Beiträge von Sergia Fausta

    Ja, das dachte ich mir so. Und ein kleines bisschen wollte ich natürlich auch die Anerkennung mir wichtiger Leute erheischen. Aber wer sollte das sein? Nach ihrer Hochzeit mit diesem Duccius, dem ich.. abseits seiner Herkunft und der Tatsache, dass er sich ausgerechnet diesem ollen Germanicer als dessen Verteidiger (nicht Pflichtverteidiger!) hingegeben hatte, nichts vorwarf, waren meine zuvor leicht (freundschaftlich) erwärmten Bande zu Tiberia Lucia sehr rasch wieder auf den Stand eines berechnend kalten Zweckbündnisses auf Zeit abgekühlt. - Für ein Teilen meiner Mutterfreude war das definitiv zu wenig!
    Und was war mit meinen echten Freundinnen? Paula und Tusca redeten mir spätestens seit meiner Erhebung in den Ritterstand immer ganz super nach dem Mund. Das befriedigte mich schon seit einer Weile nicht mehr. Und das Sabinchen, das war weit weg in Alexandria, die Gute. Die Liste, die jetzt noch blieb, war daher ziemlich bescheiden: Eine Aurelia stand darauf, die ich bisher einmal (auf meiner Hochzeit) getroffen hatte - kaum ausreichend für ein Teilen meiner privaten Freude. Und eine Flavia stand darauf, die ich immerhin auch schon mal in den Thermen angetroffen hatte. Tja, und weil ich also keine großen Alternativen hier hatte, fiel die Wahl eben auf die Flavierin: Sie bekam einen netten Brief (sogar auf Papyrus und nicht nur irgendeiner billigen Wachstafel!) von mir....




    SERGIA FAUSTA



    Ad Flaviam Domitillam
    Villa Flavia Felix
    Rom - Italia



    Sergia Fausta Flaviae Domitillae s.d.


    Wie geht es dir, geschätzte Flavia? Ich hoffe, du befindest dich wohlauf, bist glücklich und rundherum zufrieden! Denn andernfalls dürfte ich dir auch sicherlich nicht schreiben, dass es mir gerade fantastisch geht! Flavia, ich möchte dich ganz herzlich einladen in die Casa Iulia, um an meinem kleinen und zugleich großen Glück namens Marcus Iulius Dives Minor, geboren an den vergangenen Meditrinalien, für einen Moment teilzuhaben!


    Bei meinem Großvater Marcus Sergius Stephanus (er war einst ein treuer Klient des Senators Flavius Felix!), ich würde mich wirklich freuen, wenn du kämest! Und es soll auch dein Schaden bestimmt nicht sein:
    Ich will nichts vorweg nehmen, aber hast du zum Beispiel von der Eheschließung zwischen dem Senator Duccius und dieser Tiberia Lucia gehört? Ich war hautnah dabei gewesen bei diesem Skandal! Denn hast du zum Beispiel gewusst, dass ihr Bruder Tiberius nicht lange vorher ausgerechnet vom duccischen Senator (und gegen die Stimmen der Vertreter von Gerechtigkeit, von Objektivität und Transparenz!) eine Auszeichnung für seine Amtszeit als Vigintivir zugeschanzt bekam?!? Ohne zu behaupten, dass dieses "Diploma" nun ganz ungerchtfertigt war (obwohl mein Mann so eins, finde ich, mindestens genauso verdient hätte!), riecht das doch förmlich danach, dass der Kerl seine eigene Schwester nur für so ein.. Ding aus dem gehobenen Luchsbau direkt in eine raue Wolfshöhle warf!


    Ist das nicht schockierend?


    Ich verbleibe in positiver Erwartung deiner Antwort und wünsche dir von allem, wie es einer Flavia gebührt, nur das beste!
    Vale bene!


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    Sergia Fausta
    ANTE DIEM XI KAL NOV DCCCLXIV A.U.C.
    Casa Iulia | Rom | Italia

    Oh man, ich war so ungeheuer müde.. glücklich, aber einfach nur totmüde. Ich lächelte nur stumm mir ein Gähnen unterdrückend, als irgendwann mein Marcus bei mir erschien und mich grüßte. Er schien sich über alle Maßen zu freuen über unseren Sohn (auch wenn ich mir da immernoch nicht so ganz sicher war, ob er wirklich sein Erzeuger war). "Er hat deine blauen Augen.", behauptete ich vor allem um meine eigenen Zweifel zu zerstreuen einfach mal. Dabei wusste ich eigentlich (das hatte man mir gesagt), dass nach der Geburt erstmal alle Kinder blauen Augen hatten. Vielleicht wurden sie später also noch grün, braun oder grau.. oder aber sie blieben blau. Die kleinen Härchen auf dem Kopf des Kleinen waren hingegen dunkler und glichen, wenn, dann eher meiner Haarfarbe als dem blond meines Mannes. Aber ein bisschen Mischung musste ja auch sein, nicht wahr?
    Marcus legte mir den Kleinen zurück in die Arme und nannte ihn.. gaanz spektakulär.. und ziemlich selbstverliebt.. und irgendwie dynastisch (was mir wiederum sehr gefiel).. Marcus Iulius Dives Minor. Ich lächelte. "Marc." (Ja, irgendwo musste ich ja auch mal einen Punkt machen! Mein Mann hieß bei mir Marcus, mein decimischer Adler hieß Marcus und auch mein (inzwischen) Lieblingsvetter Commodus hieß Marcus. Das hier war Marc, einfach nur Marc.) Während ich ihn so nannte, strich ich ihm einmal über seine paar Härchen auf seinem kleinen Köpfchen. "Mein süßer kleiner Marc." Kurz darauf nickte ich weg.. und würde mich erst in ein paar Stunden etwas irritiert und unerwartet in meinem Ehegemach wiederfinden.. mit dem kleinen Marc in meiner Nähe. Und mehr war mir in diesem Augenblick dann auch irgendwie nicht wichtig.

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    Mein Hausadvokat Faustus Poppaeus Sabinus brauchte über die Frage des Iudex nicht lange nachzudenken. "Natürlich ist meine Mandantin hier zu einer gütlichen Einigung bereit." Satz eins. "Als Teil dieser muss sie natürlich einerseits darauf bestehen, dass der beschuldigte Senator Germanicus Sedulus sich zeitnah in einer öffentlichen Rede oder Erklärung auf dem Forum Romanum zu seiner Tat bekennt, sich dafür entschuldigt und auf den Stein des Iuppiter Besserung gelobt." Satz zwei. "Und als zweiten Teil ist es sicher auch nur angemessen, wenn meine Mandantin neben den Worten der Reue auch Taten zu sehen verlangt.." Sabinus ließ eine kleine Zäsur, auch wenn sein dritter Satz hier noch nicht beendet war. "..und deshalb sowohl eine Zahlung des Germanicus in Höhe von 300 Sesterzen, das sind etwas mehr als das Doppelte von einhundertsiebenunddreißig Sesterzen und sieben Quadrantes, an die Staatskasse sowie eine eine Beteiligung des Germanicus in Höhe von 150 Sesterzen an an ihren eigenen Auslagen für Anwalts- und Gerichtskosten fordert." Ende Satz drei. Gerade was das Finanzielle betraf, war mein Vorschlag angesichts der vielen Ländereien des Senators sicher als milde zu beschreiben. Nur beim ersten Teil, tja, da musste die Verteidigung selbst wissen, ob sie es lieber auf eine Hauptverhandlung ankommen lassen wollte oder ob sie den nächsten Auftritt des Germanicers in dieser Angelegenheit lieber allein inszenierte. Mir.. war das am Ende des Tages relativ gleich.

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    Mein Hausadvokat Faustus Poppaeus Sabinus konnte sich, genauso wie ich, nur wundern über das sprachliche Unverständnis des Verteidigers. Denn nie hatte Sabinus vorgegeben einen genauen Einblick in die Lager des Germanicers zu haben. Was er aber getan hatte, war anhand von eigener Erfahrung im betrieblichen Wirtschaften berechtigte Annahmen aufzustellen: Eine Fischerei in Ostia, eine Rinderzucht in Corfinium, eine Metzgerei in Rom und eine Bäckerei, die dem Namen nach ihren Sitz in Carthago Nova hatte.... Natürlich nutzten die unterschiedliche Lager! Und natürlich trennte jeder halbwegs intelligente Unternehmer darüber hinaus auch privates und betriebliches Vermögen (zu welchem auch die zugehörigen Warenlager gehörten) voneinander!
    Und man musste ja auch ehrlich realistisch sein: Ein "Lehrling", der am Ende aufgrund der räumlichen Begebenheiten wahrscheinlich der Metzgerei zugehörig sein sollte, hatte demnach Metzgerei-Produkte zum Verkauf auf den Markt zu bringen. Und anstatt in diesem Beispiel also Räucherfleisch und lukanische Würste aufs Forum zu transportieren, brachte er Holz und Farben und Ton..?!? So sehr ich für meinen Teil manchmal an der Denkfähigkeit meiner Mitarbeiter und Untergebenen zweifelte (und das tat ich!), so wenig konnte ich mir auch nur im Entferntesten ein solches "versehentliches Versehen" vorstellen. Nein, dieser Fall war und blieb in meinen Augen eine Vorsatztat! Und, so interpretierte ich die Worte des Ducciers, ganz genau aus diesem Grund (der eben doch auch ihn überzeugenden Logikkette) war es dem auch auf einmal gar nicht mehr so wichtig, ob es nun einen Vorsatz gab oder nicht....


    Aber zurück zum sprachlichen Unverständnis des Halbgermanen: Mit großen Worten widmete der sich im Folgenden der naiven Einteilung der Welt in schwarz und weiß. Es gab die verurteilten und bestraften Schuldigen. Und es gab die nicht verurteilten und nicht bestraften Menschen, die er hier als Unschuldige präsentierte. Dabei lag gerade im Fall des Decimus Livianus gegen Germanicus Sedulus die Sachelage galsklar auf der Hand: Der Rechtsstreit war damals durch einen Vergleich beendet worden. Und wenn dieser Vergleich nun einmal geheißen hatte, dass sich Person A bei Person B öffentlich entschuldigen musste, dann war das wenigstens mit meinem persönlichen Unschuldsverständnis nur sehr, sehr schwer in Einklang zu bringen. Vielmehr war das Ganze (meiner Meinung nach) damals aus Sicht des Gerichts eine Bagatelle, nachdem der Kläger von seiner Klage "abgesprungen" war. Unschuldig wurde auf diesem Weg niemand. Der Schuldige entging nur in beiderseitigem Einverständnis seiner gerichtsurteilichen Strafe.
    Als die Ausführungen des Ducciers dann den geerbten Bäckerei-Betrieb erreichten, konnte ich mir nicht helfen. "Das wird sich Germanica Aelia, selbst genauso Mitglied des Ordo Senatorius, wahrscheinlich auch die Jahre über immer gesagt haben.", spekulierte ich ernst in Richtung des Poppaeers und rollte mit den Augen. Und ja, ich flüsterte und mauschelte diese Worte auch nicht. Wozu auch? Der Duccier ließ sich davon sicherlich eh nicht beeindrucken und erzählte einfach seinen Stiefel weiter runter; die Zuhörer und Zuschauer bekamen einen weiteren fun fact am Rande geliefert über die wirtschaftlichen Machenschaften der Germanicer; und der Iudex, tja, der schien sich mit seinem Becherchen (hoffentlich sittlich verdünntem) Wein in den Händen auch viel zu sehr zu amüsieren hier, als dass ich befürchtete, dass er mir gleich wegen diesem einen kleinen Einwurf den Kopf abriss. So what?


    Und da gings dann wirklich schon weiter mit der duccischen Rede, die ich an diesem mitleidsheischenden Punkt vorübergehend ignorierte (ich hasste Mitleid). Stattdessen argumentierte ich lieber gedanklich durch, weshalb die Begründung für den Part mit dem "geschätzten" Senator nicht ganz passend war: Ehrbar konnte man ganz objektiv betrachtet sein oder auch nicht sein, wenn man definitionsgetreu "der Sitte gemäß" lebte. Aus welchen Gründen eine Person hingegen allgemein geschätzt wurde, also das subjektive Ansehen möglichst vieler anderer genoss, das ließ sich hier so sicher weniger pauschalisieren (oder aber es stellte ein ganz schönes Armutszeugnis für den Germanicer aus, wenn er genau dafür, das Stehen zu seinen Fehlern, in allererster Linie geschätzt würde).
    Gegen Schluss seiner Rede drang dann nur noch einmal mehr der Unmut über die Entscheidung des Praetor Urbanus durch. Denn auch hier war die Logikkette vergleichsweise einfach zu schließen: Wenn doch diese Verfehlung des Germanicers eine einfache Ordnungswidrigkeit war und blieb, ganz egal ob er hier mit oder ohne Vorsatz gehandelt hatte, dann musste (!) man diesen Punkt exakt eins zu eins an den Prätor zurückgeben, der meine Klage hier ja offensichtlich erst zugelassen hatte, statt mich an die Ädile zu verweisen. Aber weil er schon einmal genau darauf verwiesen hatte (auch wenn das der Verteidiger hier offenbar nicht hören wollte), enthielt sich Sabinus mit einem entspannt undurchdringlichen Lächeln eines Kommentars dazu.


    Ja, und auch ansonsten hielt es mein Advokat nicht für nötig, weitere Punkte vor dem Iudex zu machen. Es war gesagt, was gesagt werden sollte und gesagt werden musste. Der letzten Rede des Ducciers war deutlich zu entnehmen gewesen, dass mittlerweile auch er mindestens arge Zweifel an einer vorsatzlosen Tat seines Mandanten hatte. Darüber hinaus hatte er die Tat selbst gestanden und ich hatte einen guten Teil Genugtuung im Aufleben der schmutzigen Vergangenheit des Germanicers gefunden. Mein Anwalt blickte also nur erwartungsfroh hinüber zum Iudex.. während ich mir nach dem Ende der duccischen Rede noch ein letztes Wort herausnahm. (Diesmal wandte ich mich in normaler Lautstärke an meine Leibsklavin Callisto.) "So weit kommts noch, dass am Ende nicht der Germanicus sondern sein Daimon als Gesetzesbrecher verurteilt wird!", beschwerte ich mich. Ein Blick genügte um zu wissen, dass ich kurz erklären musste: "Was dem Griechen der Daimon, ist dem Römer sein Genius." Jetzt hatte auch sie mich verstanden.... (Tja, Sklaven und andere Untergebene eben. Aber wenigstens konnte meine Callisto mit einem Blick Fleisch von Holz, Farben und Ton unterscheiden..)

    Sim-Off:

    Ich habe extra eine GANZE Woche mit meiner Reaktion gewartet. "Dem Iudex über den Mund gefahren" wie, mit Verlaub, hier geschehen bin ich also (vor heute) bestimmt niemandem. ;)


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    Mein Hausadvokat Faustus Poppaeus Sabinus hatte seinerseits nur ein müdes Lächeln für die Gegenrede des Duccius übrig, bevor es ihn offen der Lüge bezichtigt anschließend allerdings bestimmt nicht auf seinen vier Buchstaben hielt. "Also das nenne ich doch wirklich hanebüchen! Du willst uns und dem Gericht doch nicht allen Ernstes glauben machen, der Germanicus würde seinen privaten Wein direkt neben dem rohen Fleisch, welches er für für seinen Metzgereibetrieb benötigt, lagern!", empörte sich Sabinus. "Ob nun in verschiedenen Bereichen in einem Gebäude oder aber gleich ganz an verschiedenen Orten, irgendeine Trennung, davon kann man ausgehen, wird auch ein Senator Germanicus Sedulus in seinen Lagern haben. Und damit steht die Vorsätzlichkeit zweifellos hier im Raum!" Punkt eins.
    Und der nächste folgte sogleich: "Insofern muss ich deiner "Faktenliste", werter Duccius, leider entschieden widersprechen. Allerdings fängt das nicht erst bei den letzten Punkten sondern schon früher an. Denn es scheint mir, dass du im Eifer des Gefechts übersehen hast, dass dein Mandant so konfliktfrei im Bezug auf jedwede römische Gesetze nicht war." Er fixierte den Germanicer selbst, bevor er fortfuhr. "Oder entspricht es etwa einer Lüge, dass am Tag vor den Julikalenden des Jahres 859 seit Stadtgründung - und damit exakt in deinem angeführten Zeitraum, Duccius - in diesen Hallen eine erste Anhörung im Fall Decimus Livianus gegen Germanicus Sedulus stattfand?!" Ups? "Er selbst mag bisher noch nicht mit der Lex Mercatus aneinandergeraten sein. Aber viel allgemeiner wirst du diesen Punkt nicht fassen können, Duccius." Wo dieser Duccier hier überdies noch irgendwelche Steuergelder verschwendet sah (ich hatte 500 Sesterzen für diese heutige Anhörung gezahlt und es wäre mir auch neu, dass der Codex Iuridicialis für das Gericht irgendwelche Gehälter vorsah!), konnte ich mitnichten nachvollziehen. Sabinus verzichtete allerdings augenscheinlich auf einen passenden aber doch nur vom Themen wegführenden Kommentar dazu. "Mich einer - Zitat - tolldreisten Lüge zu bezichtigen, das halte ich hier indes für nicht sehr angebracht.", konterte er stattdessen ernst.


    Dann hielt er kurz inne, um zu mir zu schauen. Ich nickte ohne eine Miene zu verziehen. "Ferner - und die begründete Annahme der Vorsätzlichkeit stützend - möchte ich einen Tatbestand anführen, welchen meine Mandantin zwar nicht angezeigt hat, weil ihr dieser Tatbestand zu jenem Zeitpunkt nicht bekannt war, der aber einmal mehr einen recht eindeutigen Blick auf das Handeln des Senators Germanicus Sedulus gibt.", kündigte er an, bevor er eine kleine Kunstpause einfügte. "So besitzt der Senator neben seiner Rinderzucht, seiner Metzgerei und seinem Fischerei-Betrieb auch eine Bäckerei, den sogenannten "Pistor Carthago Nova". Und bei allem gebührenden Respekt gegenüber dem Senator mutet es doch höchst seltsam an, dass vor vielen Jahren ausgerechnet in einem öffentlichen Prozess gegen seinen eigenen Onkel Germanicus Avarus das Grundsatzurteil gefällt wurde, welches Patriziern und Mitgliedern des Ordo Senatorius ganz explizit den Besitz einer Bäckerei verbietet.", führte er aus und deutete für einen kurzen Augenblick lang erwartungsvoll zum Germanicer. Bevor der aber noch wirklich gleich etwas sagte und ihn unterbrach, fuhr Sabinus fort: "Wir haben also die getrennten Lagerräumlichkeiten, von denen wir ausgehen können. Wir sahen, dass der Senator keineswegs so völlig konfliktfrei mit den römischen Gesetzen schon in der Vergangenheit war. Und wir dürfen uns nun vor Augen führen, dass der Senator sich trotz öffentlichen Urteils gegen seinen nächsten Verwandten trotzdem gegen dieses Urteil stellt und ihm zuwider handelt. Das ist nicht anders zu erklären als durch ein bewusstes Handeln, ein vorsätzliches Handeln des Beschuldigten!" Das klang schon beinahe nach einer Art Schlussplädoyer.
    Aber einen Punkt brachte mein Hausadvokat Poppaeus noch an: "Und dieses Handeln ist gerade von einem Senator, als der er eine gewisse Vorbildfunktion besitzt, absolut nicht zu tolerieren! Dabei spielt es, Senator Duccius, auch keine Rolle, ob Senator Caius und Senator Aulus ihre Vorbildfunktion ebenfalls verletzt haben oder noch verletzen werden oder auch nicht. Denn hier geht es nicht um die Senatoren Caius und Aulus sondern um den Senator Quintus Germanicus Sedulus, sein falsches Handeln und seinen Vorbildcharakter! Ob es uns nämlich passt oder nicht, schaut das Volk sehr wohl und sehr genau auf die Mitglieder des Senats, ihre Leistungen, aber auch ihre Verfehlungen.. und die jeweiligen Konsequenzen daraus." Damit begab sich Poppaeus wieder an seinen Platz an meiner Seite. Jetzt hatte er dem Iudex mal kaum Zeit für ein Einschreiten gegeben.. was aber auch wenig verwunderlich war, nach dieser offenen Provokation seitens des Verteidigers!

    Tag eins nach meinem Coup. So ganz konnte ich es immer noch nicht glauben, dass ich (oder mein imaginärer Bruder) jetzt an der Spitze dieser weit verzweigten Vereinigung stand.. wenigstens für den Moment. Denn wer wusste schon, wie fix dieser Cleonymus nun, in der gesteigerten Anonymität, seine Gegner und Rivalen aufspüren und mundtot machen konnte. Und eins war klar: Den (vorerst) letzten Platz auf seiner Liste der ungeliebten Konkurrenten hatte ich automatisch eingenommen, indem ich sein Angebot angenommen hatte. Für große Freudentänze und Siegesorgien war also keine Zeit. Jeden Augenblick und jeden Wimpernschlag musste ich jetzt versuchen zu nutzen, um mich möglichst rasch an der Spitze zu etablieren und mich dann auch freizumachen von den Ansprüchen eines Cleonymus aus Alexandria. Let the show begin!


    Ich besuchte (natürlich nur im Namen des Faustus Ultor) einmal mehr das unscheinbare Hauptquartier, als das ich diese Lokalität verstanden hatte. Viel her machte dieser Bau ja wirklich nicht, von innen genauso wenig wie von außen. Dafür war er aber.. nunja.. unscheinbar. Und das war alles andere als schlecht. Ich begnügte mich also erstmal damit, eins dieser "Kinder des Nebels" im übertragenen Sinne einmal feucht durchwischen zu lassen, während ich mir in der Zwischenzeit eine kurze Führung durch die Räume geben ließ: Es gab eine schmale Eingangshalle, die durch eine Doppelflügel-Tür zu einer Art Gemeinschaftsraum mit zwei Tischen und vier Bänken (alles nur ganz einfach und eher spartanisch) getrennt wurde. Vom Gemeinschaftsraum aus führten drei Türen weg: Linker Hand gab es einen Schlafsaal, der vorwiegend von männlichen Nimbati ohne Dach überm Kopf genutzt wurde, rechts einen äquivalenten für Frauen. Wobei.. was hieß "Schlafsaal"? Da standen je fünf Doppestockbetten eng an eng gequetscht. In jeder Insula und jedem Soldatenzelt gab es vermutlich mehr Platz! Geradezu befand sich zuletzt ein schlichter Lagerraum.
    Interessant wurde es, als ich die kleine schmale Treppe vom Gemeinschaftszimmer hin zu einer einzelnen Tür über dem Lager erspähte: Von hier aus agierte zuletzt der Rex Nebulae aus Alexandria. Der Raum hatte zwei Türen aus Eisen, eine, über die ich gerade hier herein gekommen war, und einen Notausgang in einen dunklen Hinterhof. Die sonstige Einrichtung war auch hier nicht viel besser als im Rest: Ein Tisch, ein Stuhl, zwei Truhen gefüllt mit ausschließlich Papierkram sowie ein nur halb eingeräumtes Regal. Die einzigen Farbflecken bildeten ein mir schulterhohes Pälmchen in der Ecke und ein orange-schwarz-gestreiftes Fell auf dem Boden. Ich setzte mich und begann mit der Arbeit.. hieß: Zunächst einmal musste ich natürlich meinen Weg durch die Aktenunordnung in den beiden Truhen finden! Ich ließ mir einen Wein kommen....


    Doch noch vor Sonnenuntergang waren die ersten Entscheidungen meinerseits getroffen. (Natürlich musste ich die offiziell erst noch mit meinem lieben Bruder besprechen.) Doch es würde einige Veränderungen geben:
    1. Wer auch immer "die Nimbactus" unter diesem Namen ins Leben gerufen hatte, den korrigierte ich nun. Der Verein würde fortan in einer ordentlichen Grammatik "die Nimbati" heißen. Und einjedes Mitglied könnte sich selbst einen "Nimbatus" respektive eine "Nimbata" nennen.
    2. Servi Nebulae, also Sklaven des Nebels, die würde es nicht länger geben. Bei diesem Rangtitel war es ja wenig verwunderlich, dass es bisher auch kaum Leute in dieser Position gegeben hatte! Stattdessen ersann ich eine Hierarchie, die vom Rex über die einzelnen Magistri der Städte hin zu sogenannten Discipuli Nebulae, also Jüngern des Nebels, reichte. Nicht zum inneren Kreis gehörig blieben die Filii Nebulae, die Kinder des Nebels.
    3. Ich fand, dass es nicht mehr als einen Magister pro Stadt geben sollte. Alles andere erschien mir ineffizient und kontraproduktiv. Und weil dieser Cleonymus aus Alexandria jetzt der Meister des Nebels in Rom war, musste das "Nebeltigerchen" Kolchas wohl oder übel zum einfachen Jünger herabgestuft werden. Ich fertigte ihn mit ein paar Sonderbefugnissen zu meiner Assistenz ab. Dann war ich auch dieses Problem los.
    In den kommenden Tagen würde ich mir noch ein hübsches Emblem überlegen, das auf dem linken Oberarm verewigt alle Jünger und Kinder des Nebels noch stärker miteinander verbinden sollte. Und dann, ja, dann fand ich, dass ich.. pardon.. natürlich mein Bruder Faustus Ultor fürs Erste doch schon eine ganze Menge bewegt hatte!



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    REX NEBULAE - DIE NIMBATI

    Sim-Off:

    Ich okkupiere einfach mal ganz frech diesen Thread, auch mein "unscheinbares Haus" natürlich ein anderes ist. :]


    Wie das Schreiben mir aufgetragen hatte, fand ich mich bei Sonnenuntergang vor dem Tempel der Tellus ein. Jedoch kam ich nicht etwa direkt von der Casa Iulia oder meiner Amtsstube im Stadtzentrum, sondern betrat für mich etwas ungewöhnlicher aus dem Tempel selbst kommend die Szenerie. Denn wer sich schon eine Stunde vor dem Termin in unmittelbarer Umgebung auf die Lauer legte, der konnte vielleicht ein paar Informationen sammeln und Dinge aufschnappen, die ihm später noch von Nutzen waren. Das war eine ganz einfache Rechnung..
    ..die allerdings schon wieder nicht aufgehen sollte! Denn die Sonne lag in immer dunkler werdendem orange über der Stadt und es passiert nicht mehr und nicht weniger, als dass eine leere Sänfte vorfuhr, um mich abzuholen. Ich gab meinen eigenen beiden Leibwächtern, die ich allen Anweisungen zum Trotz mitgenommen (und in einiger Entfernung zwischengeparkt) hatte, ein Zeichen mir zu folgen. Danach nahm ich all meinen Mut zusammen und stieg in die billige Sänfte. Wortlos setzte sich das Gefährt sofort in Bewegung.. und verschleppte mich immer tiefer hinein in die engen Straßen und Gassen der Subura....
    Am Ende meiner Reise fand ich mich vor irgendeinem sehr unscheinbaren Haus (man könnte es auch völlig heruntergekommen nennen) wieder, irgendwo zwischem dem Tempel der Tellus und den Titusthermen. Im Innern der Hauses wurde ich bereits erwartet..


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    Der "Nebeltiger" Kolchas saß im Halbdunkel an einem einfachen Holztisch. Ein kleines Öllämpchen sorgte für einen Hauch von Licht, das sich in der Klinge eines in der Tischplatte steckenden Dolches spiegelte. "Setz dich.", lud der Kerl mich ohne jede Begrüßung ein. "Was willst du von mir?!" Ich dachte ja gar nicht daran, mich hier zu setzen! "Aber, aber. Warum denn so feindselig, meine Liebe? Setz dich bitte und dann hör mich an. Ich verspreche dir, dass du es nicht bereuen wirst." Ich zögerte, während mir aufging, dass ich nicht hier war, weil ich hier sein musste, weil man etwas von mir forderte. Nein, ich war hier um zu verhandeln, weil man etwas von mir wollte. Ich entschied, mich nun also doch zu setzen. (Der hölzerne Stuhl war nicht sehr bequem und knarzte.) "Ich höre."
    Kolchas lächelte fein und beugte sich leicht nach vorn. "Du kennst mich als Kolchas. Unter diesem Namen habe ich dir vor nicht allzu langer Zeit bereits zum wiederholten Mal dabei geholfen, ein.. Problem, ein totes Problem unauffällig für dich zu beseitigen. Jetzt hat mein "König" ein Problem, was heißt, dass ich ein Problem habe. Und ich hoffe sehr, dass du bereit bist, mir nun meine Gefallen zu erwiedern." Eine Hand wusch ja schließlich die andere, wie man so schön sagte. "Es geht um Folgendes." Noch einmal holte er tief Luft, dann sprach er: "Ich bin ein Mitglied der Nimbati, der in Nebel Gehüllten. Genauer gesagt bin ich als Magister Nebulae sogar der Verantwortliche unserer.. Geschäfte hier in Rom und Umgebung. Man nennt mich intern auch den Nebeltiger." Ich konnte mir ein kurzes Grinsen an dieser Stelle nicht verkneifen, sagte aber noch nichts dazu. "Das Haupt unserer Vereinigung, bei der es sich ganz offiziell nur um eine Gruppe von Totengräbern.. sowie natürlich auch reinen Unterstützern unserer Arbeit" Ein Glück! Denn als "Totengräberin" wollte ich bestimmt nicht enden! "handelt, ist in diesen Tagen ein gewisser Cleonymus aus Alexandria. Und er wiederum hat gerade ein Problem."
    Ich atmete einmal gut hörbar aus. Dieser "Tiger" "tigerte" nämlich wie die Katze ganz schön um den heißen Puls mit seinen ganzen "Problemen"! "Cleonymus kam aus Alexandria nach Rom und Italien, um alte Gegner seiner Wahl zum Rex dieser Vereinigung zur Strecke zu bringen. [Link] Diese Jagd alter Konkurrenten gestaltet sich allerdings in seiner Position, die sich mit aller Bescheidenheit in der Unterwelt einer nicht zu unterschätzenden Bekanntheit erfreut, gelinde gesagt als nicht ganz einfach." Kurzum: Wo der "König" als "König" auftauchte, waren seine Rivalen meist schon am Vortag weg. "Es ist daher von Nöten, dass sich Cleonymus aus Alexandria vorübergehend von seinem Thron an der Spitze zurückzieht, um seine alten Rechnungen zu begleichen. Und es ist sein Wille, dass dabei jemand seinen Platz.. einnimmt", sprach er und ich konnte deutlich hören, dass er "warmhält" meinte. "der mit starker Hand die Geschicke der Nimbati weiterführt und.. nunja.. unbelastet ist in diesem internen Konflikt, den der "König" hier lösen will." Kurzes Schweigen. "Und da kommst du nun ins Spiel.. Fausta Ultrix.", spielte er lässig mit meinem Alias.


    Ich musste erneut abschätzig grinsen. "Also verstehe ich dich richtig, mein lieber "Nebeltiger", dass dein "König" mir hier anbietet, an seiner Stelle "Königin" zu sein, weil er denkt, dass ich mich gut durchsetzen und behaupten kann.." Er unterbrach mich: "Ganz genau!" Ich räusperte mich. "Lass mich ausreden. Weil er denkt, dass ich mich nicht nur gut durchsetzen und behaupten kann, sondern auch, weil er denkt, dass er eine "Königin" später auch ganz einfach und problemlos wieder von seinem Thron schubsen kann?" Oder weshalb sonst wollte dieser Typ lieber eine Frau von außerhalb als Platzhalterin denn einen Mann, der sich intern bereits auskannte in diesem Verein?! Dieses Geschwätz von der Neutralität in diesem internen Konflikt kaufte ich ihm nämlich nicht ab! "Nun?", überging Kolchas meinen Kommentar einfach und sagte damit indirekt mehr, als er mit Worten hätten sagen können.
    Die Chancen, die in dieser Gelegenheit hier vor mir lagen, waren natürlich enorm! Auf einen Schlag wäre der Name "Fausta Ultrix" um einiges gewichtiger in der römischen Unterwelt! Allerdings.. "Du sagst, Kolchas, "Nebeltiger", dass du mich so gut kennst." Er guckte mich vielsagend an. "Dann wirst du sicher auch wissen, dass ich, als Frau, nicht die Hälfte dessen wäre, was ich heute bin, wenn es meinen Bruder nicht gäbe." Natürlich hatte ich keinen Bruder. Aber woher in aller Welt sollte er das jetzt so genau und sicher wissen? "Genaugenommen tue ich sogar nicht viel mehr, als das dunkle Geschäft meines Bruders.. zu verwalten, könnte man sagen. Ja, hinter jedem Gift der "Fausta Ultrix" steht.. dreimal darfst du raten.. mein Bruder "Faustus Ultor". Jede Entscheidung in seinem Gewerbe, die ich treffe, hat er getroffen." Ich atmete einmal tief durch. "Wenn du also willst.. wenn dein "König" also will, dass ich seinen Platz für einige Zeit übernehme, dann tue ich das nur unter der Bedingung, dass in meinem Hintergrund mein Bruder Faustus.. Ultor zum Rex der Nimbati "gekrönt" wird." Das war meine Forderung.
    Kolchas räusperte sich. "Es ist.. nun.. nicht vorgesehen, dass wir eine Doppelspitze haben.", warf Kolchas ein. "Unter diesen Umständen bin ich natürlich gerne bereit, meinem Bruder den Vortritt zu überlassen.. und meinerseits ausschließlich als sein Sprachrohr zu fungieren!" Damit war letztlich für diesen Tag alles gesagt, was gesagt werden musste. Ich wurde zurück nach draußen geleitet, wo es für mich in der schäbigen Sänfte zurück zum Tempel der Tellus ging. Von dort aus brachten mich dann meine Leibwächter behütet nach Hause.


    Sim-Off:

    Dieser Plot ist mit dem Spieler hinter Cleonymus per Mail genau so abgesprochen. Die SL findet den entsprechenden Mailkontakt in ihrem PN-Posteingang. ;)


    Es dauerte genau dreieinhalb lange Tage. Dann bekam ich über meine beiden Kontaktfrauen in der Taverna Apicia schriftlich Bescheid: Die beiden Geschwister "Faustus Ultor" und "Fausta Ultrix" (wie schade für meinen Bruder, dass es ihn nicht gab!) wurden beiden in den Rang eines Rex der Nimbati befördert, während Cleonymus einen Schritt zurück fortan nur noch als Magister Nebulae in den Kampf mit seinen alten Rivalen ziehen würde....


    Der König (der Unterwelt) ist tot weg!
    Lang lebe der König das Königspaar!

    Eine ganze Weile noch berieten und beratschlagten sich die beiden Frauen über die Worte des Kolchas. Dabei ging es vor allem darum, woher er sein Wissen hatte, was er wohl wollte und wer dieser Kolchas überhaupt war - hieß: Für wen arbeitete der eigentlich? Doch auch eine Kundin, die ihrer Freundin beim besten Willen nicht verzeihen konnte, dass die mit ihrem Ehemann geschlafen hatte, sowie unzählige Theorien zu diesem mysteriösen Kolchas später waren die aufgeworfenen Fragen noch immer unbeantwortet. Die Sonne stand nun bereits über der Taverne im Zenit. Und pünktlich zu dieser Mittagszeit gesellte.. ich mich (noch immer ein kleines bisschen schwach auf den Beinen, aber es ging) zu ihnen. Meine Laune war gut.. bis dorthin.
    "..BITTE?!" Nach der Geschichte über diesen seltsamen Kauz war es vorbei mit dem zufriedenen Lächeln in meinem Gesicht. Denn was bildete sich dieser Kerl ein, mir so zu drohen und Angst machen zu wollen?! Und ein kleines bisschen fürchtete ich mich schon, nach allem, was der scheinbar über mich wusste. (Aber neben meinem Ärger über diese Type ging die Furcht natürlich gnadenlos unter.) "Der kann froh sein, wenn ich ihm nicht irgendwen an seine Fersen hefte und er in einer Woche noch unter uns weilt!", fluchte ich, bevor ich nur mit Müh und Not langsam ruhiger wurde. Denn bei allem Unmut musste ich mir ja nun wirklich überlegen, was ich unternahm.. beziehungsweise wie ich vielmehr reagierte auf diesen Vorfall. Ich entschied: "Ich werde ihn treffen.. .. .. und.. ich werde dabei sein, wenn sich nachher einer seiner Lakaien hier blicken lässt." Damit war ich hier nun erstmal bedient. Ich erhob mich von meinem Platz und ging.


    Wie angekündigt kehrte ich später am Tag hierher zurück. In der Zwischenzeit hatte ich der Milchmutter meines Sohnes, Licinia Lupa, zu erhöhter Wachsamkeit im Hinblick auf unsere Kinder geraten. Ich erzählte ihr "im Vertrauen" von einer Kindesentführung in der Nachbarschaft (eine kleine Notlüge) und riet ihr dringend dazu, das Haus zum Schutz der Kinder weder mit noch ohne die beiden Kleinen zu verlassen. Zusätzlich stellte ich ihr (vielmehr natürlich meinem Sohn) ein Sklaven-Trio zum Schutz zur Verfügung. Sicher war sicher. Erst dann konnte ich mich einigermaßen beruhigt zurück in die Taverna begeben.
    Was dann folgte, war die ganze Aufregung kaum wert: Ein Bursche mit rotem Halstuch erschien. Er stellte seine Frage. Er bekam seine Antwort. Er ließ mir eine versiegelte Wachstafel da. Und dann verschwand er auch schon wieder. Klar: Da konnte ich mir jede Verfolgung des Bengels sparen. Der war ganz offensichtlich nur gekauft. Und wenn dieser Kolchas kein kompletter Vollidiot war (davon musste ich leider ausgehen), dann wusste dieser Kurier auch nichts von Belang. Blieb also nur.. der Brief. Das Siegel zeigte den Letter N, ganz simpel. Erwartungsvoll öffnete ich das Schreiben:


    BEI SONNENUNTERGANG


    TEMPLUM TELLUS


    ALLEIN



    K.


    Zähneknirschend nickte ich. Ich würde da sein.... >>>

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    Es hatte Vorbereitungen gegeben. Monatelang hatte er im Auftrag seines "Königs" gesucht. Vor Monaten auch hatte er sein Ziel gefunden. (Manche würden ES vielleicht Schicksal nennen, manche Glück, und manche auch einfach nur Ausdauer.) Nicht mehr als ein paar Wochen hatte es dann gedauert, bis er einen Informanten inform einer einfachen Sklavin in den Haushalt der Casa Iulia eingeschleust hatte. Und so schließlich wusste Kolchas wahrscheinlich sogar noch vor den Verwandten seiner Zielperson, dass sie vor nun genau neun Tagen einen Sohn bekommen hatte. Jetzt war es damit auch an der Zeit, dass er "offen" den Kontakt zu ihr aufnahm und sich ihr zu erkennen gab. Denn sein "König" erwartete, dass sein kleines, temporäres Problem eine Lösung fand - bald.
    Wie ein Schatten schwarz in grau und grau in schwarz (nur seine grünblauen, dunklen Augen verliehen seiner Erscheinung etwas Farbe) schlich sich der "Nebeltiger", wie er aufgrund seines Auftretens auch genannt wurde, in die Taverna Apicia. Er sah sich kurz aber eingehend und genau um: Hier saßen (am frühen Morgen!) ein halbes Dutzend volltrunkene Arbeiter (vermutlich noch immer seit gestern abend) beim gemeinsamen Würfelspiel am Tisch.. und ließen sich von einem siebten nur halbtrunkenen Kerl die hart erarbeitete Kohle aus der Tasche ziehen. Zwei Schankmägde wischten Tische und Tresen für die Gäste. Ein etwas betuchterer Mann (reich war er allerdings nicht) plauderte freundschaftlich mit dem Wirt. Und in einer Ecke, da setzten sich gerade eine alte Dame zusammen mit einer jungen Schönheit und bestellten sich ein bescheidenes Frühstück. Zielstrebig "tigerte" Kolchas zu den beiden ungleichen Frauen....


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    Für meine beiden "flüchtig Bekannten" Cleopatra und Agrippina war es ein Morgen wie jeder andere: Sie trafen sich ganz "zufällig" kurz nach Sonnenaufgang vor der Taverna Apicia, betraten als vorgebliche Großmutter und deren Enkelin das Lokal, setzten sich ohne ein Wort der Begrüßung auf "ihre" angestammten Plätze in "ihrer" angestammten dunklen Sitzecke und gaben eine kurze Bestellung auf. Cleopatra trank wie immer ein klares Wasser, gewürzt mit einigen Spritzern vom sauren Saft des medischen Apfels; Agrippina nahm ihren üblichen südgallischen Landwein. Dazu teilten sich die beiden einen kleinen Salat mit ordentlich Olivenöl sowie etwas Brot.
    Noch bevor sie allerdings wie üblich ein wenig über die Punkte ihrer heutigen Tagesagenda sprechen konnten, tauchte für die beiden Frauen etwas unerwartet bereits ein erster Kunde (so mutmaßten sie) auf und gesellte sich zu ihnen. "Ich grüße die Damen.", begann er mit seiner tiefen maskulinen Stimme und setzte sich an den Tisch, während die Bedienung nach einem kurzen Abwinken selbigen wieder verließ. "Wie können wir dir helfen?", verzichtete Cleopatra auf jede Begrüßung und kam mit einem kalten Lächeln auf den Lippen direkt zum Punkt. "Ich bin hier, um Kontakt aufzunehmen mit.. eurer obersten "Rächerin", wenn man so will." Agrippina schaute auf. "So sag mir, was du von mir willst." Der unerwartete Gast konnte sich ein kurzes Grinsen nicht verkneifen. Dann wurde er ganz ernst. "Hör zu, alte Dame. Ich bin nicht hier, um zu spaßen. Ich habe den Auftrag, mit Fausta Ultrix zu sprechen - persönlich. Das Ganze kann entweder etwas zurückgezogener und unter Wahrung ihrer Interessen geschehen. Oder aber ich statte ihr, ihrem Mann und ihrem.. Neugeborenen auf dem Esquilin einen kleinen Besuch ab.", ließ er mit den dezent platzierten Andeutungen durchscheinen, dass er informiert genug war, um mir zumindest einige Probleme bereiten zu können. "Wilde Drohungen machen keinen sehr souveränen Eindruck." Trocken blickte Cleo ihrem "Gast" in die Augen. "Du wirst verstehen, dass wir hier nichts übers Knie brechen und sofort und allein entscheiden können.", gab unterdessen Agrippina zu verstehen. Kolchas nickte. "Ein Bote mit rotem Halstuch wird zur achten Stunden heute hier erscheinen. Er wird sich bei euch erkundigen, wie sich eure "Grande Dame" entschieden hat." Ohne eine Reaktion auf diese Ankündigung abzuwarten erhob sich Kolchas wieder von seinem Platz. "Ich bin übrigens Kolchas. Mehr gibt es an dieser Stelle erstmal nicht zu wissen." - nicht für diese beiden hier. Und so "tigerte" der "Nebeltiger" also zurück in den nebligen Sumpf, aus welchem er zuvor gekommen war..

    Ein Glück, ahnte * Commodus nicht, was ich eigentlich bereits wusste, mir nur bisher noch nicht eingestehen konnte und oder wollte. Statt also weiter lästig nachzubohren und mir damit auf den Geist zu gehen und unnötig auf den Nerv zu fallen ließ er sich lieber auf meinen Themenwechsel ein. "Nicht, dass sie sich noch verlaufen hat.. Ich meine, sie ist ja zum ersten Mal zu Gast in diesem Haus, oder?", tat ich etwas besorgt, während ich mich innerlich jetzt sogar wieder fast unbeschwert amüsieren konnte. Dass diese Bemerkung hier ganz zu Lasten dieser Land- (um nicht zu sagen Bauern-) -schönheit ging, rundete die Sache für mich noch wunderbar ab. Dann war mein Vetter weg und ich allein. "Hoffentlich ist er mit seinen Geschenken ein bisschen dezenter als mein süßer Adler..", flüsterte ich durch die Stille zu mir selbst und dachte erst an das Bild, das er Marcus und mir zur Hochzeit schenkte, bevor ich mich für einen kleinen Augenblick auch an Aquilas und meine gemeinsame Zeit (ums mit dem Titel des gemalten Kunstwerks zu sagen) "im Reich der Nereiden" erinnerte.


    Sim-Off:

    * Du darfst dir ruhig deinen Teil dazu denken, weshalb Fausta da ununterbrochen (und so scheinbar ganz ohne Anlass) eine Schwangerschaft negiert. :D


    Aber wer hing schon lange Altem nach, wenn sich auf einmal doch so viel Neues vor einem präsentierte?! Mit einem vorfreudigen Lächeln erhob ich mich von meinem Platz und ließ (!) dann einen Sklaven diese ganzen zehn Bücher für mich annehmen. "Wow! Ich danke dir.", ließ ich meinen Vetter erstmal nur kurz wissen, bevor ich mir die nun also von einem Sklaven gehaltenen Werke näher besah. Wenigstens die Titel wollte ich ja schon so ganz grob wissen. "Marcus Didius Falco." Ach, ich mochte diese Krimireihe, die den bekannten Consular Marcus Didius Falco als Privatermittler fiktiv (angeblich sei er deshalb nicht mehr in der Senatspolitik aktiv - wers glaubte....) teils quer durch das Imperium schickte. Und siehe da, den Band "Alexandria", der offensichtlich in der Stadt meiner Geburt spielte, hatte ich auch noch nicht! Ein anderes Buch stammte aus dem Stilus des vom Divus Iulianus sogar unter die Patrizier geadelten Appius Icilius Corona Decianus. "Mit Dr. Vatia!", freute ich mich. (Ja, dieser Kerl war mir.. meistens einfach sympathischer als dieser nicht selten etwas lebensferne Investigator Scaevius Hormus.) Und aller guten Dinge waren drei: "Das.." Ich stockte. "Das Delta der Venus", geschrieben von einer Anicia Nigrina. Das hörte sich aber schon ein bisschen.. intimer an. Ich schenkte Commodus ein etwas schiefes Lächeln, bevor ich dieses Werk dem Sklaven wieder so auf die Arme legte, dass man (und vor allem mein Mann) es nicht gleich auf den ersten Blick sehen würde.


    Sim-Off:

    Ich hoffe, du hast nichts einzuwenden gegen diese kleine Ausgestaltung meinerseits. 8)


    Mit diesem dritten Buch brach ich dann auch mein neugieriges Titellesen erstmal ab und schickte den Sklaven mit einer wegscheuchenden Handbewegung erstmal in Marcus und mein gemeinsames Zimmer. Ich wollte meinem Vetter gerade nochmal danken, da beschenkte er mich weiter - und ich liebte es! Und ich liebte sie, diese in etwas dunklerem Holz gehaltene Sänfte, die ganz edel glänzte durch den durchsichtigen Lack, der das Holz vor Wasser und Schmutz schützen sollte. An den oberen Ecken waren insgesamt acht (zwei vorne, zwei hinten, zwei links und zwei rechts) wachsame Raben aus wirklich kohlrabenschwarzem Holz dezent und trotzdem auffallend eingearbeitet - das sergische Gentilwappen, für jedermann sofort und gut erkenntlich! Ansonsten bestach die Sänfte durch eine schlichte Eleganz, die mir gefiel.. sehr sogar. "Commodus!" Begeistert nahm ich meine Hände vor den Mund und bestaunte dieses üppige Geschenk, das mich die vorherigen Bücher schon wieder fluchs fast hatte vergessen lassen.
    Dann trat ich mit ruhigen Schritten an dieses luxuriöse Gefährt heran und strich mit meiner linken beiläufig über die ganz glatte Oberfläche des lackierten Holzes. "Das wäre doch wirklich nicht.." Was war DAS?! "Das sind doch die Initialen von Calavius Paulus!", wurde ich kurzerhand von den zartgoldenen Lettern auf den rubinroten Kissen.. und auch Vorhängen (!) abgelenkt. Meine braunen Augen funkelten und glänzten vor Freude beinahe so wie das lackierte Sänftenholz. Und am Ende konnte ich mich dann auch einfach nicht mehr zurückhalten (diese blöde Emotionalität hatte mich einmal mehr ganz ungewöhnlich im Griff) und umarmte meinen Vetter herzhaft. Gerade noch konnte ich mich beherrschen, ihm nicht auch noch einen Kuss auf die Wange zu drücken - zum Glück. Mir stieg nämlich auch so bereits genügend die Röte ins Gesicht, als ich mich wieder unter Kontrolle hatte und von ihm löste. "Hrhm..", räusperte ich mich und sah anschließend zur Helvetia. "Was hast du da?", versuchte ich dann in freundlichstem Tonfall von mir abzulenken.

    Hatte ich mir so die heutigen Meditrinalia vorgestellt? - Definitiv: Nein! Eigentlich und ursprünglich hatte ich heute abend, wenn es denn mein Zustand zugelassen hätte, meiner Freundin Paula einen Besuch abstatten wollen. Die Gute hatte nämlich in den vergangenen sieben Tagen das Domizil ihres Gatten unter großem Aufwand in eine herbstliche Festoase verwandelt.. extra für dieses feucht-fröhliche Fest im October.. dieses Oktoberfest. (Dabei waren.. wären Tusca und ich natürlich ihre Ehrengäste gewesen!) Und verdammt, obwohl ich Wein sicherlich nur in Maßen (wenn überhaupt) getrunken hätte, wäre wenigstens die Ablenkung von meinen Schwangerschaftswehwehchen und -sorgen schon mehr als Grund genug zur Annahme dieser Einladung gewesen!
    Stattdessen saß ich nun jedoch hier, affektiv mal breitbeinig, mal meine Oberschenkel so fest wie möglich zusammendrückend in einem Balneum, das mir zunehmend stickig und heiß erschien und alles andere als "wohltemperiert". Wehe nach Wehe kam und verging und wurde tatsächlich immer intensiver und stärker. Mittlerweile kam ich mir vor, als müsste ich mit meinem Geschrei den ganzen Esquilin unterhalten, auch wenn meine Stimme durch die diversen Mauern und Türen sicherlich kaum viel weiter als bis ins Obergeschoss und in den Garten drang. Und ich merkte, wie meine Kräfte stetig schwanden, wie mein Schweiß rann und wie.. nach zwei gefühlten Ewigkeiten endlich mein Medicus den Ort des Geschehens erreichte! Mit im Gepäck hatte er einen Gehilfen und eine Gehilfin sowie eine Hebamme mit ebenfalls zwei Gehilfinnen. (Ein Teil dieser Leute kam von der Taberna Medica Decima. Ich hatte keinen Schimmer, welcher Teil nun genau; aber meine private Geldschatulle würde später mit ganzen 100 Sesterzen seitens dieser decimischen Praxis belastet sein.)


    Da erwischte mich erneut eine dieser elendigen Wehen: "A..AAARRRGHR!" Schmerzerfüllt kniff ich meine Augen zusammen. Ich schaffte es nicht, sie wieder zu öffnen, nachdem auch diese Wehe verklungen war. Stattdessen verabschiedete sich mein Geist für einen kurzen (?) Augenblick aus dem Hier und Jetzt.... nur um sich wenig später frei von jedem Schmerz scheinbar am Ufer des Nil wiederzufinden. Genauer gesagt handelte es sich um einen Arm dieses Flusses im Nildelta. Als kleines Mädchen hatte ich auf dem schmalen Sandstreifen meine ersten Sandkuchen gebacken.. zusammen mit meinem Vater. Und kaum hatte ich das gedacht, da sah ich ihn auch schon, meinen Vater, wie er am anderen Ufer des Flussarms direkt vor der orangenen, untergehenden Sonnenscheibe stand. Ich winkte ihm freudig zu. Aber er sah mich nicht.. oder wollte mich auch einfach nur nicht sehen, wie mir kurz darauf vielmehr schien. Denn er befand sich gerade mitten in einem Gespräch.. mit ausgerechnet.. meinem Onkel Sergius Agrippa!! Erster Ärger keimte in mir. "Was bei den Göttern hast du hier zu suchen?!", rief er zu mir. "Geh gefälligst dorthin zurück, wo du hergekommen bist!" Das war endgültig genug! Ich kochte vor Wut....
    ..und schrie: "A..AAARRRGHR!" Ein kühler Lappen wurde auf meine Stirn gelegt und ich spürte eine leichte Wärme (ganz so wie nach einer Ohrfeige) auf meiner linken Wange. "Da ist sie wieder.", hörte ich die zufriedenen Worte der Amme, die in der Zwischenzeit ihre Vorbereitungen soweit abgeschlossen hatte. "Sergia, hör mir zu. Deine Kräfte neigen sich mit jeder Wehe mehr ihrem Ende entgegen. Ich möchte also von dir, dass du die nächste Wehe nutzt und presst, was das Zeug hält.. als ginge es um dein Leben!" Denn es ging wohl so langsam auch genau darum. "Hast du das verstanden?!" Ich wollte gegen diesen Oberlehrertonfall mir gegenüber protestieren. Aber meine Kräfte reichten nur noch für ein stummes Nicken. Dann spürte ich, wie sich die nächste Wehe ankündigte. Eine Träne der Erschöpfung, Angst und Verzweiflung verließ meine Augen.


    Dann drückte ich und presste ich und versuchte irgendwie zwischendurch auch noch möglichst nicht zu ersticken sondern irgendwie hechelnd nach Luft zu schnappen. Eine weitere Träne löste sich aus meinen Augen; dann noch eine und wieder eine. "Sergia! Bei den Göttern! Bei deinen Ahnen! Press, verdammt nochmal! Wer bist du, hm? Bist du die Ritterin und Postpräfektin Sergia? ..oder bist du nur ein armes, schwaches Ding, das nicht mal ein Kind zur Welt bringen kann?!" Ich wurde sauer! Denn SO hatte NIEMAND mit mir zu sprechen! ..erst recht keine kleine Hebamme, die in der Gesellschaftspyramide weit, weit unter mir stand! "A..AAARRRGHR!", setzte ich dieser blöden Kuh wütend pressend entgegen. "Und atmen und Luft holen nicht vergessen! Der Kopf ist fast da - gut so!" Ich war mir nicht sicher, ob dieses Kompliment wirklich ernst gemeint war. "Und weiter, weiter! Das Pressen nicht vergessen! Los!", blaffte sie mich kurz darauf wieder an und ich war mir wieder mehr als je zuvor sicher, dass diese Hebamme es noch bitter bereuen würde, sich so im Ton vergriffen zu haben. "A..AAARRRGHR!" Wenn ich nur erstmal durch diese Geburt wäre.. sie wäre mause....
    "Prima. Du hast es geschafft.", unterbrach die Amme in jetzt doch deutlich wohlwollenderem Tonfall meine Gedanken. Es folgte kurz darauf ein Babygeschrei aus dem Hintergrund, wo sich die Gehilfen der Amme um das Kleine zu kümmern begannen, während der Medicus samt seinen Helferlein sich meiner annahm. Die Amme tupfte mir sorgsam mit einem Lappen den Schweiß von der Stirn, bevor eine ihrer Gehilfinnen mit einem weißen Bündel an sie heran trat. Das in Windeln gewickelte Kind wurde zuerst in ihre Arme gelegt. Dann gab sie es weiter an mich. "Ich gratuliere dir, Sergia. Du hast einen kleinen Bub auf die Welt gebracht." Mit einem Lächeln im Gesicht ließ sie mir einen ersten Moment mit meinem Sohn. Fix und fertig strahlte ich ihn an und konnte meine Augen kaum von ihm lösen. Wenn ich nur nicht so vollkommen kaputt und so ungeheuerlich müde wäre..

    Ich war eindeutig auf dem richtigen Weg! Das war mir spätestens klargeworden, nachdem ich nicht nur bei der Hochzeit meiner neuen Lieblingsfreundin Lucia (nicht zu verwechseln mit meinen beiden besten Freundinnen - in Rom - Paula und Tusca sowie - in Alexandria - Sabina) eingeladen war, sondern jetzt auch hier bei meinem decimischen Patron, dem Consular, und seiner aelischen Ehefrau zu Gast sein durfte....


    Zugegeben natürlich, so richtig atemberaubend hatte ich jetzt keine der beiden Feiern gefunden, was wiederum an mehreren Faktoren lag: Bei Lucia begann es zum Beispiel schon damit, WEN sie sich da als Ehegatten auserwählt hatte! Ja? Ich war aufgrund der (vergleichsweise) jüngeren Geschichte nur als Plebeierin auf diese Welt gekommen. Und ich hatte einen Consularsenkel geheiratet! Und im Gegensatz dazu nun nahm sie, die vor wieviel wenigen Generationen erst zur Patrizierin geworden war, .. den zum Ehemann (!) und brachte damit aus meiner ganz persönlichen Sicht Schande nicht nur über sich selbst sondern auch über ihre Familie (also ihren komischen Bruder), ihre gentile Verwandtschaft und den ganzen Patrizierstand!
    Da hatte sich die gute Lucia dann auch nicht darüber wundern brauchen, dass mein Hochzeitsgeschenk an sie etwas spezieller ausgefallen war: Ich hatte ihr aus Gold hübsch mit roten und grünen, blauen und weißen Edelsteinen verziert nämlich einen Spiegel geschenkt. (Den musste ihr ja auch mal jemand vorhalten!) Die Rückseite zeigte dabei auf den Hinterpfoten stehend einen Wolf und einen Luchs, die miteinander kämpften. Auf diese Weise hoffte ich, dass sie von sich aus lieber die Glas-Seite des Spiegels nach oben legte.... in der sie sich dann wiederum immer und immer wieder sehen konnte und sollte.
    Darüber hinaus aber waren natürlich auch die Gäste bei Lucia.. nicht gerade mit Bedacht ausgewählt worden. Anders konnte ich es mir nämlich beim besten Willen nicht erklären, dass nach meinem Rechtsstreit mit dem Germanicus sie diesen Typ dennoch eingeladen hatte! Und ich hatte das bisher brav für mich behalten: Aber dass ein Consular Purgitius Macer, der ja sogar eine Tochter von einer Tiberia hatte und eigentlich ganz dicke und eng mit den Tiberiern sein müsste, im Gegensatz dazu nicht da gewesen war, fand ich auch ein bisschen fragwürdig. (Ob es Lucia wohl zu peinlich gewesen war, ihn zu dieser Hochzeit einzuladen? Oder ob der Consular einer solchen Eheschließung gar aktiv ferngeblieben war? - Man konnte nur spekulieren.)


    Tja, und nun also diese decimisch-aelische Hochzeit. Besser als die von Lucia war sie auf alle Fälle! Allein schon die Ehepartner waren ja.. mein Patron, ein Consular, und die Nichte des dreifachen Consulars Aelius Quarto sowie einst des Valerianus! An der Gästeliste hatte ich natürlich beim Anblick dieser Decima Flaminina (ich konnte ja nicht ahnen, dass ich hier einer Verwechslung aufsaß) trotzdem gleich wieder etwas auszusetzen. Denn die Flaminina war es ja gewesen, die sich in den Thermen damals schon so ausgezeichnet mit dieser.. naja.. Quintilia verstanden hatte. Und das hatte ich ihr keineswegs schon vergessen oder verziehen.
    Aber im Großen und Ganzen, ja, konnte man sich bis auf diesen oder jenen Gast und die etwas bescheidenere Größe dieser Veranstaltung (die mich auf der anderen Seite aber natürlich noch mehr ehrte, hier sein zu dürfen) wirklich nicht beklagen. Die Braut war ganz schick.. dafür, dass sie keine Univira mehr war und offenbar auch schon ein Kind auf die Welt gebracht hatte. Und der Bräutigam konnte ja eh nicht viel falsch machen.. (Das hieß: Konnte er in diesem Fall natürlich schon! Aber bisher war mir dieser missratene "Faustus" hier noch nicht in mein Blickfeld geraten.)


    Nachdem ich meinem Marcus auch heute wieder einen Augenblick Zeit gegeben hatte, um sich hier auch seelisch und moralisch einzufinden und mir einen Becher Rosenwasser zu organisieren, hakte ich mich dann aber auch heute wieder bei ihm unter. Ich wollte dem frisch vermählten Brautpaar meine Aufwartung machen. "Seid gegrüßt!", grüßte ich kurz darauf also mit meinem eigenen Gatten zu meiner linken das Gastgeberpaar. "Consular Decimus, mein Patron, wir möchten uns noch einmal für eure Einladung nicht nur gestern sondern auch heute bedanken.", lächelte ich charmant in seine Richtung. "Aelia, es war eine schöne Zeremonie und du siehst aus als.." würdest du zum ersten Mal heiraten, hätte ich beinahe gelogen. Ich stockte kurz und verkniff mir diese Bemerkung bei einem Lächeln. "traumhaft.", beendete ich dann meinen Satz. Und nach kurzem Überlegen fügte ich noch ein ehrlich gemeintes "Einfach beneidenswert." hinzu, weil ich ja eigentlich gar nicht die Intention hatte, es mir mit dieser Frau gleich zu verscherzen. (Ich hatte ja auch gar keinen Grund dazu.) Und zu guter Letzt: Wer beneidete sie nicht darum, sich jetzt (endlich) zur Nobilität zählen zu dürfen?

    Äh.. "Dieser eine.. Zwischenfall..?", wollte ich da doch noch ein kleines bisschen genauer wissen. Redete die Tiberia.. redete Lucia jetzt noch von den Arbeitsqualitäten dieses Typen oder schon von seinen speziellen Vorlieben? - Ich hoffte natürlich, dass es hier nun um die Vorlieben ging.. und bekam irgendwie dabei auch ein kleines bisschen Lust darauf, die Geschichte dieses Zwischenfalls zu hören. Denn was war schon amüsanter als das Leid anderer?! (Und dieser Saufeius hatte sich bestimmt nicht gefreut über sein "Outing" gegenüber seinen Arbeitgebern.)


    Sim-Off:

    Was hälst du von dem? Wenn er dir (ebenfalls) gefällt, dann kannst du das Bild auch gleich als Anhaltspunkt fürs Alter etc. heranziehen. ;)


    Bei der Beschreibung des Mosaikenlegers durch diese Secunda musste ich mir ein genervtes Stöhnen verkneifen. "Und wie alt ist er?" Diese Frage hatte die Alte scheinbar überhört. "Dass er nicht zu attraktiv ist, ist vielleicht wahrscheinlich sogar ganz gut so.", nickte ich dann. "Ich meine, unser.. Ziel soll ja auch nicht gleich misstrauisch werden, nicht?", wandte ich mich an Lucia, bevor ich erneut mein Wort an diese Secunda richtete: "Aber "attraktiver als der Durchschnitt" heißt schon auch, dass er.. eben auch ein kleines bisschen was hermacht. Oder?" Denn es nutzte ja auch wieder nichts, wenn zwar niemand die ausgelegte Lunte roch, aber auch niemand auf diesen Kerl ansprang, weil der eben einfach nicht Köder genug war.


    "Okay.", antwortete ich bezüglich der Unterbringung dann leichtfertig. "Lass ihn dann einfach nur wissen, dass ich ihn so bald wie ihm möglich in der Casa Sergia erwarten werde." Dabei rechnete ich natürlich damit, dass ein Brief zu diesem Typen plus dessen Anreisezeit mir sicher gut und gerne ein bis zwei Wochen Zeit geben würden, um mit meinem Großonkel alle Details der Unterbringung in der sergischen Casa zu klären. (Soviel also zum "bald".) Ich griff mir noch eine hübsche Olive und trank ganz passend unpassend dazu einen süßen Schluck Kirschsaft. Sehr viel mehr gab es über diesen Saufeius ja eigentlich nicht zu reden, oder? ..zumindest nicht ohne ihn. (Aber dieses Instruieren würde ich später ohne Lucia in der Casa Sergia machen.) Ob ich meiner neu gewonnenen "Freundin" nun noch von dieser dreisten Aktion der Quintilia berichten sollte? Ich wartete erstmal ab.

    Sim-Off:

    Reserviert.. bis das Kind da ist.


    Wie lange war das nun schon her? ..dieser Tag, an dem ich zum ersten Mal von einem dieser halbschlauen Medici zu hören bekommen hatte, dass ich schwanger wäre? Etwas mehr als sechs Monate? Ja, das kam wohl so in etwa hin; genauso wie es den Berechnungen und Prognosen dieser Medici nach ungefähr hinkam, dass ich noch so Pi mal Daumen zwangzig bis dreißig Tage vor mir hatte.. an denen ich ständig auf die Latrine musste, weil mein Kind mir auf die Blase drückte; an denen ich so fit und mobil war, wie.. keine Ahnung, jemand, der nach drei spazierenden Schritten eben erstmal eine halbstündige Pause brauchte, bevor er seinen Spaziergang fortsetzen konnte; an denen ich nachts keinen Schlaf fand, weil ich offensichtlich weder auf dem Bauch noch unter dem Gewicht meiner Kugel auf dem Rücken liegen konnte (und das war auf Dauer echt verdammt belastend!); an denen ich, wenn ich denn mal etwas schlief, davon träumte, was bei einer Geburt so alles schief gehen konnte - vom Tod meines Kindes bis hin zu meinem eigenen Ende. Kurz gesagt: Ich fieberte einerseits darauf hin, dass dieser ganze Schwangerschaftsmist hier endlich ein Ende hatte, während ich mir andererseits die Geburt selbst in weite, weite Ferne wünschte. (Und hatte ich erwähnt, dass ich mir so kugelrund auch alles andere als im Spiegel gefiel?)
    Tja, da half eigentlich nur ein wohltemperiertes Bad im Balneum, um meine Sorgen ein wenig zu vergessen. Das Wasser trug nämlich aus irgendeinem Grund (die Gelehrten wussten sicherlich Genaueres) einen Teil dieses zusätzlichen Ballasts, den ich tagein, tagaus mit mir herumschleppte. Dazu sah man meinen dicken Bauch nur etwas verzerrt durch die Wasseroberfläche und das Problem mit dem ständigen.. Bedürfnis.. war auch nur noch vielleicht jedes zweite Mal ein echtes Problem, für das ich mich zur Latrine begab. (Ich achtete aber natürlich darauf, dass mich niemand von Bedeutug bei meinen erleichternden Untaten erwischte.)


    Ja, und so nun war ich als täglicher Dauergast mal wieder gerade auf dem Weg ins warme Balneumsbecken, als.... mir plötzlich ganz unangenehm das Wasser an den Innenseiten meiner Schenkel entlang lief. Etwas irritiert hielt ich inne. (Denn bis ins Becken hatte ich es sonst wenigstens noch immer geschafft!) Erst im zweiten Augenblick dann begriff ich, dass es nicht die Blase war, die mir hier mal wieder Probleme machen wollte. Nein. Es war.. viel.. schlimmer; sehr.. viel.. schlimmer. Es war der Anfang vom Ende (meiner Schwangerschaft) und das Ende vom Ende meiner einigermaßen erträglichen Laune heute. "Oh, Götter!", stammelte ich nach dem ersten Schock, der mir auch noch immer 1:1 ins Gesicht geschrieben stand. "Callisto mach etwas. Ich habe noch Zeit. Erst vor drei Tagen hat dieser Quacksalber gesagt, dass ich noch gut und gerne dreißig Tage vor mir hätte.", begann ich mich zunehmend nervös in Fakten zu retten, während Callisto bereits nach weiteren Sklavinnen (ja, Männer streng ausgeschlossen!) und natürlich meinem Medicus rief. Und kurz darauf wuselten bestimmt ein Dutzend Dienerinnen um mich herum und brachten alles Mögliche herbei.. von Handtüchern, Wasserschüsseln und Windeln bis hin zu Kerzen, duftenden Blumen und aromatischen Kräutern, die irgendwelche Götter besänftigen sollten.
    Von all dem Trubel bekam ich allerdings nur am Rande etwas mit. Viel zu beschäftigt war ich damit, angsterfüllt meine ersten Wehen zu erwarten. Viel zu beschäftigt war ich damit, einen ersten Eindruck von diesen Schmerzen, die nur noch schlimmer und schlimmer werden würden (das hatte man mir so prophezeit) zu bekommen. Viel zu beschäftigt war ich damit, anschließend mit Tränen in den Augen zu einem mit Handtüchern vorbereiteten Platz geführt zu werden (die zwei Treppen hoch bis in mein Gemach schaffte ich nämlich ganz sicher nicht mehr) und dort meinem Unglauben an ihr tatsächliches Eingreifen und ihre reale Hilfe zum Trotz zu beten und zu opfern: Es sollte schnell gehen, wenig wehtun und ungefährlich verlaufen für mich und mein Kind. Außerdem sollte mein Becher Beruhigungswein endlich kommen, die viel zu übertrieben hübsche Ägypterin, die hier nur Unruhe verbreitete, sollte auf der Stelle tot umfallen und wo zum Geier blieb mein lumpiger Medicus mit Hebamme, Gehilfen, Gehilfsgehilfen und erlöste mich endlich aus meiner Lage?! "AAARRRGHR!" Atmen, Fausta, amten! Ganz ruhig, ganz gleichmäßig, ganz entspannt. Keine Panik, nur die Ruhe. Wie war das gleich mit dieser Atemtechnik? "AAARRRGHR!" Scheiß auf die Technik! "AAARRRGHR!"

    Einhundertsiebenunddreißig Sesterzen und sieben Quadran..tes - ein Hoch auf die römische Genauigkeit und eine gut beherrschte lateinische Grammatik!

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    Mein Hausadvokat Faustus Poppaeus Sabinus reagierte prompt (nach einem kurzen Blick zum Iudex, der die Anhörung offensichtlich aber erstmal laufen lassen zu wollen schien) auf die verharmlosende Rede des Duccius, der, wie ich ja mittlerweile recht sicher wusste (nur der genaue Grund dafür war mir noch verborgen - was sich aber unerwartet auch bald schon ändern würde), den "Pfad der Gerechtigkeit" vor.. Längerem schon hinter sich gelassen hatte. "Zunächst möchte auch ich in meiner Antwort meinem Vorredner in einem Punkt zustimmen. Denn tatsächlich wäre.. oder war es mir bis heute doch nicht bekannt, dass sich auch nur ein hoher Consular seit ihrem Inkrafttreten an der Lex Mercatus vergangen hätte. Ich danke dem verteidigenden Duccius für diese Erleuchtung und erkläre das nach meinem Kenntnisstand völlige Fehlen sogearteter ädilischer Edicta gegen ehrenwerte Consulare sowohl im Archiv der wichtigen Forums-Bekanntmachungen als auch dem Tätigkeits-Archiv der Ädile dann wohl damit, dass diese Edicta wahrscheinlich stets nur im Geheimen aus- und zugestellt worden sind - dabei insbesondere auch jene betrefflich der angeführen Aelius Quarto und Prudentius Commodus." Der Poppaeus lächelte schmal in Richtung des Ducciers, ganz wie es sich bei solcher Ironie gehörte.
    Dann setzte er gelassen fort: "Doch sehen wir einmal darüber hinweg und konzentrieren uns, wie vom Verteidiger gewünscht, auf die Frage der Vorsätzlichkeit. Dazu möchte ich die diesbezügliche Faktenlage noch einmal zusammenfassen." Er erhob seinen rechten Zeigefinger und ließ eine kurze Zäsur. "Wir haben soeben erfahren, dass die Edelhöler, dass die Farben, und dass auch der Ton, um die es hier geht, allesamt aus einer Erbschaft des Germanicus Sedulus dort stammen.", wies mein Anwalt einmal mit flacher Hand in dessen Richtung. "Ich formuliere also um: Diese Waren stammten nicht aus seinen Betrieben, wo vielleicht jemand einen Fehleinkauf gedankenlos wiederveräußern wollte. Nein, all diese Waren stammen direkt aus den Privatlagern des Beklagten!" Feststellung Nummer eins. "Und anschließend hörten wir also, dass es ein Lehrling des senatorischen Verwalters gewesen wäre, der diese Tat letztlich beging. Daraus können wir dann aber schlussfolgern, dass besagter Lehrling hier keineswegs ein Lehrling irgendeines der Betriebe des Germanicus Sedulus ist. Denn was um aller Welt hätte der in den Privatlagern des Senators zu suchen?!" Und von irgendeiner Art von Trennung zwischen den betrieblichen und nicht-betrieblichen Gütern konnte man ganz sicher ausgehen. "Also stammte der Lehrling aus dem privaten Bereich des Germanicus Sedulus. Und da darf man wohl noch einmal nachhaken: Wieso nun genau gibt ein solcher Lehrling Waren, für die in der Folge lo-gi-scher-wei-se der Senator keine Verkaufskonzessionen besitzt, in den Verkauf?!" Mein Anwalt ließ diese Frage kurz wirken. Dann riss er die Unterarme hoch und beantwortete selbst: "Weil dem hier sitzenden Senator Germanicus Sedulus seine Einnahmen aus seinen Betrieben nicht genug waren und er auch diese Waren - vorsätzlich an unseren römischen Gesetzen vorbei - zu Geld machen wollte!" Logikkette Ende für den Beweis der Vorsätzlichkeit des Handelns des Beklagten.


    "Und dennoch aber darf man bei dem ganzen Fokus auf diesen ominösen Lehrling nicht vergessen, dass es für die Schuld in dieser Sache an sich keinerlei Rolle spielt, ob der Senator nun nur indirekt durch den in seinen Diensten stehenden und mit seinen Waren widergesetzlich handelnden Lehrling agierte. Er ist und bleibt genauso schuldig wie durch die mit eigener Hand ausgeführte Tat." Sollte er in dem Sinne also seinen Lehrling auf Schadenersatz verklagen, nachdem er die Rechnung seitens des Gerichts oder am Ende vielleicht auch nur Ädils bekäme. Das war meinem Anwalt egal. Das war mir egal. Das war: schlicht ein anderer Fall.


    Dann war es an der Zeit, die einhundertsiebenunddreißig Sesterzen und sieben Quadrantes, die der Duccius so fein zusammengerechnet hatte, aufzugreifen: "Der berechneten Höhe des Warenwertes der widergesetzlich öffentlich feilgebotenen Waren des Germanicus und der Bagatellisierung des Ganzen durch seinen Advocatus möchte ich an dieser Stelle nur zwei Punkte entgegensetzen. Erstens. Es handelt sich noch immer nicht nur um einen einzigen Verstoß gegen die Lex Mercatus, sondern mit drei verschiedenen Waren dreier verschiedenener Betriebsbereiche genau genommen auch um drei eindeutige Verfehlungen des Beklagten. Zweitens. Die heute hier zur Diskussion stehenden Waren und Warenmengen sind auch nur jene, die meine Mandantin nachzuweisen imstande ist. Und hier zitiere ich, weil auch die Verteidigung daran ihre Freude zu haben scheint, einmal den Herrn Verteidiger. "Der Senator Germanicus bestreitet nicht, dass in seinem Namen eine geringe Anzahl von nicht für den Markt bestimmter Waren auf eben diesem verkauft wurde, ohne dass man dafür die notwendigen Konzessionen besaß." Das waren seine exakten Worte." Touché! Denn dieser Punkt zog zwar keine Erhöhung des Streitwertes nach sich, eben weil nichts Konkretes nachweisbar war. Aber dieses Geständnis des Germanicers (durch den Duucius) zeigte doch klar die Richtung des germanicischen Handelns.... Ein netter kleiner Beifall meiner Unterstützer sprang auch sogleich darauf an.
    Mein Hausadvokat ließ sich ein kurzes Lächeln entlocken, bevor er beruhigend die Hände erhob. Einen Punkt musste er da nämlich noch zur Sprache bringen: "Und was schlussendlich die Frage nach der richtigen Instanz für diese heutige Angelegenheit angeht, werter Duccius.. Meine Mandantin hat sich zunächst nach bestem Wissen und Gewissen an einen in erster Linie gewählten Magistraten Roms gewandt! Jener wiederum, und das kann ich ihm hinsichtlich der beim Vermögen des Beschuldigten zu erwartenden Strafhöhe gemäß Lex Mercatus auch bestimmt nicht verdenken, befand.. offensichtlich, dass dieser Fall vor einem Iudex wohl besser aufgehoben wäre als vor einem Ädil." Dieser Duccier versuchte mir, nicht zuletzt einer Frau, ja nicht etwa allen Ernstes hier einen Strick daraus zu drehen, oder? (Einfaches Gegenbeispiel: Wenn mich jemand in meiner Funktion als Postpräfektin aufsuchte und mich um etwas bat, dann lag es ganz klar auch an mir zu entscheiden, ob ich diesen Auftrag meiner rechten Hand, dem Vorzimmer-Stationarius Nonius Turbo, delegierte oder ob sich lieber einer der Tabellarii mal eben fix darum kümmerte. Da könnte ein Kunde einen einarmigen Handstand vor mir machen.. und würde in der Sache trotzdem keine Entscheidungsgewalt bekommen!) "Bleiben wir da doch also lieber bei der Sache selbst, über die der Iudex heute eine Entscheidung zu fällen hat, statt uns wenig zielführend über die Taten eines, wenn ich das richtig sehe, nicht einmal anwesenden gewählten Magistraten zu echoffieren." Mit dieser leicht und ohne Unterton gesprochenen kleinen Belehrung gab mein lieber Hausadvokat das Wort erstmal wieder ab. "GERECHTIGKEIT! UND GLEICHES RECHT FÜR ALLE - AUCH FÜR EINEN GERMANICUS!", warf jemand aus der Ecke meines Klienten Turbo (war er es vielleicht sogar selbst?) im Beifall für Sabinus ein. Umso gespannter war das Publikum nach dem Verstummen des Applauses (sowie etwaiger weiterer Zwischenrufe) natürlich auf die Reaktion seitens.. nunja.. einer der beiden anderen Parteien.

    Zitat

    Original von Aulus Iunius Avianus
    "Vielleicht. Es ist jedenfalls besser als nichts. Danke"


    Die alte Dame, die nicht merkte, dass man sie nicht einmal nach ihrem Namen oder ähnlichem befragte, nickte zufrieden. "Bitte. Keine Ursache.", lächelte sie und wandte sich dann an ihren Neffen. "So, dann lass uns gehen. Da hinten beim Iudaeer gibts immer gute Ware. Da ist bestimmt auch so ein Mantel bei, den wir für dich suchen!" Und gerade, wenn die Leute hier abgelenkt waren, dann standen die Chancen gut, dass man auch mal etwas ungedrängter dort gucken konnte!
    Im Gehen begriffen, schnappte die rüstige Tante dann noch ein kleine Farbdiskussion auf, in die sie sich natürlich nur allzu gerne ganz kurz einmischte: "Verzeihung. Aber ich glaube, das Tuch war eindeutig fliederfarben." Ihr jüngerer Begleiter lächelte entschuldigend, bevor sie langsam weiter gingen. "Bist du dir sicher, dass es nicht eher ins Dunkelblaue ging?" Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. "Aber auf keinen Fall war es grün." Und das war es dann letztlich auch, worauf sie sich in ihrer gemeinsamen Beobachtung anschließend einigten.


    An den Spekulationen über die Hintergründe der Tat beteiligten sich der Neffe und seine Tante unterdessen nicht. Erstens: Jetzt galt es erstmal einzukaufen! Morgen las man dann einfach mal die neuste Acta-Ausgabe mit deren Meinung zum Geschehen und dann konnte man auch schön fundiert klatschen und tratschen! Zweitens: Diese Händler verbreiteten doch so viele Dinge, wer wollte sich da nun zu diesem Zeitpunkt schon ausgerechnet auf diese eine Möglichkeit von vielen festlegen? Und drittens: Hätte nicht gerade ein Stadtkohortentribun weit bessere Möglichkeiten, um einen Händler zum Schweigen zu bringen? Vorwand finden, verhaften, schmoren lassen, verhören, schmoren lassen, verhören, .. und dann irgendwann wieder freilassen, wenn sich die Sache wieder erledigt hatte? Billiger und sicherer als ein Auftragsmord wäre das doch bestimmt....

    Der Applaus meiner Unterstützer war verklugen. Der Iudex erteilte dem halbbarbarischen Duccier, von dem sich der Germanicus heute verteidigen ließ, das Wort. Und wäre dieser germanische Bartträger nicht vor kurzem ausgerechnet als Prätor im Amt gewesen, ich hätte mich wahrscheinlich noch diebischer über diese anwaltliche Wahl amüsiert als ich es nach der Aktion meiner Freundin Sabina (sie hatte ja nicht nur der Acta sondern auch mir geschrieben) eh schon tat.
    Aber geschenkt. Die folgende Situation war auch allerherrlichst: Der Germanicus lehnte sich gelassen zurück, als ob ihm heute scheinbar nichts und niemand etwas anhaben könnte, während sein Anwalt mit der Verteidigung begann.. die wiederum erstmal aus einem Insichgehen und Schweigen zu bestehen schien. Äußerlich ohne eine Miene zu verziehen kämpfte ich innerlich (denn ich fand es cleverer, damit bis nach der Anhörung zu warten) gegen ein breites Grinsen an. Aber ja! Lasset uns gedenken den Taten des Beklagten.. den grooßen Taten des Senators.. den großen Un..taten dieses Germanicus, für die er ganz sicher bald bluten würde!

    Dann, endlich, nachdem also die letzte Ruhe eingekehrt war in diesem Zimmer, da wagte sich auch das billige Personal zu uns! Genau genommen krochen die Sklaven und Bediensteten plötzlich nur so aus den Ecken und Mäuselöchern hervor! Eifrig wurde der verletzte Faustulus auf sein Zimmer und in sein Bett gebracht. Man brachte ihm Wasser und wusch ihm die Wunde, bevor man ihm einen notdürftigen Erstverband verpasste, etwas unverdünnten Wein zur Beruhigung gab und nach einem Medicus schickte. Und später würde natürlich auch noch eine kleine Aussprache zwischen ihm und mir folgen (müssen), in der ich meine affektive Tat mit der außergewöhnlichen Situation meiner Schwangerschaft und der Angst um mein ungeborenes Kind (Agrippa hatte ja gedroht es gleich mit mir umzubringen!) rechtfertigen würde. Und ich würde ihm natürlich auch beteuern (müssen), dass diese Aktion hier absolut einmalig und nur aus meiner Not heraus entstanden war und sich niemals wiederholen würde. (Wiederholen? - Klar, meinen Onkel Agrippa konnte ich ja auch schlecht zweimal umbringen!)


    Unterdessen stellten die in Agrippas Zimmer verbliebenen Diener nur noch den Tod meines leblosen Onkels fest und starrten mich nach der Verkündung dieser Offensichtlichkeit erstmal groß an. "Ja, ihr hab ja selbst gehört, wie verrückt er hier herumgeschrien hat! Er muss am Ende genauso wahnsinnig gewesen sein wie mein seltsamer Vetter Catilina, der vor einiger Zeit starb.", verteidigte ich mich gegen die Blicke. "Er hat die ganze Zeit wild mit seinem Dolch herumgefuchtelt! Faustulus hat noch versucht das drohende Unheil abzuwenden - und wurde dabei ja sogar selbst verletzt! Und plötzlich steckte der Dolch dann in Agrippas eigenem Leib und er brach tot zusammen.", behauptete ich tapfer und machte damit auch gleich mal klar, welche Geschichte die Sklavenschaft Dritten gegenüber zu erzählen hatte. Und spätestens jetzt wussten diese Nichtsnutze ja, was passieren konnte, wenn man meine Pläne einmal zu oft durchkreuzte!!


    Ich ging also über zum nächsten Punkt: Während mein Großonkel weiter auf den Arzt wartete, fand ich mich bemüht sachlich auf die Fakten konzentriert in der Planung zur Beseitigung der Leiche wieder. Aber ich stand nach dem irren Catilina ja nicht zum ersten Mal vor diesem Problem. Auch mein Vetter Catilina hatte ja nicht DIE große Bedeutung erlangt, die irgendeine Art von Totenfeier oder so gerechtfertigt hätte - genauso wie Agrippa. Und dann musste man so einen Tod natürlich auch nicht großartig feiern. "Callisto!", rief ich nach meiner Leibsklavin, ohne die ich spätestens seit Eingestehen meiner Schwangerschaft keinen einzigen Schritt mehr vor die Haustür setzte. "Dieser.. Kolchas.. der, der sich auch um meinen Vetter Catilina "gekümmert" hat.. er hat damals gute Arbeit geleistet, schnell und leise, ohne großes Aufsehen.", erinnerte ich mich zurück. "Gib ihm Bescheid, dass er auch dieses Problem hier", deutete ich etwas angeekelt auf den toten Körper, aus dem noch immer das erkaltende Blut (jedoch kontinuierlich langsamer) pulsierte, "unter die Erde bringt." Und damit nun schloss sich das Kapitel Lucius Sergius Agrippa für mich, ein für alle Mal, für immer.



    Doch wo sich eine Tür schließt, öffnet sich stets eine neue. So sagte man.
    Noch ahnte ich allerdings nicht, dass der Schlüssel zu beiden (!) ausgerechnet.. Kolchas heißen sollte....