Beiträge von Marcus Decimus Aquila

    „In drei Tagen, mit einer Begleitung“, wiederholte der Bote. „Nein, von meiner Seite aus wäre das alles. Ich organisiere alles, was nötig ist. In drei Tagen werden deine Schwester und du abgeholt.“ Er grübelte für einen Moment und schob dann noch eine Frage hinterher: „Wärst du bereit, bereits vor Sonnenaufgang aufzubrechen?“ So könnten die beiden Tiberier bereits hier mit dem Reisewagen abgeholt werden... was sowohl etwas Zeit sparen würde als auch ihn bares Geld, das er dann für sich zu behalten hoffte.

    Immerhin: die Verspätung schien kein Problem zu sein. Aquila hatte es geschafft, bisher immer pünktlich zu sein, und was er von manchen seiner Lehrer kannte, hatte ihn definitiv irgendeine Reaktion erwarten lassen. Dass keine kam, überraschte ihn positiv – und auch auf sein Äußeres ging der Duccius nicht ein. Aquila wollte sich schon einfach zu den anderen gesellen und wie üblich mitlaufen, als der Senator sich doch noch mal ihm zuwandte. Mit einer reichlich gewagten These, und das in einer Art, von der Aquila nicht wirklich sagen konnte ob der Kerl jetzt einen Witz machte oder das ernst meinte. „Eh. Ja, klar“, machte er halb verwirrt, halb ironisch, und fuhr sich mit einer Hand durch die kurzen Haare. „Der hat sich dann auch gleich um alles gekümmert, der Friseur...“ Mit einer Faust anstatt eines Messers. Vielleicht war ja sogar tatsächlich einer unter den Prügelnden gewesen gestern Abend? Konnte man ja nie wissen. Jetzt hätte er sogar fast gegrinst, wenn er nicht durch das Sprechen schon wüsste, dass selbst leichte Bewegungen der Lippen einfach weh taten, und einem großen Teil auch irgendwie auch nicht ganz so sehr nach Grinsen war, mit dem dumpfen Pochen in seinem Schädel. Jedenfalls: die einzigen, die Aquila wirklich hatte erkennen können, waren die Soldaten gewesen. Und auch die irgendwann nicht mehr.

    Als Aquila angefangen hatte zu reden, hatte er sich nichts gedacht. Nicht das geringste. Und auch als er fertig war, dachte er sich nichts... dem Blick, den Senator und Sklave miteinander tauschten, schenkte er nicht wirklich Beachtung, zu sehr war er mit dem Blödsinn beschäftigt, den er gerade noch so trieb.
    Das sich nichts dabei denken und Blödsinn machen dauerte genau so lange, bis der Duccius sich ihm schließlich zuwandte. Die Standpauke, die ihm dann um die Ohren flog, ließ Aquila schrumpfen, mit jedem Wort ein bisschen mehr... das Fettnäpfchen, in das er mit Anlauf hinein gesprungen war, wurde ihm mit einem Schlag glühend bewusst. Ein bereits fertig geformtes Wachskügelchen fiel ihm achtlos aus der Hand, und stumm ließ er die Zurechtweisung über sich ergehen, in vollem Bewusstsein darüber, dass das hier jeder, aber auch wirklich jeder in der Halle mitbekam. Gleichzeitig stieg Trotz in ihm auf, und das nicht zuletzt gerade weil der Senator dafür sorgte, dass ihn jeder hören konnte. Musste das wirklich sein? Ja, war nicht gerade sein hellster Moment gewesen, aber ernsthaft – musste das wirklich sein? Er hatte bei weitem nicht so laut geredet, warum musste der Duccius ihn jetzt so blamieren? Er konnte in Gedanken ja beinahe hören, wie sie heimlich über ihn lachten.
    Gegen Ende der Ansprache hatte Aquila das Gefühl, sein Gesicht brannte vor Scham und Wut gleichermaßen, und für einen Moment schwankte er tatsächlich, wie er reagieren sollte – schwankte zwischen Demut und Aufbegehren. Am Ende gewann dann aber doch sein gesunder Menschenverstand: auch wenn der wütende Trotz ihm einflüsterte, dass er Recht hatte, mit der gesamten Palette, die an lautloser Rechtfertigung damit einherging und immer wieder neuen Formulierungsansätzen, wie er das wohl am besten auch laut sagen könnte, war sich Aquila doch zumindest über eine Sache auch in diesem konkreten Moment immer noch bewusst: wenn er jetzt aufmuckte, war er draußen. Der Senator würde ihn hochkant rausschmeißen, wenn er ihm vor all diesen Leuten widersprach, ganz egal um was es ging. Er senkte also einfach nur den Kopf, starrte auf den Tisch vor sich und brachte die Lippen immerhin weit genug auseinander, um ein: „Ja, Senator“ von sich zu geben, das hoffentlich schuldbewusst und einsichtig genug klang, während er beschloss, vorerst keinem Menschen hier mehr in die Augen zu sehen.

    Aquila grinste großspurig und ein wenig anzüglich. „Ich erwarte nicht, dass ein Weib viel Ahnung hat von der Militärgeschichte Roms. Aber wenn es dich wirklich interessiert, solltest du dir das vielleicht von deinem Vormund erzählen lassen.“ Er hatte es nicht nötig, mit seiner Familie so sehr zu prahlen wie sie... weil die Decimer einfach ein Begriff waren in Rom, egal auf welcher Seite sie nun gestanden hatten, und weil er selbst vorhatte dafür zu sorgen, dass das auch weiterhin so blieb. Die Sergia hingegen stellte gleich darauf wieder unter Beweis, dass das bei ihr offenbar nicht so war, als sie mit noch mehr Vorfahren anfing. Und, oh, Wahnsinn, ein Cornelius. Aquila lehnte sich zurück und musterte sie einen Moment lang, spielte mit dem Gedanken, ob sie tatsächlich – wenn auch nur mütterlicherseits – mit dem neuen Kaiser verwandt war. Aber selbst wenn, war diese Verwandtschaft offenbar so entfernt, dass Cornelius keinerlei Wert darauf legte. Ansonsten hätte er kaum zugelassen, dass sich eine seiner angeheirateten Verwandten als Stationaria bei der Post verdingte. Was ihn wiederum in seinem Gedanken bestätigte, dass ihre Familie heute offenbar nichts zu melden hatte in Roms Gesellschaft. Trotzdem sagte er, und das teilweise schon ein bisschen aus dem Grund, es könnte anders sein und sie könnte mit dem Imperator doch mehr zu haben als er dachte... auch wenn sein Tonfall so großspurig und anzüglich blieb wie zuvor: „Dann gehst du auf dem Palatin sicher ein und aus, was?“


    Keine Verjährungsfristen also... man sollte doch meinen, dass so was eigentlich geregelt war. Zumal einfach verdammt viel Zeit vergangen war. Selbst wer ein richtig krummes Ding drehte, hatte nach so langer Zeit keine Strafe mehr zu befürchten – aber der Cursus Publicus wollte Genugtuung für einen Fehler, den irgendeiner von den dort angestellten Trotteln gemacht hatte? Irgendwie wollte das nicht so recht in Aquilas Kopf hinein. „Es geht nicht um die Höhe des Betrags“, erwiderte Aquila, dessen Lächeln nun ein wenig schärfer wurde. Dass die Sergia nun auf die Tour ankam um das Geld einzutreiben, gefiel ihm nicht so ganz. Wäre noch mal was anderes wenn seine Familie Murks gebaut hätte, aber so war es ja nicht. „Es geht darum, dass der Fehler eindeutig beim Cursus Publicus gelegen hat, und dass ihr euch ebenso eindeutig verdammt lange Zeit gelassen habt, um überhaupt darauf zu kommen. Für eine Institution von der Größe des Cursus Publicus sollte es doch eigentlich eher verkraftbar sein, Verantwortung zu übernehmen und für die eigenen Fehler gerade zu stehen, oder nicht?“ Er war sich ziemlich sicher: wäre es umgekehrt gewesen, hätte der Cursus Publicus aus Versehen zu viel abgezogen, da wäre keiner von ihnen angekommen und hätte ihnen das Geld wieder gut geschrieben. Sie würden sich vermutlich sogar weigern, würde da einer nach so langer Zeit ankommen und Richtigstellung fordern.



    Sim-Off:

    Nur als Anmerkung: nicht alles, was im Wiki steht, wird im IR auch so umgesetzt – in der IR-Realität gilt das hier. Legatus Legionis reicht hier schon aus ;)

    Der Bote war dem Ianitor gefolgt, hatte folgsam gewartet bis er hinein gebeten wurde ins Officium, und betrat dann den Raum. „Salve, Tiberius“, grüßte er ihn, „ich habe eine Botschaft für dich von Marcus Decimus Aquila.“ Mit diesen Worten reichte er dem Mann den Brief und wartete erst mal ab, bis er ihn gelesen hatte.



    Ad Lucius Tiberius Lepidus
    Villa Tiberia
    Roma


    M. Decimus Aquila L. Tiberio Lepido s.d.


    Nachdem die Wahlen nun vorüber sind und Titus Duccius Vala erfolgreich zum Aedilis Plebis kandidierte, möchte ich auf unsere Vereinbarung zurückkommen und dich wie versprochen zu einer Cena einladen.
    Da wir uns aktuell auf Dianum im Mare Tyrrhenum befinden, freut es mich überaus, dich und eine Begleitperson deiner Wahl auf eben jene Insula einladen zu können. Vereinbare mit dem Boten, der diesen Brief überbringt, einen Termin, der dir in den nächsten Tagen passend erscheint – alles weitere für deine Anreise wird er mit dir besprechen und organisieren.


    Vale bene,


    [Blockierte Grafik: http://img32.imageshack.us/img32/3898/olhz.png]

    Mist. Mistmistmist. Er war zu spät, viel zu spät, so sehr zu spät, dass der Duccius sich schon auf den Weg gemacht hatte, angefangen mit seinem Tagesgeschäft. Aquila hatte sich von den Scribae im Saal der Aedile nur eine Liste geben lassen können mit dem, was sein Senator heute so vorhatte... und hetzte jetzt durch die Straßen auf der Suche nach ihm, so schnell ihm das möglich war mit der Toga praetexta. So ein verdammter Scheißdreck! Er hätte gestern Abend nicht feiern gehen sollen... schon gar nicht ausgerechnet in die Taverna, in der eine Prügelei losbrach. Und er hätte sich erst recht mitten hinein stürzen dürfen... Na immerhin erreichte das Laufen einen Zweck: es kühlte seine linke Gesichtshälfte, das Veilchen, das sich um sein Auge herum gebildet hatte, die aufgeplatzte Lippe, die zwar nicht mehr geschwollen war, um die herum sich aber auch ein kleiner, aber feiner Bluterguss gebildet hatte... Aquila schlitterte mehr um die nächste Ecke, die ihn auf die Via Tusculana führte, als dass er sie aufrecht lief, rutschte zur Seite weg und konnte sich gerade noch so wieder fangen, sonst hätte er sich zu allem Überfluss vermutlich noch die Hände, Knie oder sonst was aufgeschürft, ganz zu schweigen davon dass er sich die Kleidung schmutzig gemacht hätte. Trotzdem hielt er jetzt erst mal inne, atmete durch und versuchte die Toga wieder zu ordnen, die zwar nicht schmutzig geworden war, aber natürlich etwas... durcheinander, und starrte auf die Liste. Wenn er sich die ersten Termine ansah und in seinem Kopf danach kramte, worum es da ging... wenn er das übliche Tempo des Duccius noch dazu nahm... er hatte ihn schon an zwei vorigen Stellen verpasst, und er hoffte bei allen Göttern, dass er ihn diesmal erwischte. Weiter ging es, etwas langsamer diesmal, und er beschloss, dass alle guten Dinge drei waren. Wenn er ihn diesmal nicht traf, würde er zurück gehen zum Sprechsaal und sich da irgendwas zu tun suchen – irgendwas war schließlich immer –, und auf den Duccius warten. Und gerade als er diesen Beschluss gefasst hatte, bog er um eine weitere Ecke in eine Nebenstraße ein und konnte den Senator tatsächlich sehen, bei der Holzhütte, die schon vor ein paar Tagen hätte verschwunden sein sollen. Und wusste plötzlich nicht, ob er dankbar dafür sein sollte oder nicht. Er lief locker die letzten paar Schritte, bekam noch das Ende des Wortwechsels mit und machte dann einen Satz zur Seite, als der Kerl nach einem Hund trat. „Salve, Senator... entschuldige die Verspätung.“ Aquila machte sich keine Hoffnung darauf, dass er sich einfach ohne aufzufallen unter die Begleitung des Duccius hätte mischen können, also machte er lieber gleich auf sich aufmerksam.

    Eine Faust landete in seinem Gesicht. Aquila hatte keine Ahnung wie, weil er eigentlich gerade noch ausgeholt hatte, um jemand anderem eine zu verpassen... aber irgendwie war er zu langsam gewesen. Oder so. In jedem Fall war es nun sein Gesicht, das Bekanntschaft mit einer Faust machte, und nicht umgekehrt. Er stolperte ein paar Schritte zurück von der Wucht des Schlags und rieb sich mit der Hand den Kiefer, schüttelte den Kopf, um wieder etwas klarer zu werden, und erreichte dadurch nur, dass es noch ein bisschen mehr blitzte um ihn herum... egal. Er richtete sich einfach wieder auf – so aufrecht wie es ihm möglich war, hieß das –, machte einen Schritt zurück in die Richtung des Kerls, dessen Faust er gerade kennen gelernt hatte, und versuchte sich ein zweites Mal daran, die seine irgendwo auf dem Körper des anderen zu platzieren. Vorzugsweise auch im Gesicht, aber Aquila war da nicht wählerisch, so lange er diesmal nur traf und nicht getroffen wurde.

    Aquila hing wie üblich dem Duccius am Togazipfel. Hatte er im Wahlkampf noch geglaubt, das wäre der Höhepunkt an öden Gesprächen, musste er sich schon bald eines Besseren belehren lassen... was im Saal der Aedile vor sich ging, das ständige Kommen und Gehen der Bevölkerung, Gespräch nach Gespräch nach Gespräch mit teils unglaublich trivialen Dingen... Aquila fing an, den Duccius zu bewundern dafür, mit welcher Geduld er einen nach dem anderen abhandelte. Nicht dass er bei jedem geduldig war... aber allein die Tatsache, dass er das einfach immer weiter durchhielt, fand Aquila so bewundernswert wie es rätselhaft für ihn war. Gut, er hielt auch durch, obwohl es ihm einfach zu viel Geschwätz war und zu wenig Handfestes, zu langweilig, zu kleinkariert – aber er konnte sich auch einfach im Hintergrund halten, basta. Er musste mit den Leuten ja nicht reden, sondern immerhin nur zuhören.


    Lustiger waren da immer die Phasen, wenn der Duccius mit den Scribae und Sirius kommunizierte. Hatte immer wieder was, und Aquila hörte regelmäßig auf mit dem, was er gerade zu tun aufgekriegt hatte, um zuzuhören und sich zu amüsieren. So auch diesmal... Aquila saß bequem da, kippelte ein bisschen auf seinem Stuhl, und anstatt Tabulae durchzuackern mit irgendwelchen Auflistungen, kratzte er hinter dem Rücken seines Senators lieber vom Rand der Tabulae das Wachs ab, knetete es zu kleinen Kügelchen und bewarf damit irgendwelche Scribae, während er zugleich der Unterhaltung zuhörte. Auch wenn es erst mal eher mäßig interessant war... Staatshaushalt, blablabla, Millionen, blabla, Kanzlei, bla. Aquila schnippte weiter Wachskügelchen durch die Gegend, als die Sprache auf die Acta kam, und... Decimi halt. Tadellose Helden in strahlender Rüstung. Aquila prustete kurz und schnippte ein größeres Kügelchen zielsicher an Sirius' Schläfe, wo es sogar kleben blieb, als der etwas von langweilig plapperte, und grinste immer breiter, je mehr sich die Unterhaltung entfaltete. „Kann man nicht irgendwem was anhängen?“

    „Mein Vetter Caius Dexter strebt auch den Ritterstand an...“ begann Aquila ohne Umschweife, als der Senator ihm mit einem Nicken zu verstehen gab, dass er sprechen konnte. Er hatte zumindest bisher den Eindruck gewonnen, dass es dem Duccius lieber war, wenn man nicht lange um den heißen Brei herumredete. „Wenn sich eine Gelegenheit bieten sollte, könntest du seinen Namen positiv erwähnen im Hinblick auf eine Erhebung?“

    Ein flüchtiges Lächeln spielte um Aquilas Mundwinkel, als der aelische Consular bekannt gab, den Duccius zu wählen, aber er riss sich gleich wieder zusammen und setzte eine angemessen ernste Miene auf. Interessant war das Gespräch auch allemal, fand er, neugierig war er ja vor allem auf den Bruder des alten Kaisers gewesen. Auch wenn der alte Aelius einen, naja, wirklich alten Eindruck auf ihn machte – und dabei fand er seinen Senator ja schon irgendwie... alt. Älter. So ein bisschen. Jedenfalls: das Gespräch nahm eine etwas überraschende Wendung, als von der junge Aelius plötzlich mit der Bitte ankam, der Duccius möge sich für sie einsetzen. Mit unbewegter, aber aufmerksamer Miene wie im Grunde fast immer bei den Gesprächen, bei denen er den Duccius in letzter Zeit begleitet hatte, hörte Aquila zu – wobei es ihm im Augenblick aber zur Abwechslung nicht schwer fiel, tatsächlich aufmerksam zu sein, immerhin ging es hier auch um was anderes als das Übliche. Erst nach dem Trinkspruch, dem auch er sich anschloss, wandte sich die Unterhaltung dem zu, was er nun schon ein paar Mal gehört hatte, oft genug dass er inzwischen das Gefühl hatte, das alles genauso gut wie der Duccius selbst erzählen zu können.

    Tatsächlich. Sie ließ sich ärgern. Und wie... Aquila hatte ja eine Reaktion haben wollen, aber dass die so heftig ausfallen würde, hätte er dann doch nicht erwartet. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und wartete erst mal ab, während sich eine Tirade über ihn ergoss – erfahrungsgemäß ließen Weiber sich sowieso nicht unterbrechen, wenn sie sich gerade in Rage redeten, also versuchte er es gar nicht erst. Was er allerdings heraushörte war, dass er irgendeinen wunden Punkt getroffen haben musste... wenn sie schon so in die Luft ging. Und wenn sie es zudem nötig hatte, sich auf Verwandtschaft zu berufen, die nicht der väterlichen Linie entsprach, sondern irgendwo über irgendeine Frau gelaufen war. Aquila konnte nicht anders als grinsen... erst als es wieder um seine Verwandtschaft hier in Rom ging, hätte er am liebsten das Gesicht verzogen. Es ließ sich schwer auf andere herabsehen oder sich über sie lustig machen, wenn ein paar seiner Verwandten im Knast saßen, weil sie im Bürgerkrieg auf der falschen Seite gestanden hatten. Und prompt versuchte die Sergia das natürlich zu nutzen, um den Spieß umzudrehen.


    Als sie fertig war, blieb Aquila erst mal zurückgelehnt sitzen und betrachtete sie... bis von ihr noch mal eine Nachfrage kam. „Najaaa... ich wollte erst mal sicher gehen, dass du fertig bist damit all das los zu werden, was dir offenbar auf dem Herzen liegt“, erwiderte er dann, und seine Stimme klang sarkastisch dabei... und ein wenig herablassend. „Und ein weiteres Mal: danke für dein Beileid. Es ist ja nicht einfach, als Praefectus Praetorio oder Auctrix seine Pflicht zu tun in Zeiten wie diesen... Da tut es ja so gut zu wissen, dass es Menschen gibt die auf unserer Seite sind.“ Jetzt setzte auch Aquila wieder ein Lächeln auf. „Was meine übrigen Verwandten ausgeht: keine Sorge, denen geht es gut. Ein paar treiben sich hier in Rom rum...“, er machte eine vage Handbewegung, „der Rest lebt in Hispania. Darunter auch mein Großvater Maximus Meridius, seines Zeichens nicht nur Senator, sondern Triumphator Roms.“ Jetzt wurde sein Grinsen wölfisch. Den Rest an Senatoren und Rittern in seiner Verwandtschaft erwähnte Aquila nicht mal... wenn man nicht gerade einen Kaiser in seiner Ahnenlinie vorweisen konnte, war ein Triumphator nicht zu übertrumpfen, noch dazu einer, der noch am Leben war, auch wenn er nicht viel mehr machte, als seinen Ruhestand auf seinen Landgütern zu genießen. Und Aquila konnte nicht umhin weiter ein bisschen zu grinsen, nicht nur deshalb, weil er mit der Erwähnung seines Großvaters seine eigene Nase wieder vorn wähnte, sondern auch wegen dem Schlagabtausch an sich... er hatte ja nun nichts gegen einen Schwanzvergleich, aber normalerweise lieferte er sich eben keinen mit einer Frau. „Diese... falsche Abrechnung da. Welche Regelungen habt ihr zu Verjährungsfristen? Es mag zwar nur ein kleiner Betrag sein, aber immerhin war das eindeutig ein Fehler des Cursus Publicus.“

    Blablabla. Blabla. Blabla. So ungefähr rauschte das Gespräch an Aquila vorbei. Naja nicht ganz... aber er hörte das einfach nicht zum ersten Mal, was etwas schwierig machte, dem konzentriert zu folgen. Trotzdem strengte er sich an, aufmerksam zu sein – er kniff sich sogar selbst hin und wieder dafür unauffällig, wann immer er merkte, dass seine Gedanken zu sehr abdrifteten. Auch wenn er nicht ganz so ambitioniert bei der Sache war, wusste er ja doch, wie wichtig es war einen guten Eindruck zu machen. Nicht nur für den Senator, den er begleitete, sondern auch für ihn selbst. Und so ganz nebenbei, das war ihm schon auch klar, konnte er ja auch einiges dabei lernen... allein schon, wie man selbst immer freundlich und höflich blieb, auch wenn man zum xten Mal das gleiche irgendjemandem erzählen musste. Wenn es überhaupt einen Unterschied gab, dann lag der in den Fragen, die gestellt wurden. Und darin, wie ausführlich sich der Duccius mit seinem Gegenüber unterhielt – politische Schwergewichte wie einen Consular auf seiner Seite zu haben war halt was anderes als einen anderen frischgebackenen Senator, da lohnte es sich im Gespräch mehr Einsatz zu zeigen.

    Aquila war dem Senator quasi wie ein fast lautloser Schatten gefolgt, während der sich unterhalten hatte mit dem Helvetier. Es war schon faszinierend, wie wenig man auffiel, wenn man einfach nur stumm im Hintergrund blieb... zu bleiben hatte. So musste man sich wohl als Sklave fühlen, grübelte er für einen Moment, aber der Gedanke verflüchtigte sich recht bald wieder aus seinem Kopf. Lieber hörte er da dem Gespräch zu, das sich sowieso als viel interessanter entpuppte. Der Helvetius würde sich sicherlich als nützlicher Klient entpuppen, nach dem was er so erzählte... und die Pläne des Duccius waren noch interessanter, die der von sich gab. So deutlich hatte Aquila den Mann noch nicht von dem erzählen hören, was er vorhatte – wobei er freilich auch noch nie danach gefragt hatte, schon allein weil er keinen Grund dazu gehabt hatte zu fragen.


    Aufmerksam, aber sich immer einen Schritt zurückhaltend, verfolgte er die Unterhaltung weiter, während sie durch die Straßen Roms liefen, hörte sich an, was der Senator seinem potentiellen Klienten erzählte, und dachte sich seinen Teil dazu. Erst als der Helvetius gegangen war und sich gerade eine Lücke ergab zwischen den Leuten, die den Duccius ansprachen, machte Aquila zwei schnellere Schritte, die ihn auf eine Höhe mit dem Senator brachten. Bis zur Curia Iulia war es noch ein kleines Stückchen, lang genug vielleicht dass der Duccius sich auf ein kurzes Gespräch mit ihm einließ. „Ich hätte auch eine Frage, Senator...“

    Aquila hob ebenfalls seinen Becher – den er gleich darauf noch weiter leerte, als Dexter davon sprach zu gehen. Aquila konnte definitiv nicht sagen, dass er da irgendwas dagegen hätte... die Reise steckte ihm definitiv in den Knochen, auch wenn das letzte Stück am heutigen Tag nicht mehr allzu lang gewesen war. Ein Bad, vielleicht eine Massage, nebenher was zu essen und zu trinken, und dann ein Bett... jap. Das klang nach einem Plan. Er lächelte seinem Vetter zu und nickte. „Ja, ein bisschen Ruhe könnt ich jetzt gebrauchen. Vielen Dank dir für den netten Empfang.“ Er trank den letzten Schluck aus seinem Becher, stellte ihn ab und erhob sich ebenfalls. Die Sklaven hatten hoffentlich in der Zwischenzeit ein Cubiculum für ihn hergerichtet... wenn nicht, hatten sie das noch zu erledigen, während er ihm Bad war. „Schönen Abend noch.“




    Sim-Off:

    Völlig okay :)

    Während Massa sich mit Dexter unterhielt, hörte Aquila nur mit halbem Ohr hin. Was Dexter in etwa vorhatte, hatte er ja auch schon von ihm erfahren... wenn sein Vetter in Ostia angekommen war, würde er ihn beizeiten mal besuchen müssen, fiel ihm ein, damit sie sich zusammensetzen konnten wegen der decimischen Anwesen vor Ort. Aber das hatte für den Moment wohl auch noch Zeit. Stattdessen gesellte er sich an die Seite des Praefecten der Classis. „Es kann sein, dass die VIII. Legion vielleicht nicht mehr in der Castra ist. Senator Duccius erzählte mir, dass sie jetzt jeden Tag den Marschbefehl nach Germania erwarten. Dann müssten wir den Senator in der Casa Accia aufsuchen.“ Aber die beiden decimischen Gefangenen würden so oder so noch in der Castra zu finden sein... falls Massa seine Verwandten sehen wollte.

    „Er lebt und es geht ihm gut, Consular“, bestätigte Aquila, während er den beiden Senatoren folgte und sich niederließ. „Meine Familie in Hispania hatte größtenteils ihre Ruhe vor den Umwälzungen hier in Rom.“ Warum auch immer... das hieß: eigentlich nicht. Aquila glaubte jedenfalls, dass der Vescularius es nicht für nötig befunden hatte, den Decimi in Tarraco auf den Zahn zu fühlen, obwohl da einige dabei waren, die seine erklärten Gegner waren... wo doch die in Rom sich ganz gut eingefügt hatten unter seiner Herrschaft.


    Er grinste flüchtig, als er den Satz seines Senators zum Wein hörte – er verbrachte nahezu jede freie Minute an der Seite des Duccius, das brachte es irgendwie mit sich, dass er die Vorlieben und Abneigungen des Mannes besser kennen lernte, als ihm manchmal lieb war... aber er selbst verkniff sich jeden Kommentar dazu, sondern nickte nur und beschränkte sich wieder darauf das zu tun, was er fast immer in der Begleitung des Duccius tat: aufzupassen und sich ansonsten brav zurück zu halten, bis er von den hohen Viechern wieder ins Gespräch eingebunden wurde.

    „Ja, ne, is klar“, machte Aquila, das Grinsen immer noch breit auf seinem Gesicht, während Sirius zuerst ablehnte ihm was über seine Fähigkeiten zu erzählen, nur um gleich darauf ziemlich wortreich auszubreiten, warum er so wichtig für den Senator war. Für Aquila klang es mehr nach Mädchen für alles... zumindest glaubte er nicht, dass Sirius den Haushalt für den Duccius schmiss.
    Dann allerdings nahm sein Gesichtsausdruck etwas irritierte Züge an, wozu unter anderem eine hochgezogene Augenbraue gehörte. Es war nicht so sehr der Inhalt dessen, was Sirius sagte – es war eher die Tatsache, dass er es überhaupt sagte. Wenn er meinte das so explizit erwähnen zu müssen, dann mussten besagte Situationen richtig delikat gewesen sein... und das passierte nicht, wenn man sich an irgendeine Frau ranschmiss, das mussten schon welche sein, die egal aus welchen Gründen in einer anderen Factio spielten... einer deutlich höheren als der Duccius vermutlich, jedenfalls bisher. Aquila fragte sich für einen Augenblick, an wen er da nun geraten war, und zum ersten Mal kam ihm der Gedanke, dass er den Mann vielleicht endlich mal kennen lernen sollte, den Sirius ihm da so lebhaft beschrieb. „In Ordnung... merk ich mir...“ Im Großen und Ganzen lief es auf dasselbe hinaus wie die Anordnung von gerade eben: Klappe halten und nicht negativ auffallen. Sollte hinzukriegen sein. „Lern ich ihn irgendwann auch kennen?“