Beiträge von Gnaeus Marcius Coriolanus

    In der Tat waren die Männer immer mehr zusammengewachsen und hatten sich nach und nach angefreundet. Wenn dann auch noch solche Erfolgserlebnisse dahinterstanden, war es ein leichtes sich auch hier wohlzufühlen. Coriolanus hatte inzwischen nur noch wenig Zweifel, ob die Entscheidung der Classis beizutreten, die richtige war oder nicht. Sie war es, ganz sicher. Selten hatte er sich im Leben so sicher gefühlt, selten hatte er ein kleines, aber dafür sicheres Einkommen und für alles weiteres sorgte ohnehin die Classis.


    Mit einem großen Lächeln auf den Lippen, schleppte er das Wasser. Vor allem seine schweißgetränkten Klamotten mussten einmal gewaschen werden. Nach all dem Training stank der junge Tiro wie ein Elefant, aber unter den ganzen Männern war das fast schon eine Auszeichnung. Trotz der Konkurrenz der beiden Linien, verloren die Männer natürlich nie den Respekt gegenüber, zumindest Gnaeus ergoß über den temporären "Feind" nur den sanftesten Spott, denn schon morgen könnte es ja wieder ganz anders aussehen und sie waren ja immerhin alle in derselben militärischen Einheit. Auf einem möglichen Schlachtfeld musste sich alle auf einander verlassen können und füreinander da sein.

    Unwillkürlich verfolgten Gnaeus dieverse Paranoia. So blickte er sich auf dem Weg zum Tor mehrfach um, lief fast ein wenig geduckt und machte allgemein einen sehr gestreßten Eindruck. War das wirklich die richtige Idee gewesen? Konnte man sich auf Flavus wirklich verlassen? Coriolan kannte ihn ja inzwischen schon ein wenig, aber wie gut er darin war, solche Deals mit der Wache abzuschließen konnte er nicht wissen. Die Wache hätte sich auch ganz einfach einen Spaß erlauben können, das Geld einstecken und sie an den Centurio verpfeifen. Bei den Göttern, was es dafür wohl an Disziplinarmaßnahmen gab? Coriolan malte sich die schlimmsten Szenarios aus, bevor sie alle zusammentraten und Titus mit der Wache sprach. Würden sie nun tatsächlich hinauslassen? Würden sie uns tatsächlich ein wenig Freiheit gewähren? Coriolan blickte weiter skeptisch umher, immer auch wieder auf Flavus gewandt und immer darauf gefasst, dass gleich alles schiefgehen könnte.

    Die Knochen geschont, die Muskeln entspannt, so lag Coriolan des Abends in seinem Bett, noch nicht schlafend, doch ein wenig mit offenen Augen träumend und über das Vergangene und seine erste Zeit bei der Classis sinnierend. Plötzlich wurde er sehr überraschend aus seinen Träumen gerissen. Es war Flavus, der mit seinem leisen Ton sehr geheimnisvoll tat. "Wie? In die Stadt?" Coriolan blickte sich um. Seine Augen fanden Seneca. Würde dieser auch mitkommen. Dann schritt Flavus auch schon zur Tür und Gnaeus war sich eigentlich ziemlich sicher, dass das Ärger geben könnte. Die Neugier war allerdings sehr groß und der Wunsch einmal raus zu kommen und etwas mehr als immer nur das Lager zu sehen, war sehr groß. Als Flavus dann zurückkam, um sein Geld zu holen, hatte Coriolan auch genug überlegt. "Warte Titus! Ich bin dabei!" Auch er griff sich ein Säckelchen mit ein paar Sesterzen und folgte ihm hinaus. Ein wenig mulmig war ihm dabei allerdings schon.

    Das grinsen konnte sich Coriolanus im Moment der Bemerkung über den Zustand des Centurios nicht verkneifen. Aber auch vorher ließen sich schon viele Tiros zu kleinen Flüsteleien hinreißen und amüsierten sich köstlich, bevor das eigentliche Training begann. Es kursierten schon diverse Gerüchte über die ausgeprägte Feierlaune des Palmides. Ihr Ausbilder verachtete offenbar weder Wein noch Weib und das konnte man ihm wahrlich ansehen. Fast hätte Coriolan bei aller Belustigung das entsprechende Kommando verpasst, dann stand er aber doch wieder kerzengerade.


    Jetzt wurde der alte Schleim von gestern noch einmal wiederholt und Coriolanus fand eigentlich, dass alles gar nicht so übel aussah und sie schon viel hinzugelernt hatten. Doch der Centurio hantierte immer noch gern mit seiner Vitis. Manche mochten darüber munkeln, dass er den Tiros sogleich wieder Respekt einhauchen wollte, unabhängig von seinem Zustand, der seine Autorität möglicherweise etwas untergraben hätte. Aber an sich wurden Soldaten, die ordentlich trinken konnten, eher noch respektvoller behandelt als üblich, von daher brauchte sich der Centurio wohl keine Gedanken um die Loyalität der Männer zu machen. Hin und wieder sah man noch einen Tiro unter der Vitis zusammenzucken. An Coiolan ging der Kelch diesmal zum Glück vorbei. Nunja, seine arme Haut hatte in den vergangenen Tagen auch zu viel zu leiden gehabt, da war es schön, dass sie auch mal etwas Pause bekam. Allerdings hatte der Tag auch gerade erst begonnen...


    Nun durften sie sich auch noch die Seele aus dem Leib prügeln. Da Coriolan wieder in der Reihe des Titus lief, war er auch mit diesem wieder bei der Übung auf einer Seite. Wieder ließ er motivierende Worte an die Kameraden fallen, die auch Gnaeus zu mehr Leistung anspornten. Dieser Konkurrenzkampf unter den Reihen war allgemein ein perfektes Training. Die Aussicht auf einen Gewinn ließ sogar Coriolan zu ein paar Worten im Anschluss an diejenigen des Flavus verleiten: "Ja, kommt Leute, der Wein gehört uns!"

    Dass eine Ausbildung zu einem Soldaten der Classis immer so ganz ohne Beschwerden zuging, war im Grunde eher unwahrscheinlich. Jeder hatte mal mit ein paar Schürfwunden, einigen Splittern oder gar einer Platzwunde am Kopf zu kämpfen, je nachdem wie unvorsichtig man sich im Training angestellt hatte. Für solche Gelegenheiten gab es selbstverständlich eine erstklassige Wundversorgung im Valetudinadium, welches Coriolan sehr zu schätzen gelernt hatte. Heute plagte ihn jedoch keine Trainingswunde, sondern er hatte in letzter Zeit mit stärkeren Kopfschmerzen zu kämpfen. Ein recht unangenehmes Gefühl, auch wenn es ihn nicht völlig außer Gefecht setzte.


    Als er im Krankenhaus Einzug erhielt, wurde er natürlich nicht zu einem der vielbeschäftigten Medicii verwiesen, sondern zu einem noch in der Ausbildung befindlichen Casparius. Ein Medicus hatte sich einfach mit größeren Fällen zu beschäftigen und wenn es um die kleinen Wehwehchen eines Tiro ging, dann reichten die Hilfskräfte im Valetudinarium völlig aus. Coriolan schilderte sein Leid und dem Casparius blieb nur ein kleines Lächeln auf den Lippen übrig. Er hatte immerhin genau das richtige Mittel für ihn. Unter dem reichhaltigen Angebot verschiedenster Heilpflanzen war für seinen Fall Anisum genau das richtige. Diesem wurde eine beträchtliche Wirkung bei der Minderung von Kopfschmerzen zugesprochen, ebenso war es gut um Atembeschwerden zu vertreiben oder gegen Ohrschmerzen anzukämpfen. Coriolan zeigte sich beeindruckt. Eine so gute medizinische Versorgung wie bei einer militärischen Einheit, konnte man sich als einfacher Bürger nicht unbedingt immer leisten, von daher freute er sich natürlich, dass hier so gut für seine Gesundheit gesorgt war. Der Casparius sagte ihm genau, wann und wie oft er es einzunehmen hatte und wann er sich vielleicht noch einmal bei ihm blicken lassen sollte. Coriolan nickte und es schien als seien seine Kopfschmerzen allein durch das Wissen in guten Händen zu sein, schon deutlich besser zu ertragen.

    In das Schmunzeln stieg Coriolan auch gleich mit ein. "Nein, ich hatte nicht den blassesten Schimmer. Klingt einfach nur witzig dieses Wort... Feuerpatsche." Nun lachte er sogar ein wenig auf. "Aber gut, dass wir hier noch mehr lernen, als nur auf irgendjemanden einzuprügeln, das hat doch was. Und auf der See verbrennen... ja, das klingt irgendwie nach reiner Ironie. Umgeben von Wasser zu sein und dann abzubrennen, das ist schon überaus merkwürdig, aber so läuft es nun einmal offenbar. Mögen wir hoffentlich nie in die Lage kommen. Ich meine, eigentlich sind die Zeiten großer Seeschlachte im Prinzip vorbei, meinst du nicht auch? Es scheint mir auf der Welt keine Flotte mehr zu geben, die einer römischen gefährlich werden kann. Von daher werden wir wohl nie so gefordert sein. Vielleicht haben wir ja das Glück, dass wir niemals das Feuer auf einem Schiff bekämpfen müssen, nett wäre das ja allemal."

    Übung machte ja bekanntlich den Meister, so sollten auch die Tirones durch diese Übung zu wahren Meistern der Brandbekämpfung werden. Zugegeben, bis dahin war es noch ein weiter weg. Die Rekruten sammelten sich und Flavus nahm sogleich das Heft in die Hand und ermunterte die Kameraden zur Arbeit. Der Mann schien schon gewisse Führungsqualitäten zu offenbaren. Coriolanus entgegnete dem Nicken des Flavus seinerseits ebenfalls mit einem Nicken und schloss sich ihm an. Die Eimer wurden mit Wasser gefüllt und eine Kette gebildet. Der Lernprozess ließ sich wohl am eindeutigsten am Wasserstand der Eimer verfolgen, die letztlich ankamen. Auch Coriolan war leider anfangs etwas sehr leichtfertigt und verschüttete bei der Übergabe nahezu die Hälfte der Flüssigkeit, aber je mehr es erprobt wurde, desto mehr Gefühl gewann jeder Einzelne dafür. Als sich dann auch noch die passende Motivation in Form eines Wettstreits ergab, waren natürlich alle Rekruten wie gebannt und gaben sich ganz besonders viel Mühe. Auch wenn dieser Wettkampf nicht offiziell ausgerufen wurde, so wusste doch jeder, dass die Gruppe, die als erstes fertig sein würde, damit am kommenden Abend damit prahlen konnte. Eimer um Eimer, Tropfen um Tropfen, alles sollte so schnell wie möglich gehen und dann endlich das erlösende "Fertig". Sie hatten des geschafft und Coriolan begann spontan zu jubeln und schlug mit seinen Kameraden auf diesen Sieg ein. Ein breites Grinsen lag auf den Gesichtern der Gewinner des heutigen Tages, wobei die Verlierer jedoch ihre Niederlage mit Humor nahmen. Es ging ja schließlich auch nur um ein paar Eimer.

    In der Tat ging alles ganz schnell. Gerade hatten sie sich noch mit den Übungswaffen an einem Pfahl abgemüht, nun stand wohl Formationstraining an. Der Schweiß tropfte Coriolan schon im Gesicht und Erschöpfung machte seinen Geist langsam. Er bemühte sich den Ausführungen des Palmidis zu folgen und hielt sich zur Not an das, was seine Kameraden darufhin unternahmen.


    Geschlossen Formation also, Parma an Parma. Sie rückten zusammen und Coriolan hatte einen festen Platz in der Meute, doch so richtig fest sollte das ganze Konstrukt wohl nicht sein. Hier und da wurde korrigiert und Gnaeus musste sich wieder mit der Vitis zeigen lassen, was er alles verkehrt machte. Zum Glück befand er sich in guter Gesellschaft. Am liebsten hätte er sich jetzt auf der Stelle hingelegt und wäre wohl auch sofort eingeschlafen, doch das ganze musste noch durchexerziert werden. Jetzt rückten sie vor und Coriolan drückte die Reihe vor ihm nach vorne. Immerhin, das lief einigermaßen, doch ein erleichtertes Seufzen konnte Gnaeus nicht unterbinden und so freute er sich überaus, dass das Training für heute beendet war. Er starrte in die Gesichter seiner Kameraden, in erster Linie das von Seneca und Flavus und freute sich bald wieder in seiner Stube zu sitzen und den Tag ausklingen zu lassen. Das Programm für morgen schien es schließlich auch wieder in sich zu haben...

    Gerade hatte Gnaeus noch vergnügt dreingeschaut, dass alles so locker über die Bühne ging und er sich nur mäßig hatte anstrengen müssen. Nunja, man musst seine Kräfte hier auch schließlich gut einteilen, dachte er sich. Wenn er hier am Ende des Tages zusammenbricht, wäre das doch ziemlich peinlich für ihn. Doch Coriolan noch nicht ganz begriffen, worum es hier wirklich ging und dass man nur mit wirklich hartem und anstrengendem Training wirklich weiterkommen konnte. Das musste er aber erst noch lernen und somit schaute er dann etwas ängstlich, als ihn der Centurio aufforderte ab dem nächsten Tag mit Flavus zu trainieren. Verdammt, offensichtlich hatte dieser die mit nur halber Kraft ausgeführte Übung auch als solche erkannt. Sehr bitter für Coriolan, zumal er doch gar nicht wusste, dass er unter besonderer Beobachtung stand. Aber immerhin konnte er nun mit Flavus trainieren, was einerseits gut war, weil sich die beiden schon etwas besser kannten, andererseits auch schlecht, denn gegen einen Freund kämpfte es sich für Gnaeus immer etwas schwieriger als gegen einen noch relativ Fremden. Dann hatte es Flavus auch noch geschafft, diese große Abbild des Ajax zum schwanken zu bringen. Das würde es ihm sicher nicht leichter machen. Ein wenig trainierte er nun noch in alter Formation, versuchte die Stellung mit dem Scutum zu verinnerlichen, bis es dann endlich zur Übung mit dem Gladius ging. Das war ja soetwas wie die Königsdisziplin.


    Coriolan wollte sich gerade schon bereit machen, als Seneca schon einmal ein paar Übungsstiche absolvierte und dafür aber gleich vom Centurio zur Sau gemacht wurde. Der Arme, dabei hatte er es sicher doch nur gut gemeint und wollte mit einem Beispiel vorangehen. Als dann auch noch Coriolan und sein Trainingspartner (dessen Namen musste er demnächst unbedingt noch einmal in Erfahrung bringen) dazu herangezogen wurden, um die Latrinen zu säubern, konnte er nur mit großen Augen schockiert dreinblicken. 5 Tage? Verdammt, das war sicher noch die verspätete Quittung für das halbherzige Training. Nun gut, zumindest Coriolan beschloss es Seneca nicht anzulasten. Der Tiro, der eben noch mit ihm trainiert hatte, schien aber geradezu vor Wut zu schäumen. Man konnte förmlich nachvollziehen wie sich sein Gesicht langsam rötete.


    Nun, aber gut, ich schloss mich der Vierergruppe, die sich nun mit Seneca formierte an. Fürs erste schlugen wir alle in der entsprechenden Abfolge, die der Centurio vorgab. Anschließend musste Coriolan die Folge vorgeben, da er derjenige war, der ganz außen stand. So begann er willkürlich auszuwählen. "Unten, Oben, Rechts, Oben, Oben, Rechts..." Nacheinander stachen sie mit ihrem Gladius zu. Gnaeus selbst hatte am Anfang manchmal schon noch das ein oder andere Problem. Einmal rutschte er nicht unwesentlich vom Pfahl ab, so dass er durch den Schwung, den er mitnehmen wollte, fast vorne umgefallen wäre, aber kurz den Kopf geschüttelt und dann ging es weiter.

    "Abgemacht", sagte Coriolan, als Flavus sein Hilfsangebot tatsächlich annahm. Jetzt musste er wohl öfter ein Auge auf diesen werfen, um ihn hoffenlich vom Spiel abzubringen. Nicht, dass er noch seinen ganzen schönen Sold hier verspielte. Mit dem Geld konnte man wahrlich besseres machen, dachte sich Gnaeus.


    Offensichtlich trug sein Gegenüber auch noch so manches Geheimnis in sich. Gnaeus fand die Art von Titus jedenfalls ziemlich geheimnisvoll. Ob sie sich wohl je so gut verstehen würden, dass sie sich später auch Wichtigeres anvertrauen würden? Doch Coriolan war sich gar nicht so sicher, ob er wirklich alles wissen wollte. Manche Geheimnisse waren ja auch wirklich besser dazu geeignet nie das Licht der Welt zu erblicken. "Nun, dann lass uns erst einmal nicht weiter darüber reden. Ich will dich ja auch nicht unnötig quälen", sprach Gnaeus in Begleitung eines Lachens und versuchte dann irgendwie auf ein neues Thema zu kommen. "Lass uns lieber über das Training reden. Wie hat dir das mit der Brandbekämpfung gefallen? Das war irgendwie recht sonderbar für mich. Erst dachte ich wir würden hier Vigiles spielen, aber dann war es ja auch eigentlich ganz logisch, dass auch Leute von der Marine etwas vom Feuerlöschen verstehen mussten. Gerade wenn das Schiff mal in Flammen aufging..."

    "Hmm... ja, vielleicht hast du recht" erwiderte Gnaeus etwas ahnungslos. Das ganze schien doch etwas komplizierter zu sein. Aber dann musste ja wiederum die ganz andere Schiene richtig sein. "Dann musst du wohl komplett aufhören... obwohl, wenn der Verdurstende wann gar kein Wasser mehr bekommt, dann wird er doch sterben, also geb ich ihm doch lieber ein Glas, auch wenn es ihn quält den Eimer zu sehen." Wow, manchmal war Coriolan so schlau, dass er sich am liebsten selbst auf die Schulter geklopft hätte. "Aber vielleicht ist ja das Gegenteil auch richtig. Also, dass du überhaupt nicht mehr spielen darfst. Weißt du Flavus, ich kann dir da sicher helfen. Also immer wenn ich sehe, dass du gerade spielen willst, sag ich: 'Nein Flavus, das machst du heute nicht.' Ist sicherlich einfacher, wenn mans von jemand anderem hört, als dass man sich selbst ständig überwinden muss, meinst du nicht?" Als Titus dann auch noch erzählte, er hätte sich seinen Lebensunterhalt damit verdient, konnte er das gar nicht glauben. So ein Leben muss doch ungeheurer nervenaufreibend sein, da man ständig kurz davor steht in der Gosse zu landen, wenn man alles verspielt. "Schon beeindruckend, dass du damit seinen Lebensunterhalt verdient hast. Was hast du denn gemacht, wenn es nicht so gut lief? Hast du dann gehungert, bis du irgendwann wieder Geld beschafft hast, um erneut zu spielen? Das muss echt hart gewesen sein."

    So spürte nun auch Gnaeus die Vitis des Centurio und die zwickte ziemlich böse. Aber gut, es hätte auch schlimmer kommen können. Ein kurzes Gebrüll, eine kleine Standpauke, dann konnte es auch schon weitergehen. Zum Glück keine übermäßige Demütigung, das wäre der Moral in den ersten Tagen wohl auch zu abträglich gewesen. Irgendwie schien fast jeder noch so seine kleinen Mängel zu haben, aber das war wohl auch normal, wenn man das erste Mal mit dieser Kampfausrüstung umgehen musste. Sicher waren die Tirones nicht schlechter als diejenigen anderer Generationen. Nun, zumindest hoffte das Gnaeus.


    Als nächstes ging es dann gleich gegen einen anderen Kameraden in der Übung. Coriolan traf mit jemandem zusammen, den er vorher noch nicht wirklich kennengelernt hatte. Gut, gesehen hatten sie sich schon, aber gesprochen leider noch nicht. So standen sie nun in der Aufstellung mit dem Scutum gegenüber und mussten sich irgendwie wegdrängen. Gar nicht so einfach und man wollte ja auf keinen Fall schlechter dastehen als der Kamerad. Noch bevor sie aufeinandertrafen, sah Coriolan wie der andere Tiro ihn mit einem Auge anblinzelte. Was hatte das nur zu bedeuten? War das einfach nur ein Zeichen der Überlegenheit, im Sinne von: Gleich wirst du hinten umfallen, wenn es losgeht? Coriolan war ziemlich misstrauisch, doch als sie beide dann aufeinandertrafen, bemerkte er, dass sein Gegenüber wirklich kraftvolle Stöhn-Laute von sich gab, aber dies in keinerlei Verhältnis zu seinem investierten Kraft schien. Coriolan hätte ihn deshalb beinahe weggedrängt, begriff aber dann, was das Blinzeln zu bedeuten hatte. Offensichtlich sollten die beiden aneinander treffen, aber nicht auf Teufel komm raus den anderen überwältigen. Auch Coriolan bemühte sich nun angestrengt auszusehen, ohne die nötige Kraft zu investieren. Nun sah es aus, als wenn die beiden Tirones kräftemäßig sehr gleich schienen und keiner einen Schritt Rückwärts machen würde. Coriolan ließ dann irgendwann locker, so dass sein Gegenüber das erste Mal gewann. Das zweite Mal dann wieder dasselbe Spiel. Langes aneinandergeraten und dann gab der andere Tiro freiwillig nach. Zuletzt ließ sich Coriolan noch einmal lange zurückfallen, nachdem es wie ein langer erbitterter Kampf aussah. Immerhin, beide würden so wohl nicht ihr Gesicht verlieren, zumindest, wenn der Ausbilder nicht merkte, dass sie mehr gespielt als wirklich gegeneinander angetreten waren...

    Also dann, richtige Stellung, Scutum bis zur Nasenspitze, Ausfallschritt, linker Fuß, rechter Fuß. Wird schon alles passen, dachte sich Coriolan und hatte schon den Pfahl im Blicke, aber offensichtlich wurde jetzt erst einmal die Standhaftigkeit und Haltung getestet. Hier etwas begradigt, dort etwas korrigiert. Na wird schon irgendwie. Doch dann fing Palmidis auch noch damit an seine Schulter gegen die armen Neulinge zu rammen. Der erste hatte bereits gesessen und die Standpauke des Centurios zu spüren bekommen. "Oh nein, bitte nicht, bitte nicht", ging es nur durch Coriolans Kopf, der hoffte, dass Palmidis das nicht auch bei ihm machen würde.


    Die Schweißperlen standen ihm jetzt schon im Gesicht und er verkrampfte sich hinter seinem Schild nun völlig. Dann wurde sein Schild tatsächlich gerammt. Coriolan hielt so gut es ging dagegen, hatte aber beim Aufprall seinen Gladius in der anderen Hand verloren, weil er sich zu sehr konzentrierte bloß nicht umzufallen und sich voll auf die Abwehr mit dem Scutum konzentrierte. Im Dreck lag er jetzt zwar nicht, aber dafür stand er jetzt entwaffnet dar, was natürlich auf dem Schlachtfeld auch eher suboptimal sein sollte.

    Etwas Kleinlaut schien Titus geworden zu sein. Nach diese Serie von Niedelagen wohl verständlich. "Also ich persönlich hab nie gern gespielt. Weiß auch nicht, ich hatte eigentlich nie viel Geld im Leben und da bewahre ich mir das wenige lieber. Ich hoffe, dass ich mir steigendem Sold nicht in Versuchung geführt werde. Aber bekanntlich muss das ja jeder für sich selbst am besten wissen." Ein großes Gelächter war am Tisch zu hören. Ein Spieler, der sich in dieser Runde schon wie der sichere Sieger fühlte, wurde tatsächlich ganz zum Schluss noch geschlagen. Coriolan lächelte, bevor er sich wieder seinem etwas niedergeschlagenen Stubenkameraden zuwandte. "Vielleicht musst du ja das Spiel nicht gleich aufgeben. Es reicht ja, wenn du dir sagst, dass du nur einmal die Woche bis zu einer bestimmten Maximalsumme spielst, die du nicht überschreiten darfst und die noch verschmerzbar ist, sollte man sie verlieren." So zumindest der naive Vorschlag des Gnaeus. Dass es wahrscheinlich besser war ganz aufzuhören oder man, wenn man erst einmal wieder angefangen hat, gleich wieder mitten im Strudel ist, wäre ihm nicht in den Sinn gekommen, aber er konnte sich auch nur schwer in die Lage eines einigermaßen Spielabhängigen hineinversetzten, zumal er allerdings auch nicht wirklich wusste, wie schlimm das bei Titus eigentlich war. "Hast du denn schon früher gern gespielt?"

    Etwas verdutzt stand der gute Coriolan da. Jeden Tag Holz hacken? Das war wahnsinnig anstrengend und er war doch hier bei der Classis und nicht bei den Holzfällern. Zumindest dachte er das, aber immerhin war es wohl ein sehr gutes Training und durch die Kameraden bekam er zum Glück auch mit was eine Feuerpatsche war. Zum Glück waren sie nicht den ganzen Tag mit Übungen zur Brandbekämpfung beschäftigt und so stieg die Stimmung dann auch merklich an, als sie erfuhren, dass es jetzt die Übungswaffen geben würde. Anstatt ein Vigiles zu sein, könnten sie also endlich spüren, dass sie zu echten Soldaten ausgebildet wurden. Gemeinsam gingen sie zu Magazin und Coriolan ließ sich das hölzerne Ding geben. Gespannt wie er sich im Training mit den Waffen wohl anstellen würde, sammelte er sich gemeinsam mit den Kameraden vor den Pfählen.

    Die Göttin des Glücks hatte Falvus an diesem Abend wohl nicht auf seiner Seite. Spiel um Spiel ging verloren und die paar glücklichen am Tisch freuten sich umso mehr. Etwas erschrocken war Coriolan, als der Wut freien Laufe gelassen wurde und die Würfel sich gen Boden verabschiedeten. Hätte Gnaeus an einem Abend so oft verloren, hätte er sich sicherlich auch kaum noch halten können. Während die anderen munter weiterspielten, beobachtete Coriolanus wie sein stubenkamerad wohl wild nach ein paar Sesterzen suchte. Hatte der Mann wirklich noch nicht genug?


    "Hey Titus, lass es gut sein. Heute wird das nichts mehr." Mit einer Handbewegung deute er ihm an neben ihm und einen weiteren Kameraden Platz zu nehmen, die schon seit einer Weile dort saßen und dem Spiel zusahen. "Kann es sein, dass Fortuna dir nicht wohlgesonnen ist? Gerade jene Göttin soll sich sehr oft als launisch erweisen. Also Kopf hoch, beim nächsten Mal holst du alles wieder rein." Für die Problematik der Spielsucht hatte Gnaeus an sich überhaupt kein Gefühl. Anstatt jemandem davon abzuraten, schlug er lieber ganz naiv vor, es wann anders noch einmal zu versuchen, am besten nach einem kleinen Opfer für die Glücksgöttin, so einfach war die Welt.

    Also hatte das Training zur Brandbekämpfung doch nicht nur etwas mit ihrer Stationierung in den Unterkünften der Vigiles zu tun, dachte sich Coriolanus noch, dem ein Licht nach der Erklärung des Centurios aufing. Selbstverständlich konnte das eigene Schiff in Brand geraten. Versuchte man nicht gerade genau das, wenn es zu einer Seeschlacht kam? Zumindest, wenn man den Gegner nicht gerade entern oder schlicht rammen konnte. Da machte es natürlich absolut Sinn, ein Feuer auf dem Schiff so schnell wie möglich bekämpfen zu können.


    Wie der Centurio so die Reihe abschritt und dann auch noch bei Gnaeus stehenblieb, stieg schon etwas Nervosität in ihm auf. Er hatte den Mund schon zum Ansatz einer wahrscheinliche dummen Antwort geöffnet, aber der Centurio hatte diese wohl doch nur rhetorisch gestellt und sie deshalb gleich selbst beantwortet. Nun sollten sie wohl Eimer in einer Kette weiterreichen, was erst einmal nicht weiter spektakulär klang. Doch wieder schlug das Herz des Coriolan höher, als der Ausbilder erneut vor seiner Nase stehenblieb, diesmal sogar eine Frage stellend, auf die er eine Antwort verlangte.


    Axt? Hmm... da hatte Coriolan als auf ewig in einer Stadt lebender Bewohner leider kaum Erfahrung. Er fragte sich sogar ernsthaft, ob er jemals eine Axt in die Hand genommen hatte. "Vielleicht vor sehr langer Zeit", war dann nur sein gedankliches Ergebnis. So verhalten war dann auch seine Antwort. "Ich bin nicht gerade ein Holzfäller, aber ich denke schon, dass ich damit umgehen kann." Gespannt war Gnaeus, was nun folgen würde. Würde er eine Axt bekommen? Und wenn ja, worauf sollte er denn Einhaken? Und wozu war das überhaupt bei der Brandbekämpfung gut. Über Coriolan hätte man fast ein riesiges unübersehbares Fragezeichen erblicken können .

    Im Raum saß auch bereits Gnaeus Coriolanus, allerdings war er nicht am Würfelspiel beteiligt. Er war einer der wenigen, die daneben saßen und sich das Spiel ansahen. Auch wenn es nur um wenige Sesterzen ging, wollte er dennoch nicht Gefahr laufen etwas zu verlieren, stattdessen unterhielt er sich nebenbei mit einem neu kennengelernten Kameraden und betrachtete hin und wieder den Verlauf des Spieles. Den Eintretenden Flavus grüßte er mit einem Nicken. Dieser hatte wohl deutlich mehr Lust auf das Spiel. Gespannt schaute er nun auch wie dieser sich schlagen würde und ob ihm Fortuna wohlgesonnen war.

    Coriolan stand gerade noch vor seinem Quartier, als er mit einigen weiteren Rekruten die Namen der Ausrüstungsgegenstände durchging, während sie auf weitere Befehle warteten. Dieses ganze Zeug war nämlich für einige noch völlig neu und wenn der Vorgesetzt verlangte, dass dieses und jenes für das nächste Training benötigt wurde, blickte man nicht selten in fragende Gesichter.


    Aus sicherer Entfernung blickten sie auf Seneca, der offensichlich schon etwas besser im Umgang mit Schwertern war. Vielleicht sollten sie sich auch anschließen? Schließlich konnte etwas mehr Praxis mit den Waffen nicht schaden. Doch schon im nächsten Augenblick schrie der Optio über den Platz. Offensichtlich war das kein natürliches Verhalten, geschweige denn ein genehmigtes, aber das konnten die neuen Rekruten ja noch nicht wissen. Für sie war das ganze Kasernenleben noch sehr neu. Aber auf eigene Faust trainieren würden sie wohl nach dieser Zurechtweisung erst einmal nicht mehr, denn in den Cacer wollte schließlich niemand von ihnen so schnell.

    Gnaeus nahm ebenfalls Aufstellung. Im Grunde war alles wie gehabt und die Nebenmänner noch die selben. Nur die Übung sollte diesmal eine ganz andere sein. Coriolan hatte sich bereits schon früher gefragt, was sie denn mit der Brandbekämpfung zu schaffen hatten. Zu den Vigiles hatte er sich doch eigentlich nicht gemeldet, aber zur Not musste es wohl getan werden, schließlich entschieden sie hier nicht, was aus ihnen werden würde. Das lag fast allein in den Händen ihrer Vorgesetzten.