Und auch Verus tat seine Pflicht, die ihm als Ältester übertragen war und klopfte - kurz nachdem Luna anwesend war- ebenfalls an. Immerhin musste sich dieser Tiberius für die Gastfreundschaft bedanken. Es war eine lästige Pflicht, da sich scheinbar Lupus und Verus nicht sehr mochten. Dennoch war Verus nie vor etwas geflohen und stellte sich auch diesem Gespräch mit gleichgültiger Kälte.
Beiträge von Aulus Tiberius Verus
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"Danke," sagte Verus, der den Bericht gewohnt ruhig entgegen nahm. Der Trecenarius residierte hinter einem wuchtigen Schreibtisch, auf diesem lagen viele Wachstafeln und Schriftstücke, die er geordnet sichten wollte. Verus tat gut daran, sich einzuarbeiten und arbeitete mit einer effizienten Akribie alle Berichte durch, die für die aktuelle Politik notwendig waren. Verus war sehr wohl klar, dass alles, was er nun tun würde, politisch sein würde. Er operierte am offenen Herzen des Imperiums und würde sich - auch aus eigener Angst und Paranoia - keine Blöße erlauben. Verus war nun ein getriebener seiner Sachzwänge, denen er nicht mehr entkommen konnte. Verus überflog den gebrachten Bericht und legte ihn auf einen Stapel für Berichte, die ihn besonders interessierten. Nebenbei machte er sich auf einer eigenen Tafel Notizen.
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Und so begann die übliche Arbeit im Geschäft der Schatten. Es war nicht mehr wichtig, was wirklich zählte, sondern was gefordert war, um jene Stabilität zu erzwingen, die allgemeine Gesellschaft erst möglich machte. Dieses Geschäft war der Preis eines jeden Staates und einer jeden Herrschaft. Der Kaiser reagierte entsprechend und übernahm die vorlegte Idee ohne großen Widerstand. Zwar sorgte der Kaiser dafür, dass er nicht konkret und eindeutig auf eine Anweisung festgenagelt werden konnte, um spätere Verfehlungen, die während der Ausführung entstehen würden, nicht ihm anzulasten waren. Es war die Parität der gemeinen Herrschaftspolitik: der Ausführende konnte seine Verantwortung auf einen Befehlsgeber verweisen und der Befehlsgeber konnte sich durch seine Position der Verantwortung durch Dementi entziehen und vorgeben diesen Befehl niemals gegeben zu haben; man war stets sicher, dass man das tun konnte, was notwendig war, da beide Seiten davon abhängig waren. Verus war bewusst, dass er keinen deutlicheren Befehl erhalten würde und gab sich damit zufrieden. Er hatte genug erhalten, um sein Handwerk auszuüben, welches ihm zwar nicht leicht fiel aber durchgestanden werden musste. Der Trecenarius interpretierte genug in die Worte des Kaisers hinein, um ein gewünschtes Ergebnis zu erzielen. Er würde Beweise erschaffen und vorbereiten, die ausreichend sein würden. "Wie du wünscht," war die Auskunft für den Kaiser, dass Verus nun an die Ausführung gehen würde. Verus würde in seinem Geschäft nun nicht mehr verraten und auch nicht mehr von sich geben, bis die Operation beendet war. Der Kaiser konnte sich recht sicher sein, dass sein Geheimdienst funktionieren würde. Dieses mal. Die Christenverfolgung würde Verus persönliches Anliegen werden, da sie seinen Stempel tragen würde. Ihm war die Verantwortung dafür übertragen worden und - auch wenn er eigentlich ein gutes Herz hatte - würde er die Christen mit sachlicher Kälte verfolgen. Denn war er stets Römer, der Rom als Pflicht sah und nicht sich selbst.
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Weil ich nun die nächsten Tage nicht übermäßig aktiv sein kann: Lasst ihn ruhig rein! Ich reiche dann später den familiären Hintergrund nach.
Willkommen in der Familie!
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Ich bin bis Dienstag eingespannt. Werde versuchen zwischendurch zu schreiben!
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Verus war aufmerksam. Ehrlich aufmerksam, denn was diese Frau berichtete, war ihre letzte Geschichte. Ein Stückchen persönliche Wahrheit in einer verkrümmten Zeit, die immer nur Betrachtungsweisen anbieten kontne. Nichts war fest; nicht war wirklich erklärbar, sondern folgte stets diffusen und komplexen Regeln, die sich einem Menschenverstand oft entzogen. Wahrheit war auch immer nur eine Mehrheitsmeinung, und so konnte auch eine gute Geschichte oder eine tradierte Lüge Wahrheit sein; eine Betrachtungsweise unter vielen. Natürlich gab es stets bessere Wahrheiten, bessere Fakten und auch stets politisch mehr gewollte Wahrheiten aber am Ende des Tages war alles nur eine persönliche Entscheidung, was man sich anhörte und was man eben verschwieg; leugnete oder verdrängte. Dieses Imperium war bereits so alt, dass dessen Ursprung bereits Legende war. Selbst Verus, der sich intensiv mit der Historie auseinandersetzte, konnte nur wenig überblicken, was wirklich im Herzen der großen Maschine vor sich ging, die alles am Laufen hielt. Aber der stete Versuch dieses zu wollen, ermüdete auch ihn. Verus brauchte Verständnis und eine Antwort, eben eine echte Wahrheit, die nicht nur Betrachtung war, sondern ganz klar und ehrlich. Doch nichts in seinem Leben war ehrlich.
Er war umgeben von Politik, Machthunger und Intrigen. Seine Welt war paranoid und düster. Es gab kein Heil, sondern nur ein Überleben. Ein stetes hinterfragen zum Selbstschutz vor Fallgruben seiner eigenen Umwelt. Misstrauen war seine Antwort auf den vielen Verrat, den sich Menschen antaten, um an einer Maschine zu gewinnen, die ihnen selten geeignete Preise bot. Es wurde niemals besser, sondern verlagerte nur seine Schwerpunkte. Leid war dem Leben angeboren oder zumindest dem Menschen, der in seiner Suche nach Heil und Schutz alles aufgab, was ihn einst ins Leben geworfen hatte. Varia durchbrach diese Welt mit ihrer Treue und doch auch ihrem Verrat. Sie verriet jenes Überbleibsel von Welt, die sie hervorgebracht hatte. Varia war ein Teil von Rom, wie auch Verus und somit verband beide der geteilte Schmerz über diese unnachgiebige Zeit, die beiden keine Antworten gab und den Geist müde machte.
"Danke," sagte der Trecenarius aufrichtig. Er wollte ihr eine echte Emotion schenken, keine Maske, sondern etwas, woran sie sich festhalten konnte. Verus war kein Monster aber eine gemachte Bestie, geschmiedet in den Feuern der vielen Kriege und der Gewalt eines Staates, der nur Macht kannte. Doch auch eine Bestie hatte ein Herz und fühlte. Vielleicht war Verus sogar mehr Mensch als jene Gestalten, die sich stets versteckten und verschwiegen, was sie waren. Sie versteckten sich hinter Ausflüchten, Lügen und Selbstwahrheiten, dass alles gut sein würde, wenn sie fortblickten. Sie wollten nicht sehen, nichts wissen, sondern stets Illusion im Wahn erhalten. Sie wollten gut sein, waren es aber niemals, da es ihnen an Blickwinkeln mangelte. Ihre Herzen schlugen lustlos ohne Lebenskraft monoton, wohingegen Verus und Varias Herzen mit Leben schlugen; kraftvoll aber einsam. Wäre nicht Luna, seine Geliebte, wäre auch Verus verloren in dieser Müdigkeit, diesem dämmrigen Schlaf, der ihn Schlafwandeln ließ. "Ich muss dir noch ein paar Fragen stellen," begann Verus sanftmütig und nickte ihr zu. "Wie hast du diesen Aufstand organisiert? Hattest du Hilfe? Vielleicht von Sergia Fausta?" Es war eine vorerst folterfreie Befragung, sofern man von der Position, in der sich Varia befand, absah.
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"Die wirst du erhalten," antwortete der Geheimdienstchef sachlich und blickte dann zu seinen Handlangern. "Macht weiter im üblichen Verfahren. Ich geleite den Senator zurück," war der knappe aber höfliche Befehl, der nicht gebrüllt oder gestanzt aus seinem Mund fiel. Verus war nicht der Mann, der gerne herumbrüllte, sondern machte seine Standpunkte mit ruhiger aber betonter Stimme deutlich. Die Soldaten antworteten jeweils mit einem knappen Jawohl, das fast lustlos aus den Mündern fiel. Sie störte nicht das, was sie tun mussten, sondern, das sie etwas tun mussten. Die Männer hatten sich einen frühen Zapfenstreich erwartet. Und nun mussten sie sich noch um die Gefangene kümmern. Verus würde später sein Handwerk aufnehmen, sobald der Senator auf dem Wege nach Hause war. Es war nichts, was dieser miterleben sollte oder nur erahnen sollte, obwohl er sicherlich wusste, was die Prätorianer waren. Ein schwarzer Terror, der jene Macht der Kaiser verkörperte, die viele anstrebten aber fast niemals erreichten. Verus wollte nicht dieser Terror sein, war aber durch Pflicht und Eide dazu gezwungen, nicht einzubrechen. Sein Handwerk war erlernt grausam und folgte einer einfachen Systematik. Es ging nicht mehr um Moral oder Anstand, sondern schlicht um Stabilität. Es ging um ein permanentes Weiter-So. Eine Veränderung war nur im Rahmen jener Stabilität möglich, die einer uralten Maschine entsprang, die aus allen Menschenleben geformt war. "Wir kümmern uns," war der zynische Kommentar, der Verus selbstkritisch aus seiner Seele brach. Scheinbar wollte er Absolution für seine Geschäfte aber würde diese niemals erhalten, da sie nicht notwendig war. Entweder er machte es oder jemand anderes. Das System kannte keinen Wert oder Nennwert einer Person. Verus war auch nur eine Funktion unter vielen, so dass eine Absolution von äußerer Instanz überflüssig war. Aber dennoch brauchte er diese für sich, damit er auf Verständnis hoffen konnte. Doch ein Verständnis würde es außerhalb der Strukturen nicht geben, die innerhalb ihres eigenen Terrors lebten, der sie davo bewahrte, bedeutungslos zu vergehen; in einer Welt, in der sie vieles bedeutungslos gemacht hatten. Mit traurigen Augen gab er sich eine Blöße, die ein Fehler war.
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Verus war erleichtert, seine Luna zu sehen. Sie gab ihm jeden Tag neuen Halt in seinem Abgrund, in jenen er sich gerne stürzte, um im Fallen seine Erlösung zu erbeten. Der Schmied schien grimmig und trat bereits an Luna vorbei zum Tresor. Er sagte nichts und begann sofort mit schwerem Werkzeug seine Arbeit am Schloss. "Ich habe ihm bereits alles berichtet. Er machte sich direkt an die Arbeit," erklärte Verus nüchtern und breitete seine Arm aus, um Luna zu umarmen. Er vertraute dem Schmied, der ohnehin wenig Interessen außerhalb seines Aufgabengebietes hatte. Das rußverschmierte Gesicht der Sklavin störte den Trecenarius nicht, der durchaus schmutzigere Arbeit erledigte, die nicht immer abzuwaschen war. Echter Schmutz war Verus ohnehin lieber, da man diesen garantiert abwaschen konnte.
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Sein Vorgänger schien blind gewesen zu sein. Auch vor den Partikularinteressen, die Rom derzeit prägten. Verus entschied sich, nicht dem selben Schicksal zu folgen und wollte mit pflichtvollem Eifer seinen Posten füllen. Diese Pflicht begann sofort und zwar mit seiner vollen Aufmerksamkeit gegenüber dem Kaiser. Entweder wollte der Kaiser keine gesonderten Befehle geben oder aber wollte nicht zu sehr ins Geschäft eingebunden werden, damit man ihm dieses politisch nicht anlasten konnte. Es war stets wichtig, dass man Vorgänge, die notwendig aber unangenehm waren, zu dementieren. Es dementierte sich mit echtem Unwissen besser als mit einer Lüge. Verus versuchte das Gesicht seines Befehlshabers zu lesen, um eine Antwort auf diese Frage zu erhalten. Doch fand er auf Anhieb keine. "Ich werde mich in die aktuelle Sachlage einarbeiten und dir schnellstmöglich eine Statusmitteilung geben," war die bürokratische Antwort, die Verus zu gut beherrschte. Versachlichung half stets bei Problemen. Nicht immer zufriedenstellend aber sie half zumindest auf Kurs zu bleiben. "Der Aufstand ist auch eine Gelegenheit, mein Imperator," erklärte sich der Trecenarius. "Es ist eine geeignete Gelegenheit, den römischen Staat zu stabilisieren und zwar dauerhaft," begann Verus mit einem zynischen Kalkül, um seine Arbeit sauber einleiten zu können. "Es hätte niemals dazu kommen dürfen und ich glaube aus der Berichtslage bereits eine politische Ursache ausmachen zu können," wagte sich der Trecenarius vor, da es seine Aufgabe war, den Kaiser auch in Sachen des geheimen Geschäftes zu beraten. "Noch immer halten viele unser Imperium für geschwächt. Der Bürgerkrieg ist noch nicht verarbeitet. Rom hat kein Vertrauen bei seinen Bürgern und erzeugt keine Furcht bei seinen Feinden. Aus dieser dubiosen Gemengelage ergab sich jener Nährboden für Varia," erklärte der Schattenmeister vorsichtig und gab selbst dem Kaiser nicht alles preis. "Rom ist eine Idee. Eine Idee, die stets mit Leben gefüllt werden muss. Doch was hält im Kern unsere Gesellschaft neben der Tradition und den mos maiorum zusammen? Es ist die Macht des römischen Staates. Dieser Machtanspruch hat immens gelitten und ich glaube, dass wir als Prätorianer dir eine Lösung anbieten können. Eine einfache Lösung, die nichts weiter bedarf, als ein Wort von dir," offenbarte sich Verus und somit auch seine kalte Ratio. "Wir müssen den Staat als handlungsfähig präsentieren aber gleichsam einen neuen Feind etablieren, den wir leicht verfolgen können. Einen Feind, den wir kontrollieren können und der gleichsam unter der Bevölkerung mit Misstrauen belegt ist. Wir müssen den Willen des römischen Volkes entfachen und dies gelingt nur mit einem Feuer, welches stark brennen muss, damit es unsere Feinde blendet und deine Herrschaft sichert. Ich vermute, dass die Christianer sich als Ziel eignen und nicht minder verstrickt sind. Immerhin lehnen sie Rom ab und auch dich als Augustus. Sie sind ein permanentes Geschwür, welches Hass gegen unser Gesetz predigt. Nicht nur, dass sie Menschen opfern, sondern sie lehnen alles ab, wofür wir stehen. Ich kann dir eine einfache Lösung präsentieren, indem wir die Christianer endlich ins rechte Licht setzen, in das sie gehören," äußerte sich Verus bitter. Er mochte diesen Gedanken nicht aber seine berufliche Stellung brachte ihn dazu, stets nach Feinden zu suchen. Ohne Feinde wäre seine Angst nicht genügend genährt. Und sein Apparat lebte von der Angst. "Ich brauche nur dein Wort, dass ich jene Verfolgung aufleben kann," fragte er überzogen sanft.
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Aloha!
Bevor wir dich aufnehmen: Magst du mir etwas über deinen Hintergrund, bzw. dein Interesse an der Gens Tiberia in einer PN erklären? Was hast du für Pläne und Vorstellungen?
Liebe Grüße
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Moral war bedeutungslos. Es gab hier keine Moral oder eine wirkliche Entscheidung zwischen zwei Alternativen. Die Sachzwänge erlaubten stets nur Schattierungen. Es gab keine saubere Entscheidung und auch niemals eine Lösung. Menschen war komplex und ihre Entscheidungen hatten oft mehr Konsequenzen, als sie selbst erahnen konnten. Verus beobachtete das Gespräch der beiden aufmerksam, sogar überaus interessiert und schien von einer miserablen Neugier gesegnet. Morrigan hoffte tatsächlich Kontrolle zurück zu gewinnen. Noch immer hatten die Beteiligten nicht verstanden, dass es hier nicht um Wahrheit oder Unwahrheit ging, sondern um eine Aufgabe. Es ging in einer Gesellschaft niemals um Wahrheiten, sondern nur um Aufgaben, die mit Geschichten verbunden waren. Morrigan hatte ihre neue Geschichte erhalten. Wahrheitsfindung war immer nur eine Annäherung. In sich genommen war Wahrheit auch nur der Glaube einer Mehrheit, bedarfsgerecht über Aufgaben zurecht gebildet. Selbst Menecrates sah seine Rolle in dieser Gesellschaft nicht vollens. Verus war amüsiert, gar bitterböse gefangen in seiner kalten Faszination für die Menschen und seine Pflicht. Schließlich fragte der Senator nach der Übergabe. Eine sachliche Frage. "Das entscheiden wir," gab Verus mit einer gehauchten Selbstgerechtigkeit von sich. In der Tat entschied er über diese Übergabe. Auch entschied Verus über die Bestrafung, die Morrigan treffen würde. Die erneute Versklavung war nur ein Detail eines ganzen Prozesses, der ihre Geschichte erzählen sollte; eine Geschichte, die andere für sie schrieben. Verus als Büttel fremder Mächte erfüllte ganz und mit selbstloser Hingabe willfährig jene Aufgabe, die ihm aufgetragen war. Vielleicht machte dies ihn gerade herausragend, da er keinerlei persönliches Interesse an dieser Aufgabe sah. Er tat eben das, was getan werden musste und bereute nicht öffentlich, sondern stets in seinen Albträumen, die ihn mehr formten, als er zugeben wollte. Verus führte mit Verstand aus, was sein Herz stets verneinte. "Es ist noch einiges zu erledigen," deutete der Geheimdienstchef frostig an und bat den Senator mit einer Geste hinaus. "Ich denke, dass wir dieses Geschäft ohne dich erledigen können, Senator. Wir werden dich informieren, sobald diese Gefangene und ihr Vorgang abgeschlossen sind," meldete Verus bürokratisch und zeigte keinerlei emotionale Regung auf seinen Lippen, sondern nur kalt-starrende Augen, die durch den Senator hindurch blickten. Das Geschäft war stets grausam und nun, da Morrigan sich wieder Eigenständigkeit erhoffte, musste ihr diese wieder genommen werden. Ansonsten wäre die Geschichte gefährdet. Die Gefangene musste lernen, was eine wahre Geschichte war. Eben das, was die Gesellschaft beschloss und in diesem Augenblick war Verus mit seinen Soldaten die Gesellschaft. Wenigstens spielte der Senator brav seine Rolle und hatte sich für die richtige Sache entschieden. Eine Sorge war Verus damit genommen. Niemand sollte hier ohne Preis gewinnen.
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Dieses Angebot kam in benevolenter Gnade und doch fiel es Verus schwer, darauf einzugehen. Nicht, dass er es nicht wertschätzte, dass sein höchster Befehlshaber, ihm diese Gnade offerierte, sondern aus der Perspektive des gescheiterten Verus, kam sie zu spät. Wesentlich zu spät. Die Briefe an die Administration blieben unbeantwortet, als er Hilfe von Rom gebraucht hätte. Er wurde stets vertröstet und von vielen sogenannten Freunden fallen gelassen. Hilfe schien nicht immer eine Möglichkeit zu sein. In Verus Welt zählte nur Tatkraft, die eigene Kraft gegen die Dinge zu stemmen, die ansonsten einen erheblichen Schaden haben würden. Man konnte sich nur selbst helfen. Der Gesellschaft schenkte dieser Mann nur Misstrauen und auch der Kaiser erhielt nicht jenes Vertrauen, welches er sicherlich von einem Trecenarius erwartete. Aber gerade in dieser Rolle als Chef der Geheimpolizei des Reiches, war Verus dieses Misstrauen in alle Dinge vorherbestimmt. Seine Arbeit erwuchs aus den dunklen Dingen, suchte ihr Glück im Dunkel und fürchtete es gleichsam. Verus lebte in den Schatten, traute sich nicht einmal mehr ins Licht, da jemand sein trauriges Gesicht erkennen konnte. Niemand sollte ihn herausfordern, niemand sollte etwas von ihm fordern, was nicht Pflicht war. Für ihn selbst war es bereits Verrat, wenn man seine Pflicht vergaß. Es gab nur eine Funktion innerhalb eines Systems, welches für eine Ewigkeit bestimmt war aber niemals ewiglich sein konnte. Er fühlte es erneut. Dieses Gefühl von Angst. Diese kriechende dunkle Seite, die alles verneinen konnte, was er sein wollte. Diese Welt hatte nie einen guten Platz für ihn. Verus wollte antworten, dem Kaiser diese Welt erklären und wusste beim Anblick dieses bärtigen Mannes, dass dieser es nicht verstehen konnte, auch wenn er es verstehen wollte. Seine Welt war eine andere, zwar auch an das System gebunden aber mit einer deutlich anderen Rolle. Vielleicht teilten beide ein Pflichtgefühl aber die Pflichten fielen auseinander, weiter auseinander als Verus lieb war. Dieser Tiberius war der Meuchelmörder des Kaisers, der unliebsame Dinge bei Seite schaffte, damit der Kaiser im Lichte erstrahlten konnte, ohne von Schatten verfolgt zu werden. Ironie lag darin, dass der Kaiser seine Hilfe benötigte, denn Rom war stets ein gefährlicher Ort für Mächtige. Denn Macht war stets nur geliehen und vergänglich, wie ein Atemzug. Verus war sich bewusst, dass diese Aufgabe groß war und vielleicht sogar unlösbar, Rom vor den Schatten seiner eigenen Verfehlungen zu schützen. Der Kaiser wirkte verletzlich, gar menschlich, in seiner entspannten Pose und seiner gnadenvollen Sorge. "Das werde ich," war die nicht gelogene Antwort, die aber niemals in Erfüllung geraten würde. Verus würde nicht mehr um Hilfe betteln, sondern sich seine Hilfe selbst gestalten. Nun war er selbst in der Position dazu, stark genug, um mehr zu sein als ein getriebener Kriegshund. Seine Leine war nun so lang, dass er weiter blicken konnte, als bisher. Er verstand mehr aber dieses Verständnis heilte nicht seine Sehnsucht, seine Ängste und diese grausame Furcht, dass niemals etwas zum Besseren geraten würde. Dem Offizier wurde diese emotionale Terrain zu unsicher. Verus hatte keine Antworten mehr aber umso mehr fragen, die ihn zerrissen aber nicht an diesen Kaiser gestellt werden konnten. Der Kaiser war nicht der Ansprechpartner für tiefsinnige Fragen, die über das Maß der Arbeitsbeziehung hinausgingen. Verus versuchte sich seine rationale Kälte zu bewahren, die so dringend nötig war. "Hast du gesonderte Befehle oder nicht-allgemeine Aufgaben, die ich als dein Trecenarius ausführen soll?" -war also nun die gebotene Frage, die sich dem unsicheren Verus gar aufdrängte.
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Verus führte den Senator hinab in den finsteren und molochartigen Kerker der Prätorianer, der durch schwere Gatter und einige Wachmannschaften gesichert war. Geleitet von seinen handverlesenen Leuten trat die Gruppe um Senator Claudius endlich vor die Zelle, die Ziel war. "Hier," sagte der Trecenarius mit einem Zeigefingerzeig auf das verschlossene Gitter, welches er mit einem Ruck seiner Rechten öffnete. Verus trat ein, um mit seinen beiden Wachen die Umgebung zu sichern und zu überprüfen, ob sich die Fesseln der Gefangenen gelöst hatten. Nein, sie schien noch in gleicher und angeordneter Pose zu verweilen. Der Kommandeur des Geheimdienstes nahm dies gleichgültig zur Kenntnis und blickte zum Senator, der nun auch eintreten konnte. Man stoppte seine Bewegung auf einem Abstand, der in den Augen der anwesenden Berechtigten als sicher galt. Verus gab nur ein kaltes Handzeichen von sich, dass Menecrates nun sprechen konnte. Der erfahrene Soldat war gespannt, welche Fragen oder Worte der Senator wählen würde. Oft war es einfach besser zu beobachten, zu studieren, als selbst zu sprechen und vorzugeben.
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Verus war zufrieden, da sich der Senator sehr kooperativ zeigte. Es erlaubte ihm eine schnelle Erledigung dieses Vorganges und somit wurde sein Arbeitspensum reduziert. Rom war ohnehin mit zu viel politischen Problemen angefüllt, die er kaum lösen konnte, An jeder Ecke schien Arbeit zu warten und das Geschäft wurde von Tag zu Tag anstrengender, weil es keine große Pause mehr erlaubte. Stets rannte der Trecenarius von Fall zu Fall, um die imperiale Stabilität zu erhalten, die notwendig für eine Zivilgesellschaft war, die auch jenen Senator in Amt und Würden hielt. "Wir können gleich aufbrechen," sagte Verus ohne betonte Emotion, eher sachlich. Er deutete mit einer Handbewegung zu seinen Soldaten, die den Senator abschirmen würden, damit er nicht vom Wege, den die Prätorianer vorgaben, abwich. Man nahm ihn nicht in Gewahrsam aber zeigte ihm deutlich, dass er sich nun auf den Wegen der Schattenmänner bewegte. "Folge mir, bitte," war die Höflichkeit, die Verus auf Augenhöhe formulierte und deutete in Richtung Ausgang. Der Senator war in den Händen der Prätorianer sicher und mit Sicherheit würde ihm auf dem Weg nichts passieren. Verus machte sich auf dem Weg ein paar Gedanken, wie der Senator reagieren könnte. Es war wichtig, dass man den Ausgang dieses Verfahrens einschätzen konnte.
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Der Senator war klug. Er kannte mitunter die politischen Winkelzüge der Urbs. Verus war nicht überrascht, da man diesem Mann bereits ein entsprechendes Verständnis zugetraut hatte. "Ich werde dich nicht belügen," sagte der Trecenarius behutsam und nickte dann ernst. Er konnte dem Senator keine konkrete Auskunft geben aber das Nicken war eine Antwort ohne Wort. Auch war dieses Nicken ein Vertrauensbeweis, dass man ihm dieses falsche Wissen anvertrauen konnte. Ferner lag dem Kommandanten der Geheimen nichts an diesem Geheimnis, da es immer besser war diesen Glauben zu streuen, dass Morrigan tatsächlich verwickelt war. Lügen wurden durch Streuung besser. (Denn viele eine Lüge glaubten, wurde es im Narrativ eine Wahrheit.) Denn inzwischen zweifelte auch Verus daran, dass Morrigan wirklich beteiligt war. Aber man musste dieses kleine Problem nun lösen, damit es nicht dauerhaft zu seinen Lasten fiel. "Ich denke, dass wir dies einrichten können aber auch nur, weil wir deine Person sehr schätzen, Senator Claudius," war eine gewisse Schmeichlei, die sich Verus aus kalter Berechnung erlaubte. Sollte er doch seine baldige Sklavin sehen, auch wenn dies nicht ganz dem geplanten Protokoll entsprach.
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Gehen? Wie sollte er gehen? Einfach gehen? Verus wollte die Geste missverstehen, da er seinen Lebensmond nicht alleine lassen wollte. "Ja, ich gehe schon," gab der Mann missmutig von sich und tappte mit gesenktem Haupt, einem Besiegten gleich, davon. Ja, Luna hatte deutliche Kommandogewalt über den Soldaten bewiesen, der seinen neuen Befehl achtsam auszuführen gedachte. Er würde bald mit einem Vertrauten aus der Kaserne der Prätorianer zurückkehren. Die Prätorianer hatten viele Spezialisten, um auch viele Szenarien für den Kaisern erfüllen zu können. So hatten sie auch einen erfahrenen Schmied, der gelegentlich auch Tresore und Geldschatullen für die Männer in Schwarz aufbrach, um deren Inhalte zu sichten. Neben seinen regulären Aufgaben der Materialwartung und der Fertigung von hochwertigen Waffen, wie kleinen Dolchklingen, die man recht gut verdeckt tragen konnte. (In späterer Zeit und in einem fiktiven Werk dieser Zeit würde man ihn Q' nennen.) Verus kehrte also nach knapp zwei Stunden zurück und würde von diesem Fachmann begleitet, der seltsam verschroben wirkte mit seinem Rauschebart nach griechischer Mode.
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Verus betrachtete die Gefangene. "Unter all unserer Kultur, sind wir doch nur Wilde, nicht wahr?" - fragte er Varia. "Du hast mir mit deiner Geschichte vieles erzählt, Gefangene. Ich bin hier, um dich zu sehen. Wirklich anzublicken, damit ich verstehen kann, was diese Geschichte bedeutet," offenbarte sich Verus und gleichsam auch als Chef dieses Kerkers. Dem Trecenarius unterstand im Nebenberuf auch die Kerkerschaft der Prätorianer, die hauptsächlich zu befragende Personen umfasste. Alle zu ermittelnden Sachverhalte fielen qua Amt in seine Zuständigkeit."Aber Worte beschreiben unser Verhältnis nicht. Stille ist wohl die passende Antwort. Wir sind alle besessen mit Erklärungen und Worten aber ich bin besessen mit der kalten Stille. Deiner Stille. Du schweigst, ziehst deine Runden und antwortest ohne Worte," meinte der Trecenarius, zum verdutzen der Anwesenden. Sie hatten nicht damit gerechnet, dass Verus keinerlei Frage stellen wollte und sogar offenes Verständnis zeigte. Natürlich wagten sie es nicht, der Strategie des Trecenarius in die Seite zu fallen und schwiegen mit ihm. Verus schwieg in der Tat und blickte mit breiten Augen auf Varia. Er gab ihr Stille und nickte ihr zu. Doch beide sollten für einige Augenblicke diese Stille teilen, bis sie einer brechen würde.
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Verus wandte sich um und begrüßte den Senator würdevoll mit einem Kopfnicken. "Salve," sagte der Geheimdienstkommandant nüchtern und versuchte den Ausdruck seines Gegenübers zu deuten. "Ich entschuldige mich für diesen ungebetenen Besuch," begann Verus mit der Arbeit und ließ dem Senator kaum eine Wahl. Denn Verus war hier, um sein Geschäft zu erledigen und würde sich nicht fortbitten lassen. "Ich bin im Auftrage des Kaisers hier und möchte dir eine Bitte der Prätorianer unterbreiten," versuchte er seine Aussage vorsichtig zu formulieren. "Wir haben ein Problem. Ein kleines Problem," tat er bestürzt und blickte sich mit einer ausschweifenden Geste um. Ein Maskenspiel, damit Menecrates die wahre Intention in seinem Gesicht nicht ablesen konnte. "Wir haben eine Gefangene in unserem Kerker, die bald unter Strafe erneut versklavt wird," wurde er nun deutlicher und fixierte den Senator mit seinem Blick. "Diese einstige Sklavin, vorübergehend noch Libertina, ist Morrigan. Nach meinen Informationen war sie einmal in deinem Besitz?"- fragte er gespielt schüchtern und schob die Wörter brüchig über seine Lippen, um seine Informationen als ungewiss erscheinen zu lassen. "Wir werden sie leider im Zuge ihrer Taten erneut und dieses mal unter Poena versklaven. Das ist beschlossen. Die Frage ist, ob du sie als fähiger und anerkannter Mann in Rom als Verwahrungsobjekt entgegen nehmen möchtest? Immerhin scheinst du einen Umgang mit ihr zu beherrschen," kam es nun deutlich über seine Lippen mit einem zynischen Lippenspiel.
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Der Kaiser schien nicht herzlos. Eine Schwäche in Verus Augen, denn ein Kaiser musste stets nach Macht streben. Nicht nach ungerechter Macht, sondern nach deren Erhalt und das erforderte eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber Emotionen anderer. Doch dies war in diesem Augenblick egal. Verus schätzte es sogar insgeheim, dass er einem Menschen gegenüberstand. Es war wohl an der Zeit die formale Haltung zu verlassen und endlich die bequemere Kline einzunehmen. Nun traute sich Verus das militärische Protokoll zu verlassen, da der Kaiser scheinbar nicht sonderlich darauf versessen war und unnötige Machtdemonstrationen oder Unterwerfungsgesten zu vermeiden schien. Seine nachdenkliche Geste ließ Verus auch für eine Sekunde seine Maske aufgeben. Man konnte erkennen, dass in ihm auch noch mehr war, als ein Soldat, der schlicht Befehle ausführte. Verus ließ sich Zeit auf die Frage zu antworten, da er diese nicht einfach wegwischen wollte. "Ich bitte nur um das Recht, nach meiner Familie sehen zu dürfen und die Geschäfte zur Wiederherstellung des Stammsitzes zu erledigen. Ich verspreche dir, dass es keine gegenteiligen Interessen zu meinem Dienst für dich geben wird." Dieser Mann würde die Pflichten nicht aufteilen. Wieder zeigte sich Verus als Person, die nicht flüchtete und stets Ausführung jener Pflichten vor eigene Wünsche stellte. Er konnte nicht mehr anders. Folgsamkeit war seine Ausflucht aus sich selbst. Eine Ausflucht aus den Ängsten, die ihn stets umtrieben. Furchtbare Sorgen, die er nicht abschütteln konnte aber lenken. Verus diente mit einer fatalen Hingabe, die nichts anderes zuließ. Er hatte nur den Dienst und die Pflicht. Somit war die Entscheidung schnell gefasst. "Ich bin in erster Linie dein Trecenarius, Augustus," war die feste Versicherung seiner Treue. Und es war auch die Wahrheit, denn Verus war nichts anderes mehr. Nach all den Schlachten und den Verlusten blieb nur dieser Eid, so entleert und frostig er auch war.
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Dieser Tag entwickelte sich nicht, wie geplant; sondern folgte längst seinen eigenen Regeln und diese Regeln missfielen Verus. Denn Verus konnte nicht ganz seine sentimentale Seite verleugnen, die ihm stets ungemeiner Ballast war. Seine Sorgen, Ängste und Gedanken zogen ihn herab, der kalt und rational agieren musste. Diese Welt wollte keinen traurigen und weinerlichen Soldaten, sondern einen Mann, der das tat, was notwendig war, ohne darüber zu sprechen oder dadurch belastet zu sein. Eine Maschine war Wunsch, wenn auch derzeit nur Bestie möglich war. Ein Wesen, durch Ketten geführt, seiner Umgebung beraubt und einsam zurückgelassen in einem Käfig, um dort zur Belustigung oder Bewunderung seine Runden zu drehen. Varia hatte Ähnlichkeit mit ihm. Beide schienen sie verloren, unrettbar und doch trugen beide ein Zeichen: sie wollten anders sein. Sich nicht fügen. Doch fügte sich Verus längst, wurde sogar zum Unterdrücker, nur um selbst nicht befreit zu werden. Denn Freiheit war Angst, nicht kontrollierbar und mitunter chaotisch. Freiheit, in ihrem Absolut, war nicht minder Willkür, niemals gerecht und auch niemals fair. Sie war nicht möglich und wenn sie angestrebt wurde, war es Wahnsinn. Freiheit war längst ein Symbol, eine reduzierte Fassung ihrer selbst, als Begründung für menschliches Handeln und doch war das Handeln in einer Gesellschaft niemals frei. Selbst Varia in ihrem Todeskampf, ihrer Suche nach Tod, war nicht mehr frei. Niemand war hier frei. Nicht einmal der Kaiser, der stets fürchten musste, dass er verraten oder hintergangen wurde. Rom war Macht - und Macht kannte nur Ängste. Ängste, die sich selbst befeuerten, und Maßnahmen erlaubten, die wiederum Macht sichtbar machten. Allein war Macht nur ein Gedanke und musste stets gezeigt werden, damit sie real wurde. Ein Zaubertrick. Menschen mussten glauben, dass sie existierte und am Ende taten sie dies, aus Furcht vor Dingen, die sie sich erdachten oder erträumten. Wenn sie sich selbst davon frei machten, wurden sie durch andere bestraft, die jener Macht aus Angst folgten. Es gab keine Flucht aus einer Welt, die stets einer Maschine gleich verlief. Niemand konnte wirklich wählen. Denn es war unmöglich seine eigene Existenz zu negieren. Man dachte, also war man. Mit dem Denken und den Gefühlen setzte der Wahn ein. Der Wunsch entstandt und entwickelte den Gedanken der Macht. Dieser Ort hier war reduziert, soweit entkernt, dass nur diese kalte Macht übrig blieb. Varia war Gefangene und Verus ihr Wächter. Beide teilten diese Dualität. Bestimmt einiges an Zeit hatte er Varia in ihrer Zelle beobachtet. Er wollte verstehen, was sie antrieb; mehr noch, wollte er ihr glauben, dass sie am Ende ihre Freiheit finden würde aber nicht mehr in diesem Leben. Ihr Leben war bereits seit Geburt verwirkt durch Krieg, Wahn und System.
Verus hatte keine Wahl, als Beobachter eines Verfahrens zu sein; eines Abgesanges auf eine Person, die niemals gepasst hatte. Niemals passen konnte, weil ihr Zahnrad in der Mechanik der Gesellschaft zerbrochen war. "Manius," sagte der Trecenarius mit belasteter Stimme. "Das ist diese Varia, die unserem Rom so viel Schaden bereitet hat?" Manius nickte. "Ja, Herr, sie ist ein interessanter Fall aber noch viel interessanter sind die Gegebenheiten, die sie erst möglich gemacht haben," erklärte der erfahrene Ermittler zu seinem Kommandeur. Verus schwieg in stiller Betrachtung durch das Gatter. "Mir ist der Fall aus deinen Berichten und Erzählungen von Soldaten bekannt," meinte der gediente Offizier, der das Metallgatter, jene zwei Verschlüsse, öffnete, um zu Varia einzutreten. Auch hier musste er Fürsorge in einer Entscheidung walten lassen. Die Fälle brauchten stetige Bearbeitung und nun war er verantwortlich. Verantwortung wog nie leicht. "Sollen wir sie fixieren, Herr?" - fragte der Soldat, der sich an Verus vorbei drängte, damit der Trecenarius nicht in Gefahr geriet. "Ja," war die beunruhigte Antwort des Tiberius Verus, der sich zurückhielt, um die erfahrenen Kerkermeister ihr Handwerk ausführen zu lassen. Drei Mann umschlossen Varia, drängten sich zurück an die Wand, wo man Hand- und Fußketten festzog, damit sie sich nicht mehr von der Wand entfernen konnte. Sie war in eine stehende Position gezwungen. "Salve," grüßte Verus dann, nachdem die Wachen neben Varia getreten waren, so dass der Blick auf die Gefangene frei war. In Verus Augen lag Abschied; eine Traurigkeit und auch Gewissheit.