Was war dieses Gefühl? Diese Ewigkeit, die im Moment lag, welche dahinwanderte, ohne Bestand und doch voller Gewicht. Es war ein Jahrhundert, ein Jahrtausend, gar Jahrtausende, die in einem Atemzug lagen. Verus war Mensch, so voller Leben und doch so fragil in der Zeit. Verus war hier, allein mit seiner Idun; der Liebe, die Ewigkeit spürbar machte. Und doch schien diese Ewigkeit zu enden. Hier war er, verletzlich, versunken der Berührung zweier Seelen, die bisher nur Leid gefunden hatten. Doch dieses Leid verstrahlte an der Ewigkeit. Ihre Nähe ließen einen Zauber wirken, der sein Herz aus dem Eis der Vergangenheit befreite. Es war schwer für ihn zu erklären, zu verstehen, was ihn gerade veränderte. Das Monster, welches sich seiner bemächtigt hatte, schwieg still und doch war es dort, wo es lauern konnte. Denn hier lag allein Gnade und Absolution, vertrieb die Verachtung der Zeit. Ewigkeit kannte keine Zeit, denn sie selbst war zeitlos. Doch die grausamen Götter hatten ein Ende in diesen Moment gesetzt. Die Unschuld ging verloren, denn Verus musste sich stellen. Der Centurio musste sich seinen Taten stellen, um nicht mehr vom Monster gejagt zu werden. Das Monster war er selbst, welches ihn trieb und hetzte. Gewalt fraß die Seele mit großen Zähnen und Verus spürte bereits das beachtliche Gebiss des Monsters in seinem Nacken, wie es sein Maul spreizte und zubeißen wollte. Ihre gebrochenen Worte konnte nicht sühnen, was er selbst war. Ihre Worte konnten nicht brechen, was er sein musste. Rom war hier. Überall. In ihm und mit ihm. Alles schrie in ihm, diese Vergebung zu suchen, doch das Monster biss fest zu, riss an seinem Genick und zog ihn weg von Idun; Stück für Stück kehrte die Sünde ein. Verus begann zu zählen. In Gedanken summierte sich seine Erinnerung und vergab nicht mehr. Die Dunkelheit fiel herab, wollte sich seines Herzens bemächtigen und doch blieb das Monster gierig. Es biss zu, immer wieder, bis seine Seele blutete. Verachtung war der Geschmack seiner selbst, die die Bestie genoss. Nein, Verus wollte sich weigern und wehren. Er blutete nicht für sich, sondern für seine Liebe. "Ich brauche dich," wiederholte er suchend in ihre Richtung. Am Rande des Abgrundes, suchte er sie und das Herz schlug für sie, um dem Abgrund zu entspringen. Die Ewigkeit brach ein und die Zeit hatte die beiden wieder, doch ihre Herzen behielten sich einen Splitter dieser Ewigkeit; jenes Himmels ohne Grenzen, der nur ihnen gehörte. Allein ihnen und den selbst nicht einmal die Götter beherrschten. Eine Magie, fern jeder Realität und anderer Macht, die das Monster bestrafte. Verus vertrieb das Monster mit Hingabe und neigte in der Bewegung, wo sich ihr Kopf näherte, seinen Kopf gegen ihren. Erinnerung konnte nicht zerstören, was von Schicksalmacht wahr gemacht war. Eine gnädige Sühne füllte seine berührende Hand, die sanft enger schloss, um das festzuhalten, was er durch Leid beschützen wollte. Ihre Berührung war die mächtige Absolution, die das Monster in die Lauerstellung trieb. Doch noch war die Bestie nicht erschlagen. Verus würde bald in die Höhle seiner selbst steigen müssen, um dort gegen das Monster zu kämpfen. Doch jetzt schwieg es wieder. Seine Augen lebten, strahlte in leidender Liebe und suchten Licht, als Idun wieder ihren Kopf hob, während Alpina eintrat. Beide lebten füreinander. Eine Trennung zerbrach beide und die gemeinsame Nähe heilte sie. Diese Heilung war alles, was Verus brauchte, um die Bestie zu besiegen. Alpina, die Heilerin, tat ihr Werk, was Verus beim ersten Blick auf die Wunden erschaudern ließ. Kalt fiel die Luft aus seiner Nase, wie Blei herab. Sein Herz schlug heftig, wollte den Anblick verjagen aber scheiterte. Verus musste sich eingestehen, dass er dies getan hatte und der Blick auf dieses Leid strafte ihn. Es schmerzte ihn, und gleichsam wollte er mit ihr schreien als sie ihr Gesicht ins Kissen presste. Ihre Hand krallte sich an seiner Brust fest, die er nun stützend mit beiden Händen hielt, um ihr Zuversicht zu schenken. Er würde jetzt nicht weichen. Hier stand er; fern der Flucht. Die tränenbehafteten Augen ließen auch Verus erneut beständig weinen; nicht in sturzenden Bächen, sondern in stillen aber beständigen Tränen aus seinen Augenwinkeln. Verus füllte sich verantwortlich und teilte ihren Schmerz. Schließlich, auch zu Verus Erleichterung, wurden die neuen Verbände aufgetragen, was den Anblick von erheblicher Grausamkeit reduzierte, auf einen Punkt des Erträglichen. Mit bekümmerten Augen blickte er zur Seite, in jene Richtung der Heilerin, die ihn forschend mit ihren Augen ansah. Es lag Wut in ihren gesprochenen Worten. Verus musste Flagge zeigen. Er war es. Der Römer allein, welcher hier kniete, und auf Vergebung hoffte. "Ich war es," stammelte er diese drei Worte zusammen und wiederholte sie dann fester: "Ich war es." Es verschaffte eine kaum merkliche Erleichterung, denn nun war bekannt, was er war aber dennoch konnte es ihn nicht von der Tat freisprechen. Verus erwartete sogar ein brutales Urteil über seine Person. Denn immerhin war er brutal gewesen.