götter. Das Blut spritze, was schon einmal nicht schlecht war.


    Während sich nun die Eingeweide angesehen wurden, sah sich Coriolan auch selbst ein wenig um. Da waren einfache Leute, so wie er selbst auch, ein paar reichere Händler wie es schien und sicher waren auch einige Beamte unter ihnen. Man konnte meist recht genau sehen, wer mit wem verkehrte und wer zu den bessergestellten und wer zu den schlechteren gehörte. Immerhin hatte sich Coriolan heute seine beste und sauberste Tunika angezogen. Unter ihr befand sich ein knurrender Brauch, der sich auf die Gaben nach der Opferung freute. Wohl deshalb kam Coriolan die Betrachtung der Innereien wohl auch so unmenschlich lang vor.