In Formation stehend, nahm Verus die Worte des Tribuns wahr. Er blickte zur Seite hoch, als dieser Flavius jenen Blutzolle ansprach, den Verus immer noch verfolgte und ihm eine Hölle war. Noch immer schmeckte er den Staub sowie das Blut seiner persönlichen Höllenfahrt. Die Blicke der beiden Römer kreuzten sich und Verus versuchte seine kalte Mimik zurück zu bauen, die er kurzfristig verloren hatte. Der Centurio fand sein hartes Gesicht wieder und nutzte dies, um eine Antwort schuldig zu bleiben. Der Mann blickte zurück in die Reihen der Angetretenen. Der Tribun stellte sich in einigen Passagen seiner Rede etwas ungeschickt an, so dass auch Verus mit seinen geweiteten Augen eine verwirrte Reaktion signalisierte und gleichsam wieder das gedrillte Angesicht verlor. Es war fast ein Freispruch und eine berührte Peinlichkeit, die sein Gesicht zeigte. "Ehm...," räusperte sich Verus leise aber schwieg dann. Es stand ihm nicht zu, eine Korrektur von sich zu geben oder dem Flavius in den Rücken zu fallen. Lieber flüchtete er sich in seine Gedankenwelt und fühlte wieder jene Verrückheit, die man als Kriegseifer beschreiben konnte. Verus glaubte nicht an einen Frieden und machte sich bereits für einen neuen Kampf bereit, wenn auch erst in vier Jahren. Es waren vier Jahre in denen er noch besser in seinem Handwerk werden konnte. Er würde seine Leute besser schützen können und gleichwohl besser die Feinde vernichten, die sich ihm und seinem Befehl in den Weg stellten. Es war diese grausame Dualität aus ängstlicher Verfolgung und seinem kalten Hunger nach Wert im Kampfe. Verus hatte seine Erinnerungen und seinen seelischen Schmerz aber war gleichzeitig zu gut als Soldat und Kämpfer für die blutige Sache des Krieges. Das ausgenutzte Leben des Tiberius war ein wertvoller Schatz für das Arsenal des Kaisers, denn Verus kannte seinen eigenen Wert nicht mehr und suchte stets nach einem Wert im Kampfe, obwohl er im Herzen wusste, dass dort nichts als Willkür und Unglück lauerte. Ein Soldat hatte nicht viel, außer eine feste Absicht und einen Willen zu Überleben, für einen neuen Morgen mit Wein und Weib. Beides hatte Verus nun: Wein in seiner Stube und Luna in seinem Herzen.
Beiträge von Aulus Tiberius Verus
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Verus entschied sich, den jungen Mann noch einmal richtig zu fordern, damit dieser ganzheitlich begreifen konnte, dass die Spiele vorbei waren. Kaltherzig und mit dem eisigen Blick eines Kriegers, suchte er seinen Kontrahenten. Der Centurio hielt sein Weidenschild fest und auf klarer Sichtkante. Man merkte, dass er Übung damit hatte und diese Pose lange durchlebt hatte. Das Training zahlte sich bei ihm mehr als aus. Das Gladius hielt er verdeckt auf Hüfthöhe und war bereit mit diesem kräftig zu stechen. "In Position," versprach der Mann sich selbst und auch als Befehl an den jungen Tiro. "Achtet auf uns!" Verus rückte mit geordneter Beinarbeit an Iosephus heran und donnerte mit seinem Schild gegen das des Rekruten, danach stach er kräftig mit dem Gladius in die Seite des unerfahrenen Frischlings. Verus hatte die Ablenkung und den Druck seines Schildes genutzt, um eine Lücke zu finden. Diese Lücke war schnell genutzt und so zog Verus das Gladius zurück, um wieder einen Schritt zurück zu gehen. "Schild an Schild und dann in die Lücke stechen, die sich euch bietet," erklärte der Offizier diese einfache Übung und somit auch die einfachsten Grundlagen. "Es ist nicht schwer aber erfordert gewisse Übung," sagte Verus und nickte seinem Trainingspartner zu. "Greif mich nun an. Mache es gleich," forderte Verus, der seinen Kopf wieder senkte, um seinen Nacken zu schützen und die Sichtkante über das Scutum besser zu nutzen.
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Ein gelebter Traum, der zerfloss wie Wasser. Wieder kehrte die kalte Realität ein und ließ ihn gebunden zurück. Das Verständnis seines Vorgesetzten half ihm; zeigte ihm sogar, dass diese Soldatenwelt eben so war, wie sie war und er sie akzeptieren musste. Es gab kein Entkommen aus sich selbst und seinen Erfahrungen. Wie die Sonne stets aufging, zog Verus mit seiner kümmerlichen Weltsicht weiter in die Tage und hoffte, dass die Nacht nicht zu lange andauern würde. Er klammerte sich an ein Danach. Der Tiberius suchte stets nach etwas, was blieb und hatte zu seiner Erlösung Luna gefunden aber mit ihr auch verschwiegene Einsamkeit. Beide machten sich einsam, da sie einander brauchten und jedes mal, wenn er sie verließ, war es ein Abschied zu viel. Verus fand seine Menschlichkeit wieder und konnte nicht mehr sauber trennen, zwischen dem, was er sein sollte und dem was er war. Dennoch war die kalte Realität eine klare Forderung und somit kehrte Verus mit seinem Fokus in die Sachfragen zurück, die Licinus so unverblümt stellte. Der Zauber des gegenseitigen Verständnisses war nur ein kurzer Trick gewesen, der Erleichterung aber keinerlei Heilung verschaffte. "Das Begleitkommando ist nicht informiert. Nur Duccia Silvana, ich und der Tribun wissen davon," erklärte Verus sachlich und versuchte sein Gesicht nicht allzu sehr entgleiten zu lassen. Wieder diese soldatische Maske mit den leeren sowie starrenden Augen. Es kostete keine Kraft mehr und doch war es schwer. Es wog auf seinen Schultern, etwas darzustellen, was man nicht mehr ganz war. "Wie du wünscht. Ich werde Stillschweigen halten," akzeptierte der Centurio den Wunsch seines Präfekten mit frostiger Sicherheit. Er nickte es sogar ernstlich ab, so dass Licinus sich relativ sicher sein konnte, dass Verus diese Wahrheit mit ins Grab nehmen würde; zumindest außerhalb der bekannten Wissenden, wie Flavius und Silvana, würde es keinerlei Seelen erfahren. "Der Ausbildungsstand ist akzeptabel. Wir haben viele Frischlinge erhalten, um die Verluste aus den vergangenen Kämpfen an der Grenze auszugleichen. Ich und meine Ausbilder geben unser Bestes, damit der Standard erreicht wird. Ich glaube aber, dass man bereits sagen kann, dass die tirones bereits wehrfähig sind," antwortete der Offizier ohne emotionale Regung, da seine Emotionen bereits für andere Gedanken in der fanatischen Verwendung waren. Angst und Trauer umspielten seine Seelenwelten und verhinderten, dass die sachliche Welt davon betroffen wurde, da der Verlust seines Stammsitzes und die Geschehnisse in seiner Vergangenheit, genug Macht ihm gegenüber besaßen. "Ja, Aufstände," bestätigte Verus knapp, während Licinus ihm endlich einen Becher mit Wein einfüllte, der mit Handlung, einem beherzten Griff von Verus Hand zum Trinkgefäß, Erleichterung versprechen konnte. Verus trank einen großen Schluck. Er nahm sich Zeit. Und ließ den Wein auf seiner Zunge im Aroma wirken. Verus blickte dem Präfekten dann traurig in die Augen. Die Worte seines ehrbaren Vorgesetzten ehrten ihn und doch war auch Pein mit ihnen verbunden. Um der Beste zu sein, hatte er viel geopfert und ebenso viel Blut vergossen. Es kostete ihn viel, zu den Ersten zu gehören und dennoch war diese Ehre alles, was ihm noch blieb. Er hatte zumindest diese Ehre, die er in Rom vorhalten konnte. Doch diese Ehre war lächerlich im Vergleich zu Luna, die er nun noch mehr begehrte, da sie entrückt von seinem Scheitern stand und ihn liebte, ohne auf weltliche Dinge zu achten. Sie achtete ihn ohne Ansehen und Ideale, sondern allein, weil er Verus war. Was war überhaupt Ehre? Verus fragte sich dies gerade und verweilte einen Moment wortlos. "Ich müsste es," durchbrach er seine eigene Stille und versuchte dem Präfekten ehrlich zu antworten. "Dennoch habe ich keinen Gefallen daran, in den schwarzen Kohorten zu dienen. Ich diene hier und habe immer dort gedient, wo unser erlerntes Handwerk von Wert war. In Rom ist die Intrige und die Korruption weit verbreitet. Ich befürchte, dass mein Dienst dort nicht ehrbar ist und zudem erwarten mich dort nur Ruinen einer Vergangenheit," resignierte der Centurio. "Natürlich wäre ich aufgebrochen, um den Überlebenden meiner Familie zu helfen aber ich sehe mich nicht im Geheimen und Obskuren," meinte Verus. Er trank den letzen Schluck aus dem Becher und stellte diesen zurück auf den Tisch. "Meine ... unsere ... blutige Kunst ist dort verschwendet an korrupte und ehrgeizige Charaktere," schloss Verus verbittert ab. Mitunter war Verus der einzige Soldat, der diese Ehre als Prätorianer zu dienen, ablehnte und sogar verdammte. Scheinbar mochte er seine eigene Verdammnis hier an der Grenze und hatte sich an diese familiäre Hölle gewöhnt.
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Es spielte sich die übliche Hierarchie ab. Die Centurionen wurden nach Rang einbestellt, während der Rest wartete. Verus konnte somit einen Moment in sich gehen, um seine Gedanken zu ordnen, die immer noch chaotisch in einem trüben Sinn schwammen und kaum zu greifen waren. Verus fühlte sich haltlos; entrissen von dieser Welt und hatte Probleme seinen Fokus im Moment zu halten, da seine Sinne in die Vergangenheit strebten. Wie konnte er sich selbst retten? Indem weiter machte. Ein einfaches "Weiter so!" half ihm seine Orientierung zu behalten, auch wenn ein Leben in ständiger Flucht vor sich selbst, eine Belastung war und selten ein heiles Herz gewähren ließ. Sein Herz war mit Mühe von liebevoller Hand gehalten, die einst den Namen Idun getragen hatte und nun mehr Luna hieß. Diese Sklavin hielt die Furcht davon ab, sein Herz verbittern zu lassen. Dennoch schien Verus längst sein Leben verloren zu haben, denn in seinem Angesicht stand leblose Müdigkeit, die tiefe Schatten als Beweis erbrachte. Er trat nach Aufruf ein und nahm ohne Salut Haltung an. "Centurio Tiberius meldet sich, wie befohlen," erklärte er, um der militärische Begrüßung genüge zu tun, die der Präfekt heute fallen ließ, um das Protokoll zu vereinfachen. Immerhin nahm er sich die Zeit, die Truppe im Blick zu behalten. Verus schätzte dies, auch wenn er sich manchmal mehr Herzlichkeit wünschte aber der Iulius war ein tapferer und standhafter Charakter, der sich verdient gemacht hatte. Der Tiberius stellte ihn nicht in Frage und nahm eine etwas bequeme Position ein, indem er die Hände hinter dem Rücken verschränkte. Der Präfekt bemerkte tatsächlich seinen emotionalen Zustand.
Verus berührt davon, schwieg für einen Moment und holte durch die Nase Luft, um nicht direkt zu offenbaren, das er nun unsicher war. Zugegeben, er wusste selbst, dass er furchtbar aussehen musste. Es war kein Geheimnis: er hatte als harter Kriegshund seinen Ruf in der Legion. Man nannte ihn sogar Germanenbrecher, was wohl auf die Versklavung von Idun anspielte. Dieser Spitzname gefiel ihm nicht und sorgte ebenfalls für ungesunde Gedanken. Wenige flüsterten bereits, dass Verus von seinen Dämonen heimgesucht wurde, die er beschworen hatte, um siegreich zu sein. In der Tat hatte er Dämonen beschworen aber nicht durch Magie, sondern durch Entscheidung. Er hatte sich entschieden und diese Entscheidung verfolgte ihn in vielen Fragmenten, die nicht nur Erinnerungen waren, sonder ganz reale Eindrücke. Er fühlte sich geblendet und seine Augen brauchten einen Moment, um seinen Vorgesetzten zu erfassen. Verus setzte sich endlich und fand auf dem Stuhl ein wenig Ruhe, bevor er antwortete. Der Centurio entschied sich seine persönliche Befindlichkeit dem Bericht vorweg zu nehmen. In seinen Händen hielt er eine Schriftrolle, die er schützend auf seinem Schoß bewahrte. Es war der Brief aus Rom, der ihn ebenfalls ängstigte. Er wollte keine Veränderung. Rom bedeutete eine neue Hölle, da sein Rom längst zu Asche geworden war. Seine Ideale waren zusammengebrochen und was sollte er dort finden? Als Prätorianer würde er hässliche Dinge tun müssen, die vielleicht nicht immer blutig waren und sicherlich anderes Handwerk verlangten, dennoch waren sie nicht minder kaltherzig. Ihm war sehr wohl klar, dass er der Hölle der Gewalterfahrungen nicht entkommen konnte. Immer wieder schien ihn die Verdammnis einzufordern, damit er seine Sünden und seinen Selbsthass vergelten konnte. Verus Augen schienen in einem diesigen Glanz zu liegen. "Erinnerungen," war das Wort an Erklärung, welches er müde hervorbrachte. Seine Wortwahl schoß am Ziel vorbei und verlor sich in der Stille, die dem Wort folgte. "Du kannst den Kampf verlassen aber der Kampf verlässt niemals dich," erweiterte er seine Aussage, damit Licinius als Soldat Roms begreifen konnte, dass Verus an Kriegsmüdigkeit und soldatischer Schwermut litt, die viele Legionäre kannten. Der Präfekt würde verstehen, denn es war kein seltenes Phänomen. Viele Legionäre ertränkten diese Gedanken in Wein oder suchten schnelle Liebe bei Prostituierten. Die meisten gewöhnten sich an diese seelische Kälte und wurden brauchbare Kämpfer, da ihnen nicht viel am Leben anderer oder auch sich selbst lag.
"Manche von uns schlafen schlecht. In letzter Zeit werden die Träume eindringlicher, Präfekt." Verus hob vorsichtig die Schriftrolle an, um diese auf den Tisch vor Licinius zu legen. Er wollte sie loswerden, da deren Inhalt doch mehr Ballast war. "Ich komme am besten gleich zum Bericht," meinte der Centurio, der nicht wirklich gut über seine Gefühle sprechen konnte. Dem kriegsversehrten Mann war eine ständige Erklärung zu anstrengend geworden, so dass er sich damit abfand, das die Welt eben so war, wie sie war: willkürlich und grausam. Also entschied sich der Tiberius schlicht seiner Aufgabe zu folgen und damit auch der merkwürdigen Ansicht, dass ein "Weiter so!" stets gut war; es hielt ihn im Leben, einfach weiter zu machen und so auch hier. "Luna ist erfolgreich nach römischer Sitte in meinen Besitz übergegangen. Sie wurde, wie durch dich gewünscht, bei Tribun Flavius untergebracht. Die diplomatische Mission, welche dir noch bekannt sein sollte, ist erfolgreich abgeschlossen worden. Tribun Flavius gelang es, einen Friedensvertrag auszuhandeln. Ich denke, dass er dir eine bessere Einsicht geben kann. Ich war nur zur Absicherung als Kommandant der begleitenden Milites eingesetzt. Insofern begleitete ich den Tribun zum Thing und nahm an den Verhandlungen als Ehrengeleit teil. Eine Anmerkung möchte ich mir erlauben, dass ich dort von den Germanen ein Schwert erhielt und wohl symbolisch mit Luna verheiratet wurde oder besser ihren Schutz gewährleisten soll. Sie nahmen die Versklavung als gegeben hin und deuteten sogar eine Art Götterurteil an," fasste Verus sachlich zusammen und ließ die Punkte, die andere besser benennen konnten, außen vor. Er selbst wollte nicht zu tief in die Erinnerung einsteigen, da diese auch mit Erfahrungen verknüpft waren, die er vergessen wollte. Eben jene Versklavung seiner Geliebten oder diverse Kampfeinsätze. "Tribun Flavius wird dir sicherlich bald zur Verfügung stehen," sagte Verus mechanisch und schloss damit den Bericht fast ab. "Nach Rückkehr ins Lager frischte ich meine Centurie auf und begann mit dem Lagerdienst. Auch nahm ich die Ausbildungstätigkeit wieder auf, um die Frischlinge in meiner Einheit auf Standard zu heben," war dann schließlich der Abschluss seines Rapportes, den er mit einer wischenden Handgeste beendete.
Verus überlegte, ob er dem Iulis seine Familientragödie berichten sollte. Kurz schwieg der Centurio und fasste dann etwas Mut, um die Sachlage zu erklären, bevor er den Brief aus Rom eröffnen würde. "Es gab Aufstände in Rom. Scheinbar haben sich Sklaven erhoben. Meine Familie war betroffen und die Villa Tiberia ist niedergebrannt. Bis jetzt habe ich keine weiteren Meldung zum Zustand der Tiberii in Rom oder im Umland," sagte Verus mit brüchiger Stimme, die nicht ganz einbrach aber an kalter Mechanik verloren hatte. "Ich werde diese persönliche Befindlichkeit jedoch nicht auf den Dienst einwirken lassen," versicherte der Centurio in fester Absicht, dass er einen Eid aufrecht zu halten hatte. "Ich erfuhr dies aus einem Brief der Augusta an mich und durch meine Cousine Tiberia Lucia." Der Tiberius wischte sich mit seiner Linken über die Augen. Eine Geste der traurigen Unsicherheit, die ihn wieder erfasste. Er brauchte einen Moment, um sich zu fassen und wieder zu sprechen. "Es ist einfach etwas viel," entfuhr ihm doch eine Befindlichkeit und somit äußerte er offen eine versteckte Emotion. Es erschien ihm nun passend, auch um die Befindlichkeit zu überdecken, den neuen Brief aus Rom zu offenbaren. "In der selben Zeit erreichte mich auch ein weiterer Brief aus Rom. Ein Versetzungsbefehl...," sagte Verus und deutete auf den Tisch. "... aber lies selbst." Man konnte erkennen, dass ihm diese Sachlage nicht gefiel.
Tribunus Cohortis Praetoriae Tribunus Q. Varinius Maro Centurioni A. Tiberio Vero s.d.
Auf Empfehlung deines Legatus Legionis Ti. Duccius Vala hat der Imperator Caesar Augustus entschieden, dich von der Legio II Germanica zu den Cohortes Praetoriae zu versetzen. Du hast deine Vorgesetzten über diese Versetzung unverzüglich in Kenntnis zu setzen und dich nach Regelung deiner Angelegenheiten nach Rom zu begeben und bei mir zu melden.
Ich gratuliere dir zu dieser Beförderung.
Vale
Quintus Varinius Maro
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Zitat
Original von Manius Flavius Gracchus Minor
[...]
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Als er schließlich gemeinsam mit dem Tiberius und der Duccia den Rückweg antrat, wobei er sich durch Patrokolos gar stützen ließ, um in der Dunkelheit des Abends und bereits ein wenig umnebelt vom Trunke nicht über jene inidentifikablen Wurzeln zu stürzen, resümmierte er:
"Durchaus etwas anderes als die hypothetischen Wortgefechte bei meinem Rhetor in Roma. Doch ich bin glücklich, diese Mission hinter mich gebracht zu haben."
Nun würde er seine Resultate noch vor dem Statthalter zu defendieren haben, was womöglich eine similäre Anstrengung würde darstellen, nachdem Duccius Vala nicht eben als ein Mann galt, welcher leicht zu saturieren war.Verus beobachte die Umgebung genau und achtete auf jeden Schritt. Er hatte seine handverlesenen Leute akurat eingeteilt und folgte in Nähe des Tribuns. Bei jedem Schritt hörte man die kleinen Ösen und Metallstücke seiner Rüstung klingen. Nicht laut aber der militärische Klang eines Mannes unter Waffen war eine seltsame Melodie, die eine schreckliche Vergangenheit verbarg. Der Tribun ließ sich stützten, was Verus mit einem skeptischen Blick kommentierte, der aber zum Glück nicht gut zu erkennen war. Das geschenkte Schwert verweilte mit Respekt am Gürtel, in der Nähe seiner Stammwaffe, jenem Gladius, welches schon viele Schlachten gewonnen hatte oder zumindest überlebt hatte. "Ich bin ebenfalls glücklich darüber, dass wir diese Sache erledigen konnten," schloss Verus knapp ab, da es ihm heute an weiteren Worten mangelte. Seine Gedanken waren zu zerschlagen und glitten in allen Richtungen, so dass der Moment nicht ganz in Worten zu erfassen war. Ein Teil seines Verstandes konzentrierte sich auf die Absicherung, während ein anderer Teil schon längst bei Idun verweilte, um ihre Nähe zu spüren. Das gespaltene Herz des Tiberius verlangte jetzt nicht nach Gespräch, sondern schlicht nach einem Weg, den sie gerade beschritten.
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Konnte es Verus wirklich glauben? Hatte dieser beleibte Jüngling wirklich ausreichenden Fechtsport betrieben? Scheinbar nicht aber Verus akzeptierte die Flucht des Flavius, denn Verus war heute nicht nach weiteren Vorhaltungen. Das sparte er sich für seine Rekruten auf, die noch nicht ganz in der Spur liefen. Sein Räuspern offenbarte eine ähnliche Schwäche, die er oft gesehen hatte. Es war keine konkrete Feigheit aber eine unfähige Haltung gegenüber der Pflicht. Es war die Pflicht eines Offiziers möglichst geschickt im Umgang mit seinen Waffen zu sein. Der dickliche Flavius drückte sich davor und konnte dies auch von Standeswegen begründen aber es machte die Sache nicht ehrbar; auch nicht im Sinne der römischen Traditionen, die eine gewisse Tugend und Tapferkeit von einem Mann verlangten. Verus schmunzelte über die ungeschickte Reaktion seines Gegenübers aber nickte diesem mit einem verstehenden Augenzwinkern zu. "Jeder dient an seinem Platz," schloss der Centurio ab und machte damit wohl die geheime Feigheit offensichtlich, eben jene Flucht aus der Handlung, die der Flavius so betuelich vollzogen hatte. "Ich werde nun zu meinen Pflichten zurückkehren," verabschiedete sich der Tiberius freundlich. Er wollte den armen Tribun nicht weiter mit harter Realität stören oder in dieser deplorablen Situation verweilen lassen. Verus wollte keine Rechtfertigung hören oder verlangen.
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Wie befohlen fanden sich zeitlich abgesprochen alle Centurionen vor der Amtstube des Präfekten ein. Auch Verus war darunter, der etwas müde aus den Augen blickte, da er immer noch recht schlecht schlief. Auch der letzte Brief ließ ihn nicht besonders gut nächtigen. Er wollte nicht zu Prätorianern. Er wusste, was ihn dort erwarten würde. Es würde eine andere Arbeit sein aber genauso hässlich, wie das blutige Handwerk des Krieges. Die Arbeit für das Imperium blieb hässlich und wirklich entfliehen konnte der Tiberius nicht, dessen Herz gelegentlich in Schwarz gekleidet war. Immerhin konnte Verus so gut geben, wie er es im Leben erhalten hatte. Seufzend blickte er durch die Reihen, die bereits angemeldet waren und nur noch auf Einlass warteteten. Es war noch unklar, ob der Präfekt alle nacheinander empfangen würde oder in Stoßgruppen. Verus selbst war dies egal, da er dem Präfekten ohnehin den Versetzungsbefehl unterbreiten musste. Wirklich glücklich wirkte er nicht, was man ihm ansehen konnte.
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Der Mann war ein Naturtalent. Verus war überrascht über diesen einfältigen Mann, der scheinbar eine geborene Kampfmaschine war. Instinktiv hielt er die Waffe richtig und führte die ihm angewiesene Bewegung, einer Maschine gleich aus. Ein Centurio konnte nicht zufriedener sein. Verus schaute sich das Schauspiel noch einen Moment an und unterbrach den Rekruten dann, indem er seinen Stock auf das Schild legte und die Bewegung deutlich unterbrach. "Gut," lobte der Offizier kalt und blickte in die Reihe der Wartenden und dann in den Himmel, wo sich bereits die Sonne dezent neigte. Er hatte noch etwas Zeit für zwei weitere Übungen, bevor man mit dem Drill fortfahren würde, der auch im Halbdunkeln stattfinden konnte: Marschieren und Marschtritt. "Ich möchte, dass sich jeder nun einen Übungspartner sucht und diesem auf Linie gegenübertritt," befahl Verus und nickte seinem Optio zu. "Die anderen können mir erweiterter Schwertübung beginnen. Ich übernehme die Frischlinge. Du weißt, was zutun ist. Wir treffen uns nachher zur Marschübung," erklärte Verus seinem vertrauten Optio, der fies lächelte. Endlich hatte er freie Hand und mit einem Handgruß verabschiedete sich der Optio zu den anderen. Verus selbst nahm ein Weiden-Scutum auf und verstaute seine Vitis am Gürtel, bevor auch er ein Holzgladius vom Boden aufnahm. Er baute sich vor Licinius auf. "Ich werde mit diesem hier üben," sagte Verus und deutete mit seinem Übungsgladius auf Licinius. Verus hielt das Scutum in geübter Hand, so dass es recht ruhig lag. Die anderen Rekruten hatten ihre Partner gefunden und bildeten jeweils eine Übungsreihe aus Duellanten. Noch warteten sie. "Beobachtet erst uns und ich gebe euch dann ein paar Aufgaben," befahl der Centurio nicht kalt aber auch nicht warm. Eher monoton war seine Stimme, die laut aber nicht überschlagend die Worte tonlos brabbelte.
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Nach meiner (kurzen) Abwesendheit, melde ich mich für morgen zurück. Ich muss noch etwas leidtragenden Kater abschütteln.
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El' Cheffe!
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Verus beobachtete das Treiben mit festem Blick. Er duldete keinerlei Fehler, denn sein eigenes Leben und das eines jeden anderen Legionärs hing von einer guten Ausbildung eines jedes Soldaten ab. Die römische Armee war nur so gut, wie ihr kleinstes Glied in der Kette. Schließlich kam wieder der tumbe Iosephus an die Reihe. Die Pause schien ihm nicht geschadet zu haben, obwohl auch er schnell in den Schweiß kam. Der Centurio nickte und korrigierte auch hier mit seinem Stock die Pose des Rekruten. "So," machte er dabei, als der Arme in richtiger Höhe gehalten wurde. "Ganz gut," sagte Verus und war zufrieden, was gerade Anfang wirklich eine Überraschung war. Der Tiberius galt in der Ausbildung als streng, so dass dies wirklich ein Lob war. "Ich denke, dass du bereit bist," erweiterte Verus die Übungsaufgabe. "Stoße mit deinem Scutum und deinem Körper gegen die Stange und steche mit dem Gladius schnell über die Sichtkante deines Schildes," befahl Verus und schlug als Zeichen mit seinem Standeszeichen (dem Stock) auf das Scutum, so dass ein dumpfes Geräusch entstand. Natürlich hatte Verus bemerkt, dass Licinius bereits Kräfte als Preis entrichtet hatte aber er würde ihn heute über jene imaginäre Grenze des körperlichen Schwächepunktes bringen. Es war seine ihm persönlich gestellte Aufgabe, die Frischlinge soweit fit zu machen, dass sie die ersten Minuten einer Schlacht überstehen konnten. Mehr konnte er ohnehin nicht tun. Erst die erste Schlacht entschied über ihr Schicksal. Er konnte nur so gut, wie es eben nur ging, ausbilden und viele Szenarien abdecken aber am Ende war jeder Kriegseinsatz ein Novum. Feinde hielten sich nicht an Planspiele oder Kriegsregeln. Insofern wollte er jeden Legionär auch soweit vorbereiten, dass sie im Zuge des Kampfes minimal improvisieren konnten und einige Grundlagen beherrschten, auf die sie instinktiv und variabel zurückgreifen konnten. Dennoch begann auch diese Ausbildung mit diesen einfachen Übungen. Das Scutum und das Gladius waren die Hauptwaffen des Kampfes; noch vor dem viel geliebten Marschieren und Schanzen.
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Gab es noch Bedenken? Gab es noch etwas zu fürchten, wenn sie in seiner Erinnerung war und sie gemeinsam ein Leben teilen konnten? Verus hatte ein Gefühl aber hatte keine passenden Worte in seinem Geist, die es beschreiben konnten. Es fühlte sich befreiend, wie auch erlösend an, denn alles in seinem Körper fiel in eine seltsamen Zustand, der ihm süße Tränen in die Augen. Jene Tränen fielen jedoch nicht und verweilten in den Augenwinkeln, als sie ihn sanft auf die Wange küsste. Verus, gestandener Kriegsherr, wusste nicht, was zutun war. Es wäre einfacher, alleine zu leben aber nun mehr unmöglich. Seitdem er sie kannte und sie liebte, fand er sich ohne sie in Einsamkeit wieder. Verus konnte kaum atmen, als sein Herz mit einem aufspringenden Satz schlug, und seine Hand auftrieb. Die Hand suchte nun ebenfalls ihre Wange, um zu erspüren, ob dieser Moment real war und nicht mehr nur ein Wunschtraum in kalter Nacht. Schnell geschah es und Verus verlor diesen Moment in den Alltag, als Idun den Korb mit den Äpfeln aufnahm und bereits voran ging. Perplex ließ er die Hand sinken, wischte sich mit der Handaußenfläche über beide Augen und entschied sich nach einer Sekunde des Aufatmens, zu folgen. "Ja, ich komme," antwortete Verus vergnügt mit einem liebevollen Strahlen auf seinen Wangen. Der Centurio war wieder Mensch, der hier nicht kämpfte, sondern lebte. Er gab Leben und nahm es nicht. Luna und er teilten nun ein Leben und somit auch eine Weltzeit, die beide untrennbar machte. Die Welt gehörte ihnen, denn es konnte nichts mehr geschehen, was die Erinnerung und somit ihre Liebe zerstören konnte. Selbst ein Tod konnte der mächtigen Zauberei ihrer geteilten Zeit nichts entgegen setzen. Verus lebte mit ihr und durch sie. Wie auch sie mit ihm und auch durch ihn lebte. Ein magisches Band durchbrach alle göttlichen Mächte und zerstörte ein geheimes Gesetz des Misstrauens. Beide verschwanden durch das Portal.
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Schnell waren sie. Die Übung konnte also rasch beginnen, da der Tag bereits in die Mitte der Stundenuhr geschritten war. Die Sonne verneinte dem Centurio bereits großangelegte sportliche Folter, die er gerne im Nachgang anbot oder besser befahl. Laufen und Springen galten diesem Tiberius als geeignete Vorbereitung für kampfbildende Maßnahmen. Doch heute würde es nur bei der Übung mit den Holzwaffen bleiben. Der zerschlag wirkende Iosephus ließ Verus grantig schmunzeln. Er wollte in die Legion und nun sollte er auch deren schweißiges Salz schmecken. Wenn man über die Legion schrieb, sah man viele Mythen aber die meisten konnten mit einem Stoff zusammengefasst werden: Salz. Die Legion war kristallhart, bitter und salzig schmeckend und aus dem Schweiße geschlagen, den die Männer bluteten. Salz konnte nur in Minen durch Arbeit gewonnen werden oder Verdunstung von Meerwasser. Verus wollte die Körper der Frischlinge durch Arbeit und harte Ausbildung ebenso in jenes Salz verwandeln, welches die Allmacht Roms war. Am Ende würde der Körper brechen und jenen feinen Legionär preisgeben, wie vernebeltes Wasser Salz freigab. Doch bis dahin war es hartes Arbeit, diese Rekruten auf Kurs zu bringen. "Tiro," rief Verus und zeigte nicht auf Licinius, dem er wirklich eine kleine Pause gönnte. Er konnte in die Reihe an das Ende treten oder beobachten. Verus nahm seinen Stock und deutete auf eine Position vor der Holzstange. Der Tiro, noch etwas ungeschickt, versuchte seinen Stand zu finden. "Schild anheben, auf Sichtkante deiner Augen," erklärte Verus sachlich und drückte mit seinem Stock dagegen, bis der junge Tiro eine passende Position hatte. "Wir beginnen einfach," nickte der Centurio ab und deutete mit seinem Stab auf den schwertführenden Arm mit dem Holzschwert, welches der Legionär schlaff hielt. "Handgelenk anspannen und festhalten," schimpfte Verus, während er dem Rekruten mit seinem Rebstock einen Schlag auf den Oberarm verpasste. Der Rekrut tat nun ängstlich, was ihm befohlen. "Etwas weiter nach Hinten," verbesserte der Veteran und war dann zufrieden, als das Gladius etwas gerade nach Hinten versetzt gehalten wurde. "Auf meinen Befehl, schnell am Schild vorbei stechen in einer geraden Stoßbewegung. Dabei das Scutum leicht vordrücken aber auf Höhe halten," erklärte er weiter und blickte trat dann mit einem Schritt auf Abstand. "Los," befahl Verus und beobachtete die ausgeführte Bewegung aufmerksam. Mit einem krachenden Ton traf das Holzgladius die schwere Stange. "Noch mal," warf Verus laut aus seinem Mund. "Schneller!" Der Rekrut wiederholte die Bewegung immer schneller, bis sich Schweiß auf seiner Stirn sammelte. "Gut," nickte Verus ab und deutete dann zurück in die Reihe. "Nächster," rief der Centurio und wartete.
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Wie durch einen fremden Geistesblitz durchfuhr ihn ein Gedanke, der mit der Tat vereinbar war. Wenn dieser Tribun ein Kämpfer und Soldat Roms sein wollte, sollte er auch kriegerische Tat und Handlung beherrschen: Konnte er kämpfen? Verus fragte sich gerade, ob dieser Mann wirklich etwas bewegen konnte, in einem Gefecht. Er wirkte nicht einem Krieger gleich und war auch ansonsten eher passiv in seiner charakterlichen Wirkung. Es mochte an seinem beleibten Körper liegen, der eindringlich Wohlstand offenbarte. Verus verdrängte seine sensiblen Gedanken, um in die harte Realität des Kriegshandwerks zurückzukehren. "Wie steht es um deine Kampfkünste, Tribun? Wenn wir schon über Taten sprechen, sollten wir auch über deine Fähigkeiten als Kämpfer sprechen," fragte der Centurio ohne Vorwurf in der Stimme. "Ich kann dir ein paar einfache Techniken zeigen, die dir eines Tages helfen können. Ich weiß, dass deine Position eher die eines Taktikers sein würde aber eine Schlacht kann schnell zu eigenen Ungunsten verlaufen und der Umgang mit der Waffe ist nicht minder wichtig, Flavius," war Verus ehrlich und blickte angestrengt beschwichtigend zum Tribun, da er diesen sicherlich nicht beleidigen wollte. Er erinnerte sich an seine damalige Ausbildung, die überaus hart war. Man musste lernen, Gewalt anzuwenden und auch zu ertragen. Schmerzen galten nicht nur als einzige Pein eines Kampfes. Opfer waren der Preis des Krieges. Konnte dieser Tribun sich selbst ins Getümmel werfen? Konnte er wirklich Gewalt anwenden, die sich unmittelbar zeigte? Er sollte es lernen, so dachte Verus, denn ein Römer sollte begreifen, was durch seinen Befehl in die Welt gelangte. Erst wenn die Tat nicht nur ein Begriff, sondern Handlung war, konnte dieser Mann wirklich aufrecht stehen. Verus war überzeugt davon, dass eine Tat durch Übung und Erfahrung besser vorbereitet war.
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Eine Maschine. Verus staunte nicht schlecht, dass der Bär von Jüngling, wirklich ohne Ausbildung auf eine derartige Zahl kam. Der Centurio war zufrieden, denn das bedeutete, dass er aus diesem Rekruten einen guten Frontsoldaten formen konnte. Die Probleme mit dem Schreiben und der naiven Lebensführung bekam er auch noch in den Griff. Es war sogar ganz gut, dass dieser Bursche nicht zu viel nachdachte und einfach ausführte. Für die Legion brauchbar, war eine gedankliche Notiz des Veteranen. Schließlich fiel der Tiro um aber rappelte sich schnell wieder auf. Immer mehr gute Eigenschaften zeigten sich. "Gut," sagte Verus. "Centuria, heute die übliche Übungen an der Holzstange für euch," befahl der Centurio monoton und trat vor Licinius. "Auch für dich. Ich möchte sehen, was du kannst," sagte Verus mit einem kalten Lächeln, als er mit einem Zeig zu aufgereihten Stangen deutete.
Man hatte etwa mannshohe dicke Holzstangen aufgestellt, vor denen geflochtene Weidenschilder und einige Holzschwerter lagen, beide von doppeltem Standardgewicht. Der Optio trat aus der Reihe, da es nun seine Aufgabe war, die Soldaten an die Stangen in Reihen zu verteilen. Seine gebrüllten Befehle gingen etwas im Gewimmel der geordneten Bewegung der Legionäre unter, die den Drill schon kannten. Der Optio ließ eine Stange frei, die den Neulingen galt. Etwa neun Frischlinge reihten sich an der besonderen Übungsstange auf, um auf den Centurio zu warten, der noch bei Licinius wartete. Er würde ihn zur Stange begleiten, da er der Erste sein sollte. "Komm'," rief Verus dem Tiro zu. Es gab keine große Zeit für eine Pause. Ausruhen konnte er sich in der Stube oder wenn er in die Reihe zurückgestellt wurde.
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"Ich...," wollte Verus auf ihr Lachen reagieren aber akzeptierte diese Aussage als gegeben, da sie sicherlich nicht ganz falsch war. Es gab keinen Grund zu widersprechen. Verus wirkte erleichtert, fast ungebrochen und strahlte mit beiden Augen in liebevoller Sehnsucht, als sich der Wolf nun auch ihm näherte. Lunas Wolf schien nun auch ihn zu akzeptieren, was ihn einerseits erfreute aber auch ängstigte. Es gebar eine neue Verantwortung für dieses einsame Wesen, welches auch nur eine Familie suchte. "Ja," sagte er schlicht und versicherte mit starker Stimme, dass er Luna und den Wolf nicht enttäuschen würde. Es gab keinerlei Zweifel mehr zu benennen, außer die Verus bereits in dezenter Absicht angesprochen hatte. Warum glaubte er Idun in dieser Sache? Weil er ihr bisher immer geglaubt hatte. Dieser Wolf schien keine Gefahr für die Bürger zu sein. Noch nicht. Aber was kümmerte Verus ein zukünftiges Problem? In diesem Moment war er in einem der beschworenen Himmel. Die feuchte Zunge weckte Verus aus seinem Tagtraum, der ganz aus einem Rausch für seine Liebe gespeist war. "Das ist schön," brachte Verus perplex hervor und versuchte die Überraschung zu verbergen, die sich auf sein Gesicht zeichnete. Ihre jugendlichen Züge ließen sein Herz frohlocken, welches nun in einem sanften Rythmus ein Lied von sich gab, welches wohl ein Teil des letzten Liedes war. "Wollen wir hinein gehen?" - fragte Verus bedächtig, denn es wurde Zeit. Er hatte noch Dienste vor sich und das Kompott musste entsprechend zubereitet werden. Immerhin hatte er einen Wolf der Einsamekeit entreißen können. Seine Seele fühlte sich frei und glitt in einem Tanz durch die Zeit. Er küsste Luna in schneller Bewegung auf die Wange, um ihr endgültig zu versichern, dass er für sie einstand- und auch für ihren Fenrir. Sünde war hier fern und die Grausamkeit des kriegerischen Feuers brannte hier nicht, sondern allein ein warmes Licht der wahren Liebe.
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Verus rollte kaum merklich mit den Augen, als der Tribun einen rechtlichen Hinweis von sich gab. Scheinbar war dieser Auftritt nun vorbei und Verus konnte ins Lager zurückkehren. Er war froh, dass dieser Tag anders verlaufen war, als es ihm seine Angst ausgewiesen hatte. Mit einer geübten Bewegung versuchte er das Schwert an seinem Gürtel zu verstauen, was ihm mit etwas Aufwand gelang, indem er das Prunkstück zwischen lorica und cingulum drückte, um es dort zu verkannten. Es hielt gut, wessen er sich mit einer leichten Hüftbewegung versicherte. Er würde es ohnehin festhalten, denn seine Hand lag bereits am Knauf. Mit seiner freien Hand nahm er seinen Helm auf, um diesen locker auf sein Haupt zu legen aber ihn dennoch gerade rückte, damit sein Blick nicht verstellt war. Verus schloss den Wangenschutz mitsamt Band nicht, so dass dieser halboffen wankte und im Wind spielte. In seinen Augen waren die Geschäfte hier erledigt, so dass er seinem Tribun und dann Silvana ein Zeichen mit einer Kopfbewegung gab. Konnten sie abrücken? Er würde nicht ohne Befehl gehen. Dafür war er zu sehr Soldat und achtete auch aus Respekt vor dieser Mission seinen Posten. Er würde später noch über diesen Tag nachsinnen können.
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Jeder Mensch fand seine Rolle in dieser göttlichen Komödie, die keiner Belustigung diente aber nicht an Ironie sparte. Verus hatte sich an seine Rolle nie ganz gewöhnen können aber spielte mit aller Kunst auf! Schall und Rauch, Effekte und Zauberei wirkten durch seine Hände, die mehr sein konnten als Mordinstrumente eines gestandenen Kriegers. Gebete waren gesungen worden und doch fand Verus niemals die Rolle, die seinen Händen wohlgefällig war. Und so vernarbten sie mit jedem Gemetzel und jeder schändlichen Tat im Namen einer Idee sowie einem Ideal. Wenn die Dunkelheit vor seine Augen zog und die Vergangenheit überwachsen; wenn die Priester von einem Weg sprachen und die Philosophen eine Wahrheit offenbaren wollten, kam Verus eine Sehnsucht in den Sinn. Er war gleichsam verloren und gefunden. Die dunkle Nacht schien endlos und doch erinnerte er sich an etwas, was längst keinen Namen mehr hatte. Eine schlichte Sehnsucht, die eine Fontäne der Vergebung war und den Augen Licht gab. Er warf seine Seele ins Gewässer jener Fontäne und fand Unendlichkeit in einer schlichten Erkenntnis, dass alles nur eine Geschichte war. Mit einer Bewegung deutete er hinauf zu den gefühlten Himmeln. Es schien fast so, als ob er die verborgenen Sterne berühren wollte. Verus wollte eine Geste abgeben, um seinem Gedanken Wirklichkeit zu verleihen. "Unter den Himmeln stehen wir als einfache Wesen und begreifen nicht, welche Wunder sich uns vorgetan. Unter den Himmeln stehen wir, und sehen nicht, welche Wunder sich in uns getan. Unter den Himmeln stehen wir, in fester Absicht nicht zu vergehen und doch vergehen wir in einem Atemzug, der über ein Meer streift," zitierte Verus ein eigenes Gedicht, welches er in einem Moment der Lethargie und Agonie seiner einsamen Reise in ferne Schlachtfelder erdacht hatte. "Unter den Himmeln, scheint alles verloren und doch war es hier, wie ein vorbeirauschender Wind," schloss er sein Gedicht mit einem Lächeln ab und nickte dem Flavius zu. Alle fanden ihre Vergebung, wenn sie danach suchten; auf die eine oder andere Art. Verus wusste, dass es auch für ihn eines Tages Vergebung geben würde aber noch nicht. Noch war nicht seine Zeit gekommen. Der Krieg folgte ihm und somit war es mühselig an einen anderen Weg zu denken. Absolution musste verdient werden durch ständige Aufrichtigkeit. "Wir erhellen unser Leben, Tribun," war schließlich die Antwort, um dem Theaterstück einen Hauch von Sinn zu geben. Verus war überzeugt davon, dass Menschen sich einander Sinn gaben. Vielleicht hatte er dies erst durch Idun gelernt. "Rom ist groß und ein Licht aber es wird von vielen kleinen Fackeln zum Strahlen gebracht, die wir alle in uns tragen." Verus schien erleichtert, für einen Moment die Maske des harten Kriegshundes abzulegen und sein Gesicht fand Menschlichkeit, da seine Augen an Frost verloren. "Vergiss' niemals, dass Ideale ohne Tat leblos sind, Tribun," mahnte Verus dem neuen Tribun und wollte ihm eine Lehre für sein zukünftiges Leben schenken, die man mitunter nur verstand, wenn man auf dem Mordacker gestanden hatte. Es war sicherlich mutig, einen höhergestellten Hierachen eine Lehre so offen zu gestehen aber Verus in seinem Stande als Altgedienter nahm sich den Moment als Gelegenheit. Es war ihm persönlich wichtig, dass mutige Männer mit Herzen führten und nicht herzlose Bürokraten.
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Ich unterstütze den Vorschlag, da ich selbst ein Langposter bin (sofern ich kann) und gerne Geschichten ausgiebig erzähle. - Und leider auch nicht immer ausreichend Zeit habe, um jeden Tag zu antworten, so dass schlicht Wartezeiten entstehen. Ich bin für eine flexible Verlängerung. Immerhin ist dies hier ein Rollenspiel und sollte auch Geschichten bereitstellen können. Die kurzen Zeitfenster erlauben nicht allen Spielern volle Ausgestaltung. In diesem Sinne: ich bin offen für die Veränderung.
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Verus nickte zufrieden und trat um den Rekruten herum, bis er seine Stimme zu einem neuen Befehl erhob. "Kniebeugen! Los!" - war die Anweisung. "Ohne Zahl. Ich will sehen, wie weit du kommst," erklärte der Centurio knapp und blieb dann stehen. In seinen Hand verweilte drohend jener Stock, der auch stets zur Züchtigung eingesetzt wurde. Verus würde die alten Maßstäbe an die Ausbildung ansetzen. Den Willen brechen, dann eine militärische Persönlichkeit etablieren und diese dann verfeinern. Legionäre hatten zu funktionieren und nicht zu hinterfragen. Freie Persönlichkeiten neigten zum Widerstand- und Widerstand konnte kein Militär gebrauchen, welches den Anspruch hatte, die Welt erobern zu können.