Hatte sie sich also doch richtig erinnert! Stolz über die eigene Leistung strich sich Lucia in einer affektierten Geste eine verirrte Strähne aus dem Gesicht. Ihre Sklavin, Sekunda, griff sogleich nach dieser und machte sicher, dass sie wieder am richtigen Platz saß. Obwohl die Sklavin versuchte so sanft wie möglich zu arbeiten, wer schön sein wollte musste leider schon immer leiden. Und so ziepte und zwickte es an Lucias Hinterkopf, während ihr Bruder sich über die Verwandten ausließ und mehrmals betonte, dass niemand in Sippenhaft genommen werden sollte. Die junge Frau versuchte kein Gesicht zu verziehen, doch hin und wieder wurde das Ziepen so penetrant, dass sie nicht anders konnte. Sie zischte ein leises „Autsch!“, doch Sekunda war schlimmeres gewohnt und arbeitete ruhig weiter.
Als Lepidus dann anklingen ließ, dass man die Situation und nach Lucias Meinung damit die Decimer im Auge behalten sollte, schlich sich ein katzenhaftes Lächeln auf ihre Züge. „Ich bin mir sicher, dass ich mit der Frau unseres Vetters rasch Freundschaft schließen werde.“ Ihr Ton sagte deutlich: Halte dir deine Freunde nahe, aber deine potentiellen Feinde noch näher. Das würde sicher spannend werden!
Ein Duumvir also auch noch! Dieser Iulier wurde in Lucias Augen immer interessanter. Er musste entweder ein sehr gutherziger oder sehr weitdenkender Mann sein, vielleicht beides, wenn er sich ihres Bruders derart angenommen hatte. Lepidus hatte da ganz Recht, solch eine Schuld sollte man gewissenhaft zurückzahlen. Wer wusste schon, wann Fortuna wieder ihre Launen hatte?
„Er muss ein wahrhaft großer Mann sein. Wie wunderbar, dass er dich so unterstützte! Du hast vollkommen Recht nun zu ihm zu halten!“, erwiderte Lucia begeistert. „Verlass dich ganz auf mich, wir werden ihm einen großartigen Empfang bereiten!“ Die junge Tiberia war Feuer und Flamme, vergaß dabei beinahe, dass sie heute zunächst andere Gäste zu bewirten hatte. „Er wird hier nie wieder weggehen wollen.“, musste sie zu guter Letzt noch scherzen.