Beiträge von Aulus Tiberius Verus

    Verus nickte. Wenn sie ihre Arbeit richtig machten, würde nie etwas auf den Kaiser zurückfallen, sondern höchstens in den Akten und Unterlagen verschwinden. Niemals gab es klare Ideen und Wahrheiten, sondern immer nur Vermutungen von Außenstehenden. Und viele Dementis. Ferner glaubte diesen Verschwörungstheorien ohnehin keiner. "Es wird nichts auf dich zurückfallen. Das kann ich garantieren. Wir machen unsere Arbeit," erklärte der Trecenarius mit fester sowie deutlicher Versicherung. Er würde den Kaiser sicherlich nicht in alle Geschäfte einbinden. Insbesondere nicht in die Aufträge der Augusta. Man machte eben seine Arbeit und Schweigen war die wahre Bezahlung in seinen Kreisen. "Ich werde mich nun zurückziehen, sofern du keine weiteren Bitten und Weisungen hast, Imperator?" - stellte er einen Satz fragend in den Raum, da für den mächtigen Trecenarius dieses Sachgespräch erledigt war und er sich nun wieder seiner Arbeit widmen musste.

    Diese Sache wurde unangenehm. Wirklich unangenehm für den Trecenarius, denn seine eigenen Gefühle spielten auf. Er hatte nicht mehr die notwendige Distanz zu dieser Aufgabe. War es möglich, dass sie sich geirrt hatten? War eine Quelle und eine Bekanntgabe fehlerbehaftet gewesen? Morrigan wirkte nicht so widerständig. Sie wirkte gebrochen und zerfallen. Diese Methodik war erfolgreich gewesen aber doch blieb ein Beigeschmack für Verus, der in dieser Sekunde Mitgefühl mit der Gefangenen hatte. Wie sie nun dort hing, gezeichnet für ihr Leben und abhängig vom Gebot der Prätorianer, war mitleidig. Und er hatte ihr dies angetan. Er hatte ihr all dies angetan. Wie so vielen vor und nach ihr. Einst in Dakien hatte er Dörfer niedergebrannt, hunderte Menschen vertrieben und in Germanien hatte er Menschen gekreuzigt und seine einzige Liebe in diesem Leben auspeitschen müssen. Er hatte sie versklavt, wie so viele. Rom war nicht gnädig. Und Verus konnte es auch nicht sein. Nicht mehr und doch war der Wunsch nach einer Gnade; einer echten Gnade da. Seine Zunge schmeckte salzig; er schmeckte den Geruch des Schlachtfeldes und er wollte sich verstecken vor seiner eigenen Gewalt. Die Kälte dieses Ortes erschreckte ihn und ebenso fürchtete er sich vor sich selbst, wie perfide er diese Frau bearbeitet und vorbereitet hatte, damit sie nun ausgeliefert war. Wie ein eingesperrter Vogel begann sie zu singen, wenn der Besitzer an den Käfig klopfte. "Du gehörst Rom," wiederholte Verus und blickte sie mitleidig an. Seine Augen wollten weinen aber die Tränen waren längst geflohen, vertrocknet im Angesicht seiner eigenen beharrlichen Monstrosität. Der Trecenarius zerbrach in dieser Sekunde ebenso. Nicht gleichsam, wie Morrigan aber ein Teil von ihm, wollte brennen. Zerstört werden. Es kümmerte ihn wieder, was er geworden war. Es fiel nicht mehr leicht. Es war ihm nie leicht gefallen. Leichtigkeit war eine Lüge. Leben unter diesen Umständen war schwegängig, wie in Ketten geschlagen. "Ja, ertragen," wiederholte Verus und sagte es auch zu sich selbst. Beide verband diese Eigenschaft, dass man die angebotene Welt ertragen musste. Verus war gebrochen durch seinen Dienst und Morrigan war gebrochen durch Verus. Es war eine seltsame Beziehung zwischen beiden. Leben war ein leerer Traum. Beide füllten diesen Traum mit Beharrlichkeit. Es musste weitergehen. Ihr Dank traf ihn. Ihr Dank stieß nicht auf Unverständnis, sondern auf klares Verständnis. Verus verstand, was Morrigan widerfahren war. Verus senkte sein Haupt in Demut, um eine göttliche Macht um Vergebung zu bitten, die niemals antworten würde. Doch es gab kein Zurück. Niemals konnte man in diesem Geschäft umkehren und ebenso wenig konnte man den Schaden richten, der angerichtet war. Verus war ebenso Gefangener seiner Aufgabe. Morrigan war nur ein Fall. Eine Sache, mit der er umgehen musste. Dennoch konnte er sich für diesen Moment nicht auf diese Sachlichkeit reduzieren. Der Mensch lebte. "Löst ihre Ketten, senkt sie ab," befahl Verus und seine Handlanger taten dies. Bevor sie wieder einen Stand fand, näherte sich Verus mit vorsichtigen Schritten. Er breitete seine Arme aus, um sie umarmen. Eine Geste, die er spontan tat und ohne Reue vollführte. Er wollte Morrigan für einen Moment Menschlichkeit zeigen, die er ihr entzogen hatte. Es war Wahnsinn aber Wahnsinn war alles, was beiden geblieben war; in einer Welt, die beide nicht wirklich wollte. Die Umarmung schloss sich um die Gefangene. "Wir lieben dich," rettete er seine Aufgabe und vermied eine blößliche Schwäche vor seinen Männern, indem er diese Handlung als planvoll darstellte. Worte vermittelten Kontrolle. Wer sprechen konnte, war nicht sprachlos und gleichsam hilflos. Es waren schnell zusammengesuchte Worte und auch die einzigen, die noch Bedeutung haben konnte, wiel er das Wort Liebe noch verstand, da er es durch Luna im Verständnis erlernt hatte. Widersprüchliche Dunkelheit umgab beide Seelen schützend, als die starken Arme Morrigan hielten und eine seltsame Bindung sich zeigte. Was ging hier vor sich? Die Prätorianer.

    Leben war nur ein leerer Traum. Verus konnte sich nicht in jene Realität zurückfinden, die er zurückgelassen hatte. Diese Stadt erschien ihm unschlüssig und unzugänglich. Die Kräfte des Widerspruchs zogen an seinem Gemüt, das in ständigen Zweikampf stand. Rom hatte ihn wahnsinnig gemacht. Nicht im Sinne eines Irren, sondern im Sinne eines Verlorenen. Nichts passte mehr zusammen. Diese sogenannte zivile Gesellschaft behagte Verus nicht, da er sie aus dieser Position nicht kontrollieren konnte. Sein Soldatenleben war geregelt, kontrollierbar aber diese Welt außerhalb seiner Akten und Befehle war zu chaotisch. Ihm wurde umso mehr bewusst, wie sehr er Kontrolle brauchte, um diesen leeren Traum mit Zweck zu füllen. Die Legionen hatten ihm seine Seele gestohlen und er war längst abhängig von dieser Struktur, die ihm einst so viel genommen hatte. Nur der Dienst gab ihm Sicherheit, da er diesen Teufel kannte. Man ertrug einen bekannten Teufel besser als einen unbekannten Teufel. Nein, nicht Ruhm oder Preise lockten ihn, sondern schlicht Kontrolle. Er wollte wieder Kontrolle über das gewinnen, was er verloren hatte. Doch kannte er nicht ganz benennen, was er verloren hatte. Verus jagte alten Idealen nach, obwohl er sie jeden Tag brach. Er wollte diese Sklavin nicht aber im Zuge seiner Machtposition konnte er auch nicht weichen. Nicht aufgeben. Was er einmal begann, beendete er meistens mit einer beharrlichen Brutalität. Dieser Mann endete nicht einfach mit den Dingen, sondern wuchs an ihnen; doch war dieses Wachstum eher die Geburt eines neuen Ungeheuers. Rom brauchte seine Bestien, seine Schlachtenlenker und Teufel, damit es atmen und leben konnte. Roms Leben war geboren aus Krieg und Gewalt. Verus verkörperte nur zu gut, diese kalte Gewalt in seinem markanten Gesicht und seinem gestählten Körper. Schwäche dürfte nicht existieren. Und diese Definition oblag nicht einer Person, sondern einem Kollektiv aus faschistoiden Wahnvorstellungen von Größe, Macht und Stärke. Ein Imperium war im Herzen leer, wie seine Augen. Doch Verus hatte Schwäche. Er war schwach in seinem Herzen. Dort war er noch Mensch und zögerte. Er zögerte und haderte mit seinen Aufgaben, die nur mit Mühen und Wein zu ertragen waren. Nicht einmal die Zeit machte es leichter, sondern nur erträglicher. Jeder Klingenstoß, jede Gewalttat und Niedertracht dieses Staates lag in seinen Händen und machte diese Hände schwer. Blut ließ sich nicht gut abwaschen.


    Verus reagierte mit langsamer Reaktion auf ihr "Hampf" und stellte seinen Blick zur Seite ab, wie befohlen durch einen Ranghöheren. Zeigte sie einen Schwächeanfall? Was war hier los? Hatte er sie enttäuscht und verraten? Zweifel keimten, wie bittere Blumen in seinem verwirrenden Geist. Panik machte sich breit, bevor er wirklich ein neues Gebot abgeben konnte. Luna brach zusammen. Seine Welt erlitt ein Erdbeben. Nicht einmal seine persönliche Macht konnte die Sorgen abwehren, die er nun hatte. Rom sollte fallen aber niemals seine Luna; die ewig Geliebte seiner Hoffnung. Mit seinen kriegsgelittenen Armen fing er sie auf und hob sie sogar in der selben Bewegung an, so dass er sie nun auf seinen Armen trug. Er wollte mit ihr flüchten. Wirklich flüchten. Sie brauchte Ruhe und einen Medicus. Ja, einen Arzt. Verus reagierte, wie einst, und errettete sie mit blindem Eifer aus Not. Mit festen Schritten entfernte er sich in Richtung seines Stammsitzes. Es war klar, dass er nicht mehr bieten würde. Dennoch war es wichtig, dass er nicht mit der Schande der Prellerei ging. "Es hat Tiberius Verus geboten. Wohnhaft in der Villa Tiberia. Bei Zuschlag bitte Ware gegen Aufpreis des Transportes zustellen," rief er dem Sklavenhalter im Gehen zu. Er hoffte darauf, dass dieser Mann die Notlage verstehen würde.

    Es gibt sogar eine interessante These, dass die Prätorianer durch ihre "Niedertracht" sogar in Teilen für den späteren Fall von Rom (Westrom) verantwortlich waren, weil sie jenes Klima der Angst geschaffen hatten und in Rom selbst eine Kultur der Abhängigkeiten bestand. Nicht ohne Grund löste Konstantin die Garde auf, auch weil sie Maxentius gestützt hatte. Jedoch fehlte ohne die Infrastruktur der Garde eine entsprechende Stabilität innerhalb der Urbs. Ein Machtvakuum entstand, welches Konstantin nur mäßig füllte, da er sich auf sein Byzantium stützte. Seine neue Kaiserstadt.

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    Original von Marcus Decimus Livianus


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    Der Sklave hinter der Tür und zuckte zusammen, als derart laut gegen die Türe der Casa Decima geklopft wurde, wie es bisher äußerst selten vorgekommen war. Verdutzt öffnete er die Türe uns sah sich einigen nicht wirklich freundlich aussehenden Männern gegenüber. Sie von Weiten schon derart nach Problemen aus, dass der Sklave im ersten Moment an einen Überfall dachte. Dennoch fragte er sichtlich verunsichert nach. "Was wünschen die Herren?"


    Verus versuchte ein freundliches Gesicht zu machen aber scheiterte. Man bekam den Soldatenausdruck einfach nicht aus seinem starren Gesicht. Die leeren Augen starrten in die Richtung des Sklaven. "Wir sind im Auftrage des Kaisers hier," sagte der Trecenarius und machte eine Handgeste, um auf seine Mitstreiter zu zeigen. Verus wollte sich als Gruppe verstanden wissen und seine Leibwächter gehörten dazu. "Wir müssen mit Consular Decimus Livianus sprechen. Dringend," forderte seine Stimme ruhig.

    Es war getan. Endlich. Diese Zusammenarbeit konnte beginnen. Oder zumindest starten. Einen wirklich netten Beginn musste diese Arbeit erst finden. Verus deutete mit einer kreisenden Bewegung seines Zeigefingers an, dass man abrücken konnte. Prätorianer eilten mit geordneten Schritten heran und begannen Spuren zu beseitigen und Beweismittel mitzunehmen, wie das Tuch oder die abgeschnittenen Haare. Man wischte sogar den Boden, damit man das Haus sauber hinterließ. Man war fleißig und vornehm. "Gut," antwortete Verus und verlor das kalte Lächeln wieder und das maskenhafte Gesicht aus fleischlichem Eisen kehrte ein. "Du wirst dich in Rom aufhalten und auf eine Einladung warten. Wenn wir außerhalb dessen, etwas von dir wollen, melden wir uns," sagte der Trecenarius, während er sich bereits zur Tür begab. Für diesen Tag war seine Arbeit wirklich beendet und er freute sich auf ein warmes Bad, da seine Kriegsverletzung wieder schmerzte. Dieses verdammte Ding sorgte stets für Unmut, da es sich sehr drastisch in den Vordergrund spielte. Für Verus war dieser Tag überaus erfolgreich. Eine Verdächtige weniger, eine neue Agentin gewonnen und eine erweiterte Beeinflussung der Kommission durch Fernsteuerung war durchaus gelungen. Der Trecenarius begann seine Arbet zu schätzen aber nicht in dem Umfang, wie es ein Normalbürger tat. Spaß und Freude erlebte man in diesem Geschäft niemals. Auch Verus fühlte selten Freude, sondern eher Erleichterung. Es war gut, wenn ein Tag ohne Tod oder übermäßige Gewalt enden konnte. Sergia Fausta hatte sich gerettet und somit war auch Verus wirklich erleichtert. Er tötete so ungerne. Das war der schmutzige Teil seiner Arbeit. "Vale," verabschiedete sich Verus und ließ seine Männer vorerst zurück, die ihren Arbeiten erledigten. Sergia Fausta würde bald wieder allein sein. Leichtfüßig war der Trecenarius entschwunden, so als ob nichts gewesen wäre.

    Verus ignorierte die Kaiserin. Wenn er sie sehen wollte, konnte er sie einfach besuchen. Nicht, dass es dort eine amouröse Beziehung gab aber er als Trecenarius hatte uneingeschränkten Zugang zum Kaiserhaus. Immerhin war er für ihren Schutz verantwortlich, so dass der Besuch der Augusta ihn nicht umwarf oder überraschte. Denn er hatte die Dienstpläne für ihre Leibwache erstellt. Sein Blick galt nun Thula. Seine erhärteten Gesichtszüge lösten sich wieder und gaben wieder so etwas, wie ein menschliches Gesicht frei. Dennoch blieb dieser militärische Anstrich mit der Narbe und den harten Gesichtskanten. Die elegant-kalten Augen hatten sich für einen Moment vollständig von Luna gelöst, um der Amnesie entgegen zu wirken. Worauf hatte er geboten? Sie wirkt nicht sonderlich nützlich. Auch eher borstig; widerborstig. Verus war sich unsicher, was gerade geschehen war aber da er ungerne erkämpfte Position aufgab, überlegte er angestrengt. Er wollte seiner Luna nicht wehtun aber auch nicht zurückweichen, da er ansonsten als schwach oder erbärmlich galten konnte, wenn er nun diese Summe nicht erhöhte. Immerhin hatte er einen Ruf zu verteidigen. Ein Tiberius gab nicht auf. Verus hatte niemals aufgegeben und stets seinen Weg fortgesetzt. Trotzdessen war da dieses Gefühl, sich ohne wirklichen Wunsch verrannt zu haben. Die Amnesie gab Brocken frei. Er erinnerte sich. Eigentlich war er für eine operativen Einsatz hier und war irgendwie in diesen Mist hier geraten und hatte Luna verängstigt. Er schämte sich aber konnte dies nicht zeigen, da ihm derzeit das gesichtliche Arsenal fehlte, um dieses Gefühl auszudrücken. Die Legionen hatten gute Arbeit geleistet, indem sie ihn zu allerhand Gemetzel und Brutalität geführt hatten. Es machte menschliche Gefühlsregungen schwieriger, wenn man knietief in Blut und Schlamm gestanden hatte. Verus kratzte sich über seinen militärischen Bürstenkopf, während er seine Gedanken zusammensetzte. Nun war es ohnehin zu spät. Kleinlauter rief er dem Sklavenhändler eine neue Summe zu: "2500!" Vielleicht war diese Sklavin ja doch nützlich und er hatte es einfach nur überhört. Luna konnte jede helfende Hand gebrauchen, da ihr Haushalt noch sehr klein war. Der Meuchel-Chef nahm die Hand von seinem Schädel, während seine andere Hand, sich fest an Lunas schmiegte. Jetzt mussten sie es gemeinsam überleben.

    Verus verspürte eine gewisse Genugtuung darin, dass er sich nun endlich offenbaren konnte. Nach all der Zeit konnte er die Wahrheit über diesen unsäglichen Zustand in Germanien aussprechen. Dieser Tiberius war gedemütigt worden. Indem man ihn verhöhnte und sein Opfer reduzierte, verspielte man auch jegliche Loyalität. Der Legatus hatte nicht mehr seine Loyalität, so dass dieser Schritt nun leicht fiel; auch wenn Verus diesen nicht ohne Aufforderung gegangen wäre. Es hatte immer einen unschönen Beigeschmack aber nach alldem, was er bereits für Rom getan hatte, war dieser persönliche Schritt recht einfach zu gehen. Die Kaiserin zeigte eine emotionale Reaktion, was Verus dankend aufnahm. "Ich führte eine Einheit ins Barbaricum, um römisches Recht in ein grenznahes Dorf zu bringen. Es wurden beständige Überfälle auf die Grenze von diesem Dorf ausgehend vermutet. Als Statorum war es meine Pflicht, diese Region zu befrieden. Das Dorf verweigerte eine friedliche Kooperation und überfiel uns innerhalb ihres Dorfes. Ein blutiger Kampf entstand. Ich konnte eine erste Abwehr organisieren aber stellte fest, dass die Zahlen und örtliche Gegebenheit gegen uns sprachen. Ein schneller Rückzug musste durchgesetzt werden. Der blutige Kampf forderte Opfer und bis heute trage ich Spuren dieses Gefechtes. Um den Rückzug der Überlebenden zu sichern, war ich bereit alleine gegen die Barbaren anzutreten und ihren Angriff zu verlangsamen, damit meine Soldaten in Richtung Kastell entkommen konnten," berichtete Verus mit schweren Worten, die jedoch militärisch diszipliniert aneinander gereiht wurden. Die Erinnerung war wieder präsent und ließ ihn schwer atmen.


    Verus erschien es sinnvoll die Hintergründe zu schildern, so dass er deutlich mehr ausholte, als üblich.


    "Meine Männer zogen sich zurück. Ich hingegen hielt meine Stellung und griff in Verzweifelung die feindlichen Reihen an. Ich weiß nicht, wie viele Feinde ich niederstrecken konnte aber am Ende stand ich dem Anführer alleine gegenüber, umschlossen von gröhlenden Germanen, die eine Art Arenakampf planten oder im Sinn hatten," erinnerte sich der Trecenarius und seine Augen gewannen an Trauer und Leid. "Dieser Kampf verlangte mir meine letzten Kräfte ab. Ich war bereits verwundet und hielt mich nur Dank meines festen Glaubens aufrecht, dass ich meine Einheit geehrt hatte. Und den Namen meines Hauses. Ich sah mein Leben zerfallen," sagte Verus und musste mit unruhiger Macht seine eigenen Tränen verhindern.


    "Entschuldigung. Ich schweife ab," fasste sich der Soldat wieder und unterließ weitere Ausführungen zur Vorgeschichte. Auch um Luna zu schützen und ferner nicht jene Erinnerung herauf zu beschwören, was er Luna antun musste. "Ich springe nun direkt zum schmachvollen Vorfall, Augusta. Entsprechende weitere Details kannst du den Berichten entnehmen. Auch über eine bekannte Seherin und die Folgen des Einsatzes," fügte er an und zeigte der Kaiserin damit, dass sie sich sehr wohl informieren konnte. Auch über die brutale Versklavung, die er auch auf Befehl ausführte. Der Dienst hatte diesem Mann viel abverlangt. Dennoch war er jetzt nicht bereit, alle bösen Geister zu wecken.


    "Duccius Vala, Legatus Augusti, bestellte mich zum Bericht ein. Der Stab der Legion war ebenfalls anwesend. Der Duccius schien uninteressiert über die Grenzvorfälle und die Leistungen meiner Soldaten. Er redete nicht wirklich mit mir und als er schließlich mit mir sprach, verhöhnte er meine Einheit und mich. Er war eher teilnahmlos über die Germanen, sondern zeigte sich viel mehr zornig über meinen Einsatz gegen das Barbaricum. Er scherzte zynisch und drohte mit einem Münzwurf über mein Leben. Eine Auszeichnung meiner Person schlug er aus und reduzierte die übliche Auszeichnung für die Centurie erheblich. Erst auf Einlenken des Praefectus Castrorum zeigte er sich bereit, zumindest die Einheit und mich rudimentär zu ehren aber ließ keinen Zweifel daran, dass er dies nur tat, um seinem Präfekten einen Gefallen zutun. Diese Schande wurde in der Legion nicht gut aufgenommen, da der Legatus an anderer Stelle überaus großzügig schien. Mein Bericht wurde abgetan und der Duccius zeigte sich überaus selbstherrlich. Ich habe diese Auszeichnung nicht verlangt. Dennoch ist es üblich, dass man die Einheit und somit die Gefallenen ehrt. Er tat nicht nur mir Schande an, sondern auch der kämpfenden Truppe. Dieser Vorfall verletzte meine Ehre, da ich ohne zu Zögern bereit war, mein Leben zu geben. Ein Mensch, der seine Soldaten derartig behandelt, verdient kein Kommando. Ehre und Disziplin sind der Kernschlüssel der römischen Militärmacht."


    Verus nickte der Kaiserin mit verkniffenen Augen zu. Der alte Zorn war wieder da. Immerhin hatte Vala überaus Anteil daran, dass dieser Kampfeinsatz ein besonderer Horror geworden war. Nicht einmal eine echte Ehrung konnte ein Kommandeur für all das Leid aufbieten. Nicht, dass diese Ehrung das Leid gelindert hätte aber sie hätte zumindest Wertschätzung ausgedrückt und um die Sache zu verschlimmern, denn die reduzierte Auszeichnung war eine permanente Schande auf der Rüstung des Soldaten. Der Legatus hatte Verus dauerhaft beschämt. Noch immer tat Verus alles nach Pflicht und war gelebter Gehorsam, so dass dieser Akt nun ungewöhnlich für seine Position war. Aber auch der tapfere Soldat hatte - trotz seiner Taten - einen letzten Rest Stolz und Würde.

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    Original von Luna
    Sie konnte es natürlich in seinen Augen sehen, das er sich veränderte. Nein eigentlich nicht veränderte. Er blieb das was er war. Sie waren hier nicht in ihrem Heim. Sie waren hier auf dem Markt mitten in Rom und Verus verfiel wieder in seine Rolle. Die Luna inzwischen nur allzu bekannt war. Bei allen Göttern er schaltete gerade in den Soldatenmodus. Wie sollte sie ihn hier da rausbekommen. Auf den Fuß latschen? Nein kein guter Plan, so wie er jetzt gerade drauf war, würde sie sich eine fangen, ganz sicher. Er unterschied gerade nicht zwischen Freund und Feind. Was also konnte sie tun? Fieberhaft überlegte sie.
    Sie wusste, das er gerade wissen musste das sie zu ihm hielt. Sie sah ihn an, ihre Hand hielt die Seine und sie drückte sie leicht aber liebevoll. Sie strich mit ihrem Daumen über seinen Handrücken, damit er sich ihrer bewusste wurde und auch spürte, dass sie bei ihm war und vor allem, dass sie für ihn da war. „Verus?“ flüsterte sie leise und blickte ihm tief in die Augen.


    Verus spürte ihre sanfte Berührung. Er nahm sie wahr aber konnte nicht mehr reagieren. Zu groß war die kalte Wut in seinen Adern. Zu wild brannte das Feuer des Krieges in seinem Verstand, welches Konflikt suchte. Verus konnte nicht entkommen, auch wenn er es sich wünschte. Sein Gesicht erhärtete sich und die Augen schrien seinen traurigen Wahnsinn in die Welt. Dieser Mann kannte den Krieg. Dieser soldatische Blick zerschlug die zivile Atmosphäre, die ihn hätte umgeben können. "2300," schrie der Mann, so als ob er seine Truppe zusammenschreien musste, die einen Fehler begangen hatte. Dabei flogen ein paar Speicheltropfen aus seinem Mund in Richtung der Bühne. Nein, er blickte Luna noch nicht an aber tat es direkt im Anschluss daran. Sein Herz raste und Schweißperlen sammelten sich auf seiner Stirn. Diese Angst war wieder da. Diese Furcht. Ihr Anblick beruhigte die Kriegsbestie, deren Waffen hunderte Seelen in Feldzügen dahingerafft hatte. Luna schaffte es durch die Berührung, den Menschen wieder zu finden; wenn auch deutlich zeitversetzt. Sie hielt seine Hand und das gab ihm genügend Kraft den Teufel des Krieges mit starken Atemzügen zu vertreiben. Die Ängste zerbrachen in ihren Augen. Verus fixierte seine Luna und sein Gesicht verlor wieder an Härte. Seine Augen waren durchzogen von diesem traurigen Spuk, da sie inzwischen glasig waren und sich in ihrer Trauer allein Luna anvertrauten. "Luna", antwortete Verus dann deutlich leiser und sein soldatisches Gehabe war eingebrochen, wie seine aufgebaute Körperhaltung. Verus kämpfte nicht mehr, sondern fand Schande, so dass er seinen Blick nicht vollständig auf Luna halten konnte. Seine Augen zuckten vorsichtig zur Seite. Worauf hatte er eigentlich geboten? Er fühlte eine gewisse Amnesie.

    Plato saß auf seinem gewohnten Platz. Er trank entspannt seinen verdünnten Wein aus dem einfachen Tonbecher, während er genüsslich eine Schriftrolle mit Lyrik studierte. Er mochte diese alten Gedichte einfach. Urplötzlich tauchte sein neuer Handlanger auf, der sich mit seiner Suppe, direkt neben ihn setzte. Plato reagierte nicht sofort aber legte dann doch die Schriftrolle zur Seite, indem er sie geschickt zusammenrollte. "Aha," machte der Altgediente und klopfte mit seinem Zeigefinger zwei mal auf den Tisch. "Man kann auch Grüßen," meinte er und schien nicht begeistert aber er war Profi genug, um zu wissen, dass dieser Schlag von Menschen wenig sozial war. Die Bedienung brachte eine Pastete, die recht groß war und stellte sie vor Alb ab. "Du hast alles erledigt. Wir wissen davon," sagte Plato und deutete auf diese sehr gut gebräunte Teigware. "Deine Pastete," erklärte der Prätorianervermittler. "Deine Überraschung," betonte Plato deutlich. Im Inneren würde Alb einen Beutel mit einer üppigen Summe an einigen Goldmünzen finden, die eine hohe Summe wert waren. Sofern er den Teig mit einem Löffel aufbrechen würde. Plato vertraute darauf, dass Alb klug genug war, den Beutel nicht direkt heraus zu reißen, sondern die Pastete dezent zu essen und dann die Reste mitzunehmen; mitsamt dem Beutel. Eine Straßenecke bot sich an, um den Beutel tatsächlich vom Teig zu befreien. Nicht hier.


    Sim-Off:

    *WiSim an Vulpis Lupus

    Verus lachte bitter-salzig auf. "Du hast dir selbst gedient," spuckte der biedere Prätorianer aus seinem Mund und blickte dann mit seinen glasigen Augen auf diese Frau herab. Ihm war nicht entgangen, dass sie einen gewissen Stolz besaß aber Stolz kümmerte ihn nicht. Sofern er diesen nicht zum eigenen oder zum Vorteil der Prätorianer nutzen konnte. "Deine Ämter sind uns bekannt," erklärte der Trecenarius erneut, um ihr klarzumachen, dass ihre Position längst durchleuchtet war. Verus zeigte sich enttäuscht, dass sie erneut in alte Muster fiel. Scheinbar war seine Arbeit nicht erfolgreich gewesen. Der Prätorianer-Chefmeuchler zögerte kurz, um dann tief Luft zu holen. Endlich endete ihre selbstbeweihräuchernde Erklärung. Diese Frau war lästig aber leider nützlich. Ihre Arroganz und ihr Stolz schienen grenzenlos, wenn sie jetzt noch den Mut für solche Worte gefunden hatte. "Eine Bitte für die Zukunft," leitete Verus nüchtern ein. "Lass' diesen arroganten Scheiß weg," wurde er deutlich. "Wir brauchen deine Titel nicht, denn bei uns zählen andere Dinge." In der Tat waren den Speculatores andere Dinge deutlich wichtiger: Kontrolle. Und solange Sergia Fausta sich nicht vollens unterwarf, gab es gewisse Defizite. "Wir brauchen deine wirklichen Fähigkeiten und deinen Namen," sagte Verus mit einem gewissen Hintergrundwissen, was man wirklich für sie geplant hatte. Zwar hatten sich gerade andere gröbere Pläne zerschlagen aber er als nun erfahrener Trecenarius hatte stets einen Nutzen für Personen. "Danke," ließ er tatsächlich ein höfliches Wort zu und strich genügsam über seinen eigenen Nacken, bevor er diese Bewegung abbrach. "Wenn du uns gut dienst, wirst du unschuldig sein. Ansonsten stirbst du," sprach der Mann kaltherzig und zeigte dabei kaum eine emotionale Höhe. Für ihn war die Welt so einfach. Man diente oder starb. So hatte er es bei der Legion gelernt und setzte diese harte Disziplin nun fort. "Gut," jappste der Prätorianer, der nun wirklich einen wachsenden Durst verspürte. Er hatte heute wieder sehr viel geredet und sich sehr verausgabt. "Es gibt Regeln," begann Verus mit der Erziehung seiner neuen Agentin. "Du handelst nicht gegen uns. Du wirst unsere Anweisungen umsetzen. Du wirst Stillschweigen bewahren. Du wirst ohne Zögern handeln. Und du wirst alle Aktivitäten einstellen, die uns, Rom oder dem Kaiser schaden," folgte die Erläuterung der offensichtlichen Regeln. "Wenn du die Regeln brichst, wirst du sterben und mit dir alle, die du kennst und vielleicht sogar liebst. Dein Name wird vergessen und alles ausgelöscht, was du einst warst," drohte der Trecenarius erneut ohne wirkliche Regung im Gesicht. "Für deine Arbeit wirst du entsprechend üppig entlohnt und deine Treue soll nicht nur durch das Geld gesichert sein, sondern auch durch Geschenke. Zuwendungen besonderer Leistungen, die wir dir gerne anbieten," fügte er an und ging damit zur Entlohnung über, wenn sie entsprechende Regeln einhielt und folgsam war. "Auch erhälst du unseren Schutz, sofern du Gewähr bietest." Eine kleine Einschränkung, da der Schutz der Prätorianer auch Überwachung war. "Du wirst uns Informationen beschaffen. Viele Informationen und uns helfen, die Christen zu verfolgen," wurde Verus nun deutlicher und betonte das Wort "verfolgen" besonders, da es für ihn nun mal die Wahrheit war. Man verfolgte etwas - also warum sollte man dies verschweigen? Das war nun mal die Arbeit. "Darüber hinaus wirst du bald beim Konsul Claudius aussagen. Du wirst unsere Aussage vertreten, die wir dir gerne vergolden." Und somit ging das Geschäft handelsüblich weiter. Verus musste schlicht seine Pflicht tun und war erleichtert, dass er heute kein Blut vergießen musste. Mit der Ausnahme von Schweineblut. "Du wirst in Rom Gerüchte verbreiten. Du wirst Christen benennen, die wir dir vorgeben. Und du wirst hetzen. Immer wieder gegen Christen hetzen. Auf deinen Feiern. Bei deinen Freunden und auch vorallem wirst du uns alles berichten, was man dir zuträgt. Alles," forderte Verus nun einer gewissen Bösartigkeit in der Stimme, da diese Sätze nie ganz ohne diese Fantasie auskamen.

    Auf die Befehlsgeste hin, stand Verus folgsam auf und stellte seinen Becher ab. Er folgte dem Blick seiner Kaiserin und blickte somit gleichsam auf die nahezu friedliche Stadt. Doch wusste der Trecenarius, das diese Stadt sicherlich niemals friedlich war. "Rom wird nicht mehr schwach sein. Das kann ich versichern. Ich trage Sorge dafür," erklärte der Prätorianer mit überzeugter Stimme. Denn Verus wusste um die neuen Umstände und seine eigene Arbeit. An seinen Händen klebte bereits eine große Menge Blut. Seine Arbeit endete niemals aber er trat an, sie zumindest insoweit zu reduzieren, dass sein imaginäres Rom einen Nutzen davon ziehen konnte. Wenn auch er selbst festlegte, was dieser Nutzen war. Sicherheit und eine gewisse Stabilität waren sicherlich Ziele des Trecenarius, der seiner Pflicht alle Mittel unterordnete.


    Im Zweifel würde er ganze Städte niederreißen, nur um diese Aufgabe tapfer erfüllen zu können. Wenn man soweit gegangen war, wie er es war, waren die Wahl der Mittel beliebig und nicht mehr gebunden durch eine sachfremde Moral. Verus kannte nur seine Sachzwänge, die wirklich festlegten, was notwendig war und was eben nicht notwendig war. Ein Albtraum für jeden träumerischen Philosophen und Politiker, der wirklich an Gefühlswerte und Ideale glaubte. Verus hatte keine gelebten Ideale mehr, sondern war schlicht Maschine eines gottgleichen Auftrages. Die Kaiserin schien dies zu verstehen und gab durch wenig versteckte Worte zu, was sie sich vom Trecenarius wünschte. "Rom wird obsiegen. Es tat es immer und solange Männer im guten Glauben handeln, werden diese Kräfte niemals gewinnen. Sie werden niemals gewinnen," versicherte Verus und blickte ebenso wenig zur Kaiserin. Weiterhin lag sein BLick auf der Stadt, die diese Grausamkeiten von ihm verlangte. Die gewünschte Pflicht, die die Augusta ihm auferlegte, ergänzte nur jene Grausamkeiten mit einer offenen Absolution durch eine Mutter. "Ich kann dir bereits jetzt versichern, dass wir unsere Arbeit aufgenommen haben und du zeitnah erfahren wirst, dass Rom wieder sicherer ist," meinte der Trecenarius vielsagend aber es war jedem Fachmann und auch jeder Fachfrau klar, was damit gemeint war. Die Prätorianer handelten in wahnhafter Regie, die bereits erste Ziele erfolgreich vollführen konnte. Rom blutete nicht mehr in großen Quellen, sondern nur noch in kleinen Gewässern. Der Trecenarius verstand sein Handwerk; besser als sein Vorgänger.


    "Dein Sohn wird in einem stabilen Rom aufwachsen," schränkte Verus jedoch die Hoffnungen der Kaiserin ein wenig ein. Denn in Wahrheit wusste der Tiberius um den Umstand, dass es absolute Sicherheit und vollständige Treue niemals gegeben hatte. Alles war ein stetes Spiel um Kontrolle und Macht. Man musste ständig die Faktoren der Umstände beeinflussen, damit das gesamte System nicht außer Kontrolle geriet. Dies war die Kernaufgabe der Prätorianer. Die Kontrolle über die Gesellschaft zu erhalten, damit der Kaiser herrschen konnte oder zumindest in seiner Herrschaft agieren konnte. Erst jetzt wandte er sich auch der Kaiserin zu, um ihrem Blick stand zu halten. Er brach nicht ein und wich nicht zurück. Als Soldat der vielen Schlachtfelder würde er keine Angst zeigen oder Unruhe. Verus war kalte Berechnung. Und seine Augen zeigten genau diese Leere. Eine traurige Leere, die alles erdulden konnte und schon erduldet hatte. Seine Dunkelheit war ein Ozean. "Das Reich der Parther? Ein ständiger Feind." Verus war nun doch skeptisch, dass er wirklich eine Einheit entsenden sollte. Nun wurde ihm klar, warum die Kaiserin ihn in Wahrheit einbestellt hatte. Eine kleine Thronfolge-Streitigkeit entsponn sich vor Verus, der natürlich die Worte der Augusta bewerten konnte.


    Natürlich würde er sie damit nicht konfrontieren aber durch die Zweitgeburt des Sohnes, stand der Erstgeborene des Kaisers, jener Caeser in der Hierachie höher und somit war sie als Mutter beschränkt, denn ohne eine direkte Nachfolgeregelung für ihren Sohn lief sie selbst Gefahr, vom Caesar beseitigt zu werden, sobald sich Gelegenheit ergab. Interessanterweise war die Augusta auf den Trecenarius zugekommen, bevor es der Caesar getan hatte. Somit war die Loyalität bereits zu vergeben und Verus vergab seine Loyalität gerade an die Kaiserin, da ihm ein stabiles Rom wichtiger war, als die Fantasie eines Caesars. Die politische Situation am Hofe war bekannt, zumindest ihm und seinem Stab. Die Worte flüsterten oft behände. Schließlich stellte die Kaiserin sogar klar, dass es genau um diese Sache ging, da sie verlangte, dass diese Informationen nur an sie weitergeben werden sollten. Eine offenbarte Intrige. Verus war unsicher im Umgang mit dieser Intrige. Nicht weil er Intrigen nicht beherrschte, sondern weil er durch diese Tätigkeit zumindest in Teilen eidbrüchig wurde. Seine primärer Gehorsam galt dem Augustus als Imperator. Doch durch seine Arbeit war er längst den Maßstäben klassischer Treue entwachsen. Treue war stets die Wahl eines besseren Umstandes. Man war treu entweder aus naiver Dummheit oder sachlicher Erwägung. Verus erwägte stets sachlich seine Pflichten, die in erster Linie Rom galten und auch der Kaiser war nur eine Spielfigur in der großen Sache Imperium Romanum. Die Prätorianer folgten einem eigenen Kodex: Stabilität. Sie versucherten das Reich und ihre eigene Position darin zu sichern. Verus war da nicht geringer als dies. Wenn Rom fallen würde, würden auch sie fallen. So eng waren die Linien zwischen Rom und ihnen. Sie marschierten nicht für Namen, sondern für Macht.


    Das hatte Verus längst begriffen. Anders als andere Legionäre lernte Verus seine eigene Position zu bewerten- und gerade jetzt begriff der Prätorianer, dass Rom auch in der Führung geführt werden musste. Der Einfluss auf die Augusta, wenn er diese Sache erledigen würde, wäre immens, da sie ihm und somit den Prätorianern zur Abhängigkeit verpflichtet wäre. "Ich verstehe," war die vorsichtige Auskunft einer angedeuteten Treue gegenüber der Kaiserin. Noch wollte er sich nicht festlegen. Sie sprach nun von Mitteln, die sie bereitstellen wollte. Eine verdeckte Bestechung und eine übliche Sache in seinen Kreisen. Die Prätorianer bezahle man üppig, um ihre Treue sachlich zu erzwingen. Diese mal geheimen und mal offenen Donativa durch die Herrschaft waren üblich. Keine Regung zeigte sich in seinem Gesicht. Nicht mal ein Wimpernschlag. Verus strahlte eiserne Disziplin aus, da er sich nun wieder in seinem Geschäftsfeld befand. Hier ging es um sachliche Entscheidungen und nicht um Emotionen; also blendete Verus diese in fester Absicht aus. Sie behinderten nur und schmerzten. Nun wurde die Augusta noch deutlicher und gab mittelbar zu, was sie erwartete und erkaufte in dieser Sekunde die Treue eines Mannes. Nicht durch ihr Herz, sondern schlicht durch einen neuen Umstand. Sie kannte seine verdammte Situation, die verflucht schien. Endlich gab ihm jemand Hoffnung, dass Rom ihn nicht vergessen hatte. Es war in gewisserweise Zahltag. Doch Verus kümmerte die Summe wenig, sondern die Geste erfüllte ihn mit Dankbarkeit, welche die Treue schmiedete, die er nun zum Ausdruck brachte. Er folgte dem Fingerzeig und blickte ernstlich auf die Truhen. "In der Tat," kommentierte der Trecenarius nüchtern aber zeigte damit, dass er dieses Donativum annahm und sicherlich verwenden würde. "Unabhängigkeit ist wichtig in meiner Pflicht," antwortete er noch und blickte dann wieder zur Kaiserin, der er dankbar ein einfaches Nicken schenkte. Eine offenbarende Geste, dass der Trecenarius galant folgen würde. Ihr Wunsch würde umgesetzt werden.


    "Ich habe mein ganzes Leben für Rom gekämpft. Einst nahm mir Salinator meinen Stammsitz. Ich trat in die Legionen ein. Ich kämpfte in Dakien, kämpfte in Germanien und überlebte. Doch stets war mein Dienst mit all seinen Entbehrungen Rom gewidmet. Rom ist immer das Leben eines guten Mannes wert. Dennoch war ich einst nicht bereit meine Männer zu opfern, die hinter feindlichen Linien mit mir verdammt schienen. Ich war bereit mich zu opfern, um sie zu retten. Ich war stets zu jedem Opfer bereit aber in erster Linie trage ich diese Opfer. Wenn Rom meinen Tod fordert, dann ist dies so," erzählte er stark verkürzt seine militärische Lebensgeschichte und wollte ihr damit auch versichern, dass Verus stets ausführte, was man ihm auftrug und das er nicht weichen würde. Verus war nun mal gebrochen und das einzige, was ihn zusammenhielt, war diese verteufelte Idee von Rom. Er musste davon ausgehen, dass die Kaiserin seine militärische Laufbahn kannte, wenn sie ihn so konkret danach fragte. "Ich möchte dich nicht mit meiner Leidensgeschichte langweilen, Augusta. Ich diene schweigsam und geduldsam. Selbst die Schmach einer herabwürdigenden Behandlung durch den Legatus in Germanien habe ich erduldet. Frage nicht, was Rom für dich tun kann, sondern was du für Rom tun kannst," sagte Verus noch und konnte seine Abneigung gegen diesen einstigen Legatus (Duccius Vala) nicht verbergen, der ihn als kriegserfahrenen Centurio mit schlechtem Humor und falscher Arglist vorgeführt hatte. Dennoch Verus zerrüttetes Seelenheil nicht von Auszeichnungen abhängig aber einem Soldaten eine Achtung zu verweigern, ja, genau dies hatte ihn wahrlich verletzt. Bis zu diesem Tag. Kurz zuckten seine Augenlider beim Gedanken an diesen Duccius. Gleichsam erinnerte ihn das daran, diesen neuen Duccius in Rom beobachten zu lassen. Diese germanisch-blütigen war nicht zu trauen. Die Erinnerung an diese Zeit wog schwer auf Verus, der sich beherrschen musste, nicht diesem Trauma nachzugeben. Eine elendige Schande lag auf ihm.

    Der gemeine Feind aller Wahrheit fand sich ein. Verus trat mit seinen beiden handverlesenen Leibwächtern aus seiner Einheit vor die Porta, um dort persönlich mit fester Faust anzuklopfen. Es gab noch eine Sache zu klären, die wichtig war. Sergia Fausta hatte etwas aufgeworfen und vielerlei Fragen befeuert. Im Zuge seiner Pflicht musste er mit einem Wissenden sprechen. Oder zumindest sollte er wissend sein.

    Verus tauchte mit seiner faschistischen Attitüde auf, im Geleit von drei stämmigen Soldaten, die in die Zelle mit festen Schritten eindrangen. Kaltherzig folgte Verus ruhiger und blickte diese Sklavin an, die zusammengerollt auf dem Boden lag. Ihre Tränen sah hier niemand. Sie interessierten keinen. Dieser Kerker war eine kalte Hölle, deren Flammen mit fieser Absicht züngelten. Verus hatte gelernt ein Arschloch zu sein. Es war nicht leicht gewesen. Nicht wirklich genau zu benennen aber in ferner Zukunft würde man seine Gattung als Arschloch bezeichnen. Nicht weil er wirklich böse war, sondern weil die Umstände dieses Verhalten erzwangen. Die Welt wurde halt von Ordnungssystemen gemacht und diese waren emotionslos. Alles folgte einer Ordnung und die Einzelperson zerbrach darunter. Die Ironie lag darin, dass auch Verus in gewisserweise hier eingesperrt war. Zwei der drei Soldaten packten Morrigan, rissen sie hinauf, um sie erneut in eine Stressposition zu hängen. Ketten verflochten sich um ihre Gelenke, während der dritte Mann die schweren Eisenketten durch den Ring an der Decke zog. Behutsam aber beständig sorgte man für eine unbequeme Haltung, indem man ihren Rücken überstreckte. Verus beobachtete dies wortlos, blickte sie einige Momente lang an und zeigte keinerlei Emotion. Inzwischen hatte er sich an diesen Anblick gewöhnt. Sie war nicht die Erste und würde auch nicht die Letzte sein. Die Handlanger traten zurück, jedoch blieb der Mann an der Kette stehen, um bei Bedarf Morrigan höher zu ziehen oder zu senken. "Gefangene," sagte der Trecenarius endlich aber mit betont ruhiger Stimme. "Magrus hat gesungen," erklärte er und lehnte sich lässig an die aschgraue Wand in der Nähe, um einen gewissen Konflikt im Hause der Claudia vorweg zu proklamieren. Obwohl Magrus nicht wirklich gesungen hatte, man hatte ihn schlicht belauscht und brachte seinen naiven Fehler nun gerne als Gewicht auf diese grausam Waage. "Du hast geplaudert. Du kennst doch deine Pflichten, nicht wahr?" Eine sadistische Formulierung. Notwendig, um diese Aufgabe abzuschließen. Ihm war es egal, was wirklich geschehen war. Es bestand der Verdacht und die Möglichkeit. Dies war in diesem Geschäft ausreichend. Auch musste man den Konsul endlich unter Kontrolle bekommen. Dieser Mann wurde zusehens lästig und mit seinem Schutzgebot für diese selbsterklärte Christin unterlief er jeden Ansatz der Prätorianer. "Es hilft kein Flehen," deutete Verus bitter an und nickte den anderen beiden zu. Dieser verschwanden aus dem Raum, um aus einem Kohlekessel, der im Korridor stand ein heißes Eisen zu holen. Eine Metallstange, an deren Ende das Bestrafungssymbol des Staates prankte. Einer der beiden trug diese glühende Stange, deren Trageende in Stoffe gewickelt war, vorsichtig heran, die rohtglühend glimmte. "Du lebst, um nützlich zu sein. Du bist ein Objekt und wirst dich an deine Rolle erinnern und eine lebendige Botschaft zu sein. Du wirst jedem zeigen, was passiert, wenn man nicht nützlich ist. Du solltest doch tanzen, wenn wir die Musik spielen. Du wirst tanzen, ansonsten trifft es, wie versprochen, diejenigen, die du liebst, die du wertschätzt und auch nur gekannt hast," erklärte der Trecenarius mit einem Seufzer, denn diese Arbeit wurde ihm langsam lästig. Er hatte es einst befürchtet, dass diese Prätorianer-Sache seinen Seelenfrieden arg beeinträchtigen würde. Es war klar, dass er damit nicht nur bestimmte Personen meinte, die man vor der Villa beobachtet hatte. "Du gehörst Rom," sagte Verus und deutete mit einer deutlichen Handbewegung an, das Brandzeichen anzubringen. Der Kettensoldat zog Morrigan noch ein Stück höher, während der Brandzeichensoldat näher trat und der andere freie Soldat, riss ihre Tunika ein Stück herunter, damit das Zeichen gut setzen konnte. Man hielt kurz inne, um auf den letzten Befehl zu warten. "Tut es," sagte Verus mit gelangweilter Stimme und blickte dann von Morrigan weg, als der Soldat das glühende Eisen auf die Schulterfront presste. Es zischte dampfte süßlich und ein dicker Qualm stieg auf.

    Zitat

    Original von Luna
    Luna hatte gerade so gute Laune und wollte gerade den Mann neben sich überbieten und ihm dann auf seine Frage antworten, als sie von Verus beiseite geschoben wurde. Sie musste tatsächlich gegen den Impuls ankämpfen Verus mit ihren Fäusten auf dem Rücken herumzutrommeln. Welche Pferde gingen denn nun mit ihm durch? Natürlich ahnte sie es, er sah an jeder Ecke das Böse. Nun rollte Luna mit den Augen und ein böser, ja ein äußerst böser Blick traf Verus. Nämlich nicht nur, dass er mal eben rüde ihr Gespräch unterbrach, nein nun haute er einfach mal eine Summe raus und machte IHR ja Ihr schönes Spiel zunichte. Sie fand es nämlich gut, dass der Preis nicht in unermessliche Höhen stieg. Das hier war wahrscheinlich so ein Männer Ding. Man musste sich beweise wer der größte und Stärkste war. Ätsch ich habe mehr Geld als du und donnere einen hohen Preis raus, damit es auch der letzte Händler an der hintersten Ecke des Markes hören konnte, ob das den wirklich interessierte. Entsprechend gelaunt fuhr sie Verus patzig an. „Ich glaube kaum, das Titus taub ist. Es sei denn er hat nun nach deiner Brüllerei einen Hörsturz!“ Kaum hatte Verus das gebot erhöh kam auch schon die nächste Antwort und! Was hatte sie gesagt der Preis stieg und zwar gewaltig. Ja die Herren waren von den Göttern mit Kraft und Muskel gesegnet, aber an Hirn fehlte es scheinbar. Denn auch wenn Luna die Sklavin da oben wirklich sympathisch fand, so musste sie ja nicht gleich die gesamte Haushaltskasse dem schmierigen Händler hinwerfen. Aber die Männer mit ihrem Testosteron Ding sahen ja nur MEINS MEINS MEINS! Sie blickte nun fast schon entschuldigend zu Thula. Der Preis würde nun nämlich bald Höhen erreichen, die auch Verus nicht zahlen konnte.


    Jetzt fiel ihm auch noch Luna in den Rücken. Ihr böser Blick traf den wunden Punkt, diese eine Narbe, die nicht heilen konnte und ihn stets daran erinnerte, welches moralische Verbrechen er begangen hatte. Austauschbar war in diesem Augenblick sein Anstand. Der tapfere Soldat brach ein und blickte von Luna weg, um diesem Blick zu entgehen. In dieser Sekunde war die kläglich gescheiterte Blickflucht ein Versuch. Dennoch konnte er nicht aufgeben, denn es war bereits alles schief gegangen. Verletzte Seelen klammerten sich, wie Ertrinkende, an Gedanken und Eindrücke. Sie gingen mit ihrem eigenen Verstand unter und fraßen sich selbst auf, indem sie sich selbst ständig einen Vorwurf machten. Einen Vorwurf, der aus Umständen entstand und nicht weichen konnte. Lunas Augen waren ein bleibender Vorwurf, der ihn in den Wahnsinn trieb. Sie entzog ihm jene Liebe, der so er brauchte, gierig wollte er ihr beweisen, dass er stark genug war. Dieser Irrsinn hatte System. Das Gebot stieg weiter und die beafften Männer stritten höflich aber mit offener Intention um ein Objekt. Auch Verus fand sich auf diesem Affenhügel wieder. Geld spielte keine Rolle in diesem ehrgeizigen Duell der Selbstachtung. Nein, scheinbar waren die beteiligten Männer unfähig zu einer Reflektion und verwarfen jedwede Vernunft, um als falscher Frauenschwarm Erfahrung zu sammeln. Verus war nicht nur paranoider Geheimdienstchef, Kriegsverbrecher und tapferer Soldat aber auch liebender Philosoph, hoffnungsvoller Nihilist und tollpatschiger Narr. Denn für ihn galt der Grundsatz: ein Leben in Narben. Wo andere leichtfüßig durch die Welt fielen, niemals ihre Realität in Frage stellen mussten, war sein Weg stets durchzogen von Zweifeln und Fragen. Der Wahnsinn wuchs und Luna leistete mit ihren Worten einen stolzen Beitrag. Sie fiel ihm in den Rücken. Nicht sie. Dabei wollte er nur diesen Helvetius von ihr fernhalten, nicht weil er ein Mann war, sondern weil er die Amtsgeschäfte in Konfrontation mit seiner Geliebten stellte. Wieder bröckelte das brüchige Fundament eines Soldaten. Er verstand es nicht, dabei gab er sich Mühe, um diese Situation zu deuten. Die Paranoia und geheime Geltungslust trieben diesen Mann erneut zu einem einem lauten Ausruf, weil er einfach keine andere Handlung parat hatte. Nicht einmal Thula konnte etwas dafür. Verus war einfach durch seinen Dienst irre geworden und handelte im Privatleben, wie von einem zynischen Teufel, ferngesteuert. Oft bremste ihn Luna ein, verwaltete seine private Welt mit schöner Absicht aber in dieser Sekunde musste sie eine Niederlage erleben. Verus war in einem Konflikt gefangen; vorallem mit sich selbst. Seine Vernunft machte Schönheitsschlaf, um später erneut zu erwachen. Der Konsular gab auf. Ein gutes Zeichen. Im Wahn seiner kalten Wut: "2100!" Die Zahl plärrte und echote über den Platz. Die Kriegsstimme, die einst Soldaten in die Schlacht geprügelt und Feinde eingeschüchtert hatte. Der Centurio brach ins Privatleben ein.

    Sie alle lebten in einer großen Falle. Verus war längst klar, dass diese Welt nicht durchgehend jene verheißenden Wunder bereithielt, die Erlösung versprechen konnten. Auch Sergia Fausta musste nun lernen, was es bedeutete, dieser antiken Welt ausgesetzt zu sein. Die Prätorianer waren die Macht und sie die Machtlose. Die Prätorianer waren grausam und organisiert; sie hingegen war ehrgeizig aber nicht militärisch organisiert. Sie hatte keine Soldaten. Mitunter hatte sie sich mit den falschen Leuten verbündet, sich bereichern wollen und in dieser Sekunde an ihrem eigenen Ehrgeiz erstickt. Verus wertschätzte dieser Art von Frauen nicht sonderlich, so dass er dieses Theater, zwar mit belastetem Herzen, aber mit gewisser Hingabe fortführen konnte. Ihre Tränen war morbide Bezahlung. Verus verspürte eine sadistische Erleichterung, dass sich diese eine Träne nun echt anfühlte. Nicht, dass er dieses Gefühl wirklich erlauben wollte und ertragen konnte aber es machte sich breit. Er hatte diese Frau endlich an dem Punkt, wo die Prätorianer sie schon lange haben wollten. Dennoch war er erstaunt darüber, dass sie das Angebot schlicht überhörte. Vielleicht war sie zu gefordert und zerstört, dass sie nicht mehr wirklich zuhörte? Es kam häufiger vor, dass die Delinquenten nicht mehr zuhörten und sich schlicht ergaben. Das machte die Sache um einige Punkte leichter aber auch komplexer in der Einleitung einer geplanten Zusammenarbeit. Verus kannte dieses übliche Problem. Denn sie mussten sich klar für die prätoranische Sache entscheiden, ansonsten waren sie nutzlos. Ihre Augen waren geschlossen und sie wiederholte den genannten Namen. "Du hast eine Wahl," sagte Verus laut genug, damit es direkt in ihr Ohr drang. "Entweder du entscheidest dich für uns, arbeitest umfänglich in unserer römischen Sache mit uns zusammen oder du wirst hier einen bedauerlichen Unfall haben," erklärte der Trecenarius nun deutlicher. "Du kannst in Zusammenarbeit mit uns beweisen, dass du unschuldig bist und ein sicheres und langes Leben führen oder du endest traurig und besiegt genau hier," deutete er vor sich auf den Boden. "Menschen sterben leider," fügte er an und leistete sich einen zynischen Schmunzler, der garnicht zu seinen glasigen Augen passen wollte. "Eine Zusammenarbeit soll dein Schaden nicht sein. Du wirst reichlich entlohnt werden," bot er nun an und hoffte, dass dieser Frau nun deutlicher wurde, worum es ging. Sie sollte durch die Gnade der Prätorianer leben aber ihnen entscheidende Dinge zutragen. "Oder du wählst ein schnelles Ende," setzte er nach und betonte dies sehr überzogen.

    Verus blickte mit gemäßigter Miene zum auftretenden Decimus. Innerlich ging er bekannte Fakten durch, die durch das Überfliegen der senatorischen Listen in seinem Verstand haften geblieben waren. Er war immer vorbereitet und beschäftigte sich den Großteil des Tages mit Überwachung und Kontrolle. Verus war ungehalten über diesen spontanen Gast, so dass er diesem kalt zu nickte und sich nicht vorstellte. Das würde der Konsul schon übernehmen.

    Die Zeit überschlug sich. Verus konnte nicht einmal reagieren, so dass er einfach wartete und schließlich auf die Frage seiner Geliebten antwortete: "Ja, die übliche Arbeit aber lass' uns das nicht hier besprechen." Die Paranoia verbot ein offenes Gespräch in der Öffentlichkeit. Auf die angebotene Sklavin achtete er kaum. Seine Gedanken kreisten um seine Arbeit. Probleme, die nicht einfach zu lösen waren und die seelische Taubheit, die sich gleichförmig in ihm auszubreiten schien. Luna schien einen erstaunlichen Gefallen an dieser... - Verus musste den gehörten Namen verarbeiten - Thula zu hegen. Es dauerte nicht lange, da wurde ihm klar, dass Luna die schroffe und raue Art dieser Dornenrose schätzte. Plötzlich wandte sich eine außenstehende Person an Luna und sprach seine Amtsbezeichnung aus. Es war dieser unsägliche Liktor, der sich gerne in die falschen Angelegenheiten einmischte. Verus trat zwischen Luna und Helvetius Faustus. "Ich empfehle dir, diese Bezeichnung nie wieder öffentlich zu nennen," drohte Verus kalt und blickte den Helvetius mit finsteren Augen an. Sein Blick konnte töten und hatte es auch schon getan. Seine Einheit arbeitete auf seinen Befehl hin sauber und schnell. Dafür reichte auch schon ein Augenkontakt, um ein Ziel festzulegen. Dieses paranoide Amt hatte ihn bereits vollkommen durchdrungen und verbot einen bürgerlichen Umgang mit Widerständlern. Und dieser Liktor hatte Widerstand gezeigt, indem er schlicht nicht dulden wollte, was die Prätorianer taten. Damit hatte er sich selbst schuldig des Widerstands gemacht: Entweder du warst für sie oder gegen sie. Und bei letzterer Wahl zeigten die Prätorianer minder offen ihre fatale Abneigung gegen eine Person. Verus war in dieser Sekunde klar geworden, dass er dringend Leute auf dieses Helvetius ansetzen musste. Sein Widerstand war eine Gefahr, so dass sich beherrschen musste, nicht die verdeckten Kräfte zu aktivieren, um diesen Mann direkt festsetzen zu lassen. Vielleicht war es auch der Zorn darüber, dass sich dieser Mann frech in sein Privatleben einmischte und den Beruf in Konfrontation mit Luna stellte. Luna, die er wirklich liebte und somit seine Schwachstelle war, sollte nicht mit diesem Amt oder dessen Verpflichtung konfrontiert werden. Nicht hier. Nicht heute und somit wuchs Verus ungehaltener Zorn, der nur durch Disziplin und Vernunft zurückgehalten wurde. Er atmete tief durch, ballte beide Hände zu Fäusten und blickte dann vom Helvetius weg, zur aufgebauten Bühne, wo sich diese Thula befand. Das Gebot dieses niederen Geistes von Liktor stand noch. Verus wollte ihm diese Sklavin nicht gönnen und Luna verstand sich gut mit ihr, so dass der Prätorianer spontan entschied: "1200!" Seine Stimme war laut, schallend und militärisch bohrend. Man wusste sofort, dass hier ein erfahrener Drill-Instructor brüllte.

    Verus nahm nach dem Gruß eine stabile Haltung an. Man merkte ihm an, dass er sein ganzes Leben gedient und seine entscheidende Charakterprägung durch das Militär erhalten hatte. Die Tür schloss sich und sie waren - scheinbar - allein. Niemals war man in diesem Palast allein. Verus wusste um die bekannten Lauscher, welche er bezahlte und die unbekannten Lauscher, welche er nicht bezahlte. Geheimnisse mussten hier durch besondere Wortahl und sichere Umstände geschützt werden. Zu seinem Glück bestand kein Druck, die echten Geheimnisse seiner Einheit offen zu legen. "Ave," grüßte der Trecenarius mit fester Stimme. "Ja, ich nehme Wein," antwortete der Soldat ohne höfliche Umschreibung und nahm den geforderten Stuhl ein. Mit mechanischer Bewegung setzte er sich und achtete darauf, sein Gesicht nicht zu verziehen, da die Kriegsverletzung wieder schmerzte. Er wollte sich keine Schwäche vor der Augusta erlauben. Immerhin war er auch für ihren Schutz verantwortlich. Als Trecenarius war er nicht nur Chef-Meuchler, sondern auch vertrauter Leibwächter und Gnadengarde. Da es sichtbar an Sklaven mangelte, griff Verus beherzt zur Karaffe und schenkte sich eine große Menge Wein ein. Der soldatische Trostdurst hatte sich breit gemacht und ließ seine Kehle süchtig nach diesem Getränk frohlocken. Verus stellte die Karaffe zurück, behielt den Becher in der Hand und lehnte sich aufrecht zurück an die Lehne seiner Sitzmöglichkeit. Ihre Augen lagen auf ihm. Er wurde gemustert, soweit konnte er dies feststellen. Sein Gesicht zeigte betont keine Regung und seine kriegsbeschlagenen Augen blickten leer aber auch traurig auf diese Kaiserin. "Ja, diese Frau hat den Aufstand angeführt," begann Verus mit der gewünschten Erklärung. Befehl und Ausführung war ein offenes Gebot im Imperium. "Sie war eine Kriegerin eines Stammes aus Themiskyra. Im Volksmund auch Amazonen genannt. Sie war in der Kriegsführung geschult und handelte aus einem erstaunlichen Hass auf Rom," fasste der Trecenarius knapp zusammen. "Nicht nur, dass sie im Vorfeld Morde beging, sondern sie organisierte ein rebellisches Heer innerhalb dieser Stadt. Zum großen Teil aus Christen und Ausgestoßenen bestehend," erweiterte Verus seine Ausführung und schloss eine kleine Wunscherkenntnis mit ein, damit man im selben Stimmungsbild blieb, welches er seit Wochen jedem vermitteln musste. Bevor er jedoch weiter sprach, um das Versagen zu erklären, genoss er einen großen Schluck Wein. Der Geschmack wirkte auf seiner Zunge und so ließ er sich zwei Atemzüge Zeit, bevor er den Becher wieder absetzte. Nun wurde auch die Narbe an seiner Wange deutlich und auch die Narben auf seinen Händen, die den Becher umschlossen. "Die Stadtkohorten haben nicht ausreichend ermittelt und ihr Berichtswesen ließ keine Schlüsse auf eine solche Entwicklung zu. Ferner wurden uns entsprechende Informationen nicht zugetragen. Es fehlten klare Meldungen an uns. Wir als Prätorianer versagten daran, dass im Zuge des Bürgerkrieges des geheime Netzwerk von Spitzeln eingebrochen ist und nicht ausreichend ersetzt werden konnte. Mein Vorgänger versagte hierbei und ich baue gerade erst wieder ein entsprechendes Netz auf, um zeitnah über schädliche Abläufe in Rom informiert zu werden. Auch um zeitnah handeln zu können," sagte Verus und betonte das Wort - handeln - besonders, damit die Kaiserin den Unterton verstand. Natürlich meinte er damit Meuchelmord an staatsgefährdenden Subjekten.

    Warten - ein dehnbarer Begriff für den Trecenarius. Einerseits würde er natürlich mit einem Abschluss des Vorgangs warten aber andererseits, den Vorgang mit hinreichenden Tätigkeiten subtanziell unterstützen, damit das gewünschte Ergebnis deutlich möglicher wurde. Die Prätorianer arbeiteten gerade an einer echten Rückkehr ins Dunkel oder ins Licht, je nach Betrachtungswinkel, um Rom vor realen und imaginierten Feinden zu schützen. Verus hatte längst den Bezug zur normalen Gesellschaft verloren. Seine Welt und die Welt der Prätorianer waren anders. Die Soldaten dieser Einheit hatten mit der Gesellschaft in vielerlei Hinsicht gebrochen. Die Grenzen und Trennlinien wurden deutlich, wenn man versuchte wirklich zu verstehen, was einen Prätorianer antrieb. Sie waren Außenseiter und Ausgestoßene; sehnsuchtsvoll, wie gleichsam kalt. Ihre Geheimnisse waren ihr Schatz, wo andere Liebe hatten. Doch diese Geheimnisse wurden mit Blut erkauft. Sie gaben etwas vor, sie wollten etwas sein, was sie nicht mehr sein konnten. Ihre menschlichen Verfehlungen konnten nicht bereinigt werden und ganz Rom lebte auf ihren Sünden. "Manchmal ist Warten eine geeignete Strategie," meinte Verus und nickte seinem Imperator zu. Am Ende des Tages war immer der Kaiser verantwortlich und somit akzeptierte dieser Trecenarius die Rolle dieses bärtigen Mannes umfänglich. Jeder hatte seinen Platz in einem System der Macht und Hierachie. Die Macht verkleidete sich, wollte sich annehmbar machen aber am Ende war sie so leer, wie jede Hoffnung, etwas am Menschen selbst ändern zu können. Gleichsam verkleideten sich Verus und der Kaiser in ihren Rollen. Der Imperator und der Trecenarius waren Getriebene, Vertriebene und ständig Laufende, die nicht mehr anhalten konnten, da ihre Tätigkeit sie ansonsten auffressen würde.


    Der Kaiser akzeptierte die Bitte der Prätorianer ausreichend, so dass weitere Worte in diesem Bezug nicht mehr notwendig waren. Verus bedankte sich mit folgenden Worten: "Ich danke dir, mein Kaiser. In dieser Sache kannst du auf unser Urteil vertrauen, dennoch wertschätzen wir den Abgleich und Ausgleich." Eine höfliche Geste, der vermeintlichen Unterwerfung. "Eines noch," fügte Verus an. "Habe ich freie Hand, Rom vor weiteren Aufständen zu schützen?" Eine wichtige Frage und vorgeschobene Absolution für die geplante Grausamkeit, die in den geheimen Stuben der Prätorianer entstanden war. Ihre Sehnsucht nach Kontrolle und Sicherheit sollte mit einem hohen Preis verbunden sein.